Nr. 1/2005
Diskriminierungsverbot / Respektierung der Menschenwürde

(X. c. «Basellandschaftliche Zeitung») Stellungnahme des Presserates vom 28. Januar 2005

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I. Sachverhalt

A. Am 23. August 2004 veröffentlichte die «Basellandschaftliche Zeitung» in der Rubrik «Persönlich» einen Text von Daniel Wahl mit dem Titel «Meine letzten Geheimnisse als Arzt». Darin thematisiert der Autor Missbräuche von Ärzten bei der Verrechnung von Leistungen gegenüber den Krankenkassen («Aufrunden» der Zeit für Patientengespräche, verbotener Verkauf von Mustermedikamenten, Verordnung medizinisch nicht notwendiger Behandlungen usw.). Am Schluss schreibt Wahl in einer «Anmerkung: Alle Beispiele sind authentisch. Die Krankenkassen werden im Herbst zwischen fünf und sieben Prozent aufschlagen und viele Versicherte werden ungefragt in eine höhere Franchisen-Stufe umgeteilt. Ähnlichkeiten mit noch lebenden Doktoren sind unvermeidlich. Aber Gott sei dank gibt es nicht nur schwarze Schafe unter den Ärzten, sondern auch Halbgötter in Weiss.»

B. Am 26. August gelangte Dr. med. X. mit einer Beschwerde gegen den Beitrag von Daniel Wahl an den Presserat. Der Journalist Wahl typisiere die Ärzteschaft zu Unrecht generell als «schwarze Schafe», die von den Krankenkassen ungerechtfertigte Leistungen erschleichen würden. Weiter stelle er einen falschen Zusammenhang zwischen angeblicher Überarztung und Erhöhung der Krankenkassenprämien her. Schliesslich stelle der Journalist keine Transparenz über seine Motive zur Publikation des beanstandeten Artikels her.

C. Mit Schreiben vom 4. September 2004 teilte der Beschwerdeführer mit, der beanstandete Artikel habe die Ziffer 8 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (Diskriminierungsverbot) sowie die Richtlinie 8.1. zur «Erklärung» (Respektierung der Menschenwürde) verletzt.

D. Gemäss Art. 9 Abs. 3 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserates sind offensichtlich unbegründete Beschwerden durch das Presseratspräsidium zurückzuweisen.

E. Das Presseratspräsidium bestehend aus dem Presseratspräsidenten Peter Studer und den beiden Vizepräsidentinnen Sylvie Arsever und Esther Diener-Morscher hat die vorliegende Stellungnahme per 28. Januar 2005 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägungen

1. Ziffer 8 der «Erklärung» lautet: «Sie (die Journalist/innen) respektieren die Menschenwürde und verzichten in ihrer Berichterstattung in Text, Bild und Ton auf diskriminierende Anspielungen, welche die ethnische oder nationale Zugehörigkeit, die Religion, das Geschlecht, die sexuelle Orientierung, Krankheiten sowie körperliche oder geistige Behinderung zum Gegenstand haben.» Gemäss der Richtlinie 8.1 zur «Erklärung» hat sich die Informationstätigkeit an der Achtung der Menschenwürde zu orientieren. «Sie ist ständig gegen das Recht der Öffentlichkeit auf Information abzuwägen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der direkt betroffenen oder berührten Person als auch gegenüber der Öffentlichkeit.»

2. Der Beschwerdeführer sieht Ziffer 8 der «Erklärung» und die Richtlinie 8.1 durch die generalisierende Herabsetzung der Ärzte als schwarze Schafe verletzt. Mit dieser Typisierung werde die schweizerische Ärzteschaft zu Wirtschaftskriminellen gestempelt. Der Beschwerdeführer übersieht dabei allerdings, dass die schweizerische Ärzteschaft als gesamte Gruppe nicht zu den durch Ziffer 8 der «Erklärung» vor Diskriminierung zu schützenden Minderheiten gehört. Ebensowenig werden durch die Kolumne von Daniel Wahl bestimmte individualisierbare Personen verunglimpft oder in ihrem Menschsein herabgewürdigt. Eine Verletzung der vom Beschwerdeführer angerufenen berufethischen Normen (Diskriminierungsverbot und Gebot der Respektierung der Menschenwürde) fällt unter diesen Umständen von vornherein ausser Betracht. Darüber hinaus ist aus Sicht des Presserates darauf hinzuweisen, dass für die Leserschaft der «Basellandschaftlichen Zeitung» die subjektiven Einschätzungen und Wertungen des Autors als solche ersichtlich sind. Insbesondere entsteht für den unvoreingenommenen Leser keineswegs der Eindruck, dass die von Daniel Wahl nicht näher belegten Beispiele von Missbrauch allgemein verbreiteter Praxis der Schweizer Ärzteschaft entsprechen.

III. Feststellung

Die Beschwerde wird als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.