Nr. 33/2019
Wahrheitssuche / Quellenbearbeitung / Berichtigungspflicht

(Portmann c. «Blick» und «Weltwoche»)

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Zusammenfassung

Nationalrat Hans-Peter Portmann ist mit gleich drei Beschwerden gegen «Weltwoche» und «Blick» an den Schweizer Presserat gelangt. Bei zwei Beschwerden ging es um die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats. Die Abstimmung zu einem Vorstoss von FDP-Nationalrat Portmann bezüglich des Uno-Migrationspaktes war in der «Weltwoche» von Autor und Alt-Nationalrat Christoph Mörgeli dahingehend kommentiert worden, dass Portmann nicht einmal seine eigenen Fraktionsmitglieder überzeugen konnte. Aus der Reaktion Portmanns auf diese Kolumne – er hatte per Mail eine Richtigstellung verlangt – konnte jedoch auf das Abstimmungsverhalten der Parteien geschlossen werden. Dies wurde wiederum vom «Blick» aufgegriffen, der berichtete, dass Portmann mit dem Mail das Kommissionsgeheimnis verraten habe und dass Kommissionspräsidentin Elisabeth Schneider-Schneiter dem nachgehen würde. Aus diesem Fall ergaben sich zwei Beschwerden, die jedoch beide abgelehnt werden. Aus Sicht des Presserates hat weder der «Blick» die Wahrheitspflicht verletzt, noch wäre die «Weltwoche» zu einer Richtigstellung verpflichtet gewesen oder hatte eine solche verweigert.

Gutgeheissen hat der Presserat hingegen Portmanns dritte Beschwerde. Sie hatte ein Editorial von Nationalrat und «Weltwoche»-Chefredaktor Roger Köppel zum Gegenstand. Unter dem Titel «Volksverächter» kommentierte Köppel in sehr markigen, aber zulässigen Worten Portmanns Auftritt in einer Fernsehsendung zur sogenannten Selbstbestimmungsinitiative. An einer Stelle suggeriert Köppel durch den Einschub «so Portmann», dieser habe in der Talkshow von der «reissenden Bestie Volk» gesprochen. Die Formulierung wird den Leserinnen und Lesern als indirektes Zitat präsentiert, obwohl sie Portmann in der Sendung weder so noch ähnlich benutzt hat. Durch diese unsachgemässe Quellenbearbeitung entstellt die «Weltwoche» die Meinung von Portmann und verletzt den Journalistenkodex.

Résumé

Le conseiller national Hans-Peter Portmann a adressé pas moins de trois plaintes au Conseil suisse de la presse, contre la «Weltwoche» et le «Blick». Dans deux d’entre elles, il était question de la Commission de politique extérieure du Conseil national. L’ancien conseiller national Christoph Mörgeli avait commenté dans la «Weltwoche» le vote sur une intervention déposée par Hans-Peter Portmann au sujet du Pacte de l’ONU sur les migrations en disant que le conseiller national PLR ne parviendrait pas même à convaincre les membres de son groupe. La réaction de Hans-Peter Portmann à ce commentaire – il a demandé un rectificatif par mail – a cependant permis de savoir comment les partis avaient voté. Le «Blick» a saisi l’occasion pour rapporter que Hans-Peter Portmann avait, par son mail, trahi son obligation de garder le secret et que la présidente de la commission, Elisabeth Schneider-Schneiter, allait examiner la question. Cet article a donné lieu à deux plaintes, qui ont toutes deux été rejetées. De l’avis du Conseil de la presse, le «Blick» n’a pas porté atteinte à son devoir de vérité et la «Weltwoche» n’était pas obligée de faire un rectificatif ni ne l’a refusé.

Le Conseil de la presse a en revanche accepté la troisième plainte de Hans-Peter Portmann. Elle portait sur un éditorial du conseiller national et rédacteur en chef de la «Weltwoche» Roger Köppel. Sous le titre «Volksverächter» (détracteur du peuple), Roger Köppel commentait par des mots très forts, mais admissibles, la prestation de Hans-Peter Portmann lors d’une émission télévisée consacrée à l’initiative dite sur l’autodétermination. A un moment, Roger Köppel suggérait par l’incise «so Portmann» (selon Portmann), que celui-ci avait parlé dans le talkshow de «reissenden Bestie Volk» (la bête féroce qu’est le peuple). La formulation est présentée au lecteur comme une citation au style indirect, bien que Hans-Peter Portmann n’ait jamais prononcé ces mots, ou des mots analogues. Par ce traitement incorrect des sources, la «Weltwoche» a dénaturé la pensée de Hans-Peter Portmann et violé le code de déontologie des journalistes.

Riassunto

Il consigliere nazionale Hans-Peter Portmann aveva rivolto al Consiglio svizzero della stampa tre reclami: due contro la «Weltwoche» e uno contro il «Blick». Due di essi (uno contro la «Weltwoche» e uno contro il «Blick») si riferivano a una discussione avvenuta nella Commissione di politica estera del Consiglio nazionale, in cui una mozione del consigliere nazionale radicale circa il Patto dell’ONU sulle migrazioni era stata respinta. L’ex consigliere nazionale Christoph Mörgeli, autore dell’articolo della «Weltwoche», vi sosteneva che Portmann non era riuscito a convincere neppure i commissari del suo partito. Portmann aveva reagito mandando alla «Weltwoche» una precisazione per posta elettronica, A questo punto è intervenuto il «Blick» sostenendo che le precisazioni di Portmann su chi e come aveva votato in commissione rappresentano una violazione del segreto cui sono tenuti i membri delle commissioni del Parlamento. Il «Blick» preannunciava un intervento della presidente della commissione, Elisabeth Schneider Schneiter. A questi due reclami il Consiglio della stampa ha dato una risposta negativa. Il «Blick» si era attenuto ai fatti; quanto alla «Weltwoche», non era tenuta a pubblicare la precisazione di Portmann e tantomeno l’aveva rifiutata.

Sul terzo reclamo, invece, il Consiglio della stampa ha preso posizione contro la «Weltwoche». La materia controversa era un’altra. Si trattava di un articolo scritto dal direttore del settimanale, Roger Köppel, critico con Portmann per le dichiarazioni da questi rilasciate alla televisione sull’iniziativa UDC cosiddetta per l’autodeterminazione. Il consigliere nazionale radicale avrebbe parlato di «popolo bestia» («reissenden Bestie Volk»). Benché formulata indirettamente, l’accusa rappresenta di fatto una citazione: indebita perché la frase come tale non risulta sia mai stata espressa. Il mancato rispetto dell’autenticità delle citazioni costituisce una violazione del codice giornalistico: da qui l’accettazione, da parte del Consiglio della stampa, del terzo reclamo del consigliere nazionale Portmann.

I. Sachverhalt

A. Am 8. November 2018 schrieb die «Weltwoche» in einem von Christoph Mörgeli (mö) gezeichneten Abschnitt der Rubrik «Personenkontrolle», dass Nationalrat Hans-Peter Portmann eine Volksabstimmung zum Uno-Migrationspakt fordere, um Stimmung gegen die Selbstbestimmungsinitiative zu machen. In der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates habe er jedoch «nur gerade zwei von vier FDP-Stimmen auf seine Seite bringen können».

Zwei Tage später berichtete die Politikchefin der «Blick»-Gruppe auf «Blick»-Online unter dem Titel «FDP-Portmann tappt in Mörgelis Falle», Nationalrat Portmann habe aus Verärgerung über die «Weltwoche» das Abstimmungsverhalten in der Kommission verraten und damit das Kommissionsgeheimnis gebrochen. In einer Mail, die auch an zwei «Weltwoche»-Journalisten ging, habe er mitgeteilt, dass mindestens drei und nicht bloss zwei FDP-Mitglieder in der Kommission für seinen Vorschlag gestimmt haben. Daraufhin hätten mehrere Kommissionsmitglieder eine Untersuchung verlangt und die Kommissionspräsidentin sei «sehr besorgt» über die zunehmende Missachtung des Geheimnisses. Nationalrat Portmann könne ein Verweis und ein vorübergehender Ausschluss aus der Kommission drohen. Portmanns Sicht kommt im «Blick»-Artikel ebenfalls zur Sprache. Er wird dahingehend zitiert, dass er das Kommissionsgeheimnis nicht verletzt habe, weil keine individuellen Abstimmungsverhalten oder Protokolle bekannt gegeben wurden und er analog zur SVP lediglich über die eigenen Parteimitglieder gesprochen habe. Damit habe er das bereits durch eine Medienmitteilung bekannte Abstimmungsergebnis erläutert («plausibilisiert»). Von der «Weltwoche» habe er eine Richtigstellung verlangt.

Am 25. Oktober erschien in der «Weltwoche» das Editorial von Chefredaktor Roger Köppel unter dem Titel «Volksverächter». Thema sind die Gegenkampagnen zur sogenannten Selbstbestimmungsinitiative der SVP. In diesem Zusammenhang wird auf eine Fernseh-Talkshow mit Nationalrat Hans-Peter Portmann verwiesen, in der dieser polarisierend argumentiert habe. Im betreffenden Abschnitt des Editorials wird Hans-Peter Portmann zum einen wörtlich zitiert. Zum anderen werden Aussagen in indirekte Rede gesetzt oder paraphrasiert. Portmanns Standpunkt wird vom Chefredaktor in scharfen Formulierungen gewertet: Er sei gegenüber dem Schweizervolk respektlos und überheblich, habe eine «niedere Meinung von der Reife und Mündigkeit der Wähler».

B. Am 11. November 2018 reichte Nationalrat Hans-Peter Portmann in zwei Mails beim Schweizer Presserat insgesamt drei Beschwerden ein: Eine erste Eingabe beinhaltet je eine Beschwerde gegen die Redaktion des «Blick» (Beschwerde 1) und gegen die Redaktion der «Weltwoche» (Beschwerde 2). In einem separaten Mail wird gleichentags eine zweite Beschwerde gegen die Redaktion der «Weltwoche» eingereicht (Beschwerde 3). Zum Schluss dieses zweiten Mails werden die entsprechenden Ziffern 1, 3 und 5 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» genannt, die hinsichtlich der drei Beschwerden zu prüfen seien.

In der ersten Beschwerde wird kritisiert, dass die Journalistin des «Blick» mit der Aussage «Es ist belegt, schwarz auf weiss: FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann hat das Kommissionsgeheimnis gebrochen» falsche Fakten veröffentlicht und eine Vorverurteilung vorgenommen habe. Zudem sei kein Hinweis auf die Unschuldsvermutung gemacht worden. Damit sei allenfalls auch eine Rufschädigung im Sinne des Strafgesetzes gegeben. Im Weiteren treffe der Satz «Mehrere Mitglieder verlangten eine Untersuchung der Affäre» nicht zu. Die Kommissionspräsidentin Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter habe gegenüber «Blick» präzisiert, dass abgeklärt würde, ob allenfalls eine Geheimnisverletzung vorliege.

In der gleichen Angelegenheit beklagt Hans-Peter Portmann, dass seitens der «Weltwoche», auf deren Rubrik «Personenkontrolle» sich der «Blick» bezieht, versucht worden sei, eine Richtigstellung zu verhindern. In dieser zweiten Beschwerde werden Ausschnitte aus einem Mailverkehr zwischen Nationalrat Portmann und «Weltwoche»-Autor Christoph Mörgeli zitiert, die einen solchen «Druckversuch» belegen würden, was auch als Nötigung gemäss Strafgesetzbuch gewertet werden könne.

Die dritte Beschwerde richtet sich wiederum gegen die Redaktion der «Weltwoche», wieder geht es um das politische Engagement von Beschwerdeführer Portmann gegen die sogenannte Selbstbestimmungsinitiative, jedoch um einen anderen Sachverhalt. Portmann kritisiert, er sei im Editorial «Volksverächter» von Chefredaktor Roger Köppel falsch zitiert worden. Dadurch werde er öffentlich diffamiert. Wiederum wird auf den Straftatbestand der Rufschädigung verwiesen.

C. Am 10. Dezember 2018 nahm der anwaltlich vertretene «Blick» zur ersten Beschwerde Stellung. Er verlangt zunächst, dass die Beschwerde insgesamt abzuweisen sei, da sie der verlangten Form nicht genüge. Sofern auf die Beschwerde eingegangen wird, sei diese als unbegründet abzulehnen. Gemäss Beschwerdegegnerin wurde korrekt über die Angelegenheit berichtet. Nationalrat Hans-Peter Portmann habe mit seinem Mail, das er unter anderem auch an zwei Redaktoren der «Weltwoche» geschickt habe, Informationen über das Wahlverhalten in der Kommission preisgegeben. Dies könne als Bruch des Kommissionsgeheimnisses gewertet werden. Eine «Vorverurteilung» stelle dies nicht dar, da im Artikel selbst auch darauf hingewiesen worden sei, dass der Beschwerdeführer strafrechtlich keine Konsequenzen zu befürchten habe. Medienethisch relevant sei zudem, dass der Beschwerdeführer angehört worden sei und seine Sicht der Dinge im Artikel ebenfalls zum Ausdruck komme.

Darüber hinaus führt die Beschwerdegegnerin aus, wie aufgrund der bekannten Zusammensetzung der betreffenden Kommission und der Angaben des Beschwerdeführers das Wahlverhalten der einzelnen Parteien einfach rekonstruiert werden konnte. Deshalb hätten auch zwei Kommissionsmitglieder eine Untersuchung verlangt. Es sei nicht belegt, dass die Kommissionspräsidentin beim «Blick» in dieser Sache interveniert habe. Gemäss der Beschwerdegegnerin enthält der Artikel keine falschen Tatsachen. Zudem sei der Beschwerdeführer angehört und mit seinem gegenteiligen Standpunkt zitiert worden.

D. In ihrer Beschwerdeantwort vom 8. Februar 2019 verlangte die anwaltlich vertretene «Weltwoche», dass auf die beiden gegen sie gerichteten Beschwerden (Beschwerden 2 und 3) ebenfalls aus formalen Gründen nicht einzutreten sei. Falls der Presserat dennoch eintrete, so seien die Beschwerden abzulehnen.

Bezüglich der zweiten Beschwerde steht für die «Weltwoche» fest, dass Hans-Peter Portmann mit seinen Mails Angaben zum Abstimmungsverhalten in der Kommission macht. Es wird zudem dargelegt, dass es aus Sicht der «Weltwoche» nicht sinnvoll war, dies publizistisch weiter zu bearbeiten, da eine juristische Untersuchung nicht ausgeschlossen werden konnte. Es sei nicht belegt, dass die Berichterstattung nicht korrekt war. Der Inhalt einer allfälligen Richtigstellung hätte nicht auf seinen Wahrheitsgehalt überprüft werden können.

Bezüglich der dritten Beschwerde vertritt die Beschwerdegegnerin die Meinung, dass korrekt zitiert worden sei. Als Beleg führt sie längere Passagen aus dem Editorial an. Durch die Setzung von Anführungszeichen oder den Hinweis «wörtlich» würden Zitate gegenüber der Leserschaft deutlich gemacht. Daraus ergebe sich auch, welche Formulierungen Kommentare seien. Im Rahmen eines «Editorials» und im Kontext einer Volksabstimmung seien kritische und pointierte Wertungen zulässig.

E. Bei den Eingaben von Hans-Peter Portmann handelt es sich um drei gleichentags eingereichte Beschwerden, die mehrere voneinander unabhängige Berichterstattungen zum Gegenstand haben. Da diese zeitlich nahe beieinander liegen und in zwei Fällen auch die selbe Redaktion betreffen, hat das Präsidium des Presserates entschieden, alle drei Beschwerden zusammen beurteilen zu lassen. Es weist sie der 1. Kammer zu, der Francesca Snider (Präsidentin), Dennis Bühler, Ursin Cadisch, Michael Herzka, Klaus Lange, Francesca Luvini und Casper Selg angehören.

F. Die 1. Kammer hat die Beschwerde in ihrer Sitzung vom 24. Juni 2019 und auf dem Korrespondenzweg behandelt.

II. Erwägungen

1. Der Presserat stellt bloss minimale formale Anforderungen an Beschwerden (Geschäftsreglement Art. 8 und 9), unabhängig von der beschwerdeführenden Person. Nationalrat Hans-Peter Portmann nennt in seinen Beschwerden zwar erst zum Schluss seines zweiten Mails summarisch die insgesamt zu rügenden Ziffern der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten». Für den Presserat ist dennoch ersichtlich, bei welchen Beschwerden welche Ziffern der «Erklärung» im Fokus stehen. Im Weiteren nennt der Beschwerdeführer die Straftatbestände der Rufschädigung und der Nötigung. Diesbezüglich weist der Presserat darauf hin, dass er sich als professions- und medienethisches Gremium in seinen Erwägungen nicht durch das Strafgesetzbuch, sondern ausschliesslich durch die «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» leiten lässt.

Auf die drei Beschwerden wird eingetreten. Die Kammer behandelt sie jedoch unabhängig voneinander. Bei der ersten Beschwerde ist zu prüfen, ob der «Blick» bei seiner Berichterstattung über eine mögliche Verletzung des Kommissionsgeheimnisses dem Gebot der Wahrheitssuche nachgekommen ist (Ziffer 1 der «Erklärung»). Bei der zweiten Beschwerde geht es darum, ob die «Weltwoche» gegen die Berichtigungspflicht verstossen hat (Ziffer 5 der «Erklärung»). In der dritten Beschwerde schliesslich geht es um die Frage, ob eine Meinung entstellt wiedergegeben wurde, namentlich ob Hans-Peter Portmann die zitierten Aussagen so gemacht hat beziehungsweise ob es sich dabei um Zitate im eigentlichen Sinn handelt (Ziffer 3 der «Erklärung»).

2. Die Journalistin der «Blick»-Redaktion hatte darüber berichtet, dass aufgrund eines E-Mails von Nationalrat Hans-Peter Portmann an Redaktoren der «Weltwoche» auf das Stimmverhalten von Mitgliedern der Aussenpolitischen Kommission geschlossen werden kann. Diesen Sachverhalt stellt der Beschwerdeführer nicht in Frage. Ihm geht es in seiner ersten Beschwerde darum, dass durch einzelne Formulierungen im beanstandeten Artikel Fakten falsch dargestellt würden und dies einer Vorverurteilung gleichkomme. Im Weiteren stört er sich daran, dass im Artikel behauptet wird, «mehrere Kommissionsmitglieder verlangen eine Untersuchung der Affäre». Es sei demgegenüber vielmehr so, dass die Kommissionspräsidentin zunächst abklären lasse, ob ein Verstoss gegen das Kommissionsgeheimnis vorliege.

In diesen beiden Punkten sieht der Presserat die Wahrheitspflicht (Ziffer 1 der «Erklärung») nicht verletzt. Für die Leserin und den Leser kommt im Artikel zum Ausdruck, dass Informationen aus der Kommission nach aussen gedrungen sind und dass dem durch die Kommissionspräsidentin nachgegangen wird. Der Artikel beschreibt die Ereignisse in einer für Laien verständlichen Art und Weise. Es wird ein – auch vom Beschwerdeführer nicht explizit bestrittenes – Fehlverhalten offenlegt. Ob es sich dabei um «Verrat» oder «Geheimnisverletzung» im juristischen Sinne handelt und ob es dazu eine Untersuchung oder bloss erste Abklärungen gibt, mag im späteren Verlauf einer allfälligen juristischen Untersuchung eine Rolle spielten. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung sind diese Unterscheidungen für die Leserin und den Leser nicht von Bedeutung. Die Sachverhalte werden zwar mit zugespitzten Formulierungen dargestellt, widersprechen aber nicht dem Prinzip der Wahrheitssuche. Es werden auch keine Tatsachen entstellt. Ziffer 1 der «Erklärung» ist somit nicht verletzt.

3. Gemäss seiner zweiten Beschwerde hat Nationalrat Portmann bei der «Weltwoche» eine Richtigstellung in Bezug auf die Formulierungen in der Kolumne «Personenkontrolle» vom 8. November 2018 verlangt. Er zitiert wörtlich aus seinem Mail an Christoph Mörgeli: «Steht also noch die Frage im Raum, ob eine Richtigstellung angebracht wäre.» Zusätzlich macht er einen Formulierungsvorschlag für eine solche «Richtigstellung». In seinem, von Nationalrat Hans-Peter Portmann in der Beschwerde zitierten Antwortmail schreibt Christoph Mörgeli, dass er ihm von einer «öffentlichen Entgegnung» abrate. Eine solche könnte weitergehende Offenlegungen über die Kommissionsberatungen nach sich ziehen, was für den Nationalrat nachteilig wäre. Für den Presserat kann diese Antwort nicht als «zweifelhafte Druckanwendung» mit einer Nähe zum strafrechtlichen Tatbestand der Nötigung oder als «Weigerung» zur Berichtigung gewertet werden.

Der in der Beschwerde genannte Mailverkehr zwischen Nationalrat Portmann und «Weltwoche»-Autor Mörgeli liegt dem Presserat vor. Daraus geht nicht hervor, dass eine Berichtigung explizit abgelehnt wurde. Wie in der Beschwerdeantwort dargelegt, hat Autor Mörgeli darauf hingewiesen, dass eine «Richtigstellung» kaum ohne weitere Hinweise auf eine Verletzung des Kommissionsgeheimnisses erfolgen könnte. Die letzte dem Presserat vorliegende Antwort des Beschwerdeführers lässt darauf schliessen, dass er dies mit der Kommissionspräsidentin weiter abklärt und nochmals auf die «Weltwoche» zukommt. Damit bleibt offen, ob überhaupt Anlass für eine Berichtigung gegeben ist. Aus den eingereichten Unterlagen kann nicht geschlossen werden, dass die «Weltwoche» Ziffer 5 (Berichtigung) der «Erklärung» verletzt hat.

4. Die dritte Beschwerde von Nationalrat Hans-Peter Portmann richtet sich gegen einen als «Editorial» gekennzeichneten Beitrag von «Weltwoche»-Chefredaktor und SVP-Nationalrat Roger Köppel, in der es um die Kritik an der Gegenseite zur sogenannten «Selbstbestimmungsinitiative» der SVP geht. Unter anderem wird auf eine Fernsehsendung verwiesen, in der Politiker Hans-Peter Portmann als Kontrahent des Politikers Roger Köppel gegen die Initiative Stellung bezogen hat. Letzterer zitiert in seiner Rolle als Chefredaktor den politischen Gegner sowohl direkt als auch indirekt und wertet dessen Position mit sehr markigen Worten. Daran ist aus presseethischer Sicht nichts auszusetzen, sofern für die Leserin und den Leser klar ersichtlich ist, welche Aussagen von Hans-Peter Portmann direkt stammen und wo der Chefredaktor Zuschreibungen macht. Diese wichtige Trennlinie hat Roger Köppel an einer Stelle überschritten, indem er in einem unmittelbar an ein wörtliches Zitat anschliessenden Satz den Einschub «so Portmann» setzt. Diese Formulierung signalisiert für die Leserschaft ein indirektes Zitat: «Gegen die reissende Bestie Volk, so Portmann, würden nur internationale Regeln und internationale Richter helfen.»

Das Beispiel zeigt, dass die von der Beschwerdegegnerin «Weltwoche» genannten «allgemein bekannten und üblichen Zitierregeln» etwas differenzierter betrachtet werden müssen. Bei Verwendung von Anführungszeichen oder dem Hinweis «wörtlich» ergibt sich nämlich im Umkehrschluss nicht, dass alle anderen Textstellen keine Zitate sein können. Im vorliegenden Fall wird insinuiert, Nationalrat Hans-Peter Portmann habe den Ausdruck «reissende Bestie Volk» verwendet. Diese Formulierung hat er jedoch in der genannten Fernsehsendung weder so noch ähnlich verwendet. Es ist ihm also mit mindestens einem falschen indirekten Zitat eine Haltung unterstellt worden, die nicht belegt ist. Somit hat die «Weltwoche» Ziffer 3 (Entstellen von Meinungen bei der Quellenbearbeitung) der «Erklärung» verletzt.

III. Feststellungen

1. Beschwerde 1 gegen den «Blick» wird abgewiesen: «Blick» hat mit dem Artikel «FDP-Portmann tappt in Mörgelis Falle» vom 10. November 2018 die Ziffern 1 (Wahrheitspflicht) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» nicht verletzt.

2. Beschwerde 2 gegen die «Weltwoche» wird ebenfalls abgewiesen: Die «Weltwoche» hat bezüglich der Kolumne «Personenkontrolle» vom 8. November 2018 Ziffer 5 (Berichtigung) der «Erklärung» nicht verletzt.

3. Beschwerde 3 gegen die «Weltwoche» wird gutgeheissen: Die «Weltwoche» hat mit dem Editorial «Volksverächter» vom 25. Oktober 2018 Ziffer 3 (Quellenbearbeitung) der «Erklärung» verletzt.