Nr. 9/2006
Wahrheitspflicht

(X. c. «Solothurner Zeitung») Stellungnahme des Presserates vom 17. Februar 2006

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I. Sachverhalt

A. Am 24. August 2005 veröffentlichte die «Solothurner Zeitung» unter dem Titel «Ein Eid auf den Rechtsstaat» einen Bericht von Valentin Misteli über die konstituierende Sitzung des Gemeinderates der Gemeinde Günsberg, bei der X., Mitglied der «rechtsextremen» Partei national orientierter Schweizer (PNOS) vereidigt wurde. Laut dem Artikel wäre die «ungewohnte Situation» zu übersehen gewesen, «hätte X. nicht ‹Uniform› getragen. Schwarze Hose, weisses Hemd und am Kragen ein Kreuz, geschmückt mit einem Edelweiss auf rotem Grund. Das durchgängige Schweizer Kreuz war in den 1930er-Jahren von der Frontenbewegung, ständestaatliche, faschistische und nationalsozialistische Gesellschaftssysteme vertretenden Parteien verwendet worden.»

B. Gleichentags gelangte X. mit einer Beschwerde gegen den Bericht der «Solothurner Zeitung» an den Presserat. Entgegen der Darstellung der Zeitung sei auf dem weissen Hemd «lediglich das Pnos-Logo, versehen mit Morgenstern, zu sehen». Weder Edelweiss noch Morgenstern erinnerten an den Nationalsozialismus. «Es ist das Ursymbol des schweizerischen Befreiungskampfes. Zudem steht die alte Schweizer Fahne (langschenklig) in keiner Weise für den Nationalsozialismus.» Die Darstellung der «Solothurner Zeitung» verstosse deshalb gegen die Ziffer 1 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten».

C. Gemäss Art. 9 Abs. 3 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserates sind offensichtlich unbegründete Beschwerden durch das Presseratspräsidium zurückzuweisen.

D. Das Presseratspräsidium bestehend aus dem Presseratspräsidenten Peter Studer und den beiden Vizepräsidentinnen Sylvie Arsever und Esther Diener-Morscher hat die vorliegende Stellungnahme per 17. Februar 2006 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägung

Der Beschwerdeführer behauptet, die «Solothurner Zeitung» bringe das Pnos-Logo und insbesondere die darin verwendete ehemalige Schweizer Fahne mit dem langschenkligen weissen Kreuz auf rotem Grund wahrheitswidrig mit dem Nationalsozialismus in Verbindung. Zum einen ist hierzu präzisierend festzustellen, dass die «Solothurner Zeitung» nicht direkt den Begriff «Nationalsozialismus» verwendet, sondern lediglich von Frontenbewegung, ständestaatliche, faschistische und nationalsozialistische Gesellschaftssysteme vertretenden Parteien» schreibt. Dass das durchgehende Schweizer Kreuz ein Signet frontistischer Bewegungen war, ist aktenkundig (vgl. hierzu z.B. das Standardwerk von Beat Glaus, Die Nationale Front, Zürich 1969). Die darüber hinaus vom Beschwerdeführer geltend gemachte Verwechslung von Edelweiss und Morgenstern erscheint aus Sicht der Leserschaft zu wenig relevant, um eine Verletzung der Wahrheitspflicht zu begründen (Stellungnahmen 33, 37 und 49/2005).

III. Feststellung

Die Beschwerde wird als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.