Nr. 29/2001
Ungenaue Vorwürfe in einem Wahlkampfkommentar

(Pedergnana c. «Der Landbote») Stellungnahme des Schweizer Presserates vom 6. Juni 200

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I. Sachverhalt

A. Ende März 2001 hatten die Stimmbürger von Winterthur ein neues Mitglied des Stadtrates zu wählen. Im zweiten Wahlgang, angesetzt auf das Wochenende vom 31. März und 1. April, kandidierten noch Pearl Pedergnana (SP) und Jürg Stahl (SVP). Die Zeitung «Der Landbote, Tagblatt von Winterthur und Umgebung» (nachfolgend: «Der Landbote») veröffentlichte am 24. März 2001 einen Kommentar ihres Chefredaktors Rudolf Gerber mit dem Titel «Klare Inhalte – neue Töne», in welchem sich unter anderem der folgende Passus findet:

«Im familiären Umfeld der Kandidatin wird dabei mit Flugblättern zu Methoden gegriffen, die den Tatbestand der Verunglimpfung mit Unwahrheiten erfüllen.»

Diese Aussage bezieht sich auf drei Flugblätter zu Gunsten der Kandidatin Pedergnana, in welchen davon die Rede ist, der Gegenkandidat Stahl könnte sich, sofern gewählt, für die Schliessung von Schwimmbädern, z.B. des Schwimmbades Wülflingen, einsetzen. Eines dieser Flugblätter stammte von Hermann Pedergnana, Vater der Kandidatin. Darin wurde u.a. ausgeführt: «Sie (…) wird sich auch gegen das Ansinnen stemmen, das eine oder andere Schwimmbad zu schliessen, wie das aus dem gegnerischen Lager schon angedeutet worden ist.» In einem zweiten als «Offener Brief an die Wülflinger Bevölkerung» deklarierten, von fünf Personen aus diesem Winterthurer Quartier gezeichneten Flugblatt war zu lesen: «Während die Gegenseite unter anderem forderte, das Wülflinger Schwimmbad zu schliessen, setzt sich Pearl Pedergnana verlässlich für den Erhalt der bestehenden Sportstätten ein.» Schliesslich fomulierten Nicols und Chantal Galladé (Präsident SP Winterthur und SP-Kantonsrätin) aus dem Quartier Veltheim in einem dritten Flugblatt: «Ganz im Gegensatz dazu Jürg Stahl, der den harten SVP-Kurs verfolgt und mit seiner Partei 25 Millionen Franken einsparen will (Budgetdebatte 1999). Wo er diese sparen will, sagt er im Wahlkampf aus taktischen Gründen noch nicht, (…) Die Schliessung Ðunseres? Schwimmbads Wolfensberg stehe dabei an erster Stelle, vertraute er uns in einem persönlichen Gespräch an. Leider will er das jetzt nicht mehr öffentlich wiederholen.»

B. Hermann Pedergnana reichte am 30. März 2001 beim Presserat Beschwerde ein. Er beantragte, es sei festzustellen, dass der Beschwerdegegner mit dem erwähnten Kommentar gegen die Ziffern 1 (Wahrheitspflicht), 2 (Informations- und Kommentarfreiheit), 3 (Quellenkenntnis, Entstellungsverbot), 5 (Berichtigungspflicht) und 7 (Respektierung der Privatsphäre, Unterlassung sachlich ungerechtfertigter Anschuldigungen) der “Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten” verstossen habe. Der Beschwerdeführer habe mit den weiteren Flugblattaktionen nichts zu tun gehabt und sei darüber vorgängig nicht orientiert worden. Die Autoren dieser Flugblätter könnten zudem nicht dem familiären Umfeld der Kandidatin zugeordnet werden. In diesem Kreis habe einzig er selber das (oben unter A. erwähnte) Flugblatt verteilt. Zurückzuweisen sei zudem auch der im Kommentar enthaltene Vorwurf, die im familiären Umfeld der Kandidatin verteilten Flugblätter hätten Unwahrheiten enthalten. Trotz dieser sachlich falschen Darstellung habe «Der Landbote» den Abdruck einer Gegendarstellung verweigert und auch keine Berichtigung veröffentlicht.

C. Das Präsidium des Presserates wies die Beschwerde zur Behandlung an die erste Kammer. Diese setzt sich aus Peter Studer (Kammerpräsident), Marie-Louise Barben, Luisa Ghiringhelli Mazza, Silvana Iannetta, Katharina Lüthi, Edy Salmina und Philip Kübler zusammen.

D. Die Beschwerdegegner beantragten mit Eingabe vom 29. Mai 2001 die Abweisung der Beschwerde. Der Artikel von Rudolf Gerber sei für die Leserschaft als Kommentar erkennbar gewesen. Der Kommentator habe es für angezeigt erachtet, die Verunglimpfung des einen Kandidaten durch die Kampagne des anderen mit deutlichen Worten zu kritisieren. Mit dem Ausdruck «familiäres Umfeld» seien nicht Verwandtschaften im Sinne des Zivilgesetzbuches, sondern die mit der Familie und der Kandidatin vertrauten Kreise angesprochen worden. Die unrichtige Behauptung, der Kandidat Stahl werde Schwimmbäder schliessen, habe ohne Weiteres als «Verunglimpfung mit Unwahrheiten» umschrieben werden können. Dies gelte auch deshalb, weil die Flugblattdiskussion in- und ausserhalb des «Landboten» längst Allgemeinwissen gewesen sei. Die Leserschaft habe sich daher sehr wohl ein Bild machen können, in welchem Kontext der beanstandete Kommentar zu verstehen war.

E. Die Kammer behandelte die Beschwerde an ihrer Sitzung vom 6. Juni 2001 sowie auf dem Korrespondenzweg.

II. Erwägungen

1. Der angefochtene Pressetext ist formal (optische Abgrenzung) wie inhaltlich (Meinungsäusserung, Sprachstil) als Kommentar erkennbar. Der Kommentar geniesst einen grösseren Freiraum als ein Bericht, namentlich bezüglich Tonalität. Kommentare enthalten nicht in erster Linie Tatsachen, sondern äussern Argumente und Meinungen. In politischen Debatten kann ein Medium über seine Kommentare die eigene Position darstellen. Allerdings sind auch der Kommentarfreiheit berufsethische Grenzen gesetzt. In kommentierenden Texten muss das Publikum in die Lage versetzt werden, die Wertungen des Kommentators ausgehend von den dem Kommentar zu Grunde gelegten Fakten nachvollziehen zu können und sich eine eigene Meinung zu bilden. Aus dem Fairnessprinzip und der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Privatsphäre ist zudem abzuleiten, dass sich ein Kommentar insbesondere auch dann durch Fairness auszeichnen sollte, wenn darin Einschätzungen über Personen wiedergegeben werden (vgl. u.a. die Stellungnahmen vom 30. Juni 1992 i. S. Sch. c. Baillod / «L’Impartial», in: Sammlung 1992, S. 35ff.; vom 20. Februar 1998 i.S S. c. NZZ, in: Sammlung 1998, S. 48ff.; vom 1. Oktober 1999 in Sachen H. c. «Zuger Presse», in: Sammlung 1999, 128ff.). Diese Grundsätze gelten auch für den Wahl- und Abstimmungskampf. Auf Nachrichten und Kommentare können politische Gegner gerade im Wahlkampf aus Zeitgründen oft nicht mehr wirkungsvoll reagieren, weshalb hier eine besonders genaue Überprüfung von Informationen durch die Redaktionen wie auch eine genaue Bezeichnung der Quellen angezeigt ist. Für die Leserschaft muss nachvollziehbar sein, wer, was, wann, wo, gesagt hat. Im Lichte der Kommentarfreiheit ist es zwar ohne weiteres zulässig, in kommentierender Weise Stilfragen eines Wahlkampfes anzusprechen und ungerechtfertigte Aussagen von Wahlkampfaktivisten zu kritisieren, sofern diese Kritik auf einer genügenden sachlichen Grundlage beruht. Die Freiheit des Kommentars und der Kritik kann die Medienschaffenden aber nicht von ihrer Pflicht entbinden, den Leserinnen und Lesern die tatsächlichen Grundlagen von – negativen – Meinungsäusserungen mitzuliefern.

2. «Landbote»-Chefredaktor Gerber ordnet in der beanstandeten Passage seines Kommentars die zahlenmässig nicht näher bestimmten «Flugblätter» einerseits dem «familiären Umfeld der Kandidatin» zu, andererseits wertet er den Inhalt dieser Flugblätter (bzw. die umstrittenen Aussagen über die Schwimmbadbewirtschaftung) gesamthaft als «Verunglimpfung mit Unwahrheiten». Nachfolgend ist die Haltbarkeit dieser Elemente im Lichte der oben umschriebenen Grundsätze je separat zu prüfen.

3. Selbst wenn man den Begriff «familiäres Umfeld der Kandidatin», wie dies der Beschwerdegegner geltend macht, subjektiv sehr weit auslegen und auch enge Freunde und weitere mit der Kandidatin vertrauten Kreise darin einbeziehen kann, ändert dies nichts daran, dass der grösste Teil der Leserschaft diesen Begriff wesentlich enger, nämlich im Sinne von naher Verwandtschaft und Partnerschaft verstehen wird. Dementsprechend richten sich die im Kommentar enthaltenen Vorwürfe – selbst wenn dies von Chefredaktor Gerber nicht so gemeint gewesen sein sollte – potentiell geg
en sämtliche mit der Kandidatin familiär verbundenen Personen, nicht dagegen gegen Aussenstehende, selbst wenn sie mit Pearl Pedergnana eng befreundet oder sonstwie vertraut sind. In erster Linie betroffen ist aber der Beschwerdeführer, der nach übereinstimmender Darstellung der Parteien als einziger der Verwandten der Kandidatin effektiv selber ein Flugblatt verteilt hat. Wenn in der beanstandeten Kommentar-Passage von aus dem «familiären Umfeld» stammenden «Flugblättern» in der Mehrzahl die Rede ist, verletzt «Der Landbote» nach dem oben Ausgeführten damit die in Ziff. 1 statuierte berufsethische Wahrheitspflicht, da einem wesentlichen Teil der Leserschaft fälschlicherweise suggeriert wird, sämtliche der kritisierten Flugblätter seien dem engsten Umfeld der Kandidatin zuzurechnen. Der Beschwerdeführer als Verfasser eines Flugblattes kann dabei aber nicht ohne weiteres für den Inhalt anderer Flugblätter verantwortlich gemacht werden, selbst wenn diese eine ähnliche Stossrichtung haben.

4. a) Mit dem im Kommentar enthaltenen Vorwurf, die «Flugblätter» erfüllten «den Tatbestand der Verunglimpfung mit Unwahrheiten», wird mit anderen Worten behauptet, die Ehre des politischen Gegners sei verletzt worden. Die Wortwahl («Tatbestand») verleiht dem Vorwurf zusätzliches Gewicht, indem ein rechtlich verpöntes Verhalten suggeriert wird, bei dem der Leserschaft nicht ohne weiteres klar sein dürfte, dass es den strafrechtlichen Tatbestand der «Verunglimpfung mit Unwahrheiten» als solchen im schweizerischen Strafrecht nicht gibt. Die an die Rechtssprache angelehnte Formulierung hat zwei weitere Effekte: Sie wirkt objektivierend, als könne man die Unrichtigkeit der Aussage des Beschwerdeführers schlüssig nachweisen. Und sie unterstellt den «Tätern» eine böswillige Absicht.

b) Im Kommentar ist allerdings keine Aussage darüber zu finden, inwiefern das Flugblatt unwahr sein und worin die Verunglimpfung des Gegenkandidaten bestehen soll. Zwar zeigen die Stellungnahmen der Parteien und weitere Zeitungsartikel, dass es um die sog. Schwimmbadfrage ging. Sie war der Streitgegenstand in der politischen Auseinandersetzung, wird jedoch im Kommentar von Chefredaktor Rudolf Gerber nicht explizit angesprochen. Im Ergebnis hat der Beschwerdegegner damit in einem Kommentar einen schwerwiegenden Vorwurf geäussert, ohne den Leserinnen und Lesern die dieser Wertung zugrundeliegenden Fakten zu liefern. Daran mag auch der Einwand des Beschwerdegegners nichts zu ändern, wonach der «Schwimmbadstreit» zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Kommentars sowohl innerhalb wie ausserhalb des «Landboten» allgemein bekannt gewesen sei. Diese Parteibehauptung wird durch die dem Presserat durch die Parteien vorgelegten Unterlagen nur unzureichend gestützt. Der angefochtene Kommentar erschien am 24. März 2001. Zuvor war am 20. März einzig eine einspaltige Kurzmeldung erschienen, aus der hervorging, dass «drei Flugblätter» von «Pedergnana-Supportern» für Ärger bei der SVP gesorgt hätten. Gemäss den Flugblättern wolle die SVP die Freibäder Wolfensberg und Wülflingen schliessen, was von Kandidat Stahl in einem Communiqué aber dementiert worden sei. Eine solche Kurzmeldung (sofern sie überhaupt zur Kenntnis genommen wurde) wird bei der Leserschaft – mit Ausnahme der direkt in den Wahlkampf Involvierten – kaum derart im Gedächtnis haften geblieben sein, dass sich im vier Tage später erschienenen Kommentar eine Wiederholung und Vertiefung des Sachverhalts erübrigte. Neben der Wiedergabe der wichtigsten Fakten wäre im Kommentar bzw. gegebenenfalls in einem Begleitartikel oder Kasten insbesondere eine knappe Differenzierung zwischen den verschiedenen Flugblättern vonnöten gewesen. Durch die Weglassung dieser für das Verständnis der Leserinnen und Leser unabdingbaren Elemente hat «Der Landbote» deshalb Ziffer 3 der «Erklärung» verletzt.

c) Erweist sich der im Kommentar erhobene Vorwurf der «Verunglimpfung durch Unwahrheiten» darüber hinaus als unzutreffend, sind auch die Wahrheitspflicht (Ziff. 1) und das Gebot der Unterlassung sachlich ungerechtfertigter Anschuldigungen (Ziff. 7 der «Erklärung») verletzt. Dies gilt es nachfolgend zu prüfen.

Von der in seinem Flugblatt wiedergegebenen Aussage des Beschwerdeführers, das gegnerische Lager habe das Ansinnen, Schwimmbäder zu schliessen, lässt sich nicht eindeutig feststellen, sie sei unwahr. Denn der Beschwerdeführer schrieb in seinem Flugblatt bloss, aus dem Lager des Kandidaten Stahl sei das Ansinnen angedeutet worden, das eine oder andere Schwimmbad zu schliessen. Dieses Ansinnen stellt angesichts der Kosten öffentlicher Schwimmbäder eine in der politischen Diskussion vielerorts vertretene Auffassung dar. Deren Zuordnung zum Kandidaten Stahl und zu seiner Partei (SVP) erscheint mit Blick auf die zahlreichen von den Parteien eingereichten Unterlagen nicht als von vornherein unhaltbar. In einem im «Tages-Anzeiger» vom 12. Juni 1999 publizierten Interview mit der SVP-Gemeinderätin Christa Kern äusserte sich diese auf die Frage, wo die SVP kurzfristig Einsparungen realisieren wolle, u.a. wie folgt: «Ja eines sind die Schwimmbäder. Für die Sanierungen in Töss und Wülflingen kommen je drei Millionen Franken auf uns zu. Das ist ein gewaltiger Betrag. Da muss man sich fragen, ob so viele Schwimmbäder noch tragbar sind.» In einem Protokoll über eine im Winterthurer Gemeinderat geführte Diskussion über das Bäderkonzept 1997 wird R. Heuberger (SVP) wie folgt zitiert: «Die SVP-Fraktion ist der Meinung, dass die Stadt, bevor sie auf ihren alten Bädern sitzen bleibt, ein oder zwei Bäder verkaufen soll, damit Winterthur ein möglichst attraktives Freizeitbad erhält.» Die zuständige Stadträtin Favre entgegnete auf dieses Votum, ein Verkauf auch nur eines Freibades stehe nicht zur Diskussion. Die Bäder würden nach ihrer Dringlichkeit saniert. Jahreszahlen seien bewusst keine eingesetzt worden. Jürg Stahl wird unmittelbar danach mit folgender Äusserung wiedergegeben: «J. Stahl (SVP) bedauert, dass er das Wort nach dem stadträtlichen Votum nochmals ergreifen muss. Er findet es jedoch schade, dass Heuberger angegriffen wurde. Der Zeitpunkt des Bäderkonzeptes vor den Wahlen war äusserst schlecht gewählt. Niemand hätte sich zu diesem Zeitpunkt für eine Schliessung eines Bades stark machen wollen (…). Er bedauert, das von Anfang an vom Stadtrat keine anderen Wege geprüft worden sind.» Im Rahmen der Debatte über die Rechnung 1997 wird Jürg Stahl im entsprechenden Protokoll wie folgt wiedergegeben: « (…) Wer Vorschläge wie die Prüfung eines Verkaufs eines städtischen Schwimmbades immer nur kategorisch zurückweise, müsse sich über ein schlecht ausfallendes Rechnungsergebnis nicht wundern.»

Entscheidend für die Wertung, ob von einer «Verunglimpfung mit Unwahrheiten» die Rede sein kann, ist aber ohnehin nicht die vom Presserat nicht abschliesend zu entscheidende Frage, ob die im Flugblatt enthaltene Aussage direkt auf den Kandidaten Jürg Stahl gerichtet ist bzw. ob dieser eine allfällige Schliessung von einzelnen Bädern zumindest sinngemäss unterstützt hat oder nicht, sondern vielmehr der Umstand, dass der Beschwerdeführer in seinem Flugblatt den Hinweis auf die politische Haltung der Gegenpartei in der Schwimmbadfrage eher nebenbei erwähnte. Das Flugblatt wirbt in erster Linie mit (vom Presserat nicht zu wertenden) Argumenten für die Kandidatin Pedergnana, welche sich in dieser Frage laut dem Flugblatt für eine Weiterführung der öffentlichen Finanzierung der städtischen Schwimmbäder eingesetzt hatte. Das Flugblatt ist zudem schon von seiner ganzen Aufmachung her kaum geeignet, den Gegenkandidaten durch die umstrittene Passage herabzusetzen. Nachdem dem Beschwerdeführer zudem die beiden anderen Flugblätter, mit ihren zum Teil – vom Presserat jedoch beweisfähig nicht zu würdigenden – schärferen Aussagen nicht zuzurechnen sind, entbehrt der gegenüber dem «familiären Umfeld» erhobene Vorwurf der «Verunglimpfung mit Unwahrheiten» zumindest hinsichtlich dieser Adressaten eine
r genügenden sachlichen Grundlage, womit zusätzlich eine Verletzung von Ziff. 1 und 7 festzustellen ist.

5. Der Beschwerdeführer rügt schliesslich eine Verletzung der berufsethischen Berichtigungspflicht (Ziff. 5 der «Erklärung»). Der Presserat hat jüngst in einer Stellungnahme vom 2. Februar 2001 i.S. Scientologykirche Zürich c. «L’Hebdo» darauf hingewiesen, dass Medienredaktionen berufsethisch grundsätzlich nicht verpflichtet sind, eine redaktionelle Berichtigung oder den Leserbrief eines Betroffenen abzudrucken; es sei denn, sie hätten einen Fehler zu korrigieren. Ist die Frage, ob überhaupt eine Falschinformation veröffentlicht worden ist, zwischen den Parteien strittig, gebietet das berufsethische Fairnessprinzip aber zumindest dann, wenn im beanstandeten Medienbericht schwere Vorwürfe erhoben werden, zu denen keine Stellungnahme des Betroffenen abgedruckt wurde, diesem eine nachträgliche Äusserungsmöglichkeit einzuräumen. Ausgehend von diesem Grundsatz und der Schwere des u.a. gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwurfs, der Kandidat Stahl sei im Wahlkampf mit Unwahrheiten verunglimpft worden, wäre «Der Landbote» berufsethisch verpflichtet gewesen, zum nachträglichen Abdruck einer Stellungnahme des Beschwerdeführers Hand zu bieten.

III. Feststellungen

1. Die Beschwerde wird gutgeheissen.

2. «Der Landbote» hat mit dem Kommentar zu den Stadtratswahlen in der Ausgabe vom 24. März 2001 die Ziffern 1 (Wahrheitspflicht), 3 (Unterschlagung wichtiger Informationselemente) und 7 (Unterlassung sachlich ungerechtfertigter Anschuldigungen) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt, indem er dem Beschwerdeführer ohne Nennung der sachlichen Grundlagen und zu Unrecht vorwarf, im Wahlkampf den politischen Gegner mit Unwahrheiten verunglimpft zu haben.

3. Nach der Publikation des Artikels vom 24. März 2001 wäre «Der Landbote» aufgrund der berufsethischen Pflicht zur Fairness zumindest verpflichtet gewesen, eine nachträgliche Stellungnahme des Beschwerdeführers abzudrucken.

4. Im Lichte der Kommentarfreiheit ist es ohne weiteres zulässig, in kommentierender Weise Stilfragen eines Wahlkampfes anzusprechen und ungerechtfertigte Aussagen von Wahlkampfaktivisten zu kritisieren, sofern diese Kritik auf einer genügenden sachlichen Grundlage beruht. Die Freiheit des Kommentars und der Kritik kann die Medienschaffenden aber nicht von ihrer Pflicht entbinden, den Leserinnen und Lesern die tatsächlichen Grundlagen von – negativen – Meinungsäusserungen mitzuliefern.