I. Sachverhalt
A. Am 8. Februar 2003 richtete X. eine umfangreiche Beschwerde «betreffend Filmbesprechungen über sogenannte Blockbusters in der schweizerischen Presse im Lichte der Förderung von kultureller und informationsbezogener Vielfalt» an den Presserat. Gemäss seiner Darstellung beabsichtigt er mit der Beschwerde, anhand eines konkreten Einzelfalls eine grundsätzliche Debatte zur Berichterstattung über Kinofilme auszulösen, «die über Werbeinvestitionen für den schweizerischen Markt von mehr als CHF 100’000.– verfügen».
In seiner Eingabe kritisiert der Beschwerdeführer insbesondere die umfangreiche, «weitgehend gefällige» dreiseitige Berichterstattung über den Film «Spider Man» von «Le Temps» vom 1. Juni 2002 sowie ähnliche Berichte in vergleichbarem Umfang im «redaktionellen Teil der meisten anderen schweizerischen Zeitungen und Zeitschriften im Vorfeld der Lancierung dieses Films auf dem einheimischen Kinomarkt.» Dabei handle es sich nicht um einen Einzelfall, sondern um eine weitverbreitete Erscheinung in der schweizerischen Presselandschaft.
Durch die angeführte Praxis der Berichterstattung sieht der Beschwerdeführer insbesondere die Ziffern 9 (Unabhängigkeit), 10 (Verbot kommerzieller Werbung) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» sowie Richtlinie 10.2 zur «Erklärung» (Verbot der Redaktion von Publi-Reportagen) tangiert.
B. Gemäss Art. 9 Abs. 3 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserates sind offensichtlich unbegründete Beschwerden durch das Presseratspräsidium zurückzuweisen. Das Presseratspräsidium – bestehend aus dem Präsidenten Peter Studer sowie den Vizepräsidenten Daniel Cornu und Esther Diener-Morscher – hat die vorliegende Stellungnahme per 25. April 2003 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich die Zuständigkeit des Presserates gemäss Art. 1 Abs. 1 seines Geschäftsreglements auf medienethische Fragestellungen beschränkt. Die 17-seitige Eingabe des Beschwerdeführer argumentiert demgegenüber auf der Basis von Aussagen zur Filmwirtschaft und zur Medienökonomie grösstenteils kultur- und filmpolitisch. Auf diesen Hauptteil der Argumentation des Beschwerdeführers kann der Presserat deshalb aufgrund seiner offensichtlich fehlenden Zuständigkeit von vornherein nicht eintreten.
2. a) Medienethisch sieht der Beschwerdeführer durch die Filmberichterstattung der Schweizer Medien über sog. Blockbusters im Allgemeinen und durch die beanstandete Berichterstattung von «Le Temps» vom 1. Juni 2002 über den Film «Spider Man» im Speziellen die Ziffern 9 und 10 der «Erklärung» sowie die Richtlinie 10.2 zur «Erklärung beeinträchtigt.
b) Der Beschwerdeführer führt vorab ein Beispiel aus Amerika an, über das die NZZ in einem Beitrag von C. Piotrowski unter dem Titel «Kultur der Unehrlichkeit» am 15. Juni 2001 berichtet hat: «Das Hollywoodstudio Columbia Pictures hat einen Filmkritiker erfunden und dessen angebliche Zitate in seinen Werbeanzeigen veröffentlicht». (…) Mit einer Vermischung aus Verwunderung, Entrüstung und Amusement reagierten die amerikanischen Medien auf das Outing des angeblichen Hollywood-Kritikers (…) Verwundert war man vor allem deshalb, weil keines der Filmstudios einen virtuellen Kritiker nötig hat. Denn in Hollywood wimmelt es geradezu von sog. Zitathuren, die den Studios genau das liefern, was diese hören wollen.»
Der Beschwerdeführer stellt in diesem Zusammenhang die Frage, «ob ÐZitat-Hurenð ein weitverbreites Phänomen darstellen und ob solche käuflichen Kritiker gar selbst in der subventionierten schweizerischen Presselandschaft ihre ÐUnzuchtð treiben.» Die schweizerische Presse betreibe «regelmässig im Grossumfang Gratisreklame für Blockbusters im redaktionellen Teil. Der beanstandete dreiseitige Artikel über «Spider Man» in «Le Temps» sei als «Publi-Reportage» zu qualifizieren. Aus der der Beschwerde beiliegenden Korrespondenz zwischen dem Beschwerdeführer und dem «Le Temps»-Filmredaktor Thierry Jobin geht weiter hervor, dass der Beschwerdeführer nicht den Inhalt des «Le-Temps»-Artikels vom 1. Juni 2002 beanstandet, da er geltend macht, diesen gar nicht gelesen zu haben, sondern vielmehr kritisiert, dass einer Hollywood-Megaproduktion auf Kosten der Berichterstattung über andere Filme unentgeltlich derart viel Raum zugestanden worden sei.
c) Der Beschwerdeführer hat für die von ihm geäusserte Vermutung, wonach es möglicherweise auch in der Schweizer Medienlandschaft käufliche Filmkritiker gebe, keine Belege geliefert. Ebenso wenig dafür, dass für die dreiseitige Berichterstattung über den Film «Spider Man» unjournalistische Kriterien – namentlich allfällige Zahlungen der Filmwirtschaft – massgebend gewesen wären. Deshalb sind die zumindest in den Raum gestellten Rügen der Verletzung der Ziffern 9 und 10 der «Erklärung» als unbegründet zurückzuweisen. Ebensowenig kann aus der dreiseitigen Berichterstattung über einen sog. Blockbuster bereits abgeleitet werden, dass es sich hierbei um eine undeklarierte bezahlte Werbung im redaktionellen Teil handle (zur Frage der Trennung zwischen redaktionellem Teil und Werbung vgl. zuletzt die Stellungnahme 54/2002 i.S. X. c. «Corriere del Ticino» / «la Regione Ticino» / «Giornale del Popolo»).
Generell hat der Presserat in konstanter Praxis daran festgehalten, dass aus der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» keine Pflicht zu «objektiver» Berichterstattung abgeleitet werden kann. Die Auswahl der im redaktionellen Teil zu veröffentlichenden Berichte ist allein Sache der Redaktion, und auch eine etwas einseitige Auswahl verstösst nicht zum vorneherein gegen die Berufsethik (1/92 i.S. A. c. «Blick»; 3/96 i.S. U. AG c. «Beobachter»; 20/00 i.S. C. c. «Le Nouvelliste» / «Le Temps»).
Meinungspluralismus im Sinne der Richtlinie 2.2 zur «Erklärung» ist zwar gerade auch im Bereich der Filmberichterstattung ein im Sinne der Verteidigung der Informationsfreiheit anzustrebendes Ziel. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann jedoch aus der vergleichsweise – gemäss seiner Auffassung – umfangreichen Berichterstattung über Hollywood-Grossproduktionen in den Schweizer Medien noch keine Verletzung der Berufsethik abgeleitet werden. Dies gilt jedenfalls solange, als eine solche Berichterstattung nicht durch unzulässige Bedingungen seitens von Inserenten oder durch die verpönte direkte Bezahlung von entsprechenden redaktionellen Beiträgen erwirkt wird.
III. Feststellung
Die Beschwerde wird als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.