Nr. 7/2000
Bearbeitung unverlangt eingesandter Berichte

(K. c. „Basler Zeitung“) Stellungnahme des Schweizer Presserates vom 30. März 2000

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I. Sachverhalt

A. Am 16. November 1999 veröffentlichte die „Basler Zeitung“ unter dem Kürzel „BaZ“ eine Nachricht über eine Veranstaltung der Sozialdemokratischen Partei Laufental in Wahlen. In der Nachricht mit dem Titel „Breitseite gegen SVP“ wurde darüber berichtet, dass an einer „Zusammenkunft von SP-Gemeindevertretern“ die Politik der SVP kritisiert worden war. Die Informationen zu dieser Kurzmeldung entnahm die Redaktion dem letzten Abschnitt eines unverlangt eingesandten Berichts mit dem Titel „Treffen der SP Laufental vom 10.1.1999 in Wahlen“, den das SP-Mitglied K. verfasst und mit ihrem Kürzel „kh“ versehen hatte. Der grösste Teil des Berichts von K. befasste sich mit dem Erfahrungsaustausch der Mandatsträgerinnen und -träger der SP Laufental.

B. Gegen die Kurzmeldung in der „Basler Zeitung“ erhob K. am 9. Dezember 1999 beim Presserat Beschwerde. Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass die „Basler Zeitung“ durch den neuen Titel, die Kürzung und die Themenwahl einen falschen Eindruck von der Veranstaltung vermittle. Insbesondere der Titel „Breitseite gegen die SVP“ vermittle den falschen Eindruck, dies sei das Hauptthema der Veranstaltung gewesen. Ebenso sei durch die im Bericht verwendete Formulierung „Zusammenkunft von SP-Gemeindevertretern“ der falsche Eindruck entstanden, es hätte sich bei dieser Veranstaltung um eine interne Zusammenkunft gehandelt. Weiter suggeriere die „Basler Zeitung“, die SP-Gemeindevertreter hätten die SVP kritisiert, was falsch sei. In ihrem Bericht werde durch einen neuen Abschnitt klar zwischen den Äusserungen der SP-Gemeindevertreter und der SP-Laufental unterschieden. Schliesslich werde das zentrale Thema der Veranstaltung von der „Basler Zeitung“ nur angetönt. Insgesamt habe die „Basler Zeitung“ ohne Rücksprache wichtige Elemente des Berichts unterschlagen, geäusserte Meinungen entstellt und die Beschwerdeführerin als Verfasserin nicht genannt.

C. Das Presseratspräsidium wies den Fall der 3. Kammer zu, der Catherine Aeschbacher als Präsidentin sowie Esther Diener-Morscher, Judith Fasel, Sigmund Feigel, Roland Neyerlin, Daniel Suter und Max Trossmann als Mitglieder angehören.

D. In einer Stellungnahme vom 2. Februar 2000 wies die „Basler Zeitung“ darauf hin, dass im Vorfeld der Gemeinderatswahlen im Kanton Baselland im Split Laufental frühzeitig u.a. auch über die anstehenden personellen Veränderungen in den 13 Gemeinden wie auch über die Arbeit der bisherigen Gemeinderäte ausführlich berichtet worden sei. Der von der Beschwerdeführerin der Redaktion unverlangt eingesandte Text habe über einen Wahlkampfanlass der SP berichtet, auf den die „Basler Zeitung“ bereits in einer Vorschau hingewiesen habe. Die Redaktion habe deshalb nicht den ganzen Text veröffentlichen wollen, sondern lediglich nachgetragen, was nicht bereits in der Vorschau enthalten war. Es könne weder von einer Unterschlagung oder Entstellung von Informationen die Rede sein, noch wäre die Nennung des Kürzels der Beschwerdeführerin gerechtfertigt gewesen.

E. Die 3. Kammer behandelte die Beschwerde an einer Sitzung vom 30. März 2000 sowie auf dem Korrespondenzweg.

II. Erwägungen

1. Aus der Präambel und aus Ziff. 1 der „Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten“ kann kein Anspruch auf die Veröffentlichung von Informationen abgeleitet werden, die einer Medienredaktion von Dritten zugetragen werden. Journalistinnen und Journalisten sind berufsethisch verpflichtet, allein nach journalistischen Kriterien, namentlich nach Aktualität, Originalität und Relevanz einer Nachricht zu entscheiden, ob eine Information abgedruckt wird (Stellungnahme des Presserates vom 19. Juni 1998 i.S. KVP Luzern c. „Neue Luzerner Zeitung“, Sammlung 1998, S. 102ff., Stellungnahme vom 1. Oktober 1999 i.S. B./KVP Thurgau c. „St.Galler Tagblatt“/ „Bodensee Tagblatt“).

2. Es besteht auch kein Anspruch auf den vollständigen Abdruck von Informationen. Kürzungen sind zulässig, so weit der Text auch in gekürzter Form noch der Wahrheit entspricht. Wenn ein Artikel nur einen einzigen Aspekt einer Veranstaltung wiedergibt, kann er trotzdem der Wahrheit entsprechen. Die Auswahl eines Aspekts einer Veranstaltung richtet sich nach journalistischen Kriterien und nicht danach, ob dieser Aspekt für die Veranstalter das zentrale Thema war oder nicht. Im vorliegenden Fall hat die „Basler Zeitung“ ausserdem schon in früheren Ausgaben über das Thema berichtet, das in der Nachricht nicht mehr erschien.

3. Obwohl der ursprüngliche Text, den die Beschwerdeführerin eingesandt hatte, stark gekürzt worden ist, stimmen die abgedruckten Informationen inhaltlich mit den entsprechenden Stellen im eingesandten Text überein. Namentlich die beanstandete Formulierung „Zusammenkunft von SP-Gemeindevertretern“ lässt offen, ob der Anlass öffentlich war oder nicht, verletzt also nicht die Wahrheitspflicht. Ob die Kritik an der SVP von SP-Gemeindevertretern oder von SP-Mitgliedern stammt, lassen sowohl der ungekürzte Text von K. als auch die veröffentlichte Nachricht in der „Basler Zeitung“ offen. Eine Entstellung der ursprünglichen Information ist nicht festzustellen. Allerdings wäre es nach Auffassung des Presserates empfehlenswert gewesen, im ersten Satz durch Einfügung der Formulierung „unter anderem darauf hinzuweisen, dass die Politik der SVP nicht das einzige Thema der SP-Veranstaltung darstellte.

4. Die „Basler Zeitung“ hat das Kürzel der Beschwerdeführerin zu Recht nicht unter die Nachricht gesetzt, weil der ursprüngliche Text redaktionell bearbeitet worden ist. Hingegen verlangt Ziff. 3 der „Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten“, dass Medienmitteilungen von Interessengruppen zu kennzeichnen sind. Da die Beschwerdeführerin ihren Artikel eindeutig aufgrund ihrer Funktion als SP-Mitglied und nicht als Korrespondentin der „Basler Zeitung“ geschrieben hat, ist der Text als Medienmitteilung einer Partei zu betrachten und dementsprechend kenntlich zu machen. Allerdings sollte sie die Nachricht nicht wie von der Beschwerdeführerin verlangt mit dem Kürzel „kh“ versehen, weil das Publikum daraus nicht erkennen kann, woher die Informationen stammen. Notwendig für die Transparenz ist eine Formulierung der Art „gemäss einer SP-Mitteilung“.

5. Für die Verwendung und Kürzung des Berichts war eine Rücksprache mit K. nicht zwingend nötig. Die Redaktion darf davon ausgehen, dass sie Informationen nutzen darf, die ihr mit der Bitte um Veröffentlichung zugesandt werden. Ein Anspruch auf den Abdruck der vollständigen Mitteilung besteht aus den oben bereits genannten Gründen jedoch nicht.

III. Feststellungen

1. Die „Basler Zeitung“ hat mit der Bearbeitung und Kürzung des ihr zugesandten Artikels keine Pflichten der Journalistinnen und Journalisten verletzt.

2. Die „Basler Zeitung“ hätte jedoch laut Ziff. 3 der „Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten“ die Quelle ihrer Informationen nennen müssen. Es liegt im Interesse des Publikums zu wissen, dass kein Redaktionsmitglied die Veranstaltung selber besucht hat, sondern dass die Informationen aus einer Mitteilung der Veranstalter selber stammen.