I. Sachverhalt
A. Die Zeitung «20 Minuten« berichtete am 24. Juli 2001 unter dem Titel «Revoluzzer besetzen Radio LoRa», dass der «Revolutionäre Aufbau Zürich» aus Protest über den G-8-Gipfel von Genua das Alternativradio LoRa besetzt habe.
B. Am 1. August 2001 beschwerte sich X beim Presserat, die am 24. Juli 2001 abgedruckten Information zur sogenannten Besetzung von Radio LoRa seien falsch, irreführend, tendenziös und sehr schlecht recherchiert. Nicht wie behauptet die Gruppe »Revolutionärer Aufbau» habe die Besetzung durchgeführt, sondern Bewegte unter dem schlagenden Eindruck der Ereignisse von Genua. Mit dieser Gruppe habe eine Einigung gefunden werden können: Seit Montag 23. Juli 2001 würde diese täglich zwischen 18 und 21 Uhr senden. Der Sender sei damit zum lokalen Forum für die Ereignisse in Genua geworden. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses am Montag 23. Juli 2001 sei betreffend Besetzung ein Kompromiss rund um Radio Lora bereits gefunden gewesen, von «Besetzung» könne deshalb keine Rede sein. Vor dem Erscheinen der Kurzmeldung hätte der Journalist genügend Zeit gehabt, den Wahrheitsgehalt seiner Aussagen zu überprüfen. Mit dieser Berichterstattung habe «20 Minuten» die Ziffern 3 (Unterschlagung von wichtigen Informationselementen, Entstellung von Tatsachen) und 5 (Berichtigungspflicht) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt.
C. Mit Schreiben vom 20. August 2001 nahm der Autor des beanstandeten Berichts, Georges Müller, namens der Redaktion von «20 Minuten» Stellung. Die Behauptung Radio LoRa (RAZ) sei besetzt, habe am 23. Juli 2001 auf der Homepage des «Revolutionären Aufbaus Zürich» gestanden. Ebenfalls sei dieser Ausdruck auf dem Transparent aufgetaucht, das die «Besetzer» vor dem LoRA-Gebäude aufgehängt hatten. Als er bei Radio LoRa aufgetaucht sei und gefragt habe, was los sei, habe niemand Auskunft erteilen wollen. Lediglich die bekannte Aktivistin S., Präsidentin des RAZ, habe ihn angeschnauzt und den Wunsch geäussert, nicht erwähnt zu werden. Unter diesen Umständen habe er in guten Treuen davon ausgehen können, dass der RAZ die Aktion organisiert hatte. Verschiedene Versuche, sonst von jemandem bei Radio Lora Auskunft zu erhalten, seien an diesem Ferientag misslungen. Erst am folgenden Tag habe ihn jemand angerufen und ein Berichtigung verlangt, wonach nicht der RAZ Radio LoRa besetzt habe, sondern eine Gruppe von Anti-G8-Aktivisten.
D. Gemäss Art. 10 Abs. 7 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserates (Fassung vom 1. Juli 2001) kann das Präsidium zu Beschwerden, die in ihren Grundzügen mit vom Presserat bereits früher behandelten Fällen übereinstimmen oder sonstwie von untergeordneter Bedeutung erscheinen, abschliessend Stellung nehmen.
E. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 25. Januar 2002 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Die Beschwerde betrifft die Ziffern 1 (Wahrheitssuche) und 5 (Berichtigungspflicht) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten».
2. a) Der Presserat ist in der Stellungnahme 40/2001 i.S. VSHF c. TSR zum Schluss gekommen, dass aus dem berufsethischen Verbot der Unterschlagung wichtiger Informationselemente nicht abgeleitet werden kann, dass in einer kurzen Reportage über die ärztliche Verschreibung von Cannabis neben der Haltung des Bundesamts für Gesundheitswesens zwingend auch die davon abweichende Auffassung des Vereins Schweizer Hanffreunde und -freundinnen erwähnt werden muss. Ebensowenig sei ein Medium berufsethisch verpflichtet, nachträglich eine entsprechende Berichtigung zu veröffentlichen.
b) Auch vorliegend liegt einem Teil der Rügen des Beschwerdeführer in den vier Beschwerden wiederum die – zumindest umstrittene – These zugrunde, dass u.a. entgegen der Auffassung des Bundesamts für Gesundheitswesen die ärztlich therapeutische Anwendung von Cannabis bereits heute legal sei.
c) Der Presserat hat in der erwähnten Stellungnahme 40/2001 i.S. VSHF c. TSR weiter darauf hingewiesen, dass es nicht zu seinen Aufgaben gehören kann, sich zu umstrittenen Fragen rund um die Auslegung der Normen der geltenden schweizerischen Betäubungsmittelgesetzgebung zu äussern. Dementsprechend begnügt er sich auch im vorliegenden Verfahren mit der Feststellung, dass die vom Beschwerdeführer gerügten Beiträge in «Weltwoche» und «SonntagsZeitung» durchaus differenziert und kontrovers über die Zulässigkeit von Anbau und therapeutischer Anwendung von Cannabis berichteten. Wenn die beiden Zeitungen – teils in Nebensätzen – lediglich die Auffassung des Bundesamtes für Gesundheitswesen referierten, ohne gleichzeitig auf die abweichende Auffassung des Beschwerdeführers hinzuweisen, kann ihnen dementsprechend keine Verletzung der Wahrheitspflicht vorgeworfen werden. Ebensowenig waren sie verpflichtet, eine nachträgliche Berichtigung zu veröffentlichen.
d) Darüber hinaus ist auch der gegenüber den beiden Beiträgen von «dimanche.ch» und Radio suisse-romande (RSR) erhobene Vorwurf zurückzuweisen, diese hätten fälschlicherweise den Eindruck erweckt, der THC-Grenzwert von 0,3% sei im Betäubungsmittelgesetz oder der zugehörigen Verordnung verankert. Hinsichtlich der im RSR-Mittagsjournal gemachten Aussage «Le taux légal est de 0,3%» ist eine Unrichtigkeit von vornherein zu verneinen, nachdem sich diese offensichtlich auf ein zuvor bekannt gewordenes Bundesgerichtsurteil abstützen konnte. Ohnehin macht es aus Sicht des grösstenteils nicht juristisch gebildeten Publikums keinen wesentlichen Unterschied, ob der genannte Grenzwert auf Gesetz, Verordnung oder autoritativer Rechtsprechung des obersten Gerichts beruht. Alle diese Rechtsquellen sind in bestimmten Verfahren abänderbar. Dementsprechend ist im Ergebnis festzuhalten, dass die in «dimanche.ch» enthaltene Meldung, wonach Hanf mit einem THC-Gehalt von über 0,3% grundsätzlich als verbotenes Betäubungsmittel gelte, zwar aus juristischer Sicht nicht ganz präzis ist. Dies vermag aber weder eine Verletzung von Ziffer 1 zu begründen, noch liesse eine solche Unschärfe eine Berichtigung als verhältnismässig erscheinen (vgl. zu letzterem die Stellungnahme 28/2000 i.S. K. c. NZZ).
III. Feststellungen
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.