Nr. 39/2014
Plagiat

(Etzel-Verlag AG c. «Traumhaus») Stellungnahme des Schweizer Presserats vom 10. Dezember 2014

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I. Sachverhalt

A. In ihrer Ausgabe 5/2013 veröffentlichte die Zeitschrift «Traumhaus» unter dem Titel «Wohnen im Naturschutzgebiet» eine Reportage über ein Einfamilienhaus am Rand einer kleinen Gemeinde in Vorarlberg. Im Lead heisst es: «Wo bei einem Naturschutzgebiet gebaut werden darf, lohnt sich transparente Architektur besonders – man möchte ja maximal von der Umgebung profitieren. Mit diesem Credo ging die junge Familie ihr Hausprojekt an (…)». Bauherrin und Bauherr, zur Planungszeit noch in Amsterdam wohnhaft, schildern im Artikel die Entstehungsgeschichte ihres neuen Hauses und die Zusammenarbeit mit dem Architekten. Das Hausporträt wird ergänzt durch zwei Fotos mit Aussenansichten sowie drei aus dem Innern des Hauses, einen Plan von Erd- und Obergeschoss sowie technische Angaben zum Bau.

B. Am 15. Januar 2014 beschwerte sich die anwaltlich vertretene Etzel-Verlag AG beim Schweizer Presserat gegen den Artikel in der Zeitschrift «Traumhaus». Sie machte geltend, die zum Verlag der Beschwerdeführerin gehörende Zeitschrift «Das Einfamilienhaus» habe in ihrer Ausgabe 3/2011 mittels einer elfseitigen Reportage mit der Überschrift «Mit Durchblick gebaut» das gleiche Einfamilienhaus ausführlich vorgestellt. Der Text sei dabei von der Chefredaktorin der Zeitschrift selbstständig erarbeitet und mit ihrem Namen gezeichnet worden. Die Zeitschrift «Traumhaus» habe diesen Text in der stark gekürzten Reportage praktisch unverändert übernommen, dies ohne Wissen und Erlaubnis der Verantwortlichen der Zeitschrift «Das Einfamilienhaus». Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Artikel stelle ein journalistisches Plagiat im Sinne von Richtlinie 4.7 zur «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend «Erklärung») dar. Mit der Veröffentlichung als eigenen Artikel habe die Redaktion Ziffer 4 der «Erklärung» klar verletzt. Sie habe damit unlauter gegenüber ihren Berufskolleginnen und -kollegen gehandelt und sei ihrer beruflichen Verpflichtung, einen minimalen Anstand zu wahren, nicht nachgekommen. An diese Ausführungen schliessen sich detaillierte Erwägungen zu Urheberrecht und unlauterem Wettbewerb an.

C. Mit Schreiben vom 20. Februar 2014 lud der Presserat die Redaktion der Zeitschrift «Traumhaus» ein, sich zur Beschwerde zu äussern und hielt fest, dass er erst nach Eingang der Beschwerdeantwort entscheiden werde, ob das Präsidium abschliessend zur Beschwerde Stellung nehme oder die Beschwerde einer Kammer zugewiesen werde.

D. Am 27. Februar 2014 nahm die ebenfalls anwaltlich vertretene Beschwerdegegnerin Stellung. Sie macht geltend, der Etzel-Verlag habe gegen die Beschwerdegegnerin am 3. Februar 2014 beim Obergericht des Kantons Zug eine fast wortwörtlich identische Zivilklage betreffend Urheberrechtsschutz und unlauteren Wettbewerbs eingereicht. Bereits zuvor hätte sie zudem über den exakt identischen Sachverhalt, mit denselben Vorwürfen und Anträgen am 16. Januar 2014 Beschwerde bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission der Werbebranche eingereicht. Diese beiden hängigen Verfahren verschweige der Etzel-Verrlag und führe in seiner Beschwerdeschrift gar aktenwidrig aus, im Zusammenhang mit dem Beschwerdegegenstand sei bis dato weder ein rundfunkrechtliches Verfahren noch ein Gerichtsverfahren eingeleitet worden, noch seien solche Verfahren zum jetzigen Zeitpunkt geplant. Aus diesen Gründen sei auf die Beschwerde nicht einzutreten.

E. Mit Schreiben vom 22. Mai 2014 teilte die Beschwerdeführerin dem Presserat mit, der Anwalt der Beschwerdegegnerin habe die Aufnahme von Vergleichsverhandlungen vorgeschlagen, weshalb um eine vorläufige Sistierung des Verfahrens bis vorerst 30. August 2014 gebeten werde.

F. Am 26. Mai 2014 teilte die Beschwerdegegnerin dem Presserat mit, das Sistierungsgesuch der Etzel-Verlag AG sei nicht mit ihr abgesprochen und sie stimme diesem Gesuch nicht zu.

G. Am 1. September 2014 stellte der Presserat die Beschwerdeantwort der Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin zu, wies deren Sistierungsgesuch ab und erklärte den Schriftenwechsel für abgeschlossen.

H. Gemäss Art. 12 Abs. 1 des Geschäftsreglements behandelt das Presseratspräsidium Beschwerden, auf die der Presserat nicht eintritt.

I. Das Presseratspräsidium, bestehend aus Präsident Dominique von Burg, Vizepräsidentin Francesca Snider und Vizepräsident Max Trossmann, hat die vorliegende Stellungnahme per 19. Dezember 2014 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägungen

1. Gemäss Artikel 10 Absatz 2 seines Geschäftsreglements tritt der Presserat nicht auf eine Beschwerde ein, sofern parallel zum Presseratsverfahren ein Gerichtsverfahren zum gleichen Gegenstand hängig ist.

2. Vorliegend hat der Etzel-Verlag parallel zur Beschwerde an den Presserat eine sich inhaltlich deckende Eingabe ans Obergericht des Kantons Zug sowie eine ebensolche an die Lauterkeitskommission gemacht. Gestützt auf Art. 10 Abs. 2 kann der Presserat auf Beschwerden eintreten, auch wenn im Zusammenhang mit dem Beschwerdegegenstand bereits ein rundfunkrechtliches Verfahren oder ein Gerichtsverfahren eingeleitet worden ist, vorausgesetzt, es stellen sich neue berufsethische Grundsatzfragen. Solche macht der Etzel-Verlag nicht geltend. Aus Sicht des Presserats liegen solche auch nicht vor. Auf die Beschwerde ist deshalb nicht einzutreten.


III. Feststellung

Der Presserat tritt nicht auf die Beschwerde ein.