Nr. 22/2001
Quellennennung / Plagiatorisches Verhalten

(Angeli c. «SonntagsZeitung») Stellungnahme des Schweizer Presserates vom 5. April 200

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I. Sachverhalt

A. Der «Beobachter» veröffentlichte in seiner Ausgabe Nr. 24/2000 vom 23. November 2000 einen umfangreichen Hintergrundartikel von Thomas Angeli mit dem Titel «Datenhandel – Registriert auf Schritt und Tritt». Der Artikel bestand aus mehreren Elementen: Unter anderem einer Service-Box, wie sich Personen gegen die Weitergabe ihrer Daten schützen können, und dem Text «Post will mit Datenschutz Kasse machen», der als Kasten beigestellt wurde. Darin wurde darüber informiert, dass die Post, die Adressänderungen an die Post-Tochter DCL Data Care AG weiterreiche – eine Tatsache, die den meisten Post-Kunden und -Kundinnen nicht bekannt sei. Wünschten diese eine Sperrung der Adressweitergabe, müssten sie künftig jährlich bis zu 240 Franken dafür bezahlen. Ob die geplante Gebühr tatsächlich eingeführt werde, wurde laut Artikel von der Post nicht bestätigt, dafür jedoch von der DCL.

B. Am 24. November 2000 gratulierte ein Mitglied der Chefredaktion der «SonntagsZeitung» dem Chefreaktor des «Beobachters» via E-mail «zu Eurem Titelbild und zu Eurer Story über den Datenschutz». Darin heisst es unter anderem: «Eigentlich habt Ihr die beste Story ja im Kasten verschenkt: Dass die Post für die Nichtweitergabe von Daten bis zu 240 Franken jährlich verlangen kann, ist ja ein starkes Stück.»

C. In einem Antwort-E-mail vom gleichen Tag bedankte sich der «Beobachter»-Chefredaktor für die Gratulation und führte weiter u.a. aus: «Das Schöne daran für die SoZ: sie kann das Thema auch noch aufgreifen und vertiefen (bitte mit Quellenangabe)».

D. Am 26. November 2000 machte die «SonntagsZeitung» auf ihrer Titelseite unter der Schlag- bzw. Unterzeile «Post unterläuft Datenschutz – Kunden sollen bei Adressänderungen für das Sperren ihrer Daten zahlen» – die Absicht der Post publik, künftig von ihren Kunden 20 Franken pro Monat zu verlangen, falls diese ihre Adressänderung nicht an Adresshändler weiterleiten lassen wollen. In einem zweiten Artikel auf Seite 3 unter dem Titel «Adressschutz: Post will absahnen» wurde diese Information vertieft. Darin wurde unter anderem Post-Chef Ulrich Gygi zitiert, der den Sachverhalt bestätigte: «Für diejenigen, die gegen eine Weitergabe ihrer Adresse sind, kostet der Nachsendeauftrag ab 2001 monatlich 20 Franken.» Der Leser, die Leserin erfuhr, dass die Post bisher alle Adressänderungen an Adresshändler weitergab. Da ihr der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte diese Praxis aber verbot und verlangte, dass sie ihren Kunden die Möglichkeit bieten muss, die neue Adresse nach einem Umzug sperren zu lassen, habe die Post beschlossen, das Sperren der Daten kostenpflichtig zu machen. Im vierten Abschnitt stellte der Artikel die Firma DCL Data Care vor, welche das Adresshandling «laut ,Beobachter’» für die Post besorge. Im weiteren gab der Artikel Reaktionen auf die Absicht der Post wieder und informierte kurz darüber, wie andere öffentliche und private Unternehmen mit Adressen umgehen. In einem Kasten erfuhren die Lesenden ausserdem, wie sie ihre persönlichen Daten schützen können.

E. Thomas Angeli wandte sich daraufhin brieflich an den Chefredaktor der «SonntagsZeitung» und machte geltend, beim Artikel «Post unterläuft Datenschutz» handle es sich um einen simplen «Nachzug» des von ihm recherchierten Sachverhalts und nicht um einen selbstrecherchierten Primeur der «SonntagsZeitung». «Dies war auch der ,SonntagsZeitung‘ bekannt: Andres Büchi hat dem ,Beobachter‘ am 24. November ausdrücklich zum Artikel gratuliert.» Trotzdem hätten die Autoren die Quelle der brisanten Information aber mit keinem Wort erwähnt. «Vielmehr geben sie die Tatsache, dass die Post ab 2001 für einen Nachsendeauftrag mit Datensperre Fr. 240.– zu verlangen gedenkt, als das Resultat eigener Recherchen aus. Um dem journalistischen Gebot der Quellenangabe scheinbar doch noch Genüge zu tun, erwähnen sie auf Seite 3 zwar den ,Beobachter’– allerdings im Zusammenhang mit einem längst bekannten Nebenaspekt der Geschichte.» Dieses Vorgehen bezeichnete Thomas Angeli als «Missachtung sämtlicher journalistischer Anstandsregeln». Weil es zu seinem Berufsverständnis gehöre, «dass man keine Geschichten abschreibe und diese dann als das Resultat eigener Recherchen verkauft, forderte Thomas Angeli u.a. von der «SonntagsZeitung», dass sie in der Nummer vom 3. Dezember 2000 auf Seite 3 einen Kasten mit einer entsprechenden Klarstellung sowie einer Entschuldigung abdrucke.

F. In ihrem Antwortschreiben vom 1. Dezember 2000 wies die «SonntgsZeitung» alle Forderungen des Journalisten zurück. Als Begründung führte der stellvertretende Chefredaktor Christoph Grenacher folgendes an: «Wir haben keinesfalls eine Geschichte abgeschrieben, noch haben wir dies als Resultat eigener Recherchen verkauft. Wir haben vielmehr ein Thema, das die Konsumentensendung ,Espresso‘ von DRS 1 bereits im Frühling bearbeitet hat und das Sie beim ,Beobachter‘ jetzt aktualisiert haben, weitergetrieben. Wir haben auch den ,Beobachter‘ als Quelle erwähnt.» Die «SonntagsZeitung» habe deshalb der journalistischen Sorgfaltspflicht Genüge getan. Das Vorgehen entspreche «heutzutage gängiger journalistischer Praxis» und sei weder «eine UWG-relevante Verwendung von Arbeiten Dritter, noch ist sie, wie Sie festzustellen glauben, ein Plagiat».

G. Mit Beschwerde vom 19. Dezember 2000 gelangte Thomas Angeli daraufhin an den Presserat und rügte, die beiden oben erwähnten Artikel der «SonntagsZeitung» vom 26. November 2000 hätten den tatsachenwiderigen Eindruck erweckt, die Geschichte basiere auf eigenen Recherchen der «SonntagsZeitung» und sei somit ein Primeur. Der «Beobachter» sei von der «SonntagsZeitung» zu Unrecht lediglich als Quelle für eine letztlich nebensächliche Zusatzinformation erwähnt worden. Ansonsten habe die «SonntagsZeitung» keine Angaben darüber gemacht, woher die Information stammte.

H. Das Präsidium des Presserates wies die Beschwerde zur Behandlung an die erste Kammer. Diese setzt sich wie folgt zusammen: Peter Studer (Kammerpräsident), Marie-Louise Barben, Luisa Ghiringhelli Mazza, Silvana Iannetta, Philip Kübler, Katharina Lüthi, Edy Salmina.

I. In ihrer Stellungnahme von 12. Januar 2001 beantragte die durch den Rechtsdienst der Tamedia AG vertretene «SonntagsZeitung», die Beschwerde sei abzuweisen. Es stimme zwar, dass der «Beobachter»-Bericht den Anstoss für den beanstandeten Artikel der «SonntagsZeitung» gegeben habe. Die Behauptung Thomas Angelis, die «SonntagsZeitung» habe den falschen Eindruck erweckt, die Geschichte basiere auf eigenen Recherchen, sei aber unrichtig. Weil der Plan der Post als brisant eingestuft worden sei, habe man einen Journalisten und eine Journalistin mit einer Recherche beauftragt. Teile des Berichtes der «SonntagsZeitung» hätten daher durchaus Primeur-Charakter. So insbesondere durch die Bestätigung durch Post-Chef Ulrich Gygi, dass die Post den vom «Beobachter» genannten Betrag in der «gemutmassten Höhe von 20 Franken» tatsächlich erheben will. Trotzdem habe sich die «SonntagsZeitung» «nirgends mit Formulierungen wie ,gemäss Recherchen der SonntagsZeitung ‚ oder ,nach Informationen der SonntagsZeitung ‚» gebrüstet. Zudem sei im Artikel auf Seite 3 auf den «Beobachter» hingewiesen worden: «Es erstaunt, dass der Beschwerdeführer den Ort des Hinweises als besonders unpassend bezeichnet, nachdem er selbst in seinem Ausgangsartikel genau zu jenem Faktum, bei dem die «SonntagsZeitung» auf den ,Beobachter‘ Bezug genommen hatte, schrieb: ,Was die meisten Post-Kundinnen und -Kunden nicht wissen: …‘.» Die «SonntagsZeitung» räumte aber ein, «dass eine Erwähnung des ,Beobachters‘ bereits im Text auf der Frontseite anstatt erst auf Seite 3 angebracht gewesen wäre.» Ein entsprechender Hinweis sei vorgesehen gewesen, aber einer Kürzung zum Opfer gefallen. Dies sei vertretbar, weil
es sich beim Artikel weder um ein Plagiat noch um einen simplen Nachzug handle, sondern um «das Resultat einer eigenen, aufwändigen Recherche, die in der im ,Beobachter‘-Kästchen enthaltenen Meldung bloss den Ausgangspunkt hatte». Der Autor und die Autorin hätten jede einzelne Behauptung selber nachrecherchiert, und die zitierten Personen seien von ihnen selber kontaktiert und befragt worden. «Weder der Aufbau, noch Passagen des Berichtes des Beschwerdeführers wurden kopiert, kein Zitat wurde übernommen.» Die blosse Wiedergabe von Tatsachen sei kein Plagiat. Die von Thomas Angeli verlangte Klarstellung sei auch deshalb zurückgewiesen worden, weil im «verlangten Wortlaut nicht zutreffend gewesen wäre». Der Beschwerdeführer werde doch nicht die Obliegenheit installieren wollen, dass Medienschaffende bei jeder Tatsachendarstellung, über die sie recherchieren, der Frage nachgehen müssen, wer davon als erste/r berichtet hat.

K. Die erste Kammer behandelte die Beschwerde an ihrer Sitzung vom 5. April 2000 sowie auf dem Korrespondenzweg.

II. Erwägungen

1. Im Zusammenhang mit der Beschwerde vom 19. Dezember 2000 und der dieser beiliegenden Vorkorrespondenz zwischen den Parteien stehen zwei berufsethische Prinzipien zur Diskussion: Zum einen rügt der Beschwerdeführer eine unterlassene Quellenangabe, mithin eine Verletzung von Ziff. 3 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen. Zum anderen hat er zumindest in seinem Brief von Ende November 2000 an die Gegenpartei einen Plagiatsvorwurf (Ziff. 4 der «Erklärung») erhoben, wenn darin von «abschreiben» durch die «SonntagsZeitung» die Rede ist. Aus dem Zusammenhang wird allerdings deutlich, dass er damit weniger das Abkupfern der Geschichte als Ganzes meint, als vielmehr die Wiedergabe der von ihm recherchierten Informationen ohne Nennung des erstveröffentlichenden Mediums.

2. Gemäss Ziff. 3 der «Erklärung» sollten Medienschaffende u.a. keine wichtigen Elemente von Informationen unterschlagen. Der Presserat hat daraus in der Richtlinie 3.1 zur «Erklärung» hinsichtlich der Quellennennung abgeleitet: «Eine genaue Bezeichnung der Quelle eines Beitrages liegt im Interesse des Publikums. Sie ist vorbehältlich eines überwiegenden Interesses an der Geheimhaltung einer Quelle unerlässlich, wenn dies zum Verständnis der Information wichtig ist.»

Bei Übertragung dieser Grundsätze auf den zur Diskussion stehenden Sachverhalt ist festzustellen, dass eine Nennung des «Beobachters» als Quelle der ursprünglichen Recherche aus Sicht des Publikums unter Transparenzgesichtspunkten zwar durchaus wünschbar, für das Verständnis und die Einordnung der Information, wonach die Post für einen Nachsendeauftrag neu bis zu jährlich Fr. 240.– verlangen wolle, jedoch nicht mehr notwendig war, nachdem der Post-Chef diesen Sachverhalt zwischenzeitlich direkt gegenüber der «SonntagsZeitung» bestätigt hatte. Dementsprechend ist eine Verletzung von Ziff. 3 der «Erklärung» zu verneinen.

3. Nach Ziff. 4 der «Erklärung» sollen sich die Journalistinnen und Journalisten bei der Beschaffung von Informationen, Tönen, Bildern und Dokumenten keiner unlauteren Methoden bedienen. Ebenso sollen sie kein Plagiat begehen. Gemäss der Richtlinie 4.6 zur «Erklärung» begeht ein Plagiat, wer Informationen, Präzisierungen, Kommentare, Analysen und sämtliche anderen Informationsformen von einer Berufskollegin, einem Berufskollegen ohne Quellenangabe in identischer oder anlehnender Weise übernimmt.

Der Presserat hat in seiner Stellungnahme 16/2001 i.S. B c. «Bund» darauf hingewiesen, dass die journalistische Berufsethik in erster Linie die Sicherstellung eines fairen öffentlichen Diskurses bezweckt, weshalb der Presserat bei seiner Beurteilung des Handelns von Journalistinnen und Journalisten in erster Linie vom Standpunkt des Publikums auszugehen hat. Darüber hinaus soll die Berufsethik aber auch dazu beitragen, dass die schützenswerten Interessen der von Medienberichten direkt Betroffenen und weiterer Dritter angemessen gewahrt werden. Dementsprechend ist u.a. der Persönlichkeitsschutz zu respektieren (Ziff. 7 der «Erklärung»), ist die Menschenwürde zu wahren und sind diskriminierende Anspielungen zu unterlassen (Ziff. 8 der «Erklärung). Nicht im Zentrum der journalistischen Berufsethik stehen demgegenüber die Interessen konkurrierender Medien. Daraus kann jedoch keineswegs abgeleitet werden, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konkurrierender Medien berufsethisch nicht wenigstens an ein Mindestmass an Kollegialität gebunden sind. Die Forderung nach einem minimalen beruflichen „Anstand“ kommt in der «Erklärung» insbesondere im Gebot des Unterlassens eines plagiatorischen Verhaltens zum Ausdruck. Entgegen der von der Beschwerdegegnerin geltend gemachten Auffassung kann dabei von einem Plagiat bzw. von plagiatorischem Verhalten im Sinne von Ziff. 4 der Erklärung bzw. 4.6 der Richtlinien zur «Erklärung» nicht nur dann die Rede sein, wenn eine Publikation als Plagiat im Sinne des Urheberrechts zu qualifizieren ist, bei der ein urheberrechtlich geschütztes Werk ganz oder über weite Teile im Wortlaut ohne Einwilligung des Urhebers bzw. Angabe der Quelle übernommen wird. Ein unlauteres Verhalten durch eine identische oder anlehnende Übernahme von Informationen im berufsethischen Sinne ist vielmehr bereits auch dann zu bejahen, wenn eine Zeitung eine Information von einem anderen Medium übernimmt und ohne Angabe des anderen Mediums veröffentlicht, sofern eine solche Nennung unter den gegebenen Umständen sowohl sinnvoll als auch zumutbar war und überdies dem gängigen journalistischem Standard entspricht.

Der Presserat hat in einer Stellungnahme i.S. K. c. SDA aus dem Jahre 1993 (Sammlung 1993, S. 41ff.) entsprechend festgehalten, es sei im Sinne des freien Nachrichtenflusses zwar selbstverständlich, dass Neuigkeiten, die die einen Medien verbreiten, von den anderen Medien aufgegriffen und an ihr Publikum weitervermittelt werden. Denn nur so könnten Nachrichten wirklich zirkulieren. «Die Nachrichtenagenturen dienen just diesem freien Nachrichtenfluss: Sie produzieren Meldungen, die andere aufgreifen, und sie greifen Meldungen auf, die andere produziert haben. Medien, die sich stark auf Nachrichtenagenturen stützen, erwarten geradezu, dass die Agenturen die ganze Aktualität spiegeln, also auch jene Neuigkeiten weitervermit-teln, die aus anderen Medien stammen (wie Primeurs, wich-tige Interviews, interessante Recherchen und Dos-siers). Und jene, die Primeurs produzieren, gehen davon aus, dass sie und ihr Medium zitiert werden (…) Viele Journalistinnen und Journalisten bringen es nicht übers Herz, die Konkurrenz zu zitieren. Vielen scheint ein Stein aus der Krone zu fallen, wenn sie zugeben müssen, dass die Konkurrenz schneller und findiger war, ärgern sich aber masslos, wenn in einem andern Fall die Konkurrenz nicht eingestehen will, dass wiederum sie den Scoop landen konnten. (…) es ist stillos, wenn gar keine Quelle erwähnt und der Eindruck erweckt wird, das berichtende Me-dium habe das Thema als erstes aufgegriffen» (Sammlung 1993, a.a.O.).

Im vorliegenden Fall hat der «Beobachter» aufgedeckt, dass die Post für das Sperren von Kundendaten Geld verlangen will. Zwar konnte der «Beobachter» die Bestätigung, dass es sich wirklich so verhält, nicht von der Post selbst bekommen, sondern nur indirekt über deren Tochterfirma DCL. Das schmälert aber nicht sein Verdienst, die Absichten der Post als erstes Medium offengelegt zu haben. Dass es der «SonntagsZeitung» wenige Tage später gelang, die Meldung des «Beobachters» durch Post-Chef Gygi auch von der Post her offiziell bestätigen zu lassen – was von der Beschwerdegegnerin in der Beschwerdeantwort vom 12. Januar 2001 als eigener «Primeur» reklamiert wird – ändert nichts daran, dass die ursprüngliche Information vom «Beobachter» veröffentlicht wurde, weshalb die «SonntagsZeitung» im Lichte von Ziff. 4 der «Erklärung» verpflichtet gewesen wäre, in ihrer Ausgabe vom 26. November 2000 d
en «Beobachter» bereits auf der Frontseite als Quelle des Primeurs zu nennen. Ebensowenig kann unter den gegebenen Umständen die Nennung des «Beobachters» im Artikel Seite 3 der gleichen Ausgabe der «SonntagsZeitung» genügen, wird doch aus dem entsprechenden Hinweis nicht ersichtlich, dass auch die Basisinformation über die umstrittenen Pläne der Post vom «Beobachter» recherchiert worden war.

Die Beschwerdegegnerin macht in ihrer Beschwerdeantwort sinngemäss geltend, es entspreche normalem journalistischem Standard, dass Zeitungen von anderen Medien publizierte Fakten aufgreifen, nachprüfen, weiter recherchieren und in eigener Form publizieren. Dementsprechend wäre es unpraktikabel, wenn Medienschaffende bei jeder Tatsachenfeststellung, über die sie recherchieren, der Frage nachgehen müssen, wer davon als erste/r berichtet hat. Der Beschwerdegegnerin ist insofern recht zu geben, als eine solche berufsethische Pflicht in dieser generalisierenden Form auch nach Auffassung des Presserates wesentlich zu weit gehen würde. Dementsprechend wäre es unter Lauterkeitsgesichtspunkten nicht notwendig, die von der Beschwerdegegnerin erwähnte, bereits länger zurückliegende Recherche des Konsumentenmagazins «Espresseo» von DRS 1 zu erwähnen. Anders liegt der Fall hingegen beim „Beobachter“. Das berufsethisch verpönte Verhalten der Beschwerdegegnerin spielte sich im engen Zeitraum eines einzigen Wochenendes ab und ist durch ein Gratulations-E-mail an den «Beobachter» indirekt belegt. Diese besonderen Umstände rechtfertigen es, das Verhalten der «SonntagsZeitung» als plagiatorisch im Sinne von Ziff. 4 der «Erklärung» zu bezeichnen, wäre doch eine angemessene Nennung des «Beobachters» sowohl angemessen als auch zumutbar gewesen.

III. Feststellungen

1. Die «SonntagsZeitung» hat Ziff. 4 der «Erklärung» verletzt. Sie gratulierte dem «Beobachter» in einem E-mail zu einem Primeur, übernahm diesen, recherchierte weiter, aber wies in ihrem Bericht nicht darauf hin, dass die Information vom «Beobachter» herausgefunden und erst vor drei Tagen von diesem veröffentlicht worden war. Insoweit wird die Beschwerde gutgeheissen.

2. Darüber hinausgehend wird die Beschwerde abgewiesen.

3. Ein unlauteres Verhalten durch eine identische oder anlehnende Übernahme von Informationen ist nicht nur bei der unbewilligten ganzen oder weitgehenden Übernahme und Veröffentlichung eines urheberrechtlich geschützen Textes, sondern auch bereits dann zu bejahen, wenn eine Zeitung eine Information von einem anderen Medium übernimmt und ohne Angabe des anderen Mediums veröffentlicht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine solche Nennung unter den gegebenen Umständen sowohl sinnvoll als auch zumutbar war und überdies dem gängigen journalistischen Standard entspricht.