I. Sachverhalt
A. Am 21. März 2024 erschien im «Küsnachter» ein Text von Daniel J. Schüz mit dem Titel «‹Fokus Forch› begeistert wenig». Er handelt von einer Informationsveranstaltung der Forchbahn über ihr Projekt «Fokus Forch», einem – laut dem Journalisten – «ebenso ehrgeizigen wie umstrittenen Projekt», bei welchem das Areal rund um den Küsnachter Bahnhof aufgewertet werden soll. Rund zweihundert Personen hätten die Veranstaltung besucht. Der Autor beschreibt die verschiedenen Teile des Projekts, kritisiert aber deren fehlenden Inhalt und dass am Anlass keine Fragen zu finanziellen Aspekten beantwortet worden seien. Im Text kommt auch ein Initiant der Protestaktion «IG Forch» zu Wort, der am Anlass Fragen gestellt hatte. Die Antworten der Behördenvertreter darauf werden als «vage und nebulös» beschrieben.
B. Am 29. April 2024 reichte der Geschäftsführer der Forchbahn AG beim Schweizer Presserat Beschwerde gegen den Artikel im «Küsnachter» ein. Er macht einen Verstoss gegen die Ziffer 2 (Informationsfreiheit) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend: «Erklärung») und der dazugehörigen Richtlinien 2.4 (öffentliche Funktionen), 9.1 (Unabhängigkeit) und 9.2 (Interessenbindungen) geltend. Nicht der kritische Inhalt des Artikels werde moniert, sondern der Umstand, dass dessen Autor als Anwohner ein Betroffener des Projekts sei, dies aber nicht erwähnt werde. Er vermische das öffentliche Informationsinteresse mit seinem eigenen, privaten Interesse. Der «Küsnachter» hätte transparent darauf hinweisen müssen, damit die LeserInnen wüssten, dass die Kritik sowohl objektiv als auch subjektiv gemeint sei. Die Forchbahn AG habe die Redaktion bereits 2021, nach einem anderen Artikel des Autors zum selben Thema, auf diese Notwendigkeit der Transparenz hingewiesen.
C. Am 9. Januar 2025 nahm der Redaktionsleiter der Lokalinfo AG, Pascal Turin, im Namen des «Küsnachter» Stellung zur Beschwerde und beantragte deren Abweisung. Der Autor und freie Mitarbeiter Daniel J. Schüz habe das Gebot der Unabhängigkeit nicht verletzt. Er lasse beide Seiten ausführlich zu Wort kommen und schildere die Stimmung am Informationsanlass. Es handle sich demnach nicht um seine eigene Meinungsäusserung. Richtlinie 2.4 (öffentliche Funktionen) zur «Erklärung» beziehe sich auf öffentliche Funktionen beziehungsweise private Tätigkeiten, die sich mit der journalistischen Informationstätigkeit überschneiden. Das sei hier nicht der Fall: Der Journalist sei weder Mitglied einer Organisation gegen das Projekt, noch sei er selber als Gegner aktiv in Erscheinung getreten. Weiter sei sein Grundstück gar nicht vom Projekt betroffen, weder direkt noch indirekt. Die Richtlinien 9.1 (Unabhängigkeit) und 9.2 (Interessenbindungen) zur «Erklärung» würden weiter das Verbot der Annahme von Geschenken oder Einladungen sowie die Offenlegung von Mitgliedschaften in Parteien und Verbänden betreffen. Die Offenlegung des Wohnortes gehöre nicht dazu.
D. Am 6. März 2025 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde gemäss Artikel 13 Abs. 1 seines Geschäftsreglements vom Präsidium behandelt, bestehend aus Susan Boos, Präsidentin, Annik Dubied, Vizepräsidentin, Jan Grüebler, Vizepräsident, und Ursina Wey, Geschäftsführerin.
E. Das Präsidium des Presserats hat die vorliegende Stellungnahme am 24. Mai 2025 verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Im Lokaljournalismus sind Autorinnen nicht nur nahe bei den Leserinnen und bei den Subjekten der Berichterstattung, sie werden auch schnell selber Teil der Geschichte. Wie der «Küsnachter» versichert, ist der Journalist im von ihm beschriebenen Projekt der Forchbahn gar nicht Partei, er sei weder direkt noch indirekt betroffen vom Vorhaben. Ziffer 2 der «Erklärung» bzw. die dazugehörige Richtlinie 2.4 (öffentliche Funktionen) bezieht sich auf JournalistInnen, die eine politische oder offizielle Tätigkeit ausüben, beziehungsweise eine private Tätigkeit, die sich mit der journalistischen Arbeit überschneidet. Der Autor ist nach Angaben des «Küsnachter» weder politisch noch privat in Bezug auf das Projekt der Forchbahn aktiv. Ziffer 2 der «Erklärung» und Richtlinie 2.4 sind nicht verletzt.
2. Richtlinie 9.1 (Unabhängigkeit) zur «Erklärung» bezieht sich auf die Annahme von individuellen Einladungen und Geschenken durch JournalistInnen, wodurch deren Unabhängigkeit nicht mehr gewährleistet ist. Solche Gefälligkeiten macht die Forchbahn nicht geltend. Richtlinie 9.2 (Interessenbindungen) – als weiterer Aspekt der journalistischen Unabhängigkeit – verbietet Gefälligkeiten und Vergünstigungen. Auch solche sind von der Forchbahn AG nicht geltend gemacht worden. Richtlinie 9.1 und 9.2 zur «Erklärung» sind nicht verletzt.
Dennoch stellt sich die Frage, ob ein Berichterstatter, der in einem gewissen Ausmass selbst von einem Projekt betroffen ist, nicht «befangen erscheint», was im vorliegenden Fall zur Beschwerde führte. Der Anschein einer Befangenheit kann die Glaubwürdigkeit von JournalistInnen und Medien untergraben. Ein transparenter Hinweis auf seine Nachbarschaft zum von ihm kritisierten Projekt hätte diese mutmasslich grosse Nähe klären können. Das heisst nicht, dass der Journalist seine genaue Adresse hätte preisgeben müssen, er hätte aber erwähnen können, dass er selber im Quartier lebt. Damit hätte das Publikum über eine zusätzliche Information verfügt. Diese kommt grundsätzlich der Qualität eines Berichts zugute.
III. Feststellungen
1. Der Presserat weist die Beschwerde ab.
2. Der «Küsnachter» hat mit dem Beitrag «‹Fokus Forch› begeistert wenig» vom 21. März 2024 die Ziffern 2 (Informationsfreiheit) und 9 (Unabhängigkeit) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» nicht verletzt.