Nr. 46/2010
Keine Berichtigung von Meinungsäusserungen

(Verein gegen Tierfabriken c. «Weltwoche»)

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I. Sachverhalt

A. In der Nr. 23/2010 vom 9. Juni 2010 veröffentlichte die «Weltwoche» in der Rubrik «Namen» eine Meldung über die Tagesschau-Moderatorin Katja Stauber: «Weil sie sich angeblich als Liebhaberin von Hummer und Gänseleber zu erkennen gab, geriet Moderatorin Katja Stauber ins Visier des gnadenlosen Tierschützers Erwin Kessler. Auf dem Umschlag in seiner in die Briefkästen verteilten VgT-Zeitung (Auflage 643000 Exemplare) wird Stauber als ‹Botox-TV-Moderatorin› verunglimpft, die mir ihrem ‹Schönheitsfimmel› und ihrer ‹rücksichtslos-tierverachtenden Einstellung› die grausame Tierquälerei unterstütze. Völlig unklar bleibt jedoch, was eine allfällige Schönheitsbehandlung der 48-jährigen Fernsehjournalistin mit ihren persönlichen Essgewohnheiten zu tun haben soll.»

B. Am 10. Juni 2010 verlangte Erwin Kessler namens des Vereins gegen Tierfabriken (nachfolgend: VgT) von der «Weltwoche» den Abdruck einer Berichtigung in Form eines Leserbriefs (Titel: «Grausame Tierversuche»): «Die Weltwoche stellt im Zusammenhang mit der vom VgT wegen Unterstützung von Tierquälerei kritisierten TV-Moderatorin Katja Stauber die Frage: ‹Völlig unklar bleibt jedoch, was eine allfällige Schönheitsbehandlung der 48-jährigen Fernsehjournalistin mit ihren persönlichen Essgewohnheiten zu tun haben soll.› Die einfache Antwort lautet: Nichts. Aber völlig unklar bleibt, wie die ‹Weltwoche› einen Bericht über die ‹VgT›-Nachrichten veröffentlichen kann, ohne diese auch nur flüchtig überflogen zu haben, denn dort geht es ganz ausführlich und unmissverständlich um die grässlichen Tierversuche, die laufend für die Produktion von Botox, das sich Stauber regelmässig spritzt, durchgeführt werden.»

In seiner E-Mail an Chefredaktor Roger Köppel hielt Erwin Kessler weiter fest, er erwarte den ungekürzten Abdruck des Leserbriefs in der nächsten Ausgabe, andernfalls werde er eine Gegendarstellung verlangen.

C. Nachdem die «Weltwoche» den Abdruck des Leserbriefs verweigerte, stellte Erwin Kessler am 11. Juni 2010 das Begehren um den Abdruck folgender Gegendarstellung: «Die Weltwoche stellt im Zusammenhang mit der vom VgT wegen Unterstützung von Tierquälerei kritisierten TV-Moderatorin Katja Stauber die Frage: ‹Völlig unklar bleibt jedoch, was eine allfällige Schönheitsbehandlung der 48-jährigen Fernsehjournalistin mit ihren persönlichen Essgewohnheiten zu tun haben soll.› Damit wird unterstellt, der VgT kritisiere die ‹Schönheitsbehandlung› ohne sachlichen Grund und insbesondere ohne Zusammenhang mit Tierquälerei. Tatsache ist jedoch, dass es sich bei dieser ‹Schönheitsbehandlung› um das Spritzen des Antifaltenmittels Botox handelt und dass für die Produktion von Botox laufend sehr qualvolle Tierversuche durchgeführt werden.»

D. Am 19. Juni 2010 gelangte Erwin Kessler namens des VgT mit einer Beschwerde wegen Verletzung der Berichtigungspflicht (Ziffer 5 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» an den Presserat. Die «Weltwoche» habe dem VgT fälschlicherweise unterstellt, die TV-Moderatorin Katja Stauber wegen ihrer «Botox-Spritzerei» zu verunglimpfen, obwohl kein Zusammenhang mit ihren vom VgT kritisierten «Essgewohnheiten» ersichtlich sei. Die «Weltwoche» habe weder seinen Leserbrief, noch die verlangte Gegendarstellung, noch sonstwie eine Berichtigung abgedruckt.

E. Gemäss Art. 12 Abs. 1 des Geschäftsreglements des Presserats werden Beschwerden, auf die der Presserat nicht eintritt, vom Presseratspräsidium behandelt.

F. Das Presseratspräsidium bestehend aus Presseratspräsident Dominique von Burg, Vizepräsidentin Esther Diener-Morscher und Vizepräsident Edy Salmina hat die vorliegende Stellungnahme per 26. November 2010 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägungen

1. Gemäss Art. 10 Abs. 1 seines Geschäftsreglements tritt der Presserat nicht auf eine Beschwerde ein, wenn diese offensichtlich unbegründet erscheint.

2. Ziffer 5 der «Erklärung» auferlegt den Journalistinnen und Journalisten die Pflicht, jede von ihnen veröffentlichte Meldung zu berichtigen, «deren materieller Inhalt sich ganz oder teilweise als falsch erweist». Die zugehörige Richtlinie 5.1 zur «Erklärung» weist darauf hin, dass nur Fakten, nicht aber die auf erwiesenen Fakten beruhenden Werturteile zu berichtigen sind.

3. Für den Presserat geht weder aus der am 19. Juni 2010 vom VgT an ihn gerichteten Beschwerde, noch aus dem Gegendarstellungsbegehren, auf welches sich die Presseratsbeschwerde bezieht, klar hervor, welche von der «Weltwoche» veröffentlichten Fakten aus Sicht des Beschwerdeführers unwahr sein sollen. Soweit ersichtlich, stösst sich der VgT vielmehr an der kommentierenden Wertung, wonach – nach Auffassung der «Weltwoche» – zwischen den Kritikpunkten Essgewohnheiten und Schönheitsbehandlung kein ersichtlicher Zusammenhang bestehe.

Der Presserat kann zwar den Ärger des Beschwerdeführers über diese Kritik nachvollziehen, ist doch der Zusammenhang – zumindest aus der Optik von Erwin Kessler – offensichtlich. Sowohl Essgewohnheiten als auch Schönheitsbehandlung sind dem Tierschützer ein Dorn im Auge, weil beides mit Tierquälerei zu tun habe. Die kritisierende Wertung der «Weltwoche», selbst wenn sie als nicht besonders zutreffend erscheinen mag, ist als blosse Meinungsäusserung den Kategorien «wahr» oder «falsch» jedoch nicht zugänglich. Eine Verletzung der Wahrheits- und Berichtigungspflicht fällt deshalb ausser Betracht. Und selbst wenn der Presserat die beanstandete Äusserung als sogenannt gemischtes Werturteil (Tatsachenbehauptung mit wertenden Elementen) qualifizieren würde, wäre die Relevanzschwelle für die Feststellung einer Verletzung der «Erklärung» nicht erreicht (vgl. hierzu die Stellungnahme 53/2009 mit weiteren Hinweisen).

III. Feststellungen

Der Presserat tritt nicht auf die Beschwerde ein.