I. Sachverhalt
A. Am 9. Februar 2017 veröffentlichte die «Solothurner Zeitung» den Artikel «Kriegstetten, die Heimat der Stehaufmännchen und Wiederholungstäter» von Rahel Meier. Die Unterzeile lautete: «Analyse der politischen Situation in Kriegstetten.» Ausgehend von der Kriegstetter Gemeindeschreiberin, die nach sieben Jahren gekündigt hat, zeichnet die Autorin ein Bild der Gemeindebehörden, welches seit 2009 geprägt ist von Rücktritten. Die häufigen Wechsel würden offensichtlich direkt mit dem Wiedereinstieg von X. in die Kriegstetter Dorfpolitik zusammenhängen. X. habe beispielsweise Beschwerden gegen seine Ratskollegen an den Regierungsrat verfasst oder Amtsgelöbnisse nicht abgenommen. X. sei Jurist, sehr beredt und oft auch scharfzüngig. In Diskussionen sei er dem grössten Teil seiner Gemeinderatskollegen überlegen. Dass es nur noch wenige funktionierende Parteien im Dorf gebe, mache die Situation nicht einfacher. Die Autorin beschreibt die Parteienlandschaft im Dorf und zeigt auf, welche Gemeinderäte in den letzten Jahren die Partei gewechselt haben. Als weiteres Phänomen beschreibt und nennt sie die Stehaufmännchen und Wiedereinsteiger in Kriegstettens Behörden. Auch X. sei ein Wiedereinsteiger, er kandidiere als Regierungsrat, wolle wieder in den Kantonsrat und gleichzeitig das Gemeindepräsidium für weitere vier Jahre behalten. Dabei sei sein Leistungsausweis nicht berauschend.
B. Am 27. Februar 2017 beschwerte sich X. beim Schweizer Presserat gegen den Artikel vom 9. Februar 2017. Der als «Hass-Predigt» aufgebaute Artikel disqualifiziere sich vor dem unvoreingenommenen Leser selber. Im Bemühen, die Leistungen von X. schlechtzureden, führe Rahel Meier aus, dieser fehle an den Sitzungen der Wasserämter Gemeindepräsidenten und lasse sich von seinem Vize Y. vertreten. Tatsache sei, dass Gemeindevizepräsident Y. Ressortleiter Äusseres sei. In dieser Funktion nehme er die Vertretung der Gemeinde in Zweckverbänden wahr. Deshalb habe der Gemeinderat an der Sitzung vom 12. März 2013 beschlossen, dass Y. die Interessen von Kriegstetten bei der Gemeindepräsidentenkonferenz GPK Wasseramt vertrete. Die Berichterstattung erweise sich als tatsachenwidrig und unwahr, womit Ziffer 1 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend: «Erklärung») verletzt sei. Zudem habe die Journalistin X. vorgängig nicht angehört, Richtlinie 3.8 (Anhörung bei schweren Vorwürfen) sei somit verletzt. Bei der Autorin solle es sich um die Lebenspartnerin eines Mitarbeiters eines Ingenieur- und Planungsbüros handeln, welches für die Einwohnergemeinde Kriegstetten Dienstleistungen erbringe. Wenn diese Interessenbindung ein journalistisches Tätigwerden überhaupt gestatte, wäre sie gestützt auf Ziffer 3 und 9 der «Erklärung» mindestens offenzulegen. Zusammenfassend ersuche er den Presserat, festzustellen, dass der beanstandete, wahrheitswidrige Satz im Artikel vom 9. Februar 2017 die berufsethischen Grundsätze verletze. Die AZ Medien seien einzuladen, nur noch solche Journalisten aus den Gemeinden des Einzugsgebiets berichten zu lassen, deren Unabhängigkeit gewährleistet sei und die nicht über den Lebenspartner an der Einflussnahme auf die Dorfpolitik interessiert seien.
C. In seiner Beschwerdeantwort vom 27. März 2017 beantragte Theodor Eckert, Chefredaktor der «Solothurner Zeitung», die Abweisung der Beschwerde. Dem Beschwerdeführer scheine der Unterschied zwischen einem Artikel und einem Kommentar nicht bekannt zu sein. Die Analyse von Rahel Meier – im Nachgang zu etlichen Berichten/Personalgeschäften habe sich tatsächlich und richtigerweise kritisch mit dem Gebaren des Politikers auseinandergesetzt. Die monierte Anhörung stehe bei dieser journalistischen Form nicht zur Diskussion. Bezüglich X. Sitzungsabsenzen verweist Eckert auf das Blatt «Funktionsbeschreibungen». Dieses sei auf der Gemeindeverwaltung einsehbar und könne als Kopie mitgenommen werden. Daraus gehe hervor, dass X. an den Gemeindepräsidentenkonferenzen teilnehmen sollte. Kriegstetten gehöre zum Redaktionsressort Lebern/Bucheggberg/Wasseramt. Rahel Meier sei eine langjährige, zeichnende Autorin, die ihr Metier verstehe. Die von X. konstruierte Befangenheit treffe in keiner Weise zu, auch wenn Meiers Lebenspartner im Auftragsverhältnis ab und zu im Baubereich für die Gemeinde tätig sei. Dabei gehe es um vernachlässigbare Beträge. Die Analyse Meiers sei in keinem Zusammenhang mit X. Kandidatur für den Regierungsrat gestanden. Auslöser sei vielmehr die Kündigung der Gemeindeschreiberin von Kriegstetten gewesen, welche wenige Wochen vor den Regierungsratswahlen erfolgt sei. X. schlechtes Abschneiden trotz stärkster Partei im Rücken stehe in keinem Zusammenhang mit der Berichterstattung in der «Solothurner Zeitung» – diese habe alle Kandidatinnen und Kandidaten gleich behandelt.
D. Am 31. März 2017 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium behandelt, bestehend aus dem Präsidenten Dominique von Burg, Vizepräsidentin Francesca Snider und Vizepräsident Max Trossmann.
E. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 1. Februar 2018 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Ziffer 1 der «Erklärung» auferlegt Journalistinnen und Journalisten die Pflicht, sich an die Wahrheit zu halten ohne Rücksicht auf die sich daraus für sie ergebenden Folgen und sich vom Recht der Öffentlichkeit leiten lassen, die Wahrheit zu erfahren. Der Beschwerdeführer macht geltend, im Artikel «Kriegstetten, die Heimat der Stehaufmännchen und Wiederholungstäter» werde zu Unrecht ausgeführt, er lasse sich an den Sitzungen der Wasserämter Gemeindepräsidenten von seinem Vize Simon Wiedmer vertreten bzw. fehle meist. Dies stimme nicht, denn der Gemeinderat habe beschlossen, dass ihn der Ressortleiter Äusseres in diesem Gremium vertrete. Die «Solothurner Zeitung» verweist demgegenüber bezüglich X. Sitzungsabsenzen auf das Blatt «Funktionsbeschreibungen», aus welchem hervorgeht, dass Küng an den Gemeindepräsidentenkonferenzen teilnehmen sollte.
Aus dem Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 12. März 2013, welches der Beschwerde beiliegt, geht hervor, dass der Gemeinderat Kriegstetten beschlossen hat, Y., Ressortleiter «Äusseres», werde künftig die Interessen von Kriegstetten bei der Gemeindepräsidentenkonferenz Wasseramt vertreten. Die «Solothurner Zeitung» legt ihrer Stellungnahme einen Auszug aus den Funktionsbeschreibungen der Einwohnergemeinde Kriegstetten bei. Unter dem Titel «Zielsetzungen/Strategische Aufgaben/Operative Aufgaben» ist bei Gemeindepräsident X. u.a. aufgeführt: «Teilnahme an Gemeindepräsidentenkonferenzen HOeK und Wasseramt». Somit stehen sich die offizielle Information durch die Gemeinde und ein Auszug aus dem Protokoll einer Gemeinderatssitzung aus dem Jahr 2013 gegenüber. Der Presserat ist der klaren Meinung, dass der Journalistin nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, nicht sämtliche Protokolle nachgelesen zu haben. Sie durfte sich auf die offizielle Auskunft durch die Gemeinde verlassen. Dies umso mehr, als für den Presserat offenbleibt, ob die 2013 beschlossene Stellvertreterregelung nach wie vor in Kraft ist. Eine Verletzung von Ziffer 1 der «Erklärung» liegt somit nicht vor.
2. Die zur «Erklärung» gehörende Richtlinie 3.8 verlangt von Journalisten, dass sie Betroffene vor der Publikation schwerer Vorwürfe anhören und deren Stellungnahme im gleichen Medienbericht kurz und fair wiedergeben. Die Anhörungspflicht ist – entgegen der Meinung Chefredaktor Eckerts – auch bei politischen Analysen zu respektieren. Laut langjähriger Praxis des Presserats gilt ein Vorwurf als schwer, wenn jemandem ein illegales oder damit vergleichbares Verhalten vorgeworfen wird. Dies ist bei der Aussage, der Beschwerdeführer lasse sich an den Sitzungen der Gemeindepräsidenten des Wasseramts von seinem Stellvertreter vertreten oder fehle meist, offensichtlich nicht der Fall. Ziffer 3 der «Erklärung» ist daher nicht verletzt.
3. Ziffer 9 der «Erklärung» verpflichtet Journalistinnen und Journalisten, weder Vorteile noch Versprechungen anzunehmen, die geeignet sind, ihre berufliche Unabhängigkeit und die Äusserung ihrer persönlichen Meinung einzuschränken. Richtlinie 9.1 (Unabhängigkeit) präzisiert, dass die Wahrung der Unabhängigkeit der Journalisten für die Verteidigung der Pressefreiheit unabdingbar ist und ständige Wachsamkeit erfordert. Laut Beschwerdeführer ist der Lebenspartner der Journalistin Mitarbeiter eines Ingenieurbüros, welches für die Gemeinde Kriegstetten Dienstleistungen erbringe. Die AZ Medien seien einzuladen, nur noch solche Journalisten aus den Gemeinden berichten zu lassen, deren Unabhängigkeit gewährleistet sei und die nicht über den Lebenspartner an der Einflussnahme auf die Dorfpolitik interessiert seien. Laut «Solothurner Zeitung» handelt es sich bei diesen gelegentlichen Mandaten um Arbeiten im Baubereich, die Höhe der Beträge sei vernachlässigbar. Für den Presserat ist das Argument des Beschwerdeführers, die Journalistin wolle wegen ihres Lebenspartners Einfluss auf Kriegstettens Dorfpolitik nehmen, nicht nachvollziehbar und nahe einer Unterstellung. Jedenfalls sind die persönlichen Lebensumstände der Journalistin ungeeignet, deren journalistische Unabhängigkeit in Frage zu stellen. Ziffer 9 der «Erklärung» ist somit nicht verletzt.
III. Feststellung
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die «Solothurner Zeitung» hat mit dem Artikel «Kriegstetten, die Heimat der Stehaufmännchen und Wiederholungstäter» vom 9. Februar 2017 Ziffer 1 (Wahrheit), 3 (Anhören bei schweren Vorwürfen) und 9 (Unabhängigkeit) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» nicht verletzt.