Nr. 23/2019
Diskriminierung

(X. c. «Basler Zeitung»)

Drucken

I. Sachverhalt

A. Am 19. Januar 2018 veröffentlichte die «Basler Zeitung» (BaZ) online einen Artikel gezeichnet von Martin Regenass über ein falsch parkiertes Auto, welches den Tramverkehr eine Stunde lang blockiert habe. Die Überschrift lautete: «Frau am Steuer blockiert Tram». Darunter sieht man das Bild eines breiten und hohen Autos, das schlecht parkiert einem Tram die Durchfahrt verunmöglicht. Im folgenden Text wird erläutert, dass eine Frau nach dem Parkieren dieses Auto verlassen habe und danach eine Stunde lang nicht auffindbar gewesen sei. Weiter wird erklärt, was dies an Umleitungen von Trams und Verspätungen von Trampassagieren zur Folge hatte, welche Beträge Falschparkierern in solchen Fällen in Rechnung gestellt werden und wie häufig so etwas vorkommt (420-mal im Jahr 2017 …).

B. Am 24. Januar 2018 reichte X. beim Schweizer Presserat Beschwerde gegen den Artikel der BaZ vom 19. Januar ein. Er machte eine Verletzung der Ziffer 8 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend «Erklärung») geltend. Der Titel des Artikels enthalte mit der Formulierung «Frau am Steuer» eine klar diskriminierende Anspielung, die «auf ein sexistisches Klischee der schlechten Autofahrerin» zurückgreife. Der Beschwerdeführer räumt ein, dass es sich hier eigentlich um eine Lappalie handle, dass der Autor aber schon «zum wiederholten Male durch derartige Niveaulosigkeiten» aufgefallen sei und dass er es für an der Zeit halte, dass der Autor dafür gerügt werde.

C. Der Presserat hat die «Basler Zeitung» mehrfach um eine Stellungnahme gebeten, die Chefredaktion hat auf die Aufforderungen nicht reagiert.

D. Der Presserat teilte den Parteien am 7. November 2018 mit, die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium behandelt, bestehend aus dem Präsidenten Dominique von Burg, Vizepräsidentin Francesca Snider und Vizepräsident Max Trossmann.

E. Das Präsidium des Presserates hat die vorliegende Stellungnahme per 8. Juli 2019 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägung

Ziffer 8 der «Erklärung» fordert – unter anderem – den Verzicht auf «diskriminierende Anspielungen, welche die ethnische oder nationale Zugehörigkeit, die Religion, das Geschlecht (…) zum Gegenstand haben». Der Beschwerdeführer macht geltend, die Formulierung im Titel des Artikels «Frau am Steuer blockiert Tram» verletze diese Ziffer 8 der «Erklärung». Der Titel enthalte eine klar diskriminierende Anspielung auf das sexistische Klischee der schlechten Autofahrerin.

Dieser Kritik ist grundsätzlich zuzustimmen. Der Titel des Artikels enthält – streng genommen – eine sexistisch diskriminierende Formulierung und verletzt in diesem Sinne Ziffer 8. Hinzu kommt noch – wenn man denn ganz exakt sein wollte – dass er so («Frau am Steuer blockiert Tram») auch inhaltlich nicht richtig ist. Das Problem war ja, dass die Frau eben gerade nicht am Steuer sass.

Aber der Beschwerdeführer räumt selber richtigerweise ein, dass es sich bei dem von ihm gerügten Verstoss gegen Ziffer 8 um eine Lappalie handelt. Auch dem ist zuzustimmen. Der Presserat sieht angesichts der sehr geringen Tragweite des Vorganges keinen Grund, der BaZ einen Verstoss gegen die wesentlichen journalistischen Grundsätze vorzuwerfen.

Die Bemerkung des Beschwerdeführers, wonach der Autor schon verschiedentlich durch derartige «Niveaulosigkeiten» aufgefallen sei, kann dabei keine Rolle spielen. Dem Presserat liegen keine Belege oder Beschwerden in dieser Hinsicht vor, also kann und darf er diesen Aspekt nicht in Betracht ziehen.

III. Feststellungen

1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. Die «Basler Zeitung» hat mit dem Titel zum Artikel «Frau am Steuer blockiert Tram» vom 19. Januar 2018 nicht gegen Ziffer 8 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verstossen.