I. Sachverhalt
A. Am 3. Juni 2015 erschien in den Print- und Onlineausgaben des «Anzeiger von Uster» und des «Zürcher Oberländer» ein Artikel mit dem Titel «Ein Streithahn als Friedensrichter?». Der Artikel handelt von X., welcher in der Stadt Uster für das Friedensrichteramt kandidiert hatte. Wichtig für ein solches Amt sei eine mediative Grundhaltung, so der Präsident des Kantonalverbands der Friedensrichter. Es hätten sich nun vor dem zweiten Wahlgang Personen zu Wort gemeldet, die X. diese Eigenschaften absprächen. Dessen Nachbar Peter Honegger habe ihn als streitlustig und absolut nicht kompromissbereit erlebt – dies bei einem Streit um ein Fahrverbot für den Weg zwischen ihren beiden Grundstücken. Als die Stadt Uster den erwähnten Weg habe sanieren wollen, habe X. in sehr forscher Art geltend gemacht, dass der Weg verschmälert werden müsse, da Grenzsteine verschoben worden seien. Laut dem Leistungsgruppenleiter des Strasseninspektorats sei X. ein «komplizierter Verhandlungspartner» gewesen und es sei jeweils mühsam gewesen, ihn wieder zu beruhigen. Eine andere Nachbarin sei sich sicher, dass ihre Baumhütte wegen X.’ Intervention von der Stadt Uster als illegal befunden worden sei. Sie werfe ihm mangelnde «Einfühlsamkeit» vor. Ausserdem habe er Gras und Abfall auf ihrem Grundstück entsorgt. Andere Stimmen würden ihm einen zu laxen Umgang mit gesetzlichen Bestimmungen vorwerfen. So habe er im Zuge seines Wahlkampfes mehrfach gegen Plakatiervorschriften verstossen und die Kopie eines Dankesbriefs der Pro Senectute ohne deren Einverständnis an zahlreiche Ustermer Haushalte verschickt. Zu den Vorwürfen habe X. schriftlich wie folgt Stellung genommen: Von der zuständigen Pro Senectute-Betreuerin habe er das Einverständnis für eine solche Verwendung des Briefes erhalten und über Plakatierungsvorschriften habe er sich «kein einziges Mal bewusst hinweggesetzt». X. bezeichne die ihm vorgelegten Vorwürfe als Schmierenkampagne gegen ihn, die auf lauter Unwahrheiten und Lügen beruhten. Die im Artikel genannten Nachbarn seien gar keine unmittelbaren Nachbarn, mit den direkten habe er ein sehr gutes Verhältnis. Die vorgebrachten Vorwürfe streite X. allesamt ab.
B. Am 3. Dezember 2015 reichte X. eine Beschwerde gegen den Artikel «Ein Streithahn als Friedensrichter?» beim Schweizer Presserat ein. Es sei festzustellen, dass der «Anzeiger von Uster» und der «Zürcher Oberländer» Ziffer 3 (Unterschlagung wichtiger Elemente von Informationen) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend «Erklärung») und die zur «Erklärung» gehörende Richtlinie 3.8 (Anhörung bei schweren Vorwürfen) verletzt hätten. Der Beschwerdeführer habe im März 2015 als parteiloser Kandidat an der Wahl für das Friedensrichteramt der Stadt Uster teilgenommen und im ersten Wahlgang das beste Resultat erzielt. Am 1. Juni 2015 – knapp 14 Tage vor dem zweiten Wahlgang – habe er vom Redaktor des «Anzeiger von Uster» und des «Zürcher Oberländer» eine Email erhalten. Diese habe verschiedene Vorwürfe angeblicher Nachbarn enthalten und ihn zu einer Stellungnahme aufgefordert. In seiner Antwort am nächsten Tag habe er darauf hingewiesen, dass es sich bei den Herren Honegger und Becker sowie deren Partnerinnen nicht um unmittelbare Nachbarn handle. Zur Frage, welches die Interessenlage dieser Personen sein könnte, solche Vorwürfe zu erheben, habe er geantwortet: Herr Honegger und seine Partnerin würden es ihm übel nehmen, dass er geltend gemacht ha-be, es gebe keine Rechtsgrundlage für eine Ausnahmebewilligung vom allgemein erlassenen Fahrverbot auf dem Raufenbühlweg. Ausserdem hätte er gegen Herrn Beckers Baubewilligung für zusätzliche Parkplätze erfolgreich Rekurs erhoben. Diese Informationen habe der Journalist im Artikel unterschlagen, obwohl er sie ausdrücklich bei ihm, X., eingeholt und von ihm erhalten habe. Deshalb könne die Leserschaft nicht verstehen, dass es sich bei den Vorwürfen um eine «Retourkutsche» aus privaten Gründen handle. Aus diesem Grund sei Ziffer 3 der «Erklärung» verletzt. Weiter enthalte der Artikel drei Vorwürfe, welche nicht im Email vom 1. Juni 2015 enthalten gewesen seien und zu denen der Beschwerdeführer somit nicht habe Stellung nehmen können. So werde ihm vorgeworfen, er sei ein «komplizierter Verhandlungspartner» und es sei «in den Diskussionen jeweils mühsam gewesen, ihn wieder zu beruhigen»; ein Nachbar habe «aufgrund von X.’ aufbrausender Art Angst vor ihm gehabt»; und es gebe Stimmen, «die dem Anwalt mit Doktortitel einen zu laxen Umgang mit gesetzlichen Bestimmungen» vorwerfen würden. Diese Vorwürfe seien im Rahmen eines Wahlkampfs um das Friedensrichteramt «Killer-Vorwürfe». Wer wähle schon einen Friedensrichter, der in Diskussionen jeweils mühsam beruhigt werden müsse, dessen aufbrausende Art Angst mache und der einen zu laxen Umgang mit dem Gesetz pflege? Der erste Vorwurf stamme zudem von einem Beamten – solche Äusserungen würden beim Publikum eine erhöhte Glaubwürdigkeit geniessen und stellten ausserdem eine unzulässige behördliche Intervention in den Wahlkampf dar. Der Beschwerdeführer beanstandet, dass er zu diesen schweren Vorwürfen nicht angehört worden sei und deshalb auch keine gegenteilige Stellungnahme publiziert worden sei. Der Leser erhalte den Eindruck, dass er diese Vorwürfe anerkannt habe, da er allen anderen einzeln widersprochen habe. Verletzt sei somit Richtlinie 3.8 der «Erklärung» (Anhörung bei schweren Vorwürfen). Dieses Vorgehen der Zeitungen habe schliesslich zu einem Stimmverlust von 464 Stimmen im zweiten Wahlgang geführt.
C. Mit Beschwerdeantwort vom 12. Mai 2016 beantragt Chefredaktor Christian Brändli für die «Zürcher Oberland Medien AG», auf die Beschwerde sei mangels Substanz nicht einzugehen, eventualiter sei sie abzuweisen. Bezüglich der Unterschlagung von wichtigen Elementen von Informationen übersehe X., dass es im Artikel nur um eine Exemplifizierung gehe und subjektive Eindrücke der Betroffenen im Vordergrund stünden. Es sei nicht darum gegangen, medial einzelne Streitfälle auseinanderzudividieren. Aufgrund ungewöhnlich heftiger Reaktionen gegenüber dem Friedensrichterkandidaten X. sei es der Redaktion von öffentlichem Interesse erschienen, die diversen persönlichen Erfahrungsberichte zu publizieren. Die Schilderungen hätten nämlich die Frage aufgeworfen, ob der Beschwerdeführer für das Amt überhaupt geeignet sei. Zumindest der Streit um das Fahrverbot sei implizit im Artikel angesprochen worden – ob die Erweiterung der Palette an Auseinandersetzungen mit X. das Bild eines streitbaren oder rechthaberischen Nachbarn zu korrigieren vermocht hätte, wage man zu bezweifeln. Jedenfalls würden mit dieser Weglassung keine wesentlichen Informationen unterschlagen. X. habe zu allen erwähnten Punkten Stellung nehmen können – diese hätte schliesslich in dem Satz gegipfelt: «X. bezeichnet die ihm vorgelegten Vorwürfe als Schmierenkampagne gegen ihn, die auf lauter Unwahrheiten bzw. Lügen beruhe.» Dass es zu Meinungsverschiedenheiten gekommen sei, gehe aus dem Bericht hervor, es sei gar eine von dessen Kernaussagen. Deshalb habe man nicht nochmals explizit einzelne Konflikte im Detail aufzählen müssen, um die «wahren Motive» der Personen aufzuzeigen. Somit sei nicht ersichtlich, womit Ziffer 3 der «Erklärung» verletzt worden sein soll. Bezüglich der drei schweren Vorwürfen, zu welchen er nicht angehört worden sei, verkenne der Beschwerdeführer, dass es sich bei den ersten beiden um persönliche Einschätzungen und Qualifikationen handle. Den Aussagen, er sei ein komplizierter Verhandlungspartner, aufbrausend und angsteinjagend, könne schwerlich sachlich widersprochen werden. Der Vorwurf des laxen Umgangs mit gesetzlichen Bestimmungen dagegen sei tatsächlich ein schwerer. Die
ser sei allerdings lediglich als eine Art einführender Übertitel für die angeblichen Verstösse gebraucht worden, welche X. zur Stellungnahme vorgelegt wurden. Dessen Antwort sei im Artikel ordnungsgemäss zitiert worden. Aus diesem Grund sei Richtlinie 3.8 der «Erklärung» (Anhörung bei schweren Vorwürfen) nicht verletzt. Dem Beschwerdeführer sei allgemein im Artikel ausreichend Platz für seine Stellungnahme eingeräumt worden und der Redaktor habe stets das Gebot der Fairness walten lassen.
D. Am 19. August 2016 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium behandelt, bestehend aus dem Präsidenten Dominique von Burg, Vizepräsidentin Francesca Snider und Vizepräsident Max Trossmann.
E. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 27. Dezember 2016 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Ziffer 3 der «Erklärung» verbietet Journalisten das Unterschlagen von wichtigen Elementen von Informationen sowie das Entstellen von Tatsachen, Dokumenten, Bildern, Tönen und von anderen geäusserten Meinungen. Der Beschwerdeführer bringt vor, diese Bestimmung sei verletzt worden, da im strittigen Artikel die Gründe für die Meinungsverschiedenheiten mit seinen «Nachbarn» unterschlagen würden. Obwohl eine entsprechende Stellungnahme bei ihm eingeholt worden sei, würden die Streitereien um ein Fahrverbot und einen Baurekurs nicht im Artikel erwähnt. Der Presserat kann dieser Begründung nicht folgen, denn der Streit um das Fahrverbot wird bereits im zweiten Abschnitt des kritisierten Artikels besprochen. Dass diese private Auseinandersetzung Grund für die zahlreichen Vorwürfe gegen den Beschwerdeführer sei, ist die persönliche Einschätzung des Beschwerdeführers. Wenn der Redaktor die Interpretation dieser Affäre dem Leser überlässt, kommt dies nicht einem Unter-schlagen wichtiger Informationen gleich. Was den Baurekurs betrifft, so ist diese Angelegenheit zwar nicht im Artikel erwähnt, doch ist der Redaktor nicht verpflichtet, jede einzelne Streiterei zu thematisieren. Es genügt, wenn aus dem Artikel ersichtlich wird, dass diverse Meinungsverschiedenheiten vorhanden sind, welche einzelne Personen zu negativen Aussagen gegen den Beschwerdeführer animiert haben. Kritik in Wahlkampfzeiten kann scharf aus-fallen. Eine Zeitung ist jedoch nicht verpflichtet, diese bis in alle Details auszuleuchten.
2. Der Beschwerdeführer rügt weiter eine Verletzung von Richtlinie 3.8. Diese verpflichtet Journalistinnen und Journalisten, Betroffene vor der Publikation schwerer Vorwürfe anzuhören. X. bringt drei Aussagen vor, zu welchen er nicht angehört worden sei. Die Aussagen, X. sei ein komplizierter Verhandlungspartner gewesen, es sei in den Diskussionen jeweils mühsam, ihn zu beruhigen, und ein Nachbar habe aufgrund von X.’ auf-brausender Art Angst vor ihm gehabt erscheinen dem Presserat keine schweren Vorwürfe darzustellen. Laut seiner Praxis wiegt ein Vorwurf dann schwer, wenn jemandem ein illegales oder damit vergleichbares unredliches Verhalten vorgeworfen wird. Dies ist hier nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um persönliche Einschätzungen über X.’ Charakter. Dass die Vorwürfe in einem Wahlkampf unter Umständen Auswirkungen auf das Wahlergebnis haben können, kann dabei für den Presserat für die Beurteilung des Falles nicht massgebend sein. Was den Vorwurf des zu laxen Umgangs mit gesetzlichen Bestimmungen betrifft, so könnte dieser tatsächlich eine illegale Handlung implizieren. Im Artikel wird dieser Vorwurf aber bloss als Einleitung zu zwei konkreten Vorwürfen erhoben: dem illegalen Plakatieren und dem Abdrucken eines Dankesbriefs ohne Einwilligung. Dabei handelt es sich tatsächlich um schwere Vorwürfe – doch zu diesen hat der Redaktor den Beschwerdeführer angehört und dessen Antwort abgedruckt. Aus diesen Gründen ist auch Richtlinie 3.8 der «Erklärung» nicht verletzt.
III. Feststellungen
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Der «Anzeiger von Uster» und der «Zürcher Oberländer» haben mit ihrem Artikel «Ein Streithahn als Friedensrichter?» vom 3. Juni 2015 Ziffer 3 (Unterschlagen wichtiger Informationen/Anhören bei schweren Vorwürfen) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» nicht verletzt.