Nr. 23/2002
Leserbriefe / Diskriminierungsverbot

(DJL c. NLZ) Stellungnahme des Presserates vom 16. Mai 2002

Drucken

I. Sachverhalt

A. Unter dem Titel «Ich wollte ihn bestimmt nicht töten» erschien am 30. Juni 2001 in der «Neuen Luzerner Zeitung» (nachfolgend NLZ) ein Artikel über eine Gerichtsverhandlung. Gegenstand der Verhandlung war ein Vorfall, der sich eineinhalb Jahre vorher zugetragen hatte. Damals drangen zwei Einbrecher in ein Einfamilienhaus in Emmen ein. In der Folge tötete der Hausbesitzer einen der beiden Einbrecher mit einem Schuss in den Hinterkopf. Im Artikel hiess es: «(…) stirbt der 49-Jährige mit kroatischem Pass im Kantonsspital Luzern.» Der Berichterstatter gab im Artikel Argumente der Anklage und der Verteidigung wieder. Der Staatsanwalt plädierte auf vorsätzliche oder zumindest versuchte vorsätzliche Tötung, der Verteidiger auf Freispruch. Der Staatsanwalt führte laut dem Artikel u.a. «Zeugenaussagen ins Feld, nach welchen K. die vermeintlichen Einbrecher beflucht haben soll. Gar das Wort ÐScheissjugoslawð will einer der befragten Zeugen in dieser Nacht gehört haben», war in der NLZ weiter zu lesen. Die Verteidigung argumentierte mit «Notwehr». Der Artikel endete mit dem Hinweis, das Urteil werde den Parteien schriftlich zugestellt.

B. Der Täter wurde vom Kriminalgericht wegen vorsätzlicher Tötung schuldig gesprochen und zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt, worüber die NLZ am 13. Juli 2001 berichtete. Die Leserschaft erfuhr: «Die Richter gehen davon aus, dass K. aus einer Tötungsabsicht heraus den beiden Männern nachgeschossen hat», was unverhältnismässig gewesen sei. Wiederum wurde der kroatische Pass des Getöteten erwähnt.

C. Tags darauf publizierte die NLZ ein kurzes Gespräch mit dem emeritierten Strafrechtsprofessor Jörg Rehberg zum Thema Notwehr. Darin stellte Rehberg klar, dass Notwehr im Strafrecht nur dann gerechtfertig ist, wenn sie mit angemessenen Mitteln als Reaktion auf einen unmittelbaren oder unmittelbar bevorstehenden Angriff erfolgt.

D. Die Berichterstattung der NLZ rief zahlreiche Reaktionen in Form von Leserbriefen hervor, die am 18., 27. und 28. Juli 2001 unter dem Titel «Entscheid ist nicht nachvollziehbar» veröffentlicht wurden.

E. Ende November 2001 wurde die schriftliche Urteilsbegründung auf der Website des Kantons Luzern in anonymisierter Form veröffentlicht. Gestützt darauf gab die NLZ am 24. November 2001 die Argumente des Gerichts wieder. Wiederum wurde die kroatische Nationalität des Opfers erwähnt. Am 25. November 2001 folgte ein Streitgespräch zwischen Staatsanwalt und Verteidiger, am 3. Dezember 2001 eine weitere Seite Leserbriefe zum Gerichtsurteil.

F. Am 21. Dezember 2001 sandten die Demokratischen Juristinnen und Juristen Luzern (nachfolgend DJL) der NLZ einen Leserbrief zum Gerichtsurteil im Fall K. Dieser wurde von der NLZ nicht publiziert. Der Verfasser des Briefes nahm daraufhin am 11. Januar 2002 telefonisch und schriftlich Kontakt mit der Leserbriefredaktion auf. Er wies insbesondere darauf hin, dass zum Fall K. mit einer «sehr vagen» Ausnahme lediglich Urteile publiziert worden seien, die das Urteil stark kritisierten. Er bitte deshalb noch einmal um Veröffentlichung des Leserbriefes der DJL. Allfällige Veränderungen seien nicht ohne Rücksprache mit ihm vorzunehmen.

G. Gleichentags teilte der stellvertretende Chefredaktor der NLZ, Stefan Ragaz, dem Verfasser per e-mail mit, dass er die Kritik der DJL nicht verstehe. Der von der DJL erhobene Vorwurf einer einseitigen oder tendenziösen Berichterstattung sei unzutreffend, weshalb er keinen Grund sehe, den Leserbrief zu veröffentlichen.

H. Am 24. Januar 2002 gelangten die DJL mit einer Beschwerde an den Presserat und machten geltend, die NLZ wäre zur Sicherstellung des gesellschaftlichen Diskurses und unter Fairnessgesichtspunkten verpflichtet gewesen, den Leserbrief vom 21. Dezember 2001 zu veröffentlichen. Zudem sei durch die mehrfache Nennung der Nationalität des Opfers das berufsethische Diskriminierungsverbot verletzt worden.

I. In einer Stellungnahme vom 20. März 2002 beantragte der Rechtsvertreter der NLZ, die Beschwerde sei abzuweisen und es sei ihr eine angemessene Parteikostenentschädigung zuzusprechen. Für die NLZ habe keinerlei Verpflichtung bestanden, den Leserbrief der DLZ abzudrucken. Zudem sei die Nennung der Nationalität des Opfers gerechtfertigt gewesen.

K. Das Präsidium des Presserates übertrug die Behandlung der Beschwerde der 3. Kammer, der Esther Diener-Morscher als Präsidentin sowie Judith Fasel, Gina Gysin, Peter Liatowitsch, Roland Neyerlin, Daniel Suter und Max Trossmann angehören. Die Kammer behandelte die Beschwerde an ihren Sitzung vom 21. März 2002 und 16. Mai 2002 sowie auf dem Korrespondenzweg.

II. Erwägungen

1. Gemäss Art. 6 Abs. 2 Geschäftsreglementes des Schweizer Presserates ist jedermann zur Beschwerde berechtigt. Dies gilt ohne weiteres auch für die DLZ. Ebenso steht ungeachtet des Verfahrensausgangs aufgrund des klaren Wortlauts von Art. 20 Abs. 2 des Geschäftsreglements die Zusprechung einer Parteikostenentschädigung auch vorliegend von vornherein ausser Frage. Schliesslich ist in Anwendung von Art. 18 des Geschäftsreglements darauf hinzuweisen, dass der Presserat – im Gegensatz zu einem Straf- oder Zivilgericht – Veröffentlichung seiner Stellungnahmen nicht autoritativ anordnen kann. Deren Abdruck, insbesondere wenn das eigene Medium davon betroffen ist, ist jedoch berufsethisch im Sinne der Forderung nach einer permanenten berufsethischen Reflexion und Diskussion in den Redaktionen und darüber hinaus erwünscht.

2. Die DJL rügen mit Ihrer Beschwerde eine Verletzung des Fairnessprinzips (Einleitungabsatz zur «Erklärung der Pflichten») sowie des berufsethischen Diskriminierungsverbots (Ziffer 8 der «Erklärung der Pflichten»). Auf diese Rügen wird nachfolgend in den Ziffern 3 und 4 der Erwägungen je separat eingegangen.

3. a) Gemäss dem Einleitungsabsatz zur «Erklärung der Pflichten» lassen sich Journalistinnen und Journalisten bei ihrer beruflichen Arbeit «gegenüber den von der Berichterstattung betroffenen Personen und der Öffentlichkeit vom Prinzip der Fairness leiten.» Darüber hinaus wird in der Präambel zur «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen» im Sinne einer Grundnorm statuiert, dass die Medienschaffenden insgesamt «den gesellschaftlich notwendigen Diskurs» sichern. Die Richtlinie 2.2 zur «Erklärung» weist darauf hin, dass «der Meinungspluralismus zur Verteidigung der Informationsfreiheit» beiträgt sowie dass er notwendig ist, «wenn sich ein Medium in einer Monopolsituation» befindet. Laut der Richtlinie 5.2 ist der Meinungsfreiheit gerade auf der Leserbriefseite ein grösstmöglicher Freiraum zu gewähren.

b) Die DJL sehen in der Nichtveröffentlichung ihres Leserbriefs vom 21. Dezember 2001 eine Verletzung dieser Grundsätze. Bei der NLZ handle es sich um eine sog. Monopolzeitung, der eine besonders grosse publizistische Verantwortung zukomme. Damit sei die NLZ grundsätzlich gehalten, mit Leserbriefen besonders grosszügig umzugehen, weshalb sie den Abdruck des Leserbriefes nicht einfach hätte ablehnen dürfen. Vielmehr hätte sie – im Sinne des Verhältnismässigkeitsprinzips – zumindest eine Kürzung oder Änderung vorschlagen müssen. Die Ablehnung wiege vorliegend umso schwerer, als die NLZ nahezu ausschliesslich und in sehr grosser Anzahl Leserbriefe veröffentlicht habe, die sich massiv gegen die Stossrichtung des Urteils wandten. Sie habe sogar solche Leserbriefe publiziert, die sich bei allem Verständnis für unterschiedliche Haltungen an der «Grenze des Erträglichen» bewegt hätten. Umso mehr wäre es dringend geboten gewesen, der Leserschaft eine differenzierte Sichtweise zu vermitteln. Im Ergebnis wäre die NLZ nach Auffassung der DJL deshalb verpflichtet gewesen, ihren Leserbrief zu veröffentlichen. Das Vorgehen der NLZ laufe im Ergebnis im Gegenteil darauf hinaus, jegliche Kritik an d
er Berichterstattung in Form von Leserbriefen zu unterbinden.

c) Die NLZ hält dem entgegen, der stellvertretende Chefredaktor, Stefan Ragaz, habe in seinem e-mail vom 11. Januar 2001 nicht nur die Ablehnung des Abdrucks des Leserbriefs mitgeteilt, sondern gleichzeitig auch seine Gesprächsbereitschaft bekanntgeben. Zuvor habe er vergeblich versucht, mit dem Vertreter der DJL ins Gespräch zu kommen. Demgegenüber hätten letztere nach Erhalt des e-mails vom 11. Januar 2001 keine weiteren Versuche mehr unternommen, sondern stattdessen die vorliegende Beschwerde eingereicht. In der Berichterstattung der NLZ über den Strafprozess habe die Leserschaft neben ausführlichen Gerichtsberichterstattungen auch Hintergründe und Interviews mit den Parteien sowie Expertenmeinungen lesen können. Dabei seien die Standpunkte kontrovers dargestellt worden und es sei zu bestreiten, dass die überwiegend negativen Reaktionen aus der Leserschaft auf diese Berichterstattung zurückzuführen sei. Der Fall habe auch in anderen Medien («Blick», Radio Pilatus, Radio DRS und Regionalzeitung «Die Region») eine stark emotional geprägte Reaktion ausgelöst. Neben dem Leserbrief der DJL seien auch andere Leserbriefe nicht abgedruckt worden – die zum Teil den regelmässig veröffentlichten Publikationsbedingungen der NLZ für Leserbriefe nicht entsprochen hätten. Eine Kürzung des Leserbrief sei im Falle der DJL nicht möglich gewesen, weil diese ausdrücklich festgehalten hätten, dass allfällige Veränderungen der Kürzungen nicht ohne ihr Einverständnis erfolgen dürften. Der zuständige Vertreter der DJL sei jedoch nicht erreichbar gewesen. Hinsichtlich der von den DJL behaupteten Monopolstellung der NLZ sei darauf hinzuweisen, dass neben einem grösseren Angebot an elektronischen Medien auch andere regionale Zeitungen («Region»), Boulevardblätter («Blick», «SonntagsBlick») sowie Wochenzeitungen («FACTS», «Weltwoche», «Schweizer Illustrierte», etc.) für Vielfalt gerade im Bereich der Kriminalgerichtsberichterstattung sorgten. Die blosse Kritik an der NLZ führe in aller Regel nicht dazu, dass ein Leserbrief nicht abgedruckt werde, es sei denn, er sei wie vorliegend «grundlegend falsch». Stefan Ragaz habe in seinem e-mail vom 11. Januar 2002 auf den unzutreffenden Inhalt hingewiesen und weitere Kommunikationsbereitschaft signalisiert.

d) Der Schweizer Presserat hat zum Abdruck von Leserbriefen in ständiger Praxis (vgl. z.B. die Stellungnahme 16/2000 i.S. Oui à la vie c. «La Liberté» mit weiteren Verweisen) daran festgehalten, dass eine Redaktion unter berufsethischen Gesichtspunkten frei ist, über den Abdruck von Leserbriefen zu entscheiden. Und in der Stellungnahme 5/2001 hat er festgehalten: «Cela signifie aussi que, pas plus qu’un journaliste de la rédaction, un lecteur ne peut revendiquer un droit individuel à une publication» (Stellungnahme 19/99 i.S. B. c. «La Liberté). Der Presserat sieht keine Veranlassung, vorliegend von diesen Grundsätzen abzuweichen, selbst wenn es sich bei der NLZ um eine Zeitung mit einer – im Ausmass zwischen den Parteien umstrittenen – lokalen Vormachtstellung handelt.

e) Im Lichte der Richtlinie 2.2 (Meinungspluralismus) zur «Erklärung» wäre es aber für die NLZ generell angezeigt, sich im Umgang mit Leserreaktionen und Leserbriefen besonders grosszügig zu zeigen, damit der Zugang zum öffentlichen Diskurs für alle möglich bleibt (Stellungnahme16/2001 i.S. Friedlin c. «Basler Zeitung»). In einer anderen Stellungnahme hat der Presserat die Medien aufgefordert (1/99 i.S. S. c. «Bündner Tagblatt»), Reaktionen aus dem Publikum, die sich über eine Berichterstattung empören, grosszügig Raum zu geben, dies selbst dann, wenn sie die Redaktion scharf angreifen. Auch wenn die NLZ nach dem Ausgeführten berufsethisch nicht verpflichtet war, den Brief der DJL abzudrucken, wäre eine Publikation ungeachtet der Frage, ob die Redaktion die an der Berichterstattung geäusserte Kritik als ungerechtfertigt wertete, deshalb zu begrüssen gewesen. Gerade wenn wie vorliegend der Leserbrief der DJL einer der wenigen ist, in welchem bei einem öffentlich brisanten Thema die Auffassung der Minderheit des Publikums vertreten wird, sollten Medien wie die NLZ – sofern sie sich nicht von sich aus zu einer Flut einseitiger Leserbriefe zu Wort melden – zur Förderung des öffentlichen Diskurses auch Reaktionen der Minderheitsposition angemessen Raum geben.

4. a) Der Presserat hat anfangs 2001 in einer Stellungnahme i.S. Rassistische Kriminalberichterstattung (10/2001) postuliert, dass Journalistinnen und Journalisten «so differenziert wie möglich über Kriminalität berichten und Verallgemeinerungen vermeiden» sollten. «Sie sollten gerade auch in der Kriminalberichterstattung insbesondere auf Zuschreibungen verzichten, die eine Nation, Ethnie oder Religion diskriminieren (…) Journalistinnen und Journalisten sollten ungeachtet des Wortlauts einer behördlichen Mitteilung immer kritisch hinterfragen, ob die Nennung der Nationalität, Ethnie oder Religion im Einzelfall verhältnismässig erscheint.» Und weiter: «Darum sind auch Verbrecher oder mutmassliche Täter, über die die Medien berichten, ethnisch nicht identifizierbar zu machen, es sei denn, es sei im Kontext notwendig.» Die genannte Stellungnahme ist in der Folge auf diverse Kritik gestossen, bei der insbesondere geltend gemacht worden ist, dass die nationale Zuschreibung journalistisch wie auch ethisch im Einzelfall gerechtfertigt sein könne. Dies veranlasste den Presserat anlässlich seiner Plenarsitzung vom 9. November 2001 die Richtlinie 8.2 (Diskriminierungsverbot) zur «Erklärung» wie folgt neu zu formulieren: «Bei Berichten über Straftaten dürfen Angaben über (…) die ethnische Zugehörigkeit gemacht werden, sofern sie für das Verständnis notwendig sind. Die Nennung der Staatsangehörigkeit darf keine Diskriminierung zur Folge haben. Sofern sie nicht systematisch (und also auch bei schweizerischen Staatsangehörigen) erwähnt wird, gelten die gleichen restriktiven Bedingungen (…).

b) Die DJL sehen nicht ein, «inwiefern die Angabe der Nationalität des Opfern im Zusammenhang mit der strafrechtlichen Beurteilung des Täters von Relevanz sein könnte.» Wenn bereits bei der Nennung der Nationalität von Tätern Zurückhaltung zu üben sei, müsse dies umso mehr auch für die Opfer gelten. «Entsprechend dem diskriminierenden Hinweis auf die Herkunft des Opfers sind die Leserreaktionen ausgefallen (…).» Indem die NLZ die Nationalität mehrmals und ohne Notwendigkeit nannte, habe sie gegen Ziffer 8 der «Erklärung» und die Richtlinie 8.2. verstossen.

c) Die NLZ wendet hierzu ein, es gehöre zu den publizistischen Grundsätzen, die Nationalität ebenso wie das Geschlecht oder den Beruf als Basisinformation einer Berichterstattung vollständig darzulegen. Dies habe nichts mit Diskriminierung, sondern viel mehr mit einer korrekten Berichterstattung zu tun. Selbstverständlich werde denn auch stets darauf hingewiesen, wenn ein Schweizer, Franzose, Spanier oder Italiener in einen Anlass einbezogen sei, über den aktuell berichtet werde. Vorliegend habe die Staatszugehörigkeit vor dem Hintergrund der bekannten Einbürgerungspraxis und Ausländerfeindlichkeit in der Gemeinde Emmen eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt. Diese Staatszugehörigkeit sei jedoch zurückhaltend und nur soweit mitgeteilt worden, als dies für eine vollständige Berichterstattung notwendig gewesen sei.

d) War nun die Nennung der Nationalität des getöteten Einbrechers für das Verstehen des Falles notwendig oder nicht? Zumindest anlässlich der Gerichtsverhandlung dürfte die Nationalität des Opfers eine wichtige Rolle gespielt haben (War die Tat fremdenfeindlich motiviert? usw.). In ihrem Bericht vom 30. Juni 2001 schildert die NLZ die Verhandlung, zitiert Zeugen und verweist bloss in einem Nebensatz auf die Tatsache, dass der erschossene 49-jährige Mann einen kroatischen Pass besass. Diese zurückhaltende Nennung der Nationalität erscheint sachlich begründet und jedenfalls nicht als di
skriminierend. Es sind weder weitere Details über das Opfer zu lesen, noch sind ergänzende Äusserungen über dessen Staatsangehörigkeit zu erfahren. Auch wenn man sich fragen könnte, ob die späteren Nennungen der Nationalität durch die NLZ immer noch zwingend waren, erscheinen diese im Lichte der Neufassung von Richtlinie 8.2 zur Erklärung jedenfalls nicht als diskriminierend, nachdem die NLZ in ihrer Gerichts- und Kriminalberichterstattung die Staatsangehörigkeit der Betroffenen gemäss ihren Angaben generell nennt.

III. Feststellungen

1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. Auch Medien in einer regionalen Vormachtstellung sind berufsethisch nicht verpflichtet, im Einzelfall einen bestimmten Leserbrief abzudrucken. Sie sollten sich aber ihrer Verantwortung besonders bewusst sein, und sich deshalb bei der Publikation von Lesermeinungen besonders grosszügig zeigen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn Leserbriefschreiber die Redaktion in einer Zuschrift scharf kritisieren.

3. Die Nennung der Staatsangehörigkeit eines Beteiligten in einem Gerichtsbericht ist insbesondere dann sachlich begründet, wenn die Tat möglicherweise einen fremdenfeindlichen Hintergrund hat. Darüber hinaus dürfen Medien die Staatsangehörigkeit nennen, wenn sie dies systematisch tun, um die vollständige Information des Publikums zu gewährleisten.