Notwendige Informationen bei Meinungsumfragen: Beschwerde gegen «Wohler Anzeiger» gutgeheissen

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Bei einer Grafik zu einer einfachen Umfrage – es ging um die Zustimmung zum kantonalen Steuergesetz oder die Ablehnung desselben, worüber kurz danach an der Urne abgestimmt werden sollte – fehlten in den drei Lokalzeitungen «Wohler Anzeiger», «Bremgarter Bezirks-Anzeiger» und «Der Freiämter» mehrere Angaben: So blieb beispielsweise unklar, wie viele Leserinnen und Leser sich daran beteiligt hatten und ob es sich um eine repräsentative Befragung handelte oder nicht.

Eine Leserin erhob Beschwerde beim Schweizer Presserat und machte einen Verstoss gegen die Richtlinie 3.7 (Meinungsumfragen) geltend. Mit Verweis auf einen früheren Entscheid des Presserats beantragte der Chefredaktor des «Wohler Anzeigers», die Beschwerde sei abzuweisen. Zwar sei unbestritten, dass die Grafik nicht allen Anforderungen der Richtlinie genüge; vor 18 Jahren sei der Presserat aber von diesem Anforderungskatalog abgerückt und habe festgehalten, es würde «zu weit führen, bei jeder der im journalistischen Alltag sehr häufig durchgeführten ‹Meinungsumfragen› die in der Richtlinie postulierten Mindestangaben zu verlangen».

In seinem aktuellen Entscheid präzisiert der Presserat seine 2005 begründete Praxis. Er hält es zwar weiterhin nicht für erforderlich, dass dem Publikum immer alle Informationen zugänglich gemacht werden, die für das Verständnis einer Umfrage nützlich sind; sehr wohl aber jene, die für das Verständnis notwendig sind. Dies gilt besonders bei Umfragen im Vorfeld von politischen Volksabstimmungen. «In der Regel dürften wenigstens zwei Informationen notwendig sein, damit die Leserschaft die Relevanz einer Umfrage einschätzen kann», schreibt der Presserat in seiner Stellungnahme: «Die Zahl der befragten Personen und die Frage, ob es sich um eine repräsentative Stichprobe handelt.» Indem die drei Lokalzeitungen ihren Leserinnen und Lesern Informationen vorenthielten, die für das korrekte Verständnis der Umfrage notwendig gewesen wären, verstiessen sie gegen die «Erklärung». 

Zur Stellungnahme 2/2023