I. Sachverhalt
A. Am 16. Dezember 2006 veröffentlichte die «Aargauer Zeitung» unter dem Titel «Ohne mich wären noch zwanzig Bauern mehr tot» ein von Max Dohner verfasstes Porträt eines Bundeshausbesuchers. Der Lead lautete: «Mit ihm muss die Politik immer rechnen, mit dem Bürger von der traurigen Gestalt. So einer ist X. (Name und Vorname im Original genannt), ein Mann fern allen öffentlichen Interesses. Er sagt von sich: ‹Ich trete gegen alle Fehler an.› Das brachte ihn jetzt, erstmals im Leben, in die Wandelhalle eidgenössischer Politik.» Er sei der Vater des Begriffs «Ehestrafsteuer». X. aus Y. sei «einer aus der Heerschar senkrecht trauriger Gestalten, für die das Landesschiff aus dem Ruder läuft. Denen es obliegt, in letzter Minute das Steuer noch herumzureissen. ‹Ein Spezialfall› korrigiert er, ‹es gibt nicht viele wie mich.› Die klaglos aufgebürdete Bürgerpflicht trug ihn diesmal tief ins Innere des Bundeshauses, bis in die Wandelhalle, zum ersten Mal. (…) Ein Don Quijote der Demokratie, kein Groupie der Macht. (…) Jetzt hat er eine Berufung – und darum in Sichtmäppchen immer alles greifbar, was zum Dossier der verhassten Steuer gehört: seine Leserbriefe, seine sämtlichen Eingaben, Mahnungen und Alarmsignale an die Politik. ‹Andere gehen joggen, ich habe das zum Hobby.› (…) Er zeigt Kurzmeldungen aus der ‹Thurgauer Zeitung›, Dokumente seines Kreuzzuges gegen Elektrogeräte beim Apfelpflücken. ‹Ohne mich›, sagt X., ‹wären heute noch zwanzig Bauern mehr tot.›»
B. Am 26. Dezember 2006 forderte X. die Redaktion der «Aargauer Zeitung» per E-Mail auf, das «bösartige Elaborat» von Max Dohner unverzüglich aus dem Internet zu entfernen. Max Dohners Zerrbild über ihn sei diffamierend und übertreffe die schlimmsten Schlammschlachten gegen Politiker.
C. Am 28. Dezember 2006 antwortete Max Dohner, er habe die Begegnung im Bundeshaus als sehr positiv empfunden. Sie hätten sich einander vorgestellt und er habe auch kurz seine Aufgabe im Bundeshaus skizziert. Im Laufe des Gesprächs sei ihm klar geworden, dass ihm «ein irgendwo typischer Bürger» gegenübersitze. Gestützt auf die Gesprächsnotizen habe er dann das Porträt für die «Mittellandzeitung» verfasst. Er sei sich eigentlich sicher gewesen, den Text liebevoll, mindestens mit Wärme verfasst zu haben. «Den Vergleich mit Don Quijote, dem Ritter von der Traurigen Gestalt, würde so mancher ‹Bürger von der traurigen Gestalt› gewiss als höchst ehrenwert anschauen, so wie Don Quijotes überragende Bedeutung heute in der ganzen Kulturgeschichte dasteht. (…) Wenn Sie sich durch diese oder andere Formulierungen gekränkt fühlen, bedaure ich das sehr und entschuldige mich dafür.»
D. Gleichentags gelangte X. mit einer Beschwerde an den Presserat. Beim Warten auf ein Treffen mit Nationalrat und CVP-Präsident Christoph Darbellay habe ihm der Journalist Max Dohner in der Wandelhalle Fragen gestellt. Er habe angenommen, dass der Journalist thematisch interessiert sei und allenfalls über dieses oder jenes von ihm angeschnittene Thema berichten wolle. Stattdessen sei er nun Opfer einer ehrverletzenden Publikation geworden. Mit der Veröffentlichung sei insbesondere seine Privatsphäre in übelster Weise verletzt worden. Ein öffentliches Interesse an der Namensnennung sei nicht ersichtlich. Zudem seien praktisch alle seine im öffentlichen Interesse liegenden Engagements erfolgreich gewesen, dies ganz im Gegensatz zu Don Quijote.
E. Am 26. Januar 2007 wies Chefredaktor Peter Buri die Beschwerde von X. als unbegründet zurück. Max Dohner habe sich gegenüber X. als Journalist zu erkennen gegeben und habe ihn auch über die Grundidee des Reportagen-Essays orientiert. Von Dritten sei das Porträt überwiegend als positiv, wenn nicht gar liebevoll wahrgenommen worden. Der Text sei trotz einer leichten Ironie mit einer spürbaren Wärme verfasst. «Die Ironie bezieht sich weder auf die Person von Herrn X., noch auf dessen Engagement für seine Anliegen, sondern auf die Begegnung solcher Bürger mit der eingespielten ritualisierten Politik.» Dies habe sich im Text vor allem im Vergleich mit Don Quijote niedergeschlagen. «Don Quijote startet seine Mission zwar als belächelter Narr, aber am Ende steht er als unbestechlicher Idealist im hellsten Gegensatz zur Welt der Realisten und ihrer grotesken Verstrickung im Eigensinn.»
F. Gemäss Art. 10 Abs. 7 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserates kann das Präsidium zu Beschwerden, die in ihren Grundzügen mit vom Presserat bereits früher behandelten Fällen übereinstimmen oder von untergeordneter Bedeutung erscheinen, abschliessend Stellung nehmen.
G. Am 30. Januar 2007 teilte der Presserat den Parteien mit, der Schriftenwechsel sei abgeschlossen und die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium behandelt, bestehend aus dem Präsidenten Peter Studer sowie den Vizepräsidentinnen Sylvie Arsever und Esther Diener-Morscher.
H. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 1. Juni 2007 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägungen
1. a) Gestützt auf Ziffer 7 der «Erklärung» (Respektierung der Privatsphäre) hält der Presserat in ständiger Praxis fest, dass – vorbehältlich eines überwiegenden öffentlichen Interesses – eine namentliche, identifizierende Berichterstattung über private Angelegenheiten ohne Zustimmung des Betroffenen zu unterlassen ist.
b) Wie X. jedoch selber geltend macht und auch aus den dem Presserat eingereichten Unterlagen hervorgeht, ist er in der Vergangenheit im Zusammenhang mit verschiedenen öffentlichen Anliegen mehrfach an Behörden und Medien gelangt. Insbesondere hatte auch der Gegenstand der Berichterstattung – der Besuch des Beschwerdeführers im Bundeshaus – einen direkten Zusammenhang mit dieser öffentlichen, staatsbürgerlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers und beschränkte sich nicht auf eine rein private Angelegenheit.
Auch wenn er geltend macht, er habe einen ganz anderen Bericht des Journalisten erwartet, bestreitet er zudem jedenfalls nicht, dass sich Max Dohner in seiner beruflichen Funktion vorstellte. Ebenso ging er aufgrund der Umstände selber davon aus, dass das geführte Gespräch zu einem Medienbericht führen würde (vgl. hierzu auch die Stellungnahme 50/2006). Dabei kann von Medienschaffenden nicht verlangt werden, dass sie die Form der journalistischen Verarbeitung eines Gesprächs im voraus genau bekannt geben (Stellungnahme 1/1997). Im Ergebnis war deshalb die namentliche Berichterstattung grundsätzlich zulässig, selbst wenn es fraglich scheint, ob die Namensnennung zwingend war, wenn es dem Autor bloss darum ging, den Fall eines «irgendwie typischen Bürgers» darzustellen, der in die Windmühlen der Politik gerät.
2. Soweit der Beschwerdeführer darüber hinaus sinngemäss eine weitere Verletzung von Ziffer 7 durch die Veröffentlichung sachlich ungerechtfertigter Vorwürfe beanstandet, folgt ihm der Presserat ebenfalls nicht. Zwar ist sein subjektiver Ärger über die insgesamt wenig liebevolle Stossrichtung des Porträts von Max Dohner durchaus nachvollziehbar. Dürfte doch bei der Leserschaft wohl weniger das in der Beschwerdeantwort der «Aargauer Zeitung» hervorgehobene Bild des Idealisten mit hehren Zielen als vielmehr dasjenige eines wenig erfolgreich wirkenden weltfremden Schwärmers hängen bleiben. Eine derartige Bewertung liegt aber jedenfalls im weit zu steckenden Rahmen der Freiheit des Kommentars und der Kritik. Wer wie X. von sich aus auf die Bühne der Öffentlichkeit tritt, selbst wenn dies bloss im kleinen Rahmen wie mit Eingaben an Behörden und Leserbriefen geschieht, verlässt den Bereich der geschützten Privatsphäre und muss entsprechend damit rechnen, sich von den Medien nicht nur nach dem eigenen (Selbst-)Bild gespiegelt und kritisiert zu sehen. Zumal das von Max Dohner verfasste Porträt auch die
wichtigsten Fakten wiedergibt, auf denen seine Bewertung des Beschwerdeführers als «Don Quijote der Politik» beruht.
III. Feststellung
Die Beschwerde wird abgewiesen.