Newsletter # 6: Darf BigLayla moderieren?

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Edito Susan Boos (Präsidentin Schweizer Presserat)

«Radio made by KI!» So lautet die Eigentwerbung von Radio «bigGPT». Alle Nachrichten werden von ChatGPT zusammengestiefelt und von einer nicht-realexistierenden Moderatorin präsentiert. Sie nennt sich BigLayla, sieht  geschliffen schön aus und schreibt über sich, sie wolle «die Welt mit Offenheit und einem positiven Mindset ein kleines Stückchen besser machen!». Alles an diesem Radioprogramm ist künstlich generiert. Wirklich alles. Hallo!?! Was tun die da?! Geht gar nicht! Oder halt doch? Schaut man genauer hin, blickt man auf unbekanntes Terrain. Das Projekt «bigGPT» wurde von bigFM lanciert, einem Netzwerk aus privaten überregionalen Radiosendern im Südwesten Deutschlands. Sie schreiben zu ihrem Experiment: Man könne nur erahnen, was KI mit dem Journalismus mache und habe so seine Befürchtungen, «aber genau wissen tun wir in diesem Feld noch viel zu wenig. Deswegen haben wir uns für einen disruptiven Ansatz entschieden und starten mit «bigGPT» ausserhalb der etablierten Sender von bigFM.»

Computerprogramme wie ChatGPT haben kein Verhältnis zur Wahrheit. Sie halluzinieren und produzieren auch ungeniert hetzerischen Unsinn. Den MacherInnen von «bigGPT» ist das bewusst. Sie sagen, sie hätten sich «Regeln auf Basis von ethischen und journalistischen Standards gegeben». Dazu gehört in ihrem Fall ein Vier-Augen-Prinzip. Das bedeutet, dass sie  «die KI zwar selbst arbeiten lassen, aber nichts veröffentlichen, was nicht Redakteure zuvor gegen gehört haben. Es gibt also so eine Art ‚Not-Aus-Knopf‘ für den automatisierten Sendebetrieb». Sofern sie alle Quellen überprüfen, die BigLayla für ihre Moderation nutzt, ist das gut. Das nicht zu tun, wäre der Gang in eine Verbotszone – eine journalistische Todsünde, für die es keine Vergebung gäbe.

Der Journalismuskodex enthält schon heute die entscheidenden Leitplanken. Um die Kernprobleme aber präziser zu fassen, arbeitet der Presserat intensiv an einem KI-Leitfaden. Erste Entwürfe liegen bereits vor. Vielleicht braucht es künftig auch die eine oder andere Schärfung oder Präzisierung der Richtlinien. Um diese Debatte in die Öffentlichkeit zu tragen, hat der neu gegründete Gönnerverein des Presserates eine Veranstaltung zum Thema organisiert: «Was macht KI mit dem journalistischen Kodex?» Eine hochkarätige Runde von PraktikerInnen wird am 5. Dezember im Debattierhaus Karl der Grosse (Zürich) darüber diskutieren.