Nr. 3/2018
Umgang mit vertraulichen Informationen / Quellenbearbeitung / Berichtigung / Diskriminierung

(Klein c. «Schweiz am Sonntag») Stellungnahme des Schweizer Presserats vom 1. Februar 2018

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I. Sachverhalt

A. Am 3. Dezember 2016 veröffentlichte die «Schweiz am Sonntag» (SaZ) den Artikel «Der Missverstandene» von Leif Simonsen. Der Lead lautete: «Das Gericht hat David Klein freigesprochen. Doch der Basler Jazzmusiker ist noch immer gefangen.» Der Autor zeichnet das Porträt eines Mannes, der sich bei seinem Rundumschlag gegen die ungerechte Welt auf ein gefährliches Territorium begeben habe: das politisch-religiöse. Die Welt habe sich nicht nur gegen ihn, sondern gegen eine ganze Glaubensrichtung verschworen. Gerne erzähle Klein, dass im antisemitischen Basel keine Musikpreise an Juden verliehen und kaum politische Ämter von Juden besetzt würden. Auf Facebook sei David Klein in den Strudel der Justiz geraten, als er ein Video von gegen Juden hetzenden Moslems mit dem Kommentar «Muslime, die Nazis von heute!» versehen habe. Nachdem er Berufung gegen die Verurteilung wegen Rassendiskriminierung eingelegt habe, habe ihn nun das Appellationsgericht freigesprochen: Tatsächlich sei davon auszugehen, dass Klein nicht alle Moslems habe verunglimpfen wollen, sondern nur jene, die im Video gegen die Juden gehetzt hätten. Im Gerichtsprozess sei das Ausmass seiner – wie Klein sage – «Stigmatisierung» als Rassist deutlich geworden. In der Schweiz habe er seit seiner erstinstanzlichen Verurteilung keine Chance mehr auf Auftritte. Er, seine Partnerin und zwei kleine Kinder lebten deshalb am Existenzminimum. Nach dem Freispruch habe der Jazzmusiker bereits seine nächste Attacke gefahren: Noch ehe die «Schweiz am Sonntag» die bereits verfassten Fragen über sein Befinden nach dem Freispruch sowie mögliche neue Musikprojekte gemailt hatte, habe Klein eine Verschwörung des «typisch rot-grünen» Journalisten gewittert. Nach dem Urteil wollte er gesehen haben, dass diesem die Enttäuschung «ins Gesicht gestanden» sei. Nun müsse sich die «Schweiz am Sonntag» eben gedulden, ihn endlich in die Pfanne hauen zu können. Der Artikel schliesst mit dem Satz: «David Kleins Weg zurück: Er dürfte steinig werden, in dieser ungerechten Welt.»

B. Am 27. Februar 2017 beschwerte sich David Klein beim Schweizer Presserat gegen den Artikel vom 3. Dezember 2016. Der Artikel erfülle sämtliche Kriterien eines Rufmordes. Klein sieht die Ziffern 3, 5, 6 und 8 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (im Folgenden «Erklärung») verletzt. Simonsen habe aus einem «Off-the-record»-Gespräch zitiert. Der Journalist habe ihn im Vorfeld des Gerichtstermins mehrmals kontaktiert, um nach der Verhandlung «am Rande» mit ihm zu sprechen. In einem längeren «Off-the-record»-Gespräch hätte er, Klein, ihn ausführlich über seine Projekte informiert. Die Passage betreffend Basler Musikpreise und politische Ämter von Juden stammten aus diesem Gespräch. Vertrauliche Informationen zu veröffentlichen sei ein journalistisches No Go. Wenn aber besagte Informationen auch noch falsch wiedergegeben würden, sei das Rufschädigung. Er habe nie behauptet, «dass im antisemitischen Basel keine Musikpreise an Juden verliehen werden», sondern dass der von der Basler Regierung seit 1948 vergebene «Kulturpreis Basel-Stadt» in 69 Jahren an keinen Juden vergeben wurde. Die ganze Passage diene einzig der Diskreditierung seiner Person und seiner Leistungen.

Der Artikel enthalte zudem Falschinformationen. Simonsen schreibe: «Genauso wie seine frühere Band Kol Simcha, die sich ‹aufgrund der Eitelkeit› Kleins auflöste, wie ein Freund eines früheren Bandmitglieds sagt.» Das sei falsch. Die von ihm mitgegründete Klezmer-Band «Kol Simcha» habe sich nie «aufgelöst». Sie bestehe seit rund 30 Jahren ohne Unterbruch. Auch mit der Aussage, Anna Rossinelli wolle «heute keinen Kommentar zu Klein abgeben», impliziere Simonsen, er habe sich Anna gegenüber etwas zuschulden kommen lassen. Damit betreibe der Journalist Täter-Opfer-Umkehr. Simonsen habe zudem versucht, Guy Rueff, den Präsidenten der Israelitischen Gemeinde Basel (IGB) zu «schärferen Zitaten» zu nötigen. Rueff habe ihm dazu geschrieben: «Die vom Journalisten erwähnten schärferen Zitate waren höchstens solche, die er mir unterstellen wollte und bei denen ich ihm bei der Redigierung gesagt habe, dass dies so nicht meine Meinung sei. (…)» Im Ergebnis habe Chefredaktor Patrik Müller eine Richtigstellung verweigert und den Artikel als «fair und sachlich» beurteilt.

C. In ihrer Beschwerdeantwort vom 7. April 2017 beantragte die anwaltlich vertretene «Schweiz am Sonntag», die Beschwerde sei vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Der Beschwerdeführer kritisiere in allgemeiner Weise, der Artikel verletzte einzelne Ziffern der «Erklärung», führe aber nicht aus, inwiefern der Artikel diese Bestimmungen verletze. Auf die Beschwerde sei daher nicht einzutreten.

Für den Fall, dass der Presserat eintreten sollte, führt die Beschwerdegegnerin folgendes aus: Eine Verletzung von Ziffer 3 der «Erklärung» werde bestritten. Der Beschwerdeführer beanstande, dass sich der Journalist nicht an Ort und Stelle nach seinem Befinden und möglichen neuen Musikprojekten erkundigt habe. Dem Mailverkehr zwischen Klein und Simonsen sei jedoch zu entnehmen, dass Simonsen Klein angefragt habe, ob er Zeit habe, am Rande des Prozesses mit ihm zu sprechen. Der Beschwerdeführer habe geantwortet: «Nachdem ich Ihren letzten Bericht über mich gelesen habe, der voll von Ungenauigkeiten und Halbwahrheiten war, eher nicht.» Dies habe Simonsen so zur Kenntnis genommen. Unter diesen Umständen könne der Beschwerdeführer dem Journalisten nicht vorwerfen, ihn nicht persönlich befragt zu haben. Im beanstandeten Artikel würden dem Beschwerdeführer zudem keine schweren Vorwürfe gemacht, eine Anhörungspflicht habe somit nicht bestanden.

Der Beschwerdeführer beanstande weiter die Aussage «Genauso wie seine frühere Band Kol Simcha, die sich ‹aufgrund der Eitelkeit› Kleins auflöste, wie ein Freund eines früheren Bandmitglieds sagt» – die von ihm mitgegründete Klezmer-Band «Kol Simcha» sei nie «aufgelöst» worden. Dazu führt die Redaktion aus, nicht jede kleinste journalistische Ungenauigkeit verletze die berufsethische Pflicht. Eine zu Klein befragte Quelle habe dem Journalisten mitgeteilt, Klein habe sich mit den Bandmitgliedern von Kol Simcha überworfen, woraus der Journalist den unzutreffenden Schluss zog, dass sich die Band aufgelöst habe. Die Kernaussage dieses Satzes – welche auch für die Leserschaft unmittelbar zu erkennen sei – sei, dass David Klein nicht mehr Mitglied dieser Band sei, was auch zutreffe. Die Band Kol Simcha stehe nicht im Zentrum des Artikels, sondern der Beschwerdeführer und das gegen ihn geführte Strafverfahren wegen Rassendiskriminierung. Es handle sich um kein absichtliches Verschweigen des Journalisten und es liege offensichtlich keine «vorsätzliche Verleumdung» vor. Es handle sich lediglich um eine Ungenauigkeit, die im Gesamtkontext irrelevant sei und deshalb keine Verletzung von Ziffer 3 der «Erklärung» zu begründen vermöge.

Klein rüge zudem die Aussage «Vielleicht stünde Anna Rossinelli, die heute ‹keinen Kommentar› zu Klein abgeben will, auf den grossen Bühnen dieser Welt.» Damit impliziere der Autor entgegen Kleins Ausführungen nicht, Klein habe sich gegenüber Rossinelli etwas zuschulden kommen lassen; es werde auch keine «Täter-Opfer-Umkehr» betrieben. Die Aussage im Artikel treffe vielmehr zu. Rossinelli habe keinen Kommentar abgeben wollen. Die Gründe dafür seien dem Journalisten nicht bekannt. Haltlos sei zudem die Behauptung, Simonsen habe versucht, IGB-Präsident Guy Rueff zu «schärferen» Zitaten zu nötigen, der Beschwerdeführer lege dafür keinerlei Beweise vor. Eine Verletzung von Ziffer 3 der «Erklärung» liege somit nicht vor.

Die Redaktion bestreitet auch, Ziffer 5 der «Erklärung» verletzt zu haben. Die Pflicht zur Berichtigung würde voraussetzen, dass der Artikel materiell unwahr sei. Dies sei nicht der Fall. Lediglich in Bezug auf die Aussage betreffend Auflösung der Band Kol Simcha liege eine Ungenauigkeit vor, die entsprechende Aussage sei im Online-Artikel entfernt worden. Die Ausführungen Kleins, ihm sei eine Gegendarstellung verweigert worden, sei falsch. Dieser habe nie einen Text für eine Gegendarstellung vorgelegt, sondern die «Möglichkeit einer Replik» verlangt.

Klein lege zudem nicht dar, welche Passagen des Artikels Ziffer 6 der «Erklärung» verletzen sollten. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung der «Erklärung» durch eine angebliche Verwendung von «Off-the-record»-Aussagen erblicken wolle, sei festzuhalten, dass Klein beanstande, die Passage: «Gerne erzählt Klein, dass im antisemitischen Basel keine Musikpreise an Juden verliehen werden und kaum politische Ämter von Juden besetzt werden. In Deutschland sei er geachtet und habe gar einen «Echo» gewonnen. In den Schweizer Medien würden nur seine Fehltritte registriert, beklagt sich der Sohn des berühmten Jazzmusiker-Ehepaars Oscar und Miriam Klein» stamme aus einem «Off-the-record»-Gespräch zwischen ihm und dem Journalisten Leif Simonsen. Dies treffe – wie erwähnt – nicht zu, und Klein lege auch keine Beweise dafür vor. Es handle sich nicht um «Off-the-record»-Aussagen Kleins. Die Aussagen stammten vielmehr aus Schilderungen mehrerer Quellen, die Simonsen zu David Klein befragt habe.

Die «Schweiz am Sonntag» bestreitet schliesslich eine Verletzung von Ziffer 8. Auch hier lege Klein nicht dar, welche Passagen Ziffer 8 verletzen sollten. Die allgemeine Beanstandung, der Artikel enthalte negative Anspielungen auf den jüdischen Glauben und verwende das antisemitische Stereotyp des «rachsüchtigen» Juden, sei nicht nachvollziehbar. Eine diskriminierende Anspielung finde sich im Artikel an keiner Stelle.

D. Am 10. Juli 2017 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium behandelt, bestehend aus dem Präsidenten Dominique von Burg, Vizepräsidentin Francesca Snider und Vizepräsident Max Trossmann.

E. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 1. Februar 2018 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägungen

1. Vorab ist zu klären, ob auf die Beschwerde einzutreten ist. Die Beschwerdegegnerin macht sinngemäss geltend, die Beschwerdeschrift sei nicht genügend substantiiert, weshalb nicht einzutreten sei. Art. 9 des Geschäftsreglements des Presserats verlangt in Bezug auf die Begründung von Beschwerden, dass diese den massgeblichen Sachverhalt umreissen und ausführen sollen, inwiefern der beanstandete Medienbericht einzelne Bestimmungen der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt. Beschwerdeführer Klein nennt die Bestimmungen der «Erklärung», welche der Artikel seiner Meinung nach verletzt. Er führt in seiner Begründung zudem an, welche Passagen des Artikels er als gegen die «Erklärung» verstossend erachtet. Damit erfüllt er die Anforderungen, die an eine Begründungspflicht zu stellen sind. Diese sind nicht allzu hoch anzusetzen, handelt es sich bei der Beschwerde an den Presserat doch um eine sogenannte «Jedermannsbeschwerde», die allen offensteht und deren niederschwelliger Zugang gewahrt werden soll. Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.

2. Ziffer 3 der «Erklärung» verlangt von Journalistinnen und Journalisten, dass sie keine wichtigen Elemente von Informationen unterschlagen und weder Tatsachen, Dokumente, Bilder und Töne noch von anderen geäusserte Meinungen entstellen.

a) Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe nie behauptet, «dass im antisemitischen Basel keine Musikpreise an Juden verliehen werden», sondern, dass der von der Basler Regierung seit 1948 vergebene «Kulturpreis Basel-Stadt» in 69 Jahren an keinen Juden vergeben wurde. «Schweiz am Sonntag» widerspricht: Diese Darstellung des Beschwerdeführers entspreche nicht den Tatsachen, dieser lege auch keinerlei Beweise für seine Behauptungen vor. Es handle sich nicht um «Off-the-record»-Aussagen Kleins, wie dieser behaupte. Die Aussagen stammten vielmehr aus Schilderungen mehrerer Quellen, die Simonsen zu David Klein befragt habe. Es steht somit Aussage gegen Aussage, weshalb sich der Presserat nicht dazu äussern kann, ob die referierte, von Klein geäusserte Meinung entstellt wiedergegeben worden ist. Eine Verletzung von Ziffer 3 der «Erklärung» liegt somit nicht vor.

b) Der Beschwerdeführer moniert weiter, die von ihm mitgegründete Klezmer-Band «Kol Simcha» habe sich nie «aufgelöst». Sie bestehe seit rund 30 Jahren ohne Unterbruch. «Schweiz am Sonntag» führt dazu aus, nicht jede kleinste journalistische Ungenauigkeit verletze die berufsethische Pflicht. Eine zu Klein befragte Quelle habe Simonsen mitgeteilt, Klein habe sich mit den Bandmitgliedern überworfen, woraus der Journalist den unzutreffenden Schluss gezogen habe, die Band habe sich aufgelöst.

Konkret heisst es im Artikel, ein Freund eines früheren Bandmitglieds habe gesagt, die Band habe sich aufgrund der Eitelkeit Kleins aufgelöst. Damit wird letztlich ein Gerücht in Umlauf gesetzt, nämlich dass sich die Band aufgelöst habe, verbunden mit dem Vorwurf, Klein sei dafür verantwortlich.

Bezüglich der Publikation von Gerüchten hat der Presserat in seiner Stellungnahme 12/2016 folgende Grundsätze der «Erklärung» in Erinnerung gerufen: «Zum einen steht die Wahrheitssuche und das entsprechende Recht der Öffentlichkeit, die Wahrheit zu erfahren, im Vordergrund (Ziffer 1). Zum anderen sind Journalistinnen und Journalisten verpflichtet, nur Informationen, Dokumente, Bilder und Töne zu veröffentlichen, deren Quellen ihnen bekannt sind. Sie unterschlagen keine wichtigen Elemente von Informationen und entstellen weder Tatsachen, Dokumente, Bilder und Töne noch von anderen geäusserte Meinungen. Sie bezeichnen unbestätigte Meldungen als solche (Ziffer 3). Richtlinie 3.1 hält zur Quellenbearbeitung folgendes fest: Ausgangspunkt der journalistischen Sorgfaltspflichten bildet die Überprüfung der Quelle einer Information und ihrer Glaubwürdigkeit. Eine genaue Bezeichnung der Quelle eines Beitrags liegt im Interesse des Publikums, sie ist vorbehältlich eines überwiegenden Interesses an der Geheimhaltung einer Quelle unerlässlich, wenn dies zum Verständnis der Information wichtig ist. Bereits in seiner Stellungnahme 12/2003 hielt der Presserat zudem fest: Ein verbreitetes Gerücht zu dementieren kann sich aufdrängen, entweder um das Gerücht ‹abzuschiessen›. Oder weil es eine Eigendynamik entfaltet hat und man es nicht mehr ignorieren kann. Dann ist aber die Herkunft des Gerüchts klarzumachen und Betroffene müssen zu Wort kommen (s. dazu auch 9/2008).»

Vorliegend wäre es für den Journalisten ein Leichtes gewesen, die Information, die Band habe sich aufgelöst, zu überprüfen. Dann wäre er auch darauf gestossen, dass es sich dabei und insbesondere bei der angeblich dafür verantwortlichen Eitelkeit Kleins um ein Gerücht handelte. Indem er dieses ungeprüft weiterverbreitet hat, hat Leif Simonsen gegen Ziffer 3 der «Erklärung» verstossen.

c) Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, mit der Aussage, Anna Rossinelli wolle «heute keinen Kommentar zu Klein abgeben», impliziere Simonsen, er habe sich Rossinelli gegenüber etwas zuschulden kommen lassen, so ist für den Presserat dieser Vorwurf nicht nachvollziehbar. Eine Verletzung von Ziffer 3 der «Erklärung» jedenfalls ist nicht dargetan.

d) Zu prüfen ist schliesslich Kleins Vorwurf, Simonsen habe versucht, IGB-Präsident Guy Rueff zu «schärferen» Zitaten zu nötigen. Die «Schweiz am Sonntag» führt dazu aus, der Beschwerdeführer lege dafür keinerlei Beweise vor. Aus den dem Presserat vorliegenden Unterlagen lässt sich Kleins Vorwurf nicht nachvollziehen. Eine Verletzung von Ziffer 3 der «Erklärung» ist somit auch hier nicht belegt.

3. Ziffer 5 der «Erklärung» statuiert für Journalisten die Pflicht, jede von ihnen veröffentlichte Meldung, deren materieller Inhalt sich ganz oder teilweise als falsch erweist, zu berichtigen. «Schweiz am Sonntag» bestreitet eine solche Verletzung. Lediglich in Bezug auf die Auflösung der Band Kol Simcha liege eine Ungenauigkeit vor, die Aussage sei im Online-Artikel entfernt worden. Kleins Ausführung, ihm sei eine Gegendarstellung verweigert worden, sei falsch. Dieser habe nie einen Text für eine Gegendarstellung vorgelegt, sondern die «Möglichkeit einer Replik» verlangt.

Mit der Entfernung der Passage über die angebliche Auflösung der Band in der Online-Ausgabe konzediert die «Schweiz am Sonntag» eine Falschmeldung. Zu fragen ist, ob eine Berichtigung allein des Online-Artikels genügt. In seiner Stellungnahme 29/2011 hatte sich der Presserat vertieft mit der Frage der Berichtigung in Online-Medien und digitalen Archiven auseinandergesetzt. Er war darin zum Schluss gekommen, Redaktionen müssten Falschinformationen bei aktuellen Medienberichten unverzüglich berichtigen – unabhängig vom Vertriebskanal, mit dem sie verbreitet werden. Ziel einer Berichtigung ist es, dass derselbe Leserkreis von der Berichtigung erfährt. Dies ist nicht der Fall, wenn nur der Online-Artikel korrigiert wird. Ziffer 5 der «Erklärung» ist somit verletzt. Auf die Ausführungen des Beschwerdeführers zu einer verweigerten Gegendarstellung geht der Presserat mangels Zuständigkeit nicht ein.

4. Ziffer 6 der «Erklärung» verpflichtet Journalistinnen und Journalisten, das Redaktionsgeheimnis zu wahren und die Quellen vertraulicher Informationen nicht preiszugeben. Der Beschwerdeführer wirft der «Schweiz am Sonntag» vor, diese habe unbefugterweise aus einem «Off-the-record»-Gespräch zitiert. «Schweiz am Sonntag» sagt – wie oben ausgeführt –, dies treffe nicht zu. Die Aussagen stammten vielmehr aus Schilderungen mehrerer Quellen. Unklar bleibt somit für den Presserat, ob ein «Off-the-record»-Gespräch stattgefunden hat. Wäre dies der Fall, würde das journalistische Fairnessgebot selbstverständlich gebieten, die vereinbarten Regeln einzuhalten, es sei denn, ein überwiegendes öffentliches Interesse stünde dem entgegen. Vorliegend steht jedoch auch in diesem Punkt Aussage gegen Aussage. Eine Verletzung von Ziffer 6 der «Erklärung» ist somit nicht dargetan.

5. Ziffer 8 der «Erklärung» verlangt von Journalisten, dass sie in ihrer Berichterstattung auf diskriminierende Anspielungen, welche u.a. die Religion zum Gegenstand haben, verzichten. David Klein sieht durch «negative Anspielungen auf meinen jüdischen Glauben und die Verwendung des antisemitischen Stereotyps des ‹rachsüchtigen Juden›» eine Verletzung von Ziffer 8 begründet. Der Beschwerdeführer begründet seinen Vorwurf nicht näher. Für den Presserat lässt er sich nicht nachvollziehen. Nirgends im Artikel findet sich eine entsprechende diskriminierende Anspielung. Eine Verletzung von Ziffer 8 der «Erklärung» ist somit ebenfalls nicht gegeben.

III. Feststellung

1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen.

2. Die «Schweiz am Sonntag» hat mit dem Artikel «Der Missverstandene» vom 3. Dezember 2016 Ziffer 3 (Quellenbearbeitung) und Ziffer 5 (Berichtigung) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt.

3. In allen übrigen Punkten wird die Beschwerde abgewiesen.