Nr. 42/2000
Privatsphäre Prominenter / Entstellung von Tatsachen / Fairness

(Schneider c. „Blick“/SonntagsBlick“) Stellungnahme des Schweizer Presserates vom 2. November 2000

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I. Sachverhalt

A. Am Samstag, dem 22. Juli 2000, brachte der „Blick“ auf Seite 1 als Hauptgeschichte: „Jörg Schneider: Unehelicher Sohn! Gentest machte alles klar“. Im Text schrieben Marcel Siegenthaler, André Häfliger und Thomas Heer, der Volksschauspieler Jörg Schneider sei Vater eines 28-jährigen, ausserehelichen Sohnes; anlässlich eines Verfahrens vor dem Bezirksgerichts Schwyz habe er im Dezember 1999 die Vaterschaft anerkannt. Im Artikel sind folgende Passagen mit Anführungs- und Schlusszeichen als direkte Aussagen von Jörg Schneider wiedergegeben:

– „Ja, das stimmt. Patrick ist mein Sohn!“ Auf Anfrage von BLICK gibt Schneider die Vaterschaft zu. – Schneider: „Ich hatte vor 28 Jahren ein kurzes Verhältnis mit der damals verheirateten Mutter von Patrick.“ – Mit der Mutter und deren Ehemann war Schneider nach eigenen Angaben „jahrelang befreundet“. – Schneider nachdenklich: „Ich weiss, das ist traurig. Aber Patrick hat nie Kontakt zu mir gesucht. Er hat mir nie geschrieben und sich nie bei mir bemerkbar gemacht.“ – Schneider weiter: „Erst vor zwei Jahren gestand mir Patricks Mutter, dass er mein Sohn ist. Für mich ist es unverständlich, dass sie mir diese Tatsache so lange verschwiegen hat.“ – Dem Vaterschaftstest habe er sich „sofort freiwillig gestellt“. – Doch Schneider blieb hart: „Eine Vater-Sohn-Beziehung ist zwischen Patrick und mir nie da gewesen. Richtig und de facto wird es sie wohl auch nie geben.“ – Der Schauspieler zu BLICK: „Ich kann mir vorstellen, Patrick in den nächsten Wochen zu treffen.“

B. Am Sonntag, dem 23. Juli 2000, war der Aufmacher im „SonntagsBlick“: „Jörg Schneider und sein unehelicher Sohn: Wüster Streit um Geld und Ehre“. Corinne Bünzli resümierte im Wesentlichen die „Blick“-Geschichte vom Vortag und übernahm zwei Schneider-Zitate, denn: „Gegenüber ‚SonntagsBlick‘ verweigerte er jede Aussage.“ In einem zweiten Beitrag befragte eine andere Journalistin einen Kinderpsychologen darüber, wie sehr uneheliche Kinder leiden, die erst spät von ihrem leiblichen Vater erfahren.

C. Am Montag, dem 24. Juli 2000, zog „Blick“ die Geschichte weiter, wiederum mit der Hauptschlagzeile auf der Frontseite: „Jörg Schneider: ‚Ich habe Angst vor Patrick‘. Er will seien unehelichen Sohn nicht sehen.“ Als Autoren zeichneten André Häfliger, Peter Padrutt und Marcel Siegenthaler. Folgende Aussagen sind als Zitate von Jörg Schneider gekennzeichnet:

– „Nichts und niemand“ kann den Volksschauspieler im Moment dazu bewegen, Patrick zu treffen. Warum? „Weil ich Angst vor ihm habe“, sagt Schneider. – Gegenüber BLICK beteuerte Schneider gestern: „Ich bin kein Rabenvater! Ich habe meine guten Gründe, weshalb ich Patrick nicht treffen will – noch nicht. Aber darüber will ich in der Öffentlichkeit nicht sprechen.“

In derselben „Blick“-Ausgabe fassten Marcel Siegenthaler und Martin Reichlin unter dem Titel „Unehelicher Sohn: Jörg Schneider machte ein Theaterstück daraus“ die Handlung des Stücks „Alles uf Chrankeschii“ zusammen, das Schneider in den Schweizer Dialekt übersetzt und 1998/99 aufgeführt hatte. Schliesslich wurde in einem ungezeichneten Beitrag Schneiders ehelicher Sohn mit sehr abfälligen Äusserungen über seinen Halbbruder zitiert.

D. Mit Schreiben vom 24. Juli 2000 wandte sich der Anwalt von Jörg Schneider an den Chefredaktor des „Blick“ und machte eine massive Verletzung der Persönlichkeitsrechte seines Mandanten geltend. Insbesondere wies er darauf hin, dass Jörg Schneider mit der Zeitung nicht gesprochen habe, mithin die in Anführungszeichen gesetzten, angeblichen Zitate erfunden worden seien. Sinngemäss das Gleiche teilte der Anwalt am 25. Juli 2000 dem Chefredaktor des „SonntagsBlick“ mit. Mit Schreiben vom 2. August 2000 wiederholte Schneiders Anwalt die Vorwürfe und forderte für seinen Mandanten eine Genugtuung von Fr. 30’000.– sowie Fr. 9’600.– als Ersatz der aufgelaufenen Anwaltskosten.

E. Am 8. August 2000 schrieben die Chefredaktoren Jürg Lehmann („Blick“) und Bernhard Weissberg („SonntagsBlick“) dem klägerischen Anwalt, Herr Schneider habe „anfänglich mit uns gesprochen und den Kern der Sache – dass er einen unehelichen Sohn kürzlich anerkannt hat – bestätigt“. Die Chefredaktoren lehnten den geforderten Ersatz der Anwaltskosten als unbegründet hoch ab, ebenso das Genugtuungsbegehren: „Über einen vierstelligen Betrag könnten wir um des Friedens Willen allenfalls noch reden, sicher aber nicht über einen fünfstelligen und in dieser Höhe.“ Und sie fügten an: „Es ist sogar vorstellbar, dass wir Ihre Forderung publik machen, um damit den Grad Ihrer Ansprüche zu dokumentieren.“

F. Am 16. August 2000 reichte Schneiders Anwalt gegen die Zeitungen „Blick“ und „SonntagsBlick“, die Chefredaktoren Jürg Lehmann und Bernhard Weissberg sowie gegen die „Blick“-Journalisten Marcel Siegenthaler, André Häfliger, Thomas Heer, Peter Padrutt und gegen die „SonntagsBlick“-Journalistin Corinne Bünzli Beschwerde beim Schweizer Presserat ein. Der Anwalt machte geltend:

1. Die Artikelserie verletze die Privatsphäre seines Mandanten und verstosse gegen Ziffer 7 der „Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten“ (nachstehend „Erklärung“ genannt).

2. Die Schlagzeile des „Blick“ vom 24. Juli 2000 „Jörg Schneider: ‚Ich habe Angst vor Patrick'“ und die entsprechende Passage im Text verstiessen gegen die Wahrheitspflicht gemäss Ziffer 1 der „Erklärung“.

3. Die Aussage der beiden Chefredaktoren Lehmann und Weissberg in ihrem Brief von 8. August 2000 — „Es ist sogar vorstellbar, dass wir Ihre Forderung publik machen, um damit den Grad Ihrer Ansprüche zu dokumentieren.“ – sei nötigend und verstosse gegen die allgemeine Berufsethik der Journalistinnen und Journalisten.

Der Beschwerdeführer begründete die Anträge im wesentlichen damit, dass die Artikelserie sich mit einer reinen Privatangelegenheit der Familie Schneider befasse, mithin in die Privatsphäre der Betroffenen gehöre und nichts mit dem Schauspielberuf von Jörg Schneider zu tun habe. 27 Jahre nach der Geburt des ausserehelichen Kindes sei keine Pressemeldung mehr gerechtfertigt; der Betroffene habe ein „Recht auf Vergessen“.

Zudem erweckten die Beiträge den falschen Eindruck, Schneider sei den Journalisten Red und Antwort gestanden. Er habe aber einzig dem Autor Häfliger gegenüber bejaht, dass er einen unehelichen Sohn habe. Sonst habe Schneider mit niemandem von „Blick“ und „SonntagsBlick“ gesprochen. Die in Anführungszeichen gesetzten Passagen seien nicht nur keine Zitate, sondern erfunden.

Weiter suggeriere der „Blick“ mit seiner Schlagzeile, Schneider habe „daraus“ ein Theaterstück gemacht, der Schauspieler habe aus seiner privaten Geschichte künstlerisch Kapital geschlagen. Schliesslich hätten die Chefredaktoren mit ihrer Drohung, die Forderungen des Anwalts publik zu machen, den Beschwerdeführer von der Weiterverfolgung seiner zivilrechtlichen Ansprüche abhalten wollen. Dies sei ein Missbrauch der Pressemacht.

G. Mit Schreiben vom 18. August 2000 teilte der Beschwerdeführer mit, dass er in der strittigen Angelegenheit kein Gerichtsverfahren eingeleitet habe und dies einstweilen auch nicht vorsehe.

H. Das Präsidium des Presserats wies die Behandlung der Beschwerde seiner 3. Kammer zu, der Catherine Aeschbacher, Esther Diener Morscher, Judith Fasel, Sigmund Feigel, Roland Neyerlin, Daniel Suter und Max Trossmann angehören.

I. Der Anwalt der Beklagten beantragte mit Schreiben vom 6. Oktober 2000 die Abweisung der Beschwerde.

Er wies darauf hin, dass die Tatsache der ausserehelichen Vaterschaft erst 1999 festgestellt wurde und daher neu sei. Zwar sei unbestritten, dass auch eine bekannte Persönlichkeit Anspruch auf eine Privatsphäre habe, doch hier gehe es um einen gerichtlich ausgetragenen Konflikt un
d einen damit verbundenen menschlichen Konflikt, an dem ein Informationsinteresse bestehe.

Die Artikel erweckten keineswegs den Eindruck, sozusagen „dialogisch“ entstanden zu sein. Der Journalist habe mit Schneider gesprochen und dieser habe ihm bestätigt, einen unehelichen Sohn zu haben „und dass er mehr dazu nicht sagen wolle“. Die Schlagzeile „Ich habe Angst vor Patrick“ verstosse nicht gegen die Wahrheitspflicht – die Aussage habe Schneider anlässlich der Beerdigung von Paul Bühlmann gegenüber Dritten gemacht. Im „Blick“ stehe nicht, dass er dies zum Autor des Artikels gesagt habe. Der Beitrag über das Schauspiel unterstelle Schneider nicht, er habe aus seiner privaten Geschichte künstlerisch Kapital schlagen wollen.

Schliesslich bestritt der Anwalt der Beschwerdebeklagten, dass es verwerflich sein solle, „die finanziellen Begehrlichkeiten (des Beschwerdeführers) offen darzustellen“.

J. Die 3. Kammer behandelte die Beschwerde an ihrer Sitzung vom 2. November 2000 sowie auf dem Korrespondenzweg.

II. Erwägungen

1. Ziff. 7 der „Erklärung“ verlangt von Journalistinnen und Journalisten, die Privatsphäre von Personen zu respektieren, sofern das öffentliche Interesse nicht das Gegenteil verlange.

2. Der Presserat hat wiederholt festgestellt, dass auch Personen des öffentlichen Lebens Anspruch auf die Wahrung ihrer Privatsphäre haben (siehe Stellungnahme 20/1999 vom 14. Oktober 1999 i.S. K. c. „Beobachter“, Sammlung 1999, S. 161ff. und die dort unter Ziff. II. 2. aufgeführten früheren Stellungnahmen). Allerdings ist bei sogenannten Personen der Zeitgeschichte der geschützte Bereich der Privatsphäre enger begrenzt als bei in der Öffentlichkeit unbekannten Personen. Prominente können nicht beanspruchen, dass über sie nur in einem ihnen genehmen Zusammenhang berichtet wird (Stellungnahme 20/1999).

3. Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner jahrzehntelangen, erfolgreichen Karriere als Dialektschauspieler im Deutschschweizer Publikum bekannt und beliebt. Er ist demnach eine Person des öffentlichen Lebens.

4. Eine aussereheliche Vaterschaft gehört als Teil des Intimlebens zur grundsätzlich geschützten Privatsphäre eines Menschen. Medienberichte über eine solche Tatsache verletzen an sich die Privatsphäre der betroffenen Menschen.

5. Es stellt sich die Frage, ob vorliegend ein überwiegendes öffentliches Interesse eine solche Verletzung der Privatsphäre rechtfertige. Es ist unbestreitbar, dass sich das Publikum bei Schauspielern und anderen Prominenten nicht nur für deren künstlerische und andersweitige berufliche Leistung, sondern auch für deren Privatleben interessiert. Gerade Schauspielerinnen und Schauspieler bedienen häufig dieses Interesse, indem sie in Interviews und Homestories Teile ihres Privatlebens preisgeben. Andererseits gehört es zu den angestammten Gepflogenheiten vieler Medien, auch über jene Seiten des Privatlebens zu berichten, welche die Prominenten vor der Öffentlichkeit lieber verborgen hätten. Eine solche Tatsache ist eine aussereheliche Vaterschaft. Das öffentliche Interesse verlangt aber nicht zwingend, dass eine solche Vaterschaft bekannt gemacht werde. Im Einzelfall ist abzuwägen, ob dem unbestreitbaren Interesse einer nicht geringen Öffentlichkeit an solchen Klatschnachrichten nachgegeben und die damit verbundene Verletzung der Privatsphäre in Kauf genommen werden darf.

Im konkreten Fall erschiene es von vornherein ungerechtfertigt, 28 Jahre nach der Geburt eines ausserehelichen Kindes über diese Tatsache zu berichten – wenn nicht die Vaterschaft erst im Dezember 1999 in einem Zivilprozess festgestellt worden wäre. Trotz des im Juli 2000 an sich nach wie vor gegebenen zeitlichen Zusammenhangs zum Ereignis – dem Gerichtsverfahren – ist ein überwiegendes Interesse an der Information der Öffentlichkeit über das Faktum der ausserehelichen Vaterschaft vorliegend zu verneinen. Der Presserat hat in seiner Stellungnahme i. S. Z. c. „24 heures“ (Stellungnahme vom 6. September 1993, Sammlung 1993, S. 32ff.) ausnahmsweise ein Interesse der Öffentlichkeit zu erfahren, warum eine Politikerin zurückgetreten ist, sogar dann bejaht, wenn nicht nur die Privat-, sondern die Intimsphäre betroffen ist. In jenem Fall war aber die Funktion der Betroffenen in der Öffentlichkeit unmittelbar berührt. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt. Es ist nicht einzusehen, inwiefern die Tatsache der Feststellung einer ausserehelichen Vaterschaft im Zusammenhang mit der Stellung eines Volksschauspielers in der Öffentlichkeit von wesentlicher Bedeutung sein sollte.

6. Selbst wenn es gerechtfertigt gewesen wäre, über eine solche Tatsache zu berichten, kann darüber hinaus auch die Art und Weise, wie diese Information geschieht, eine unzulässige Verletzung der Privatsphäre darstellen.

Indem der „Blick“ und der „SonntagsBlick“ an drei aufeinander folgenden Tagen die aussereheliche Vaterschaft des Beschwerdeführers zum Hauptthema ihrer Frontseiten machten, haben die beteiligten Journalisten eindeutig unverhältnismässig gehandelt und die Privatsphäre des Beschwerdeführers – und aller anderen betroffenen Menschen – massiv verletzt.

7. Ziff. 1 der „Erklärung“ verlangt von Journalistinnen und Journalisten, sich an die Wahrheit zu halten, ohne Rücksicht auf die sich daraus für sie ergebenden Folgen, und sich vom Recht der Öffentlichkeit leiten zu lassen, die Wahrheit zu erfahren. In einem engen Zusammenhang damit steht die in Ziff. 3 genannte Pflicht, keine wichtigen Elemente von Informationen zu unterschlagen und weder Tatsachen, noch von anderen geäusserte Meinungen zu entstellen.

8. Der Beschwerdeführer hat dem „Blick“-Journalisten André Häfliger in einem einzigen Gespräch kurz bestätigt, einen ausserehelichen Sohn zu haben. Mehr wollte er nicht sagen. Dies bestreiten auch die Beschwerdebeklagten nicht. Mit anderen Worten: Ein einziges Mal und mit einer einzigen Aussage hat der Beschwerdeführer mit einem der an der Artikelserie beteiligten Presseleute gesprochen.

9. Der „Blick“ vom 22. Juli 2000 hingegen zitiert allein acht angebliche Antworten des Beschwerdeführers, zumeist vollständig in direkter Rede formuliert (siehe oben I.A.). Der „SonntagsBlick“ vom 23. Juli 2000 schrieb wahrheitsgetreu, dass der Beschwerdeführer nicht mit der Zeitung habe reden wollen und übernahm zwei Zitate des „Blick“ vom Vortag. Am 24. Juli 2000 nahm der „Blick“ die dem Beschwerdeführer zugeschriebene Aussage „Ich habe Angst vor Patrick“ in seinen Haupttitel und leitete ein weiteres Zitat mit den Worten ein: „Gegenüber „Blick“ beteuerte Schneider gestern: (etc.).“

10. Der „Blick“ – und in geringerem Masse der „SonntagsBlick“ – erweckten mit diesen Zitaten den Eindruck, der Beschwerdeführer habe wiederholt mit den Journalisten gesprochen und dabei nicht weniger als zehn verschiedene Antworten auf Fragen zu seiner ausserehelichen Vaterschaft gegeben. Dabei steht fest, dass er nur ein einziges Mal die Tatsache der Vaterschaft bestätigt hat.

Der „Blick“ – und durch die Übernahme der zwei Zitate auch der „SonntagsBlick“ – haben mit diesen vorgetäuschten Antworten Tatsachen entstellt und die Wahrheitspflicht in schwerer Weise verletzt.

11. Eine Tatsachenentstellung ist auch der Titel im „Blick“ vom 24. Juli 2000: „Unehelicher Sohn: Jörg Schneider machte ein Theaterstück daraus“. Das suggeriert den Lesern, der Beschwerdeführer habe seine eigene aussereheliche Vaterschaft zum Anlass genommen, ein Theaterstück zu verfassen. Tatsache aber ist, dass der Beschwerdeführer ein bestehendes Theaterstück eines anderen Autors ins Schweizerdeutsche übersetzt und bearbeitet hatte.

12. Eine Genugtuungsforderung wegen Verletzung der Persönlichkeit und der Privatsphäre gehört ebenso zur Privatsphäre eines Geschädigten wie das Ereignis, mit dessen Veröffentlichung die Privatsphäre verletzt worden ist.

13. Mit dem in einem gemeinsam
en Brief der beiden Chefredaktoren Jürg Lehmann („Blick“) und Bernhard Weissberg („SonntagsBlick“) vom 8. August 2000 enthaltenen Hinweis, die Genugtuungsforderung des Beschwerdeführers allenfalls zu veröffentlichen, drohten die Chefredaktoren mit einer weiteren Verletzung der Privatsphäre des Beschwerdeführers. Aus dem ganzen Zusammenhang des Briefes wird deutlich, dass sie damit den Beschwerdeführer nötigen wollten, seine Ansprüche herabzuschrauben. Für eine solche Drohung bestand keinerlei Notwendigkeit, hatten doch die Beschwerdebeklagten ohne weiteres die Möglichkeit, eine ihrer Meinung nach übersetzte Forderung abzulehnen. Die Drohung mit einer Veröffentlichung verletzt sowohl das in der Präambel der „Erklärung“ statuierte Prinzip der Fairness als auch die Privatsphäre des Beschwerdeführers (Ziff. 7).

III. Feststellungen

1. Die Beschwerde wird gutgeheissen.

2. Dadurch, dass der „Blick“ und der „SonntagsBlick“ an drei aufeinanderfolgenden Tagen die aussereheliche Vaterschaft des Beschwerdeführers zur Hauptgeschichte auf ihren Titelseiten gemacht hatten, wurde die Privatsphäre des Beschwerdeführers durch den Umfang und die Intensität der Beiträge in unzulässiger Weise verletzt. Damit verstiessen sowohl der „Blick“ als auch der „SonntagsBlick“ gegen Ziff. 7 der Erklärung.

3. Es ist Journalistinnen und Journalisten nicht gestattet, Aussagen, die eine Person ihnen gegenüber nie gemacht hat, so darzustellen, dass sie wie direkte Antworten auf Fragen der Journalisten wirken. Die beteiligten Autoren des „Blick“ und des „SonntagsBlick“ haben in schwerer Weise die Wahrheitspflicht verletzt (Ziff. 1 der „Erklärung“) und Tatsachen entstellt (Ziff. 3 der „Erklärung“). Eine weitere Tatsachenentstellung war die Artikelüberschrift „Unehelicher Sohn: Jörg Schneider machte ein Theaterstück daraus“.

4. Mit der Drohung, die Forderungen des Beschwerdeführers zu veröffentlichen, verletzten die Chefredaktoren des „Blick“ und des „SonntagsBlick“ das Gebot der Fairness (Präambel der „Erklärung“) ebenso wie die Privatsphäre des Beschwerdeführers (Ziff. 7 der „Erklärung“).