Nr. 8/2013
Menschenwürde

(X. c. «Blick am Abend») Stellungnahme des Schweizer Presserates vom 15. Februar 2013

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I. Sachverhalt

A.
Am 18. Dezember 2012 veröffentlichte «Blick am Abend» das Bild eines Mannes, der ein paar Schuhe in den Händen trägt, von einem Polizisten am Hemdkragen gepackt wird und dabei offensichtlich lautstark protestiert. Die von einem Leser verfasste zugehörige Bildlegende lautet: «Manama, Bahrain. ‹12 Monate Gratis-Umtausch haben die versprochen! Sauladen!› Daniel Jörger über einen Bahraini, der nach Protesten von der Polizei festgenommen wird, via www.facebook.com/blickamabend.»

B. Gleichentags sowie am 2. Januar 2013 beschwerte sich X. beim Schweizer Presserat, der obengenannte Bericht verletze die Ziffer 8  der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten»(Respektierung der Menschenwürde). Mit der Auswahl des Leserkommentars «12 Monate Gratis-Umtausch haben die versprochen! Sauladen» bediene sich die Redaktion von «Blick am Abend» einer Sensationsdarstellung, um den Bahraini als Witzfigur zu missbrauchen. Diese Form der Veröffentlichung sei respektlos und verletzend.

C.
Gemäss Artikel 12 Absatz 1 des Geschäftsreglements behandelt das Presseratspräsidium Beschwerden, auf die der Presserat nicht eintritt.

D. Das Presseratspräsidium, bestehend aus Präsident Dominique von Burg, Vizepräsidentin Francesca Snider und Vizepräsident Max Trossmann, hat die vorliegende Stellungnahme per 15. Februar 2013 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

 
II. Erwägungen

1. Gemäss Artikel 10 Absatz 2 seines Geschäftsreglements tritt der Presserat nicht auf eine Beschwerde ein, wenn diese offensichtlich unbegründet erscheint.

2.
Ziffer 8 der «Erklärung» auferlegt den Medienschaffenden die Pflicht, die Menschenwürde zu respektieren. Die Medien sollten deshalb auf Darstellungen verzichten, welche die Betroffenen in erniedrigender Weise darstellen. Der Presserat weist in seinen Stellungnahmen zum Diskriminierungsverbot und zur Menschenwürde (vgl. die Stellungnahmen 38/2000, 32/2001, 6, 9 und 37/2002, 44/2003, 32/2006, 16/2007 und 21/2008) allerdings konstant darauf hin, dass die abwertende Äusserung gegen eine Gruppe oder ein Individuum eine Mindestintensität erreichen muss, um als herabwürdigend oder diskriminierend zu gelten. Nur dann verletzt sie Ziffer 8 der «Erklärung».

3.
Vorliegend kann man sich zwar darüber streiten, ob es angemessen ist, wenn die Redaktion von «Blick am Abend» ein Bild, das die Verhaftung eines Bahraini dokumentiert, dazu braucht, um ihre Leserschaft via Facebook aufzufordern, eine möglichst «originelle» Bildlegende einzusenden. Auch in Kombination mit der beanstandeten Legende zeigt das Bild den Mann aber nicht in erniedrigender Weise. Eine Verletzung der Ziffer 8 der «Erklärung» st deshalb offensichtlich zu verneinen.

III. Feststellung

Der Presserat tritt nicht auf die Beschwerde ein.