Beschwerde gegen «20 Minuten» gutgeheissen: Privatsphäre verletzt

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Der Presserat hat eine Beschwerde gegen «20 Minuten» gutgeheissen. Die Zeitung hatte über einen Einsatz der Neuenburger Polizei im Haus einer spanischen Staatsbürgerin berichtet. Die Frau soll ihre beiden Kinder gegen den Willen des Vaters in die Schweiz gebracht haben und werde von den spanischen Behörden gesucht. Dabei gab die Zeitung Falschinformationen, die in spanischen Medien veröffentlicht worden waren, ungeprüft weiter und verletzte damit die Pflicht zur Wahrheitssuche. Die Redaktion hätte diese Information verifizieren müssen, insbesondere bei den Schweizer Behörden. Andere Medien stellten den Fall zeitgleich in einem ganz anderen Licht dar. Die Redaktion verstiess ausserdem gegen die Anhörungspflicht – aufgrund der Schwere der Vorwürfe wäre es notwendig gewesen, die Meinung der Mutter einzuholen.

Indem «20 Minuten» die vollständige Identität der Mutter und ihr Bild veröffentlichte, verletzte sie ohne wirklich relevanten Grund ihre Privatsphäre. Dies selbst dann, wenn die Frau sich zuvor selber in den spanischen Medien zu ihrem Fall geäussert hatte. Mit der Veröffentlichung deren – wenn auch verschwommenen – Bildes hielt sich die Zeitung auch nicht an die besondere Schutzpflicht von Kindern.

Zur Stellungnahme 27/2023