Presserat heisst Beschwerde gegen die «Tribune de Genève» teilweise gut: Erwähnung der Nationalität ist nicht automatisch diskriminierend

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Mit der Veröffentlichung eines Artikels mit dem Titel «Le ‹coup de la Russe›, un véritable cauchemar pour les hommes» («Der ‹Russinnen-Trick› wird zum Albtraum für Männer») hat die «Tribune de Genève» die Pflicht zur Wahrheitssuche und die Regeln für den Umgang mit Quellen nicht eingehalten: Indem die «Tribune de Genève» es versäumte, den Kontakt mit der beschuldigten Person zu suchen, die Glaubwürdigkeit der Aussagen ihrer Quellen zu überprüfen und zudem die verfügbaren Daten zum behandelten Thema nicht erwähnte, hat sie Pflichten nicht eingehalten, die, wie der Schweizer Presserat in Erinnerung ruft, die Grundlage des Journalistenberufs bilden.

Hingegen hat die «Tribune de Genève» nicht gegen den Journalismuskodex in Bezug auf Diskriminierung verstossen. Gemäss der Praxis des Schweizer Presserats kann nicht jede abwertende Aussage über eine Gruppe oder eine Einzelperson automatisch als erniedrigend oder diskriminierend angesehen werden. Die im Artikel verwendeten Ausdrücke sind vage und vielfältig genug, um eine Stigmatisierung zu vermeiden, und ihre Erwähnung war nach Ansicht des Rates für das Verständnis des angeprangerten Mechanismus (Missbrauch des Ausländergesetzes) notwendig.

Zur Stellungnahme 36/2023