Nr. 5/2014
Nichteintreten wegen Parallelverfahren

(X. c. «K-Tipp») Stellungnahme des Schweizer Presserats vom 8. Mai 2014

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I. Sachverhalt

A. Unter dem Titel «Vorstrafen sind mir wurscht» berichtet Ernst Meierhofer in der Ausgabe Nr. 13 des «K-Tipp» vom 21. August 2013 über X. aus St. Gallen, der «Rechtsberatungen aller Art» anbietet. Der Untertitel lautet: «Vorsicht: Rechtsberater darf sich jeder nennen». Im Artikel wird das Beispiel einer Frau zitiert, die sich für eine von X. angebotene Dienstleistung interessiert hatte und nach Absage ihres Termins für einen Rechnungsbetrag von 50 Franken von ihm betrieben wurde. Es folgt unter dem Untertitel «Lange Liste mit Verfehlungen» eine Auflistung dreier gegen ihn rechtskräftig ergangener Strafurteile sowie ein Auszug aus dem Betreibungsregister der vergangenen fünf Jahre. X. wird, vom «K-Tipp» telefonisch dazu befragt, wie folgt zitiert: «Meine Vorstrafen sind mir wurscht». Dem Artikel beigefügt ist die Abbildung seiner Homepage. Laut dieser bietet X. nebst dem Ausfüllen von Steuererklärungen auch «Rechtsberatungen aller Art», Buchhaltungen, Schuldensanierungen, Inkassodienstleistungen und Mediationen sowie Vertretungen vor Gericht an. Der Artikel hält fest, dass X. kein Anwalt sei, sondern lediglich sechs Semester Jus studiert habe. Er schliesst mit dem Fazit, dass weder der Titel «Rechtsberater» noch die Bezeichnung «Mediator» geschützt sind und demnach für nichts garantieren.  

B. Am 31. August 2013 reicht X. beim Schweizer Presserat Beschwerde gegen den «K-Tipp» ein. Er macht im Wesentlichen geltend, «K-Tipp» habe ihm zu Unrecht den Bericht nicht vorgängig vorgelegt, obwohl er dies mehrmals per E-Mail vom Verfasser des Artikels verlangt habe. Es bestehe zudem kein öffentliches Interesse, seinen Namen in voller Länge zu nennen und sogar noch seine Homepage zu zeigen. Der Artikel entstelle Tatsachen und unterschlage wichtige Informationen. So werde u.a. nicht erwähnt, dass es sich bei den verschiedenen Verurteilungen um Bagatellen gehandelt habe. Obwohl der Redaktion das Bundesgerichtsurteil wegen Veruntreuung vorgelegen habe, seien verschiedene, aus seiner Sicht wichtige Details nicht genannt worden. Auch was die Vertretungen vor Gericht angehe, gebe der Artikel den Sachverhalt nicht korrekt wieder. Der Betreibungsauszug hätte korrekterweise gar nicht in die Hände des Journalisten fallen dürfen, zudem werde den Lesern zu Unrecht der Eindruck vermittelt, er hätte für fast 240 000 Franken Betreibungen.

C. Auf Anfrage des Presseratssekretariats teilte der Beschwerdeführer am 4. September 2013 mit, gegen den «K-Tipp» sei noch kein Gerichtsverfahren eingeleitet worden. Auf nochmalige Nachfrage des Presseratssekretariats antwortete der Beschwerdeführer am 18. September 2013: «Kein Verfahren gegen ‹K-Tipp›».

D. Am 25. Oktober 2013 beantragte «K-Tipp», auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, wenn doch, sei sie abzuweisen. Die Beschwerde von X. an den Presserat datiere vom 31. August 2013. Am 4. September 2013 habe er gegen die Konsumenteninfo AG als Herausgeberin der Zeitschrift «K-Tipp» beim Bezirksgericht Zürich ein Gesuch um vorsorgliche Massnahmen eingereicht. Gleichentags habe er dem Presserat schriftlich mitgeteilt, gegen den «K-Tipp» noch kein Gerichtsverfahren eingeleitet zu haben. Mit Schreiben vom 17. September habe das Presseratssekretariat nochmals schriftlich nachgefragt, ob er vorhabe, gerichtliche Klage einzureichen. Der Beschwerdeführer habe postwendend verneint. Diese Aussagen des Beschwerdeführers betreffend ein laufendes gerichtliches Verfahren seien offensichtlich unzutreffend. Nachweislich habe er am 4. September 2013 Klage eingereicht, mit Eingabe vom 19. September diese nach Intervention des Gerichts wieder zurückgezogen. Gegenstand dieses Verfahrens sei der beim Presserat beanstandete Artikel sowie die Namensnennung, unsachgemässe Berichterstattung sowie Nichterwähnen von Tatsachen und Fakten. Gestützt auf das Geschäftsreglement und die ständige Praxis des Presserates sei deshalb auf die Beschwerde nicht einzutreten. Es bestünden auch keine berufsethischen Grundsatzfragen, die ein Eintreten begründen könnten.

Der Vollständigkeit halber geht der «K-Tipp» auf die drei Vorwürfe des Beschwerdeführers kurz wie folgt ein: In Bezug auf die Verweigerung, den Artikel vorab zu prüfen, verweist der «K-Tipp» auf seine E-Mail, in der er dem Beschwerdeführer mitteilte, die Redaktion lege grundsätzlich keine Artikel vor der Publizierung irgendwelchen Dritten vor. Falls Zitate aus dem mit ihm geführten Telefongespräch verwendet würden, würden ihm diese zur Stellungnahme vorgelegt. Nachdem der Beschwerdeführer dem Journalisten untersagt habe, die Aussagen des Telefongesprächs vom 28. Juni zu verwenden, seien lediglich Zitate aus dem Gespräch vom 30. Juni verwendet worden.

In Bezug auf die Namensnennung hält «K-Tipp» fest, die Verurteilung des Beschwerdeführers bis zum Bundesgericht habe mit seiner Dienstleistung zu tun, die er in der Öffentlichkeit anbiete und bewerbe. Das Schädigungspotential von X. sei gross, potentielle Klienten könnten nur durch volle Namensnennung vor dem Beschwerdeführer gewarnt werden.

Was die «K-Tipp» vorgeworfene Entstellung von Tatsachen und Unterschlagung von wichtigen Informationen und Fakten angehe, so zähle der Artikel verschiedene Verfahren und Urteile in Sachen X. auf, ohne diese redaktionell zu kommentieren. Die Fakten träfen auch nach Ansicht des Beschwerdeführers zu, der Vorwurf der Entstellung von Tatsachen sei somit offensichtlich unberechtigt. Bezüglich der Verurteilung durch das Bundesgericht wegen Veruntreuung habe der Beschwerdeführer selbst dem Journalisten untersagt, die telefonisch gemachten Aussagen zu verwenden. Daran habe sich der Journalist gehalten. Wenn im Artikel zudem stehe, der Beschwerdeführer dürfe Klienten nur in Steuerangelegenheiten vor Gericht vertreten, so stütze sich diese Aussage auf eine E-Mail des Präsidenten der Anwaltskammer des Kantons St. Gallen. Die in Bezug auf den Betreibungsregisterauszug zitierten Zahlen würden vom Beschwerdeführer nicht bestritten, von einer Entstellung von Tatsachen könne somit offensichtlich keine Rede sein.

E. Am 2. Mai 2014 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium behandelt, bestehend aus dem Präsidenten Dominique von Burg, Vizepräsidentin Francesca Snider und Vizepräsident Max Trossmann.

F. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 8. Mai 2014 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägungen

Der Beschwerdegegner stellt den Antrag, der Presserat möge nicht auf die Beschwerde eintreten, da der Beschwerdeführer offensichtlich unzutreffende Aussagen betreffend ein laufendes gerichtliches Verfahren in gleicher Sache gemacht habe. Nachweislich habe er am 4. September 2013 Klage eingereicht, mit Eingabe vom 19. September diese nach Intervention des Gerichts wieder zurückgezogen. Diese Frage gilt es als Erstes zu klären.

Gestützt auf Art. 1 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserats fällt der vorliegende Fall in den Aufgabenbereich des Presserats. Art. 10 des Geschäftsreglements hält die Voraussetzungen für das Eintreten auf eine Beschwerde fest: Gestützt auf Art. 10 Abs. 1, Punkt 4 tritt der Presserat u.a. nicht auf Beschwerden ein, wenn Beschwerdeführende den Presserat missbrauchen wollen, um an Beweismittel zu gelangen, an die sie auf anderem Wege nicht gelangen könnten oder wenn die beschwerdeführende Partei dem Presserat Beweismittel vorenthält. Sofern sich berufsethische Grundsatzfragen stellen, kann der Presserat dennoch auf Beschwerden eintreten, auch wenn im Zusammenhang mit dem Beschwerdegegenstand bereits ein rundfunkrechtliches Verfahren oder ein Gerichtsverfahren eingeleitet worden ist oder ein solches v
on der Beschwerdeführerin/dem Beschwerdeführer während der Dauer des Presseratsverfahrens anhängig gemacht wird (Abs. 2). Um das Vorliegen dieser Voraussetzungen zu prüfen, verlangt der Presserat eine minimale Mitwirkung der Parteien.

Am 31. August 2013 reichte der Beschwerdeführer beim Presserat Beschwerde gegen den «K-Tipp» ein. Am 3. September 2013 fragte das Presseratssekretariat bei ihm nach, ob er im Zusammenhang mit dem beanstandeten Bericht ein Gerichtsverfahren eingeleitet habe und bat ihn, falls er zu einem späteren Zeitpunkt ein solches anhängig machen sollte, dies unverzüglich mitzuteilen. Am 4. September 2013 teilte X. dem Presserat mit, «dass gegen den ‹K-Tipp›  noch kein Gerichtsverfahren eingeleitet worden ist». Gleichentags reichte der Beschwerdeführer beim Bezirksgericht Zürich ein Gesuch um vorsorgliche Massnahmen (provisorische, eventuell superprovisorische) gegen den «K-Tipp» ein. Am 9. September lehnte das Bezirksgericht Zürich das Gesuch von X. um Erlass einer superprovisorischen Massnahme ab. Am 17. September 2013 fragte das Presseratssekretariat beim Beschwerdeführer noch einmal nach, ob er sicher nicht vorhabe, Klage gegen den «K-Tipp» einzureichen. Am 18. September sandte der Beschwerdeführer den Brief des Presseratssekretariats mit dem Vermerk «kein Verfahren gegen ‹K-Tipp›» per Fax zurück. Am 19. September 2013 zog er das (noch nicht entschiedene) Gesuch um Erlass einer provisorischen Massnahme gegen den «K-Tipp» beim Bezirksgericht Zürich zurück, weshalb dieses Verfahren als erledigt abgeschrieben wurde.

Der Presserat stellt fest, dass der Beschwerdeführer trotz zweimaligen Nachfragens und offenkundig faktenwidrig das hängige Verfahren betreffend vorsorglicher Massnahmen in gleicher Sache verneint hat. Er hat somit dem Presserat wesentliche Informationen vorenthalten, die für eine Prüfung der Eintretensvoraussetzungen unabdingbar sind. Auf die vorliegende Beschwerde ist deshalb nicht einzutreten.

III. Feststellung

Der Presserat tritt nicht auf die Beschwerde ein.