Nr. 48/2003
Tragweite des Diskriminierungsverbots

(X. c. «Blick») Stellungnahme des Schweizer Presserates vom 24. Oktober 2003

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I. Sachverhalt

A. In der Ausgabe vom 2. August 2003 berichtete «Blick» unter dem Titel «450 Rechtsradikale auf dem Rütli – Schon wieder. Glatzen rissen das Maul auf» über die 1. August-Feier vom Vortag auf dem Rütli. Gemäss «Blick» «verkommt» der Nationalfeiertag «immer mehr zum Festtag der Rechtsextremen. Sie geben den Ton an, sie buhen, sie grölen. Als FDP-Nationalrat Edi Engelberger (63) zu seiner Rede anheben will, muss er warten. Die Glatzen singen plötzlich die alte Nationalhymne ÐHeil dir Helvetiað. Engelberger zur ungeplanten Darbietung: Ðdas muss man vertragen können. Sie haben ja nicht weiter gestörtð sagte er Blick. Der Rest der 1400 Zuhörer applaudiert ihm, doch vom braunen Gesindel bekommt ein anderer Beifall: Plötzlich geht das Nidwaldner Original Alois Bucher-Durrer ans Rednerpult – ausser Programm. Der entblödet sich nicht, die Rechtsextremen als die Ðwahren Patriotenð zu bezeichnen. Erst nach Minuten wird ihm das Mikrofon abgestellt. Sonst verläuft der Anlass friedlich.»

B. Am 18. August 2003 beschwerte sich X. beim Presserat, «Blick» habe mit dem Artikel und der Überschrift vom 2. August gegen Ziffer 8 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (Diskriminierung) verstossen. «Auf Seite drei des ÐBlicksð sind einige kurz- resp. kahlhaarige junge Personen abgebildet, welche das Victory-Zeichen (steht für Sieg) machen. Diese bildlich festgehaltenen Leute sowie weitere 450 wurden im Bericht auf Seite drei als Rechtsextreme bezeichnet. Tatsache ist: diese Personen haben kurze oder keine Haare, sind weder gewalttätig noch verbal in irgendeiner Weise negativ aufgefallen. Somit werden diese Leute mit diesem Artikel und dem Foto vor zehntausenden Lesern diskriminiert und kriminalisiert, denn ein Rechtsextremer ist jemand, welcher Personen anderer Nationalität und Hautfarbe diskriminiert und rassistisch bezeichnet oder gegen sie Gewalt anwendet und sich dafür strafbar macht.»

C. Gemäss Art. 9 Abs. 3 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserates sind offensichtlich unbegründete Beschwerden durch das Presseratspräsidium zurückzuweisen.

D. Das Presseratspräsidium – bestehend aus dem Präsidenten Peter Studer sowie den Vizepräsidenten Daniel Cornu und Esther Diener-Morscher – hat die vorliegende Stellungnahme per 24. Oktober 2003 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägungen

1. Ziffer 8 der «Erklärung lautet: «Sie respektieren die Menschenwürde und verzichten in ihrer Berichterstattung in Text, Bild und Ton auf diskriminierende Anspielungen, welche die ethnische oder nationale Zugehörigkeit, die Religion, das Geschlecht, die sexuelle Orientierung, Krankheiten sowie körperliche oder geistige Behinderung zum Gegenstand haben.»

2. Bereits aus dem Wortlaut ergibt sich, dass mit dieser berufsethischen Norm ethnische nationale und religiöse Minderheiten sowie weitere ausdrücklich genannte, gesellschaftlich tendenziell benachteiligte Personengruppen geschützt werden sollen. Nicht darunter befinden sich offensichtlich politische Parteien und extreme gesellschaftliche und politische Gruppierungen. Dementsprechend geht die Rüge des Beschwerdeführer von vornherein fehl. Dies ungeachtet der vom Presserat nicht zu beurteilenden Frage, ob die im beanstandeten «Blick»-Artikel enthaltenen und vom Beschwerdeführer zum Teil bestrittenen Fakten sowie die politischen Wertungen vollständig zutreffen oder nicht.

III. Feststellung

Die Beschwerde wird als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.