Nr. 34/2016
Wahrheitspflicht / Meinungspluralismus / Leserbriefe

(X. c. «Schaffhauser Nachrichten» und «Neuhauser Woche») Stellungnahme des Schweizer Presserats vom 28. Oktober 2016

Drucken

Zusammenfassung

«Schaffhauser Nachrichten» und «Neuhauser Woche» haben den Meinungspluralismus nicht verletzt. Dies befindet der Schweizer Presserat und weist eine entsprechende Beschwerde ab.

In einem Leserbrief in der «Neuhauser Woche» vom 30. April 2015 übte ein Einwohnerrat heftige Kritik am Baureferenten und Gemeindepräsidenten Neuhausens in Bezug auf ein Bauprojekt im Neuhauser Dorfkern. Dieses sei «ein gutes Beispiel dafür, wie man mit den richtigen Namen, genügend Geld und Aussicht auf Wachstum, mehr Einwohner, mehr Steuern usw. die Gunst des Baureferenten gewinnen kann». Eine Woche später folgte ein Interview mit dem Kritisierten, in welchem dieser seinen Standpunkt darlegen konnte.

In seiner Beschwerde an den Presserat machte der Einwohnerrat geltend, die Geschäftsleitung des Schaffhauser Verlags Meier + Cie hätte den Journalisten der beiden Zeitungen verboten, weiter über diese Sache zu berichten. Der Verlag Meier verfüge zudem im Kanton Schaffhausen über ein faktisches Informationsmonopol, indem er «sämtliche Zeitungen und das Lokalradio» beherrsche. Damit werde der Meinungspluralismus verletzt.

Der Presserat weist die Beschwerde ab. Er fand keine Hinweise, dass der Verlag tatsächlich Einfluss auf die Berichterstattung der «Schaffhauser Nachrichten» genommen hätte oder gar ein Schreibverbot ausgesprochen hätte. Der Beschwerdeführer belegte seinen Vorwurf auch nicht. Sowohl «Schaffhauser Nachrichten» als auch «Neuhauser Woche» berichteten in mehreren Beiträgen über das Bauprojekt. Der Presserat betont, eine Redaktion entscheide frei, wann und in welchem Umfang sie über ein Thema berichte. Die beiden Blätter haben nicht gegen den Meinungspluralismus verstossen.

Der Presserat hält weiter fest, dass der Verlag Meier + Cie in der Region Schaffhausen zweifellos über eine regionale Vormachtstellung verfügt. Dennoch ist ein gewisser Pluralismus gegeben, denn es existieren Alternativen wie «schaffhauser az» und «Schaffhauser Bock», das Regionaljournal SRF sowie «Teletop» und «Radio Rasa». Aber Medien mit regionaler Vormachtstellung müssen besonders verantwortungsbewusst sein. Sie sollen bei der Publikation von Lesermeinungen besonders grosszügig sein.

Résumé

Les «Schaffhauser Nachrichten» et la «Neuhauser Woche» n’ont pas porté atteinte au pluralisme. Tel est l’avis du Conseil suisse de la presse, qui rejette une plainte reçue à ce sujet.

Dans une lettre de lecteur parue le 30 avril 2015 dans la «Neuhauser Woche», un conseiller municipal a formulé de lourdes critiques à l’égard du président de la commune de Neuhausen, également responsable des travaux publics, au sujet d’un projet de construction situé au cœur du village. Il s’agissait selon lui «d’un bon exemple de la manière dont on peut, quand on possède le nom qu’il faut, assez d’argent et qu’on ambitionne la croissance, plus d’habitants, plus d’impôts, etc. obtenir les faveurs du responsable» en question. Une semaine plus tard, une interview de l’intéressé lui permettait d’exposer son point de vue.

Dans la plainte qu’il a adressée au Conseil de la presse, le conseiller municipal a fait valoir que la direction des éditions schaffhousoises Meier + Cie avait interdit aux journalistes des deux médias d’en raconter davantage sur l’affaire. Il estimait en outre que les éditions Meier disposent d’un monopole de fait sur l’information dans le canton de Schaffhouse dans le sens où elles règnent sur tous les journaux et sur la radio locale. A ses yeux, le pluralisme serait violé.

Le Conseil de la presse a rejeté sa plainte. Il n’a trouvé aucune indication que les éditions avaient réellement influencé le compte rendu des «Schaffhauser Nachrichten», voire imposé une censure. Le plaignant n’a fourni aucune preuve pour étayer ses critiques. Tant les «Schaffhauser Nachrichten» que la «Neuhauser Woche» ont consacré plusieurs articles au projet de construction. Le Conseil de la presse souligne qu’une rédaction décide librement de la date et de l’étendue des articles qu’elle publie sur un sujet. Les deux journaux n’ont pas porté atteinte au pluralisme.

Le Conseil de la presse constate par ailleurs que les éditions Meier + Cie jouissent sans aucun doute d’une position de suprématie régionale à Schaffhouse. Le pluralisme existe toutefois, car il existe d’autres organes, tels que «schaffhauser az» et «Schaffhauser Bock», le journal régional de SRF ainsi que «Teletop» et «Radio Rasa». Mais les médias qui occupent une position de suprématie régionale doivent se montrer particulièrement responsables. Ils doivent faire preuve de générosité lorsqu’ils publient les opinions de lecteurs.

Riassunto

La pluralità delle opinioni è stata rispettata dalle «Schaffhauser Nachrichten» e dalla «Neuhauser Woche». Lo constata il Consiglio della stampa respingendo un reclamo.  

Dure critiche erano contenute nella lettera di un consigliere municipale pubblicata dalla «Neuhauser Woche» il 30 aprile 2015. Il capo-dicastero delle costruzioni e sindaco della cittadina vi era accusato di favorire un controverso sviluppo edilizio del centro storico. Il caso era descritto come «un buon esempio di come, avendo il nome giusto, soldi e in prospettiva l’aumento degli abitanti (e dei proventi fiscali) sia possibile convincere il capo-dicastero».  Alla pubblicazione della lettera il settimanale fece seguire una settimana dopo un’intervista al politico criticato, in cui era contenuta una risposta alle critiche.

Nel reclamo presentato al Consiglio della stampa, il consigliere municipale afferma che la direzione della casa editrice Meier + Cie, proprietaria sia della «Neuhauser Woche» sia delle «Schaffhauser Nachrichten», avrebbe vietato ai giornalisti di occuparsi ulteriormente della faccenda. Nel Canton Sciaffusa l’editore godrebbe praticamente del monopolio delle informazioni, in quanto proprietario sia delle due testate sia della radio locale. In tal modo, si sostiene, il pluralismo delle opinioni risulta impedito.

Il Consiglio della stampa ha respinto il richiamo. Non risulta che l’editore abbia esercitato pressioni nel caso specifico, e tantomeno un divieto. L’accusa su questo punto non è documentata dai denunzianti. Del contestato progetto edilizio i due giornali si sono occupati più volte. La decisione spettava evidentemente solo alle redazioni e nel caso specifico i due media non hanno mancato al rispetto del pluralismo. È vero che la casa editrice Meier + Cie occupa una posizione dominante sul mercato regionale delle notizie. Tuttavia un certo pluralismo sussiste, grazie ai notiziari regionali della Radio e Televisione SRF, di «Teletop» e di «Radio Rasa». Ai detentori della posizione dominante incombe però una certa responsabilità, per esempio dimostrando di gestire con larghezza di vedute la posta dei lettori.

I. Sachverhalt

A. Am 30. April 2015 veröffentlichte die «Neuhauser Woche» einen Leserbrief von Einwohnerrat X. Darin geht es um Bauprojekte im Neuhauser Dorfkern. X. übt Kritik am zuständigen Baureferent Y. (der auch als Gemeindepräsident amtet). Er habe in der Sache «sozusagen eine Carte blanche» und es stelle sich die Frage, ob er «noch die richtige Person ist, um in Neu-hausen eine qualitative städtebauliche Entwicklung zu garantieren». Seine Aussagen seien jeweils widersprüchlich und man habe in den letzten Jahren Hunderttausende von Franken in Studien und Planung gesteckt, doch die Bevölkerung sehe davon nicht viel. Und: «Dieses Projekt Posthof Süd ist ein gutes Beispiel dafür, wie man mit den richtigen Namen, genügend Geld und Auss
icht auf Wachstum, mehr Einwohner, mehr Steuern usw. die Gunst des Baureferenten gewinnen kann.»

Die «Neuhauser Woche» veröffentlichte am 7. Mai 2015 unter dem Titel «Über Nähe und Distanz in der Politik» ein Interview mit Y., in dem dieser seinen Standpunkt darlegen konnte. In einem separaten Kasten findet sich unter dem Titel «Die Gemeinde informiert» eine Erklärung des Gemeinderats (der Exekutive), in der sich dieser von der «Unterstellung» von X. distanziert und mitteilt, er prüfe rechtliche Schritte, falls X. seine Unterstellung nicht zurücknehme.

Am 11. Mai 2015 teilte das Schaffhauser Medienhaus Meier + Cie AG X. per Mail mit, es sei ziemlich klar, dass die «Neuhauser Woche» keinen weiteren Leserbrief von ihm in dieser Sache veröffentliche, solange er sich nicht zu einer «abschliessenden Erklärung» mit Y. durch-gerungen habe. Am folgenden Tag, dem 12. Mai 2015, publizierten die «Schaffhauser Nach-richten» ein Interview mit Y., in dem dieser u.a. seinen Standpunkt zu den Vorwürfen von X. darlegte.

Am 22. Mai 2016 berichteten die «Schaffhauser Nachrichten» unter dem Titel «Kritische Fragen zur Vergabe von Posthof-Süd-Aufträgen» über die Einreichung einer Interpellation von X. im Neuhauser Einwohnerrat, in der dieser kritische Fragen insbesondere zur Gleichbehandlung von Investoren beim Projekt «Posthof Süd» stellte.

X. fragte per Mail zweimal bei der «Neuhauser Woche» nach, weshalb sie über die Einreichung seiner Interpellation nicht berichtete. Der Verleger der Wochenzeitung, Dieter Mändli, liess ihm am 22. Juni einen Text bezüglich dessen Interpellation zur Begutachtung zukommen, zu einer Publikation kam es jedoch nicht.

Am 2. Juli 2016 wird die Interpellation von X. im Neuhauser Einwohnerrat behandelt. Beide Zeitungen berichten darüber: In den «Schaffhauser Nachrichten» ist die Berichterstattung minimal, ausführlicher fällt sie in der «Neuhauser Woche» aus.

Schliesslich kommt es am 14. Oktober 2015 zu einer Vereinbarung zwischen Y. und X. Darin erklärt Parlamentarier X., er habe Gemeindepräsident und Baureferent Y. nie der Bestechlichkeit bezichtigen wollen. Y. dagegen wirft X. keine Ehrverletzung mehr vor. Der Streit sei nun gütlich beigelegt und es würden auch keine juristischen Schritte mehr eingeleitet bzw. bereits gestellte Anträge zurückgezogen.

B.
Am 18. Oktober 2015 wandte sich X. mit einer Beschwerde an den Schweizer Presserat. Er betont, es gehe ihm nicht um die involvierten Journalisten. Diese hätten vorbildliche Arbeit geleistet, bis ihnen die Geschäftsleitung ihres Verlags verboten habe, weiter zu berichten. In-dem die Geschäftsleitung Informationen von öffentlichem Interesse unterdrückt habe, liege eine Verletzung von Ziffer 1 und 2 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend: «Erklärung») vor. Zusätzlich erschwerend sei, dass der Verlag Meier + Cie im Kanton Schaffhausen über ein faktisches Informationsmonopol verfüge, indem er «sämtliche Zeitungen und das Lokalradio» beherrsche. Durch die teils rudimentäre Berichterstattung werde Richtlinie 2.2. («Meinungspluralismus») verletzt. Er – X. – wolle mit seiner Klage allen Journalisten den Rücken stärken, damit sie Druckversuchen aus Politik und Wirtschaft widerstehen könnten.

C. In ihrer Beschwerdeantwort vom 24. Dezember 2015 hält die Meier + Cie einleitend fest, wer bei den involvierten zwei Zeitungen publizistisch verantwortlich ist. X. habe die zwei Publikationen miteinander vermengt. Im Übrigen weisen Chefredaktor Robin Blanck, für die «Schaffhauser Nachrichten», und Verleger Dieter Mändli, für die «Neuhauser Woche», die Vorwürfe von X. als unbegründet zurück. Das publizistische Vorgehen der «Schaffhauser Nachrichten» sei korrekt gewesen und auch von einem Schreibverbot könne keine Rede sein. Man könne auch nicht von einer «Nachrichtensperre» (so X.) reden, wenn nach Beginn der angeblichen Sperre noch viermal über das Thema informiert werde. Auch liege weder ein Vorstoss gegen journalistische Pflichten vor, noch könne von einem Monopol der Meier + Cie gesprochen werden.

Ebenso unbegründet seien die Vorwürfe gegen die «Neuhauser Woche». Man habe angesichts der unklaren juristischen Situation keinen weiteren Leserbrief von X. zu dieser Sache veröffentlichen wollen. Die Berichterstattung zur Interpellation von X. sei aus zwei Gründen gestoppt worden: X. habe «Neuhauser Woche»-Verleger Mändli und andere Verantwortliche massiv beschimpft und die Einigung auf einen Text habe sich fast bis zur Behandlung der Interpellation im Einwohnerrat hingezogen. Nach der Ratsdebatte habe die «Neuhauser Woche» dann darüber berichtet. Schliesslich sei man auch schon «mit der integralen Publikation des Leserbriefes vom 30. April 2015 sogar weiter als nötig» gegangen.

D. Der Presserat wies die Beschwerde der 3. Kammer zu, der Max Trossmann (Kammerpräsident), Marianne Biber, Jan Grüebler, Matthias Halbeis, Barbara Hintermann, Markus Lo-cher und Franca Siegfried angehören. Die 3. Kammer behandelte die Beschwerde an ihrer Sitzung vom 14. September 2016 sowie auf dem Korrespondenzweg.


II. Erwägungen

1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Journalisten hätten sich bemüht, die Leser um-fassend zu informieren, bis ihnen von der Geschäftsleitung ihres Verlages verboten worden sei, über die Angelegenheit zu berichten. Einzig der Journalist Flavio Razzino habe sich der Geschäftsleitung und den Drohungen des Gemeindepräsidenten nicht gebeugt und seine Stelle bei den «Schaffhauser Nachrichten» gekündigt. Zudem habe es die Redaktion unterlassen, selbst Recherchen anzustellen. Damit habe sie u.a. gegen Ziffer 1 (Wahrheit) der «Erklärung» verstossen.

Die «Schaffhauser Nachrichten» und die «Neuhauser Woche» führen zum Vorwurf des Schreibverbots aus, es sei falsch, dass es dem Redaktor der «Schaffhauser Nachrichten» Flavio Razzino von der «Geschäftsleitung des Verlages» verboten worden sei, über die Entwicklung rund um den «Posthof» zu berichten. Es gebe keinen Zugriff des Verlags auf Redaktionsmitglieder. Die Führung der Redaktion obliege der Redaktionsleitung, doch auch von dieser Seite habe es keine Schreibverbote gegeben. Das belege der Umstand, dass nachweislich über jeden Schritt in der Causa «Posthof» adäquat berichtet wurde. X. schwerwiegender Vorwurf werde zum einen durch die Berichterstattung der «Schaffhauser Nachrichten» widerlegt, er bleibe zum anderen reine Behauptung. Der Beschwerdeführer unterlasse es, seine Behauptungen gegen die «Schaffhauser Nachrichten» auch nur im Ansatz zu belegen.

Ziffer 1 der «Erklärung» verlangt von Journalistinnen und Journalisten, dass sie sich an die Wahrheit ohne Rücksicht auf die sich daraus für sie ergebenden Folgen halten und sich vom Recht der Öffentlichkeit leiten lassen, die Wahrheit zu erfahren. Der Beschwerdeführer unter-lässt es, seinen Vorwurf des Schreibverbots näher zu begründen bzw. zu belegen. Für den Presserat gibt es denn auch keine Hinweise darauf, dass der Verlag tatsächlich Einfluss auf die Berichterstattung der «Schaffhauser Nachrichten» genommen hätte oder gar ein Schreib-verbot ausgesprochen hätte. Dies umso mehr, als sowohl die «Schaffhauser Nachrichten» als auch die «Neuhauser Woche» in mehreren Beiträgen über das Projekt «Posthof Süd» berichteten. Im Interview mit dem Baureferenten und Gemeindepräsidenten von Neuhausen in den «Schaffhauser Nachrichten» vom 12. Mai 2015 hat der interviewende Journalist Flavio Raz-zino dem Interviewten durchaus harte Fragen gestellt und ihn direkt auf den vom Beschwerdeführer in einem Leserbrief geäusserten Vorwurf der Bestechlichkeit angesprochen. Es liegt denn auch in der redaktionellen Freiheit einer Redaktion, darüber zu entscheiden, wann und in welchem Umfang sie über ein bestimmtes Thema berichtet. Eine Verletzung von Z
iffer 1 der «Erklärung» liegt demnach nicht vor.

2. Der Beschwerdeführer sieht in den in Erwägung 1 angeführten Beschwerdegründen zudem eine Verletzung von Ziffer 2 (Informationsfreiheit) der «Erklärung». Dazu führt er an, dass die Meier + Cie AG im Kanton Schaffhausen über ein faktisches Informationsmonopol verfüge, indem sie sämtliche Zeitungen und das Lokalradio beherrsche. Die Beschwerdegegner führen zum Monopolvorwurf aus, innerhalb der Meier + Cie AG, zu der nebst den «Schaffhauser Nachrichten» auch Radio Munot, das Schaffhauser Fernsehen, der «Klettgauer Bote», der «Thaynger Anzeiger» und der «Steiner Anzeiger» gehören, würde nicht in die Arbeit der einzelnen Redaktionen eingegriffen. Darüber hinaus erschienen im Raum Schaffhausen weite-re, von der Meier + Cie redaktionell völlig unabhängige, ja gar in Konkurrenz stehende Medi-enerzeugnisse, wie der «Schaffhauser Bock» und die «schaffhauser az». Ausserdem berichteten das Regionaljournal von SRF und «Teletop» täglich über die Region Schaffhausen und «Radio Rasa» sende ebenfalls ein regelmässiges Programm.

Richtlinie 2.2 (Meinungspluralismus) hält fest, dass der Meinungspluralismus zur Verteidigung der Informationsfreiheit beiträgt. «Er ist notwendig, wenn sich ein Medium in einer Monopolsituation befindet.» Der Presserat hat stets betont, dass auch Medien mit einer regionalen Vormachtstellung sich ihrer Verantwortung besonders bewusst sein und sich deshalb bei der Publikation von Lesermeinungen besonders grosszügig zeigen sollten. Angesichts der zum Verlag Meier gehörenden Medientitel verfügt dieser in der Region Schaffhausen zweifellos über eine regionale Vormachtstellung. Dennoch kann von einem gewissen Pluralismus ausgegangen werden, denn es existieren Alternativen wie die erwähnten «schaffhauser az» und «Schaffhauser Bock», das Regionaljournal SRF sowie «Teletop» und «Radio Rasa».

In seiner Stellungnahme 11/2012 hat der Presserat auf seine langjährige Praxis hingewiesen, wonach es im alleinigen Ermessen der Redaktion liegt, ob sie einen bestimmten Leserbrief veröffentlicht oder nicht. Dies gelte auch für Medien mit regionaler Vormachtstellung. Das heisse aber nicht, dass Redaktionen frei sind, einzelnen Personen den Zugang zu ihren Leser-brief- und Meinungsseiten sowie zu Internet-Foren generell zu verweigern. Denn damit werde der Person «ihr Recht auf freie Meinungsäusserung in einer grundsätzlichen und systematischen Art eingeschränkt». Eine solche Diskriminierung lasse sich vor den Grundsätzen der Meinungspluralität, der Fairness und der Informationsfreiheit nur in seltenen Ausnahmefällen vertreten. Dies gelte umso mehr, wenn ein Medium eine regionale Vormachtstellung habe.

Im vorliegenden Fall haben weder die «Schaffhauser Nachrichten» noch die «Neuhauser Woche» dem Beschwerdeführer eine generelle Publikationssperre auferlegt. In einem Mail vom 11. Mai 2015 wurde X. mitgeteilt, dass es ihm selbstverständlich offen stehe, der «Neuhauser Woche» einen weiteren Leserbrief zukommen zu lassen. Es sei jedoch ziemlich klar, dass dort kein weiterer Leserbrief von ihm «in dieser Sache» publiziert werde. Die «Neuhauser Woche» sei nicht Spielfeld für persönliche Auseinandersetzungen, weshalb ihm der Vorschlag gemacht worden sei, er solle sich mit dem Bauvorstand direkt austauschen. Selbstverständlich böte man wieder Hand zur Publikation eines Beitrags in dieser Sache, wenn sich er und Y. gemeinsam zu einer abschliessenden Erklärung durchgerungen hätten.

Im Ergebnis wurde demnach über den Beschwerdeführer weder ein Schreibverbot noch eine Nachrichtensperre verhängt, sondern ihm höflich mitgeteilt, dass ein weiterer Leserbrief voraussichtlich nicht veröffentlicht werde, solange sich die beiden Kontrahenten nicht geeinigt hätten. Ein Verstoss gegen den Meinungspluralismus liegt auch unter diesem Gesichtspunkt nicht vor. «Schaffhauser Nachrichten» und «Neuhauser Woche» haben zudem in mehreren Artikeln über das Bauprojekt «Posthof Süd» sowie über die vom Beschwerdeführer an Y. geübte Kritik sowie dessen Interpellation im Einwohnerrat berichtet, weshalb die Kritik des Beschwerdeführers auch unter diesem Gesichtspunkt ins Leere läuft.

3. Insofern der Beschwerdeführer auf Richtlinie 5.2 (Leserinnen- und Leserbriefe und Online-Kommentare) verweist, deren Verletzung jedoch nicht weiter begründet, kann auf die obigen Ausführungen in Erwägung 2 verwiesen werden.

III. Feststellungen

1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. Die «Schaffhauser Nachrichten» und die «Neuhauser Woche» haben mit ihren Berichten über das Bauprojekt «Posthof Süd» sowie mit der Ankündigung, ein neuerlicher Leserbrief des Beschwerdeführers werde voraussichtlich nicht veröffentlicht, solange sich Beschwerdeführer und Baureferent Y. in Bezug auf ihren Streit nicht geeinigt hätten, Ziffer 1 (Wahrheitspflicht), Ziffer 2 (Meinungspluralismus) und Ziffer 5 (Leserbriefe) der «Erklärung der Pflich-ten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» nicht verletzt.