Nr. 46/2013
Menschenwürde / Diskriminierung

(X. c. «Blick») Stellungnahme vom 23. August 2013

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I. Sachverhalt

A. Am 16. Juli 2013 beschwerte sich X. gestützt auf die «Blick»-Ausgabe vom Vortag beim Presserat gegen die Publikation von «nackten Seite-1-Girls». Mit dieser Rubrik verletze die Boulevardzeitung die Richtlinien 8.1 (Menschenwürde) und 8.2 (Diskriminierung) zur «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten».

Bilder von nackten Frauen, die in einer Tageszeitung publiziert werden, verletzten die Menschenwürde, insbesondere die der Frau. Für diejenigen, die sich erotische Lektüre wünschten, gebe es genügend andere Quellen. Frauen würden diskriminiert, wenn sie «auf diese erniedrigende Art und Weise angepriesen werden». Ein Grossteil der Leser/innen wünsche sich den «Blick» ohne nackte Haut. Diskriminierend sei auch, dass der «Blick» die Verkaufsstrategie «Sex sells» anwende.

B. Gemäss Art. 12 Abs. 1 des Geschäftsreglements behandelt das Presseratspräsidium Beschwerden, auf die der Presserat nicht eintritt.

C. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 23. August 2013 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägungen

1. Gemäss Artikel 10 Absatz 1 seines Geschäftsreglements tritt der Presserat nicht auf offensichtlich unbegründet erscheinende Beschwerden ein.

2. Wie die Beschwerde von X. belegt und auch ähnliche Debatten im Ausland zeigen, stossen sich insbesondere Frauen trotz der bereits jahrzehntelangen Praxis des «Blick» und vergleichbarer Boulevardmedien an den in ihren Augen sexistischen Rubriken wie dem heutigen «Seite-1-»- bzw. ehemaligen «Seite-3-Girl». Diskriminiert der «Blick» damit systematisch die Frauen und verstösst so gegen Ziffer 8 der «Erklärung»?

3. Der Presserat orientiert sich bei seiner Beurteilung, ob im Einzelfall eine Verletzung der Ziffer 8 der «Erklärung» (Verletzung der Menschenwürde; Diskriminierung) zu bejahen ist, weder an Geschmacksfragen, noch legt er den Massstab einer strengen «sexual correctness» an (Stellungnahme 2/2007). In Bezug auf die von der Beschwerdeführerin beanstandete Verletzung der Menschenwürde ist zunächst in Erwägung zu ziehen, dass sich die abgebildeten Frauen freiwillig exponieren. Zudem erscheinen die Bilder nach heutigen Mehrheitsmassstäben relativ züchtig. Entsprechend ist für den Presserat die hoch anzusetzende Schwelle für die Bejahung einer Verletzung der Menschenwürde offensichtlich nicht erreicht. Weder werden die «Girls» durch die Veröffentlichung der Bilder in ihrem Menschsein herabgewürdigt noch zu blossen Objekten degradiert (Richtlinie 8.3 zur «Erklärung»).

Zwar löst das Thema «Sexismus» unverändert heftige gesellschaftliche Kontroversen aus und die entsprechende Argumentation der Beschwerdeführerin erscheint ein Stück weit nachvollziehbar. Trotzdem ginge es nach Auffassung des Presserats zu weit, allein aus dem Umstand, dass eine Boulevardzeitung wie der «Blick» unter anderem auf Themen wie «Sex und Crime» setzt und in einer täglichen Rubrik Fotos von (halb-)nackten «Girls» veröffentlicht, bereits eine Verletzung des Diskriminierungsverbots abzuleiten.

III. Feststellung

Der Presserat tritt nicht auf die Beschwerde ein.

Kommentar der Beschwerdeführerin zur Stellungnahme 46/2013