Nr. 11/2017
Trennung zwischen redaktionellem Teil und Werbung / Meinungspluralismus

(von Ballmoos/Wilhelm c. «Davoser Zeitung»)

Drucken

Zusammenfassung

«Davoser Zeitung» verletzt mit Olympia-Berichten Transparenz-Regeln des Presserats

Der Schweizer Presserat rügt die «Davoser Zeitung», weil sie vor der Olympia-Abstimmung vom 12. Februar 2017 grundlegende Transparenz-Regeln in Sachen Inserate und bezahlte Inhalte verletzt hat. Die Zeitung kennzeichnete bei einer Interviewserie jeweils das Logo der Kredit-Befürworter nicht als Inserat. Der Presserat geht auch davon aus, dass es sich bei den Interviews mit Sportlern um bezahlten Inhalt handelte. Und die «Davoser Zeitung» verteilte eine Beilage, die für ein Ja warb, jedoch nicht als bezahlte Werbebeilage bezeichnet war. Immerhin war sie so gestaltet, dass man sie von einer normalen Zeitungsausgabe unterscheiden konnte.

Beschwert hatten sich beim Presserat die beiden Politiker Walter von Ballmoos und Philipp Wilhelm – beide Gegner der Vorlage. Sie warfen auch die Frage auf, ob es der herausgebende Somedia-Verlag als Fast-Monopolist in Graubünden nicht an Meinungspluralismus fehlen liess. Die «Davoser Zeitung» und Somedia machten geltend, dass die Zeitung auch zahlreiche Artikel und Leserbriefe der Olympia-Gegner abgedruckt hatte. Der Presserat will nicht von fehlendem Meinungspluralismus sprechen. Er mahnt aber, dass Medien mit einer regionalen Vormachtstellung bei Abstimmungen eine besondere Verantwortung tragen. Sie sollten Befürworter wie Gegner möglichst gleich behandeln.

Résumé

La «Davoser Zeitung» viole les règles du Conseil de la presse sur la transparence avec ses comptes rendus sur les Jeux olympiques

Le Conseil suisse de la presse blâme la «Davoser Zeitung» pour avoir porté atteinte aux règles fondamentales sur la transparence, avant la votation du 12 février 2017 sur les Jeux olympiques, avec des annonces et des contenus payés. Le journal a omis de signaler comme annonces une série d’interviews présentant le logo des partisans du crédit. Le Conseil de la presse a toutes les raisons de penser que les interviews de sportifs étaient rémunérées. La «Davoser Zeitung» a également distribué un supplément soutenant le «oui» sans signaler qu’il s’agissait d’un supplément publicitaire. Seul élément à sa décharge: l’édition était mise en page de telle manière qu’on pouvait la distinguer d’un supplément normal.

Ce sont Walter von Ballmoos et Philipp Wilhelm – deux hommes politiques opposés au projet – qui ont saisi le Conseil de la presse. Ils ont également soulevé la question de savoir si Somedia, le groupe de presse auquel le journal appartient et qui occupe une position de quasi monopole dans les Grisons, n’empêchait pas le pluralisme de d’exprimer dans ce canton. La «Davoser Zeitung» et Somedia ont fait valoir que le journal avait également publié quantité d’articles et de lettres de lecteurs émanant d’opposants au projet. Le Conseil de la presse n’entend pas parler de manque de pluralisme. Il rappelle toutefois que les médias occupant une position dominante dans une région assument une responsabilité particulière lors de votations. Ils devraient autant que possible traiter les adversaires à égalité.

Riassunto

Regole di trasparenza violate dalla «Davoser Zeitung» in occasione della votazione sul tema «Olimpiadi»

La «Davoser Zeitung» è criticata in una presa di posizione del Consiglio svizzero della stampa in quanto ha violato le regole della trasparenza in fatto di supplementi e di articoli pagati da terzi in occasione della votazione popolare del 12 febbraio 2017 sullo svolgimento dei Giochi olimpici invernali nei Grigioni. Per esempio, il giornale ha omesso di precisare se una serie di interviste era stata prodotta dai favorevoli ai Giochi. Al limite, potrebbero essere state pagate addirittura le interviste a personaggi dello sport.

E sul supplemento dedicato alla votazione, che del resto si presentava come una normale edizione del giornale, mancava la precisazione che si trattava di un inserto pubblicitario.

Il reclamo era stato presentato da due politici oppositori del progetto: Walter von Ballmoos e Philipp Wilhelm. Entrambi si chiedevano se la Somedia Verlag, in quanto al beneficio di un quasi-monopolio nei Grigioni, non possa essere accusata di nascondere la pluralità delle opinioni. La redazione e la casa editrice rispondono che il giornale ha pubblicato numerosi articoli e lettere di lettori contrari al progetto olimpico. Nella sua presa di posizione, il Consiglio della stampa evita di parlare di monopolio ma ricorda che i media in posizione dominante, in vicinanza di consultazioni popolari, sono tenuti a dimostrare un grado di responsabilità particolare, possibilmente offrendo armi pari sia ai favorevoli sia ai contrari della proposta in votazione.

I. Sachverhalt

A. In den Monaten Dezember 2016 und Januar 2017 erschienen in der «Davoser Zeitung» aus dem Somedia-Verlag zahlreiche Berichte zur Abstimmung über einen Olympia-Kredit im Kanton Graubünden, darunter in der Rubrik Sport jeweils am Freitag eine Serie von Interviews. Am 9. Dezember 2016 wurde diese Serie wie folgt eingeführt: «Viele Davoser und Klosterser Persönlichkeiten unterstützen die Bündner Kandidatur für Olympia 2026. Die DZ hat einige von ihnen befragt und wird in den kommenden Freitagsausgaben jeweils ein solches Interview veröffentlichen.» Am 24. Januar 2017 publizierte die «Davoser Zeitung» zudem eine Sonderbeilage unter dem Titel «Olympische und Paralympische Winterspiele 2026 in Graubünden: Die Fakten zur Abstimmung vom 12. Februar, kompakt zusammengefasst».

B. Am 1. Februar 2017 beschwerten sich Walter von Ballmoos und Philipp Wilhelm beim Schweizer Presserat gegen die Interviewserie und die «Sonderausgabe» der «Davoser Zeitung» vom 24. Januar 2017. Damit habe die Zeitung gegen die Richtlinien 10.1 (Trennung von redaktionellem Teil und Werbung) und 10.2 (Sponsoring, Koppelung von redaktionellen Berichten und Werbung) zur «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend «Erklärung») verstossen. So seien in der Interviewserie – bis auf eine Ausnahme – nur Befürworter einer Bündner Olympia-Kandidatur zu Wort gekommen. Die Interviews seien jeweils mit dem Logo des Ja-Komitees flankiert gewesen. Auch die achtseitige Sonderausgabe der «Davoser Zeitung» vom 24. Januar 2017 mit einer Auflage von 6600 Exemplaren und per Post an die Davoser Haushalte zugestellt, enthalte nur Werbung für ein Ja zur Olympia-Vorlage. Da weder in der Interviewserie noch in der Sonderausgabe eine ausgewogene Berichterstattung feststellbar gewesen sei, hätten sich die Beschwerdeführer bei der Redaktion erkundigt und die Auskunft erhalten, dass es sich bei den Interviews um nicht-redaktionelle, bezahlte Beiträge handle, bei der Sonderausgabe um eine Publi-Reportage bzw. um eine bezahlte Ausgabe. Dies sei aber, so die Beschwerdeführer, nirgends deklariert. Im Impressum auf Seite 2 stünden demgegenüber die üblichen Angaben zu Verleger, Leitung und Redaktion der «Davoser Zeitung». Auch die Interviews machten den Anschein, sie seien redaktionell verantwortet. Ein Verstoss gegen die Richtlinien 10.1 und 10.2 sei gegeben, so die Beschwerdeführer, weil bei beiden – Interviews wie Sonderausgabe – die Hinweise auf «Anzeige», «bezahlte Abstimmungswerbung» oder andere dem Publikum geläufige Begriffe fehlten. Bei gesponserten Medienberichten sei zudem gemäss Richtlinie 10.2 der Name des Sponsors transparent zu machen und die freie Themenauswahl und -bearbeitung durch die Redaktion zu gewährleisten. Redaktionelle Beiträge als Gegenleistung für Inserate und Werbesendungen seien unzulässig.

Auch wenn sich Somedia-Verleger Hanspeter Lebrument als klarer Befürworter der Olympia-Kandidatur positioniert habe – dies gehe aus einem Interview in der «Südostschweiz»-Ausgabe vom 10. Dezember 2016 hervor – entbinde eine klare Meinungshaltung des Verlegers diesen nicht von der Einhaltung der journalistischen Pflichten.

Weiter monieren die Beschwerdeführer einen möglichen Konflikt mit dem in Richtlinie 2.2 zur «Erklärung» geforderten Meinungspluralismus. Sie werfen vorerst die Frage auf, ob sich die Printprodukte des Somedia-Verlags in der Region Graubünden in einer Monopolsituation befinden. Wenn dem so wäre, müsste der Meinungspluralismus respektiert werden.

C. Für die «Davoser Zeitung» und die Somedia nahmen Hanspeter Stiffler, Geschäftsleiter der Budag, und Silvio Lebrument, Geschäftsführer Medien der Somedia, am 9. März 2017 Stellung zur Beschwerde von Ballmoos/Wilhelm. Sie schreiben, die Beschwerdeführer bemängelten, die Interviewserie sei bis auf eine Ausnahme unausgewogen. Nicht erwähnt hätten von Ballmoos/Wilhelm aber, dass die «Davoser Zeitung» vom Dezember 2016 bis Februar 2017 zahlreiche Artikel und Leserbriefe der Olympia-Gegner abgedruckt habe. Zur Illustration listet die Beschwerdegegnerin acht Beiträge bzw. Leserbriefe von Januar und Februar 2017 auf. Indem die «Davoser Zeitung» sowohl Gegner wie auch Befürworter der Abstimmungsvorlage zu Wort kommen liess, habe sie den Grundsatz des Meinungspluralismus beachtet.

Bezüglich der Interviewserie führt die Beschwerdegegnerin aus, dass dafür ausschliesslich Sportler bzw. ehemalige Sportler aus Davos mit einem Bezug zu Olympischen Spielen interviewt worden seien. Um den Leserinnen und Lesern zu ermöglichen, sich ein möglichst genaues Bild zu machen, habe man die Form des Interviews gewählt. Damit habe die Redaktion deutlich deklariert, dass es sich um die persönliche Meinung der Interviewten handelte und nicht etwa um die Meinung eines Redaktors, eines Chefredaktors oder gar eines Verlegers. Im Übrigen sei auch ein Gegner der Olympia-Kandidatur zu Wort gekommen. Die «Davoser Zeitung» widerspricht der Darstellung, dass die Reklame auf den entsprechenden Interviewseiten zu wenig klar deklariert gewesen seien. Diese sei unabhängig vom redaktionellen Teil verkauft worden. Der Kunde habe lediglich auf den Seiten der Sportlerserie präsent sein wollen. Neben der völlig anderen Gestaltung handle es sich um das offizielle Logo des Pro-Lagers, welches auch auf anderen Printprodukten, in Inseraten, Plakaten und Online verwendet worden sei. Die Reklame erfülle die von Ziffer 10 der «Erklärung» geforderte Abhebung von redaktionellen Beiträgen.

Bei der «8-seitigen Sonderausgabe der Davoser Zeitung», wie die Beschwerdeführer sie fälschlicherweise bezeichneten, habe es sich tatsächlich um eine am 24. Januar 2017 erschienene Beilage zur «Davoser Zeitung» gehandelt und damit um eine Form des «Native Advertising». Um eine Verwechslungsgefahr mit dem redaktionellen Teil der «Davoser Zeitung» zu vermeiden, unterscheide sich die Gestaltung der Beilage jedoch von der üblichen Definition von «Native Advertising», welches die Unterscheidung von redaktionellen und anderen Teilen der Zeitung schwierig mache. Die Beilage unterscheide sich deutlich von der «Davoser Zeitung»: Die Texte seien farblich unterlegt. Das Layout und die Schrift entsprächen nicht jener der «Davoser Zeitung». Die einzelnen Artikel oder Meinungsäusserungen trügen folgerichtig auch keine Kürzel. Ausserdem sei wiederum das offizielle und x-fach bekannte Logo des Ja-Komitees verwendet worden. Die Beschwerdegegnerin fügt selbstkritisch an, die Verwendung des normalen Impressums sei zu bemängeln. In künftigen Beilagen würde man darauf verzichten und stattdessen die Deklaration der Beilage als «Native Advertising» noch stärker betonen.

Zum von den Beschwerdeführern bemängelten fehlenden Meinungspluralismus in einer Monopolsituation führt die Beschwerdegegnerin an, es mute im Zeitalter der Sozialen Medien und des Internets mit unzähligen Äusserungsmöglichkeiten seltsam an, von Medienmonopolen oder fehlendem Meinungspluralismus sprechen zu wollen. Zumal beide Beschwerdeführer ihre Position zur besagten Abstimmung in ausführlichen Interviews in der «Davoser Zeitung» selber hätten darlegen können. Weiter weist die Beschwerdegegnerin auf die Facebookseite des Beschwerdeführers Philipp Wilhelm hin: Dieser hätte über dieses Netzwerk seine Meinung zur Olympiavorlage 2026 an knapp 1500 Freunde verbreiten können. In der Folge listet die Beschwerdegegnerin eine ganze Reihe von Beiträgen Wilhelms auf dessen Facebookseite auf, in denen er Pro- und Kontrabeiträge von Somedia-Produkten zum Abstimmungsthema verbreitet habe. Sie stellt den Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

D. Das Präsidium des Presserats wies die Beschwerde seiner 3. Kammer zu; ihr gehören Max Trossmann als Präsident an sowie Marianne Biber, Jan Grüebler, Matthias Halbeis, Barbara Hintermann, Seraina Kobler und Markus Locher.

E. Die 3. Kammer behandelte die Beschwerde an ihrer Sitzung vom 5. April 2017 sowie auf dem Korrespondenzweg.


II. Erwägungen

1. a) Die Beschwerdeführer kritisieren in ihrer Beschwerde die Interviewserie mit der Verwendung des Logos des Ja-Komitees sowie die Beilage bzw. «Sonderausgabe» der «Davoser Zeitung» zur Olympia-Abstimmung und sie stellen die Frage, ob der Verlag Somedia den Meinungspluralismus einhält. Als erstes ist zu fragen, ob die Interviewserie den Anforderungen von Ziffer 10 der «Erklärung» sowie der zugehörigen Richtlinien genügt. Die Beschwerdegegnerin betont, die Reklame auf den Interviewseiten sei klar als solche ausgewiesen worden. Richtlinie 10.1 (Trennung zwischen redaktionellem Teil und Werbung) verlangt, dass Inserate und Werbesendungen gestalterisch von redaktionellen Beiträgen klar abzuheben sind. Sofern sie nicht optisch eindeutig als solche erkennbar sind, müssen sie explizit als «Anzeigen», «Werbung», «Werbereportagen», «Werbespots» oder durch andere dem Publikum geläufige vergleichbare Begriffe deklariert werden. Journalisten dürfen diese Abgrenzung nicht durch Einfügen von Schleichwerbung in der redaktionellen Berichterstattung unterlaufen. Richtlinie 10.2 (Sponsoring, Koppelung von redaktionellen Berichten und Werbung) verlangt zudem, dass der Name des Sponsors bei gesponserten Medienberichten transparent zu machen ist und die freie Themenwahl und -bearbeitung durch die Redaktion zu gewährleisten ist. Redaktionelle Beiträge, die als «Gegenleistung» zu Inseraten und Werbesendungen veröffentlicht werden, sind unzulässig.

b) Das einspaltige Logo mit dem dreifarbigen Schriftzug «JA KANDIDATUR OLYMPIA 2026» befindet sich mit einer Ausnahme auf allen Interviewseiten im linken unteren Eck der dreispaltigen Seite. Dreimal ist es eingerahmt von einem dünnen Rechteck, fünfmal steht es auf volle Spaltenbreite vergrössert ohne jede Abgrenzung zum Text. Es finden sich keine Trennlinien oder ähnliche gestalterische Elemente, welche das Logo mit dem Zusatz «Inserat» oder «Anzeige» von den Interviews abgrenzen würden. Die «Davoser Zeitung» hält dazu lediglich fest, dass die Befürworter mit ihrer Reklame auf den Interviewseiten präsent sein wollten. Implizit wird aus dieser Aussage klar, dass hier zumindest für die Platzierung des Logos Geld geflossen ist. Die verkaufte Reklame bestand im Abdruck des Logos. Die Logos hätten somit als Werbung deklariert werden müssen. Zum einen propagieren diese ein Ja für die Abstimmung und stellen damit politische Werbung dar. Zum anderen ist auch von Werbung auszugehen, wenn es Absprachen zwischen Verlag und Inserenten über Platzierung und Menge der Logos gibt. Dies ist besonders augenfällig, wenn die Inserate bzw. Logos die ganze Interviewserie abdecken. Richtlinie 10.1 ist somit klar verletzt.

c) Weiter stellt sich die Frage, ob die Interviews selbst bezahlter Inhalt waren und von den Befürwortern «gebucht» wurden. Die Beschwerdeführer machen geltend, sie hätten von der Redaktion die Auskunft erhalten, dass es sich bei den Interviews um nicht-redaktionelle, bezahlte Beiträge handle. Die Beschwerdegegnerin äussert sich nicht zu dieser Frage, hält aber wie erwähnt fest, «der Kunde» habe auf den Seiten der Sportlerserie präsent sein wollen. Richtlinie 10.2 (Sponsoring, Koppelung von redaktionellen Berichten und Werbung) hält fest, dass bei gesponserten Medienberichten der Name des Sponsors transparent zu machen und die freie Themenwahl und -bearbeitung durch die Redaktion zu gewährleisten ist. Redaktionelle Beiträge, die als «Gegenleistung» zu Inseraten und Werbesendungen veröffentlicht werden, sind unzulässig. Daraus, dass die Befürworter der Vorlage auf den Seiten der Sportlerserie präsent sein wollten, lässt sich schliessen, dass sie im Voraus wussten, dass die Redaktion beabsichtigte, ehemalige Olympioniken und Spitzensportler zur Vorlage zu befragen. Denkbar ist auch, dass die Befürworter von sich aus vorschlugen, eine Interviewserie als bezahlten Inhalt zu finanzieren oder zur Verfügung zu stellen. Sofern es sich dabei um eine Gegenleistung zu den veröffentlichten Inseraten gehandelt hätte, läge eine Verletzung von Richtlinie 10.2 vor. Dasselbe gälte, wenn es sich um bezahlte Beiträge handelte. Diese wären als solche zu kennzeichnen. Auch wenn der Presserat nicht mit letzter Sicherheit feststellen kann, ob die Interviews tatsächlich von den Olympia-Befürwortern bezahlt wurden, muss der Presserat davon ausgehen, dass Richtlinie 10.2 verletzt wurde.

2. Zu prüfen ist weiter die Beilage der «Davoser Zeitung» vom 24. Januar 2017. Die Beschwerdegegnerin bezeichnet diese Beilage selbst als «Native Advertising». Als «Native Advertising» gilt eine Werbeform, in der Produkte nicht direkt beworben werden, letztlich aber für den Inhalt bezahlt wird. Es ist deshalb bei der Beurteilung dieser Beilage davon auszugehen, dass diese bezahlt wurde. Die beanstandete Beilage zur Abstimmung vom 12. Februar 2017 unterscheidet sich sehr deutlich von einer normalen Ausgabe der «Davoser Zeitung»: mit einem ganzseitigen Foto von Davos mit den Olympischen Ringen und dem hochgestellten Schriftzug «Olympia» in grosser, fetter Schrift auf der Titelseite, mit blau bzw. gelb unterlegten Texten und einem völlig unterschiedlich gestalteten Layout und anderen Schriften. In seiner Stellungnahme 45/2015 hat der Presserat als Anspruch an eine bezahlte Beilage formuliert, dass diese auch explizit als solche bezeichnet sein muss. Dies ist bei dieser Olympia-Beilage nicht der Fall, für den Leser ist nicht ersichtlich, dass für diese Beilage bezahlt wurde. Und dies umso weniger, als der Untertitel lautet «Die Fakten zur Abstimmung vom 12. Februar, kompakt zusammengefasst». Mit dem Einfügen eines normalen Impressums in der Beilage wurde zudem ein irreführender Bezug zu einer normalen Ausgabe der «Davoser Zeitung» hergestellt. Eine Deklarierung als bezahlter Inhalt, zum Beispiel mit dem klar sichtbaren Begriff «Werbe-Beilage» bereits auf dem Titelblatt, und letztlich eine deutliche Trennung von redaktionellem Inhalt und Werbung fehlen. Richtlinie 10.1 ist somit klar verletzt.

3. Richtlinie 2.2 (Meinungspluralismus) hält fest: «Der Meinungspluralismus trägt zur Verteidigung der Informationsfreiheit bei. Er ist notwendig, wenn sich ein Medium in einer Monopolsituation befindet.» Zu fragen ist deshalb, ob sich die «Davoser Zeitung» in einer Monopolsituation befindet. Die «Davoser Zeitung» gehört zur Somedia. Sie ist Teil einer Mediengruppe mit einer regionalen Vormachtstellung. Die Beschwerdegegnerin führt zahlreiche Artikel und Leserbriefe an, welche die «Davoser Zeitung» veröffentlicht hat und in denen auch die Nein-Position zur Olympia-Vorlage zum Ausdruck kam. Insofern kann nicht von fehlendem Meinungspluralismus gesprochen werden. Selbst dann, wenn festzustellen ist, dass Befürworter und Gegner der Olympia-Vorlage kaum gleich behandelt worden sein dürften. Somit liegt keine Verletzung von Richtlinie 2.2 vor. Der Presserat hält jedoch fest, dass Medien mit einer regionalen Vormachtstellung bei der Berichterstattung über Abstimmungen eine besondere Verantwortung tragen. Sie müssen besonders darauf achten, Befürworter wie Gegner möglichst gleich zu behandeln.

Zur Rolle des Verlegers und der Journalisten besagt die Ziffer 11 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten»: «(Journalisten) nehmen journalistische Weisungen nur von den hierfür als verantwortlich bezeichneten Mitgliedern ihrer Redaktion entgegen, und akzeptieren sie nur dann, wenn diese (zum Journalistenkodex) nicht im Gegensatz stehen.» Die Protokollerklärungen zur Interpretation des Journalistenkodex aus dem Jahr 2008 halten dazu explizit fest: «Die Redaktionen entscheiden im Rahmen der publizistischen Linie des Mediums selbstständig über den Inhalt des redaktionellen Teils. Davon ausgenommen sind gezeichnete geschäftliche Mitteilungen des Verlegers/Veranstalters. Publizistische Einzelweisungen des Verlegers/Veranstalters an die Redaktion sind unstatthaft. Wirkt der Verleger/Veranstalter bei der redaktionellen Arbeit mit, gilt er als Journalist und untersteht dem Journalistenkodex. Die Freiheit der redaktionellen Arbeit und deren Trennung vom kommerziellen Teil des Medienunternehmens ist durch eine klare Regelung der Kompetenzen zu gewährleisten.» Dem Presserat ist nicht bekannt, wie die Regelung im vorliegenden Fall gehandhabt wurde. Es ist Hanspeter Lebrument als Verleger der «Davoser Zeitung» unbenommen, sich als klarer Befürworter der Olympia-Kandidatur zu positionieren. Die Freiheit der Redaktion und die Unabhängigkeit der Journalisten ist aber in jedem Fall zu gewährleisten. Andernfalls steht die Glaubwürdigkeit der Medien auf dem Spiel.

III. Feststellungen

1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen.

2. Die «Davoser Zeitung» hat Ziffer 10 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt, indem sie sowohl die Inserate zu einer mutmasslich gesponserten Interviewserie zur Olympia-Abstimmung als auch eine bezahlte Beilage zur Abstimmung nicht als Werbung deklarierte.

3. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. Die «Davoser Zeitung» hat Ziffer 2 der «Erklärung» (Meinungspluralismus) nicht verletzt.