Nr. 5/2004
Namensnennung bei Personalabbau

(Redaktion «Basler Zeitung» c. Tele Basel / «Online-Reports.ch») Stellungnahme des Schweizer Presserates vom 21. Januar 2004

Drucken

I. Sachverhalt

A. Am 13. Oktober 2003 informierte die Geschäftsleitung der «Basler Zeitung Medien» in einer Medienmitteilung über geplante Sparmassnahmen im Redaktionsbereich. Angekündigt wurde ein Massnahmenpaket, «das neben der Anpassung der Redaktionsstellen an die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen die Einstellung der Beilage ÐBasler Magazinð, die tägliche Einsparung einer von insgesamt drei Börsenseiten sowie eine geringfügige Anpassung des redaktionellen Seitenbudgets» vorsehe. Die Massnahmen seien mit dem amtierenden Chefredaktor Hans-Peter Platz sowie dessen designiertem Nachfolger Ivo Bachmann abgesprochen.

Das Communiqué – am gleichen Tag als Hausmitteilung an alle Mitarbeitenden verschickt – läutete nach Aussagen der Verleger Matthias Hagemann und CEO Beat Meyer ein Sparprogramm ein. Die Hauptlast der von der Unternehmensleitung der Basler Zeitung Medien beschlossenen Kosteneinsparungen würden mit 3,5 Mio. Franken Redaktion und Verlag der «Basler Zeitung» tragen. Insgesamt sollten im Redaktionsbereich 17 Stellen abgebaut werden. Die Modalitäten seien noch offen.

B. Drei Tage später, am 16. Oktober 2003, berichtete der Journalist Christian Mensch in «Facts» über den bevorstehenden Stellenabbau bei der «Basler Zeitung». Im Artikel «Neue Hausordnung» wurden erstmals Namen genannt: Verleger Matthias Hagemann trenne sich «von alten Platz-Getreuen wie dem Lokalchef Urs Hobi und dem stellvertretenden Chefredaktor Heinz Eckert». Dabei vertrat der Verfasser die These, dass sich in Basel mehr als eine Sparrunde vollziehe. Der Verleger nehme die Wirtschaftskrise zum Anlass, eine zwanzigjährige, von Chefredaktor Hans-Peter Platz geprägte, Verlagsgeschichte zu schliessen und eine «neue Hausordnung» durchzusetzen.

C. Am 19. Oktober 2003 veröffentlichte die «SonntagsZeitung» ein Interview mit Matthias Hagemann. Darin wurde ihm unterstellt, dass er die von einer Entlassung Betroffenen gleich selber bestimmt habe. Als Beispiel gab die «SonntagsZeitung» einzig «Heinz Eckert, Mitglied der Chefredaktion» an. Hagemann entgegnete darauf, dass er sich zu Namen nicht äussere, solange die Abbauverhandlungen laufen würden.

D. Am 21. Oktober 2003 veröffentlichte das Internetmagazin «OnlineReports.ch» eine Liste von Redaktionsmitgliedern, die «laut aktuellem Stand» möglicherweise vom Stellenabbau betroffen seien. Der Journalist Peter Knechtli nannte in seinem Artikel «Basler Zeitung: Abbau-Verhandlungen mit Journalisten-Gewerkschaft» folgende Namen: «Gérard Wirtz (Gastro), Urs Rist (Basel-Stadt), Heinz Eckert (Mitarbeiter der Chefredaktion), Christoph Tillmanns (Basler Zeitung-online/bluebanana), André Muelhaupt (Fotograf) und die Feuilleton-Sekretärin. Frühpensioniert werden sollen Urs Hobi (Basel-Stadt), Lukas Stoecklin (Baselland), Peter Amstutz (Inland), Max Gürtler (Wirtschaft) und Charlotte Gerber (Leserbriefe).»

E. Gleichentags berichtete Tele Basel in seiner Nachrichtensendung «7 vor 7» über die möglichen Entlassungen bei der Redaktion der «Basler Zeitung». Der Beitrag betonte, man wisse nichts Genaues, weshalb viel spekuliert und geredet werde. Tele Basel bemühte sich in der Folge um Stellungnahmen von Verlag, Redaktion und Gewerkschaften, die jedoch unter Hinweis auf die laufenden Verhandlungen weder zu konkreten Aussagen noch zu Namensnennungen bereit waren. Die Namen – mit Ausnahme eines zusätzlich angeführten die gleichen wie gemäss der Liste von «OnlineReports.ch» – wurden dann von Tele Basel selber genannt.

F. An der Vollversammlung der Redaktion der «Basler Zeitung» vom 22. Oktober 2003 wurde eine von der Redaktionskommission verfasste Resolution mit grossem Mehr verabschiedet und an die Redaktionen von «OnlineReports.ch» und Tele Basel weitergeleitet. In einem Protestschreiben der Redaktion wurde die Namensnennung durch «OnlineReports.ch» und Tele Basel als «öffentliche Blossstellung von Kollegen und Kolleginnen» verurteilt. «Redaktorinnen und Redaktoren der ÐBasler Zeitungð mögen zwar bis zu einem gewissen Grad Personen des öffentlichen Lebens sein. In jedem Fall aber ist der Schutz der Persönlichkeitsrechte höher zu gewichten als ein allfälliges öffentliches Interesse an der Zusammensetzung der BaZ-Redaktion.» Weiter wurde beschlossen, den Fall dem Presserat zur Beurteilung vorzulegen.

G. Am 24. Oktober 2003 gelangte die Redaktionskommission der «Basler Zeitung» namens der Redaktion (nachfolgend: «Basler Zeitung») mit einer Beschwerde gegen «OnlineReports.ch» und Tele Basel an den Presserat. Die Beschwerde beanstandete die Namensnennung potentiell vom Stellenabbau betroffener Redaktionsmitglieder (Ziffer 7 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» sowie die Richtlinie 7.6 betreffend Namensnennung). Zudem erhoffe sich die «Basler Zeitung» vom Presserat eine Klärung des Begriffs des «öffentlichen Interesses», eine «grundsätzliche Güterabwägung mit dem Schutz der Persönlichkeitsrechte» und die Beantwortung der Frage, ob Redaktorinnen und Redaktoren unabhängig von ihrer Stellung in der Redaktionshierarchie Personen des öffentlichen Lebens seien.

H. In einer Stellungnahme vom 4. November 2003 wies Peter Knechtli die Beschwerde namens von «OnlineReports.ch» als unbegründet zurück. Alle potenziellen Abbau-Opfer seien Personen des öffentlichen Interesses. Die jeweilige Hierarchiestufe spiele keine Rolle. Journalistische Basisarbeit bestehe darin, Namen und Funktionen im Sinne der Transparenz öffentlich zu machen. Medienschaffende könnten für sich keine Vorzugsstellung beanspruchen. Die Pflicht der Journalisten, die Dinge beim Namen zu nennen, statt zu verschweigen, sei vorliegend besonders wichtig, «da von der ÐBasler Zeitungð keine unbefangene Berichterstattung über den eigenen Arbeitskonflikt erwartet werden kann».

I. Mit Schreiben vom 6. November 2003 wies Claude Bühler, Produzent von Tele Basel, die Beschwerde ebenso als unbegründet zurück. In der Berichterstattung vom 21. Oktober 2003 habe man, mit einer Ausnahme, nur Namen genannt, die Tele Basel im Verlauf der Recherchen mitgeteilt und zudem bereits in anderen Medien genannt worden sein. Die Namen aller Genannten seien seit Jahren öffentlich bekannt. Sie seien zudem teilweise auch mit Bildern öffentlich in Erscheinung getreten. Die genannten Journalistinnen und Journalistinnen stünden allesamt für eine Schreib- und Redaktionskultur, die offenbar abgebaut werden sollte. Es sei von öffentlichem Interesse, wer «weiterhin im Monopolmedium ÐBasler Zeitungð monopolisieren darf und wer es nicht darf». Dabei habe Tele Basel junge, unbekannte, unerfahrene Redaktions-Personen sowie weiteres Redaktions-Personal (Sekretariat etc.) im Interesse des Persönlichkeitsschutzes bewusst nicht genannt.

K. Das Presseratspräsidium übertrug die Beschwerden zur Behandlung an die 3. Kammer, der Esther Diener-Morscher als Präsidentin sowie Judith Fasel, Gina Gysin, Peter Liatowitsch, Roland Neyerlin, Daniel Suter, Max Trossmann als Mitglieder angehören.

L. Die 3. Kammer behandelte die Beschwerden an ihrer Sitzung vom 21. Januar 2003 sowie auf dem Korrespondenzweg.

II. Erwägungen

1. Die «Basler Zeitung» rügt eine Verletzung der Ziffer 7 (Persönlichkeitsschutz) der «Erklärung» und insbesondere der Richtlinie 7.6 (Namensnennung) zur «Erklärung». Die Richtlinie 7.6 hält fest, dass «Journalistinnen und Journalisten grundsätzlich weder Namen nennen, noch andere Angaben machen dürfen, die eine Identifikation einer von einem Gerichtsverfahren betroffenen Person durch Dritte ermöglichen, die nicht zu Familie, sozialem oder beruflichem Umfeld gehören, also ausschliesslich durch die Medien informiert werden.» Die Richtlinie nennt allerdings auch Ausnahmen von dieser Grundregel:

– Überwiegendes öffentliches Interesse (inhaltlich unbestimmte «Generalklausel»); – Nennung
eines politischen oder amtlichen Funktionsträgers, soweit das Delikt einen Bezug zu dieser Funktion hat; – Wenn die Person bereits allgemein bekannt ist – wobei meist die Medien im konkreten Fall für die Bekanntheit gesorgt haben, weshalb diese Ausnahme mit besonderer Zurückhaltung anzuwenden ist; – Gefahr von Verwechslungen, falls der Name nicht genannt wird; – Ausdrückliche Einwilligung der Betroffenen.

2. a) Die Richtlinie 7.6 ist auch für die Berichterstattung über Journalistinnen und Journalisten anwendbar. Dementsprechend ist auch hier eine Namensnennung nur dann gerechtfertigt, wenn eine solche bei Anwendung der Generalklausel oder einer der weiteren explizit genannten Ausnahmebestimmungen gerechtfertigt erscheint. Vorliegend sind insbesondere die Ausnahmegründe der öffentlichen Funktion und der Notorietät näher zu prüfen. Ebenso wie bei Politikern und Trägern von öffentlichen Funktionen (vgl. die Stellungnahme 6/1999) ist eine Namensnennung aber auch bei Journalistinnen und Journalisten dann unangebracht, wenn der Gegenstand der Berichterstattung allein das Privatleben betrifft. Anders ist es hingegen, wenn ein Zusammenhang zwischen dem Gegenstand der Berichterstattung und der Tätigkeit der davon Betroffenen in der Öffentlichkeit zu bejahen ist. Entsprechend hat der Presserat in der Stellungnahme 43/2002 festgehalten, dass die Nennung des Namens eines bekannten Journalisten gerechtfertigt ist, wenn die Namensnennung im Zusammenhang mit der publizistischen Tätigkeit erfolgt, aufgrund derer die Leserschaft den Journalisten kennt.

b) Im Falle der «Basler Zeitung» machen die Beschwerdegegner in ähnlicher Weise geltend, die Namen der von Tele Basel und «OnlineReports.ch» genannten Journalistinnen und Journalisten seien seit Jahren aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit stadtbekannt. Zudem lässt sich argumentieren, die Betroffenen seien alle im Impressum aufgeführt und ihre Tätigkeit damit von vornherein öffentlich, womit für eine Abwägung zwischen öffentlichem Interesse an einer namentlichen Berichterstattung und einem entgegenstehenden privaten Interesse gar kein Raum bestünde.

3. Diese zwar grundsätzlich denkbare Interpretation der Richtlinie 7.6 vermag nach Auffassung des Presserates aus drei Gründen nicht zu befriedigen:

– Währenddem eine Namensnennung eines Journalisten im Zusammenhang mit einem von ihm verfassten oder verantworteten Medienbericht nach den obigen Ausführungen ohne weiteres gerechtfertigt erscheint, ist ein überwiegendes Interesse an einer Namensnennung im Zusammenhang mit einem möglichen oder definitiven Stellenverlust nicht ohne weiteres zu bejahen. Zwar hängt auch ein Stellenverlust logischerweise unmittelbar mit der beruflichen Tätigkeit zusammen. Ebenso ist davon aber auch das private, familiäre Umfeld betroffen. Wird durch eine identifizierende Berichterstattung auch die Privatsphäre der darin Beschriebenen tangiert, ist eine Interessenabwägung unumgänglich.

– Zudem ist zwar einzuräumen, dass die Tätigkeit der Medienschaffenden aufgrund der besonderen Bedeutung der Medien zur Gewährleistung des öffentlichen Diskurses im Vergleich zu anderen Branchen von öffentlichem Interesse und auch zum öffentlichen Dienst der Öffentlichkeit in besonderem Masse ausgesetzt ist. Dennoch ist nicht einzusehen, weshalb für die Namensnennung von Journalistinnen und Journalisten gänzlich andere Regeln gelten sollten als für andere Beschäftigte. Der Presserat hat in seiner Praxis zur Namensnennung festgehalten, dass bei der Abwägung, ob das öffentliche Interesse an einer namentlichen Berichterstattung als überwiegend anzusehen ist, neben anderen Kriterien auch darauf abzustellen ist, ob der davon Betroffene eine leitende Funktion einnimmt (Stellungnahmen 6/1999 und 2/2003). Dementsprechend liegt es nahe, auch bei Journalist/innen im Zweifelsfall auf ihre Position innnerhalb der Redaktionshierachie abzustellen.

– Schliesslich weist schon der Wortlaut der Richtlinie 7.6 zur «Erklärung» darauf hin, dass beim alleinigen Abstellen auf den Bekanntsheitsgrad einer Person Zurückhaltung angebracht ist. Denn dies hätte insbesondere in kleinräumigen Verhältnissen, bei denen jeder jeden kennt, zur Folge, dass generell namentlich berichtet würde, was mit dem Persönlichkeitsschutz nicht zu vereinbaren wäre.

4. Aus der Beschwerde der «Basler Zeitung» leitet der Presserat ab, dass die Erwähnung der Namen des Lokalchefs Urs Hobi und von Heinz Eckert, Mitglied der Chefredaktion, auch aus Sicht der Redaktion nicht zu beanstanden ist. Andernfalls hätte sich die Beschwerde konsequenterweise auch gegen die der Beschwerde beiliegenden Berichte von «Facts» und «SonntagsZeitung» richten müssen. Zudem überwiegt das öffentliche Interesse an der Nennung dieser Journalisten im Zusammenhang mit dem Stellenabbau angesichts der von ihnen wahrgenommenen Funktionen offenkundig.

5. Am anderen Ende der Skala anzusiedeln sind die von beiden Beschwerdegegnern nicht namentlich genannte Feuilletonsekretärin sowie der namentlich genannte Fotograf, die Leserbriefredaktorin und ein Online-Redaktor. Hier ist bei einer unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit vorgenommenen Interessenabwägung nicht einzusehen, weshalb die Namensnennung für eine unbefangene, aussenstehende Berichterstattung über den Arbeitskonflikt bei der «Basler Zeitung» unabdingbar gewesen sein sollte. Zwar mag es im Einzelfall zutreffen, wie dies von «OnlineReports.ch» geltend gemacht wird, dass die Nennung von konkreten Namen eher dazu führt, dass sich die Öffentlichkeit für sozialverträgliche Lösungen stark macht. Konsequent zu Ende gedacht müsste dieses Argument dazu führen, dass bei Arbeitskonflikten generell sämtliche Namen der Betroffenen durch die Medien genannt werden dürften, was wiederum mit dem Persönlichkeitsschutz und dem Verhältnismässigkeitsprinzip offensichtlich nicht zu vereinbaren ist. Zumal es den Beteiligten im Einzelfall immer noch offensteht, in eine Namensnennung ausdrücklich einzuwilligen.

6. Innerhalb der Redaktionshierarchie eher untergeordnete Funktionen haben zudem kaum erheblichen Einfluss auf den redaktionellen Kurs eines Mediums. Das öffentliche Interesse an der Berichterstattung über den Personalabbau besteht neben der Aufklärung über die (negativen) sozialen Folgen einer derartigen Massnahme vor allem auch darin, zu erfahren, wie sich der Stellenabbau auf die künftige Ausrichtung einer Zeitung auswirkt. Dies gilt – wie die Beschwerdegegner zu Recht geltend machen – in besonderem Masse für Zeitungen mit einer regionalen Quasi-Monopol – oder zumindest einer regionalen Vormachtstellung. In diesem Zusammenhang sind selbstverständlich auch die konkrete personelle Zusammensetzung der künftigen Redaktion und die Namen der vom Stellenabbau Betroffenen von Interesse, soweit sie aufgrund ihrer Funktionen einen massgebenden Einfluss auf die redaktionelle Linie ausgeübt haben oder künftig ausüben werden.

7. Bei den von Tele Basel und «OnlineReports.ch» weiter genannten Namen des Bundeshaus-, des Gastro-, und eines Wirtschaftsredaktors sowie von zwei Redaktoren mit den Schwerpunkten Bildungspolitik bzw. Gerichtsberichterstattung verzichtet der Presserat mangels genauerer Kenntnis der lokalen Gegebenheiten darauf, festzustellen, welche dieser Namen genannt werden durften und welche nicht. Denn in Grenzfällen ist den Redaktionen bei der Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer namentlichen Berichterstattung und dem Schutz der Privatsphäre ein gewisses Ermessen einzuräumen. Dabei haben sie ausgehend vom Grundsatz des Verzichts auf Namensnennung das Verhältnismässigkeitsprinzip zu beachten. Neben der Prüfung der Erforderlichkeit der Namensnennung war dabei im Zusammenhang mit dem angekündigten Stellenabbau auch zu berücksichtigen, dass die Entscheide über dessen Umfang und damit über die davon betroffenen Personen zum Zeitpunkt der Publikation der beanstandeten Medienberichte offenbar noch nicht in allen Details feststanden, weshalb auch unter diesem Gesichtspunkt Zurückha
ltung angebracht gewesen wäre. Umgekehrt machte es aber keinen Sinn, nur die blossen Funktionen zu benennen, wenn deren Träger dem grössten Teil der Leserschaft geläufig war und die Namen zudem – wie oben ausgeführt – dem Impressum entnommen werden könnten.

8. Abschliessend ist auf Folgendes hinzuweisen: Entgegen dem ausdrücklichen Wunsch der Redaktion der «Basler Zeitung» ist eine generell-abstrakte Umschreibung des Begriffs «öffentliches Interesse» für den Presserat ein Ding der Unmöglichkeit. Es handelt sich um einen relationalen Begriff, eine generelle Klärung kann der Presserat nicht leisten.

Gerade die Berichterstattung über den Stellenabbau bei der «Basler Zeitung» zeigt eindrücklich auf, dass eine angemessene Begriffsbestimmung nur kontextbezogen möglich ist. Dazu gehört in diesem Fall: 1. Journalistinnen und Journalisten stehen in der Öffentlichkeit. Was allerdings nicht notwendigerweise heisst, dass sie in jeder Hinsicht Personen von öffentlichem Interesse sind und damit der Persönlichkeitsschutz prinzipiell relativiert oder gar aufgehoben ist. 2. Die «Basler Zeitung» mit ihrer Quasi-Monopolstellung in der Stadt und Region Basel ist Teil der Öffentlichkeit, interpretiert sie und gestaltet sie mit. 3. Sparmassnahmen und Unternehmenspolitik dieses in der Öffentlichkeit tätigen Unternehmens wird insbesondere in Stadt und Region Basel intensiv diskutiert. 4. In der Öffentlichkeit sind nicht nur die ökonomischen Strategien ein Thema, sondern auch Fragen der Unternehmenskultur, der zukünftigen Ausrichtung der «Basler Zeitung» und die Redaktions-Philosophie. 5. Die Informationsmedien spielen eine wichtige Rolle im politischen Leben unserer Gesellschaften. Welche sie spielen und wie sie spielen ist von öffentlichem Interesse.

III. Feststellungen

1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen.

2. Der Verlust des Arbeitsplatzes berührt bei Journalist/innen ebenso wie bei anderen Arbeitnehmer/innen neben der beruflichen auch die Privatsphäre. In Grenzfällen ist den Redaktionen bei der Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer namentlichen Berichterstattung und dem Schutz der Privatsphäre ein gewisses Ermessen einzuräumen. Dabei haben sie ausgehend vom Grundsatz des Verzichts auf Namensnennung das Verhältnismässigkeitsprinzip zu beachten. Dieses legt nahe, bei Zweifelsfällen auf die Stellung des von einem Stellenabbau betroffenen Journalisten innerhalb der Redaktionshierarchie sowie dessen Einfluss auf die redaktionelle Linie eines Mediums abzustellen. Neben der Prüfung der Erforderlichkeit der Namensnennung war im Zusammenhang mit dem angekündigten Stellenabbau bei der «Basler Zeitung» zu berücksichtigen, dass die Entscheide über dessen Umfang und damit über die davon betroffenen Personen zum Zeitpunkt der Publikation der beanstandeten Medienberichte offenbar noch nicht in allen Details feststanden. Auch deshalb hätten Tele Basel und «Online Reports» mehr Zurückhaltung zeigen und jedenfalls auf die Nennung des Namens eines Fotografen, der Leserbriefredaktorin und eines Online-Redaktors verzichten sollen.

3. Darüber hinausgehend wird die Beschwerde abgewiesen. Es war ohne weiteres zulässig, die Namen des Lokalchefs und eines Mitglieds der Chefredaktion zu erwähnen und die Nennung weiterer Angestellter aus mittleren Hierachiestufen lag in Würdigung der lokalen Verhältnisse im Ermessen von Tele Basel und «OnlineReports.ch»

4. Der generell-abstrakte Begriff «öffentliches Interesse» lässt sich nur kontextbezogen bestimmen. Der Presserat hat deshalb nicht prinzipiell zu entscheiden, sondern von Fall zu Fall.