I. Sachverhalt
A. Im Vorfeld eines Beitrages für die „Rundschau“ vom 19. Juli 2000 von Schweizer Fernsehen DRS (nachfolgend: SF DRS) zum Thema Hanfanbau in der Schweiz befragte die Journalistin Bettina Mutter auch Andrea Stafforte, Vizepräsident des Vereins Schweizer Hanffreunde (VSHF) und Besitzer eines Hanfladens, Fritz Meyer, Präsident des Verbands der Schweizer Aargauer Hanfbauern, sowie Erich Rohrer, Besitzer eines Hanfladens.
B. Am 17. Juli 2000, zwei Tage vor der Sendung, wandte sich VSHF-Präsident und Rechtsanwalt Jean-Pierre Egger mit einem Schreiben an die „Rundschau“. Darin erklärte Egger einleitend, dass im Rahmen der Sendung drei Mitglieder des Vereins vorgestellt würden und dass der VSHF für das Interesse danke. Der VSHF wünsche sich eine Sendung, die den Meinungsbildungsprozess in Sachen einheimischer Industrie- und Bauernhanf günstig beeinflusse. Weiter äusserte Egger den Wunsch, dass die Rundschau den VSHF-Vizepräsidenten Andrea Stafforte zu einem Interview auf dem „Rundschau-Stuhl“ einladen möge.
C. In einem Trailer, der die Sendung ankündigte, wurde nebst dem Satz „neues Bundesgerichtsurteil gegen Anbau und Handel von Hanf“ die Schlagzeile „Kifferparadies Schweiz ade“ verwendet. Durch das Wort „Kifferparadies“ aufgeschreckt, wandten sich Stafforte, Meyer und Rohrer am 19. Juli 2000 per Fax an die „Rundschau“ und zogen die Einwilligungen zur Ausstrahlung ihrer Statements zurück. In der Begründung erklärten sie, der angekündigte Inhalt stimme nicht mit den besprochenen Themen beim Interviewtermin überein. So schreibt etwa Fritz Meyer in seinem Fax: „Anstatt unseren Hanf vorzustellen, wird die Kifferwelt und -thematik präsentiert“. In einem gleichentags veröffentlichten Communiqué gab der VSHF den Rückzug auch den Medien bekannt.
D. Die darauf folgenden Telefon- und Faxkontakte werden von den Betroffenen unterschiedlich dargestellt:
Gemäss der Version von SF DRS willigte Erich Rohrer auch nach telefonischer Nachfrage nicht in die Ausstrahlung ein, sein Statement sei deshalb in der Folge nicht verwendet worden. Rundschauredaktor Res Gehriger habe nach Erhalt des Pressecommuniqés mit dem Präsidenten VSHF, Jean-Pierre Egger, Kontakt aufgenommen und habe ihm das Ziel der Sendung erklärt. Dieses Gespräch habe „keineswegs mit dem Ergebnis“ geendet, auf eine Ausstrahlung der Zitate zu verzichten.
Redaktorin Bettina Mutter habe gleichzeitig mit Andrea Stafforte und Fritz Meyer telefoniert. Der verantwortliche stellvertretende Redaktionsleiter Hansjürg Zumstein habe diese Gespräche mitverfolgt. Den beiden Betroffenen wurden die Interviewpassagen mündlich vorgetragen. Danach hätten beide ihre mündliche Einwilligung zur Ausstrahlung gegeben. Zur Bestätigung der mündlich getroffenen Vereinbarung seien die Abschriften der Zitate den beiden zugefaxt worden. Darin stand einleitend: „Gerne bestätige ich ihnen schriftlich, welche Aussagen aus ihrem Interview (…) heute abend ausgestrahlt werden.“ Im Schlusssatz des Fax wurde festgehalten: „Besten Dank für ihr Verständnis und ihre Einwilligung, diese Passagen auszustrahlen“.
Gemäss der Version von Jean-Pierre Egger, Andreas Stafforte und Fritz Meyer habe im erwähnten Telefongespräch zwischen Rundschauredaktor Gehriger und VSHF-Präsident Egger letzterer die Rundschau wissen lassen, dass der Entschluss Staffortes und Meyers, nicht an der Sendung teilzunehmen, endgültig sei. Dies sei von Redaktor Gehriger akzeptiert worden. In den erwähnten Telefongesprächen zwischen Mutter/Stafforte und Mutter/Meyer sei versucht worden, die beiden zum Mitmachen zu bewegen. In den erwähnten Faxschreiben an Stafforte und an Meyer sei um die Einwilligung gebeten worden, die Interviewausschnitte ausstrahlen zu dürfen. Eine solche Einwilligung sei jedoch nicht erteilt worden.
E. Am 19. Juli strahlte die Rundschau den Beitrag mit dem Titel „Hanf-Urteil“ aus. Darin wurden verschiedene Reaktionen auf ein neues Urteil des Bundesgerichts zum Thema Hanfanbau und Betäubungsmittelgesetz wiedergegeben. Zu Wort kamen Kritiker und Befürworter des Urteils sowie Politiker. Des weiteren wurden verschiedene Exponenten des Hanfgeschäfts befragt, darunter auch Andrea Stafforte als Besitzers eines Ladens und Fritz Meyer als Hanfbauer. Nicht ausgestrahlt wurde das Statement von Erich Rohrer.
F. Am 20. Juli 2000 protestierten Stafforte und Meyer schriftlich gegen den Beitrag in der Rundschau vom Vortag. Andrea Stafforte erklärte in seinem Brief, er sei nicht sehr erfreut gewesen über seine Rolle im Bericht und fragte: „Warum wurde ich gezeigt? Schlussendlich spielte ich die Rolle des agent provocateur, des Bösen, während doch die Bösen eher die anderen sind.“ Auch Fritz Meyer zeigte sich nicht einverstanden mit der Sendung und erklärte: „Ich wurde als Provocateur dargestellt, was ich mit meinem Schreiben verhindern wollte.“
G. In einem weiteren Schreiben vom 24. Juli 2000 untersagte Fritz Meyer der „Rundschau“, die Aufzeichnungen jemals zu senden, und verlangte die Video-Aufzeichnungen zurück.
H. In einem Brief vom 25. Juli 2000 wandte sich Jean-Pierre Egger an die Redaktorin Bettina Mutter und erklärte, dass sie vom Thema nichts verstehe und sich darauf beschränke, „Unwahrheiten der Behörden und der Kifferbanden aus Zürich“ weiter zu verbreiten. Weiter führte Egger aus: „Sie sind die Mutter des Schmutzes in Sachen Hanfanbau in der Schweiz, und wie die Nutte sich hingibt fürs Geld, so geben sie sich hin für Berichte, die, wie vor siebzig Jahren gegen den Gelben Stern, heute gegen das Grüne Blatt Hass und Ignoranz schüren.“
I. Am 28. Juli gelangte der Jean-Pierre Egger im Namen von Andrea Stafforte und Fritz Meyer mit einer Beschwerde an den Presserat. Die Beschwerde richtete sich gegen die „Rundschau“ und gegen die Journalistin Bettina Mutter, weil sich diese bei der Beschaffung von Informationen unlauterer Methoden bedient habe. Stafforte/Meyer hätten die Teilnahme an der Sendung abgesagt, nachdem sie erfahren hätten, dass entgegen der ursprünglichen Absprache nicht eine wissenschaftliche, seriöse Arbeit über den einheimischen Hanfanbau geplant gewesen sei. Die Redaktorin Mutter und die „Rundschau“ hätten mit ihrem Verhalten bewiesen, dass „sie die Berufsethik und die Privatsphäre des Einzelnen nicht respektieren, und es ihnen im vorliegenden Fall nur darum ging, eine ansonsten oberflächliche und, unter dem wissenschaftlichen Gesichtspunkt betrachtet, billige Sendung auszustrahlen“.
Weiter wurde in der Beschwerde gerügt, dass die Protestschreiben, die nach der Sendung geschrieben wurden, unbeantwortet geblieben seien und dass das Verbot der Zweitaustrahlung ignoriert worden sei.
K. Das Präsidium des Presserates wies die Beschwerde zur Behandlung an die erste Kammer. Diese setzt sich wie folgt zusammen: Roger Blum (Kammerpräsident), Marie-Louise Barben, Luisa Ghiringhelli Mazza, Silvana Iannetta, Philip Kübler, Katharina Lüthi, Edy Salmina.
L. Mit Schreiben vom 30. August 2000 wies Rechtsanwalt Rudolf Mayr von Baldegg namens der SRG darauf hin, dass seitens der Beschwerdeführer bisher keine gültige Vollmacht vorliege und dass Jean-Pierre Egger für eine Beschwerde in eigenem Namen das notwendige Rechtsschutzinteresse fehle.
M. Mit Schreiben vom 31. August 2000 forderte das Presseratssekretariat die Beschwerdeführer auf, entsprechende Vollmachten nachzureichen.
N. Mit Schreiben vom 22. September 2000 beantragte Rechtsanwalt Rudolf Mayr von Baldegg namens von SF DRS, die Beschwerde sei unter Kosten- und Entschädigungsfolge vollumfänglich abzuweisen.
Aus den dem Presserat vorliegenden Unterlagen ergebe sich, dass im Zeitpunkt der Ausstrahlung die Einwilligung der Beschwerdeführer vorgelegen habe und dass der Rückzug dieser Einwilligung erst nach der Zweitaustrahlung eingegangen und danach eingehalten worden sei. < /p>
Im übrigen gehe es nicht an, das Recht am eigenen Bild und Wort als Bestandteil des Persönlichkeitsschutzes nach Lust und Laune dergestalt treuwidrig zu interpretieren. Stafforte/Mayer hätten sich als Exponenten des Hanfanbaus und -vertriebes einen Namen gemacht. Insofern seien sie „als (relative) Personen der Zeitgeschichte Teil einer Öffentlichkeit“ und müssten sich die Berichterstattung über die eigene Haltung in mündlichen Statements zu diesem Thema mit oder ohne Einwilligung ohnehin gefallen lassen. Hinzu komme, dass die Zustimmung zur Auswertung einer Aufnahme wohl zurückgezogen werden könne, doch zeitige ein derart kurzfristiger Rückzug ohne plausible Begründung Rechtsfolgen. Da es sich um ein gestaltetes und bereits aufgezeichnetes Interview handle, sei von der Nichterfüllung der Interviewvertrages auszugehen, zumal die Beschwerdeführer quasi als „Experten“ befragt worden seien.
O. Die Beschwerdeführer reichten am 25. bzw. 26. September 2000 Vollmachten nach, mit denen sie Rechtsanwalt Jean-Pierre Egger bevollmächtigten, ihre Interessen im Zusammenhang mit dem vorliegenden Verfahren zu wahren.
P. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2000 stellte RA Jean-Pierre Egger das Begehren, sein von der Gegenpartei als Beweismittel eingereichtes Schreiben an Bettina Mutter vom 25. Juli 2000 sei aus den Akten zu weisen, da die beiden Beschwerdeführer nichts damit zu tun hätten.
Q. Mit Schreiben vom 20. Oktober 2000 beantragte RA Rudolf Mayr von Baldegg die Abweisung des Begehrens vom 17. Oktober 2000.
R. Die erste Kammer behandelte die Beschwerde an ihren Sitzungen vom 3. November 2000 und 19. Januar 2001.
II. Erwägungen
1. Da von den Parteien verschiedene Verfahrensfragen aufgeworfen werden, ist vorab kurz auf diese einzugehen. Hinsichtlich der Beschwerdelegitimation ist auf Art. 6 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserat hinzuweisen. Danach ist jedermann beschwerdeberechtigt. Dementsprechend ist die Beschwerdelegitimation im Verfahren vor dem Presserat nicht an ein besonderes Rechtsschutzinteresse geknüpft. Mit anderen Worten wäre auch der Vertreter der Beschwerdeführer ohne weiteres berechtigt gewesen, in eigenem Namen Beschwerde zu führen. Aus der Formulierung der Beschwerde vom 28. Juli 2000 wie auch aus den nachgereichten Vollmachten der Beschwerdeführer ergibt sich jedoch, dass RA Jean-Pierre Egger die Beschwerde vom 28. Juli 2000 nicht in eigenem Namen, sondern namens und im Auftrag von Andrea Stafforte und Fritz Meyer eingereicht hat.
Weiter beantragt die Beschwerdegegnerin in ihrer Eingabe vom 22. September 2000, es sei ihr eine Parteientschädigung zuzusprechen. Diesbezüglich ist auf Art. 20 des Geschäftsreglements hinzuweisen, wonach das Verfahren vor dem Presserat kostenlos ist und den Parteien dementsprechend weder Verfahrenskosten auferlegt, noch eine Parteikostenentschädigung zugesprochen werden kann. Der Antrag der Beschwerdegegnerin auf Zusprechung einer Parteientschädigung wird deshalb abgewiesen.
Schliesslich ist auch der Antrag der Beschwerdeführer abzulehnen, wonach das Schreiben ihres Rechtsvertreters an Bettina Mutter vom 25. Juli 2000 aus den Akten zu weisen ist. Zum einen steht dieses Schreiben offensichtlich in einem relativ engen Zusammenhang zum Beschwerdegegenstand. Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass das Geschäftsreglement des Presserates die in einem Beschwerdeverfahren zuzulassenden Beweismittel in keiner Art und Weise einschränkt und es allein dem Ermessen der zuständigen Kammer überlässt, welche Beweismittel im Einzelfall beizuziehen sind bzw. gegebenenfalls aus dem Verfahren zu weisen sind.
2. Mit der Beschwerde werden hauptsächlich zwei Rügen vorgebracht: Zum einen machen die Beschwerdeführer geltend, die Redaktorin Bettina Mutter sei bei ihrer Recherche für die Sendung vom 19. Juli 2000 unlauter vorgegangen (Ziff. 4 der „Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten“). Zum zweiten rügen sie sinngemäss, die Redaktion der „Rundschau“ habe ihre Statements im Rahmen des Beitrags „Hanf-Urteil“ ungeachtet des erfolgten Rückzugs ihrer Einwilligung am 19. Juli 2000 und in der Zweitaustrahlung vom 22. Juli 2000 gesendet, mithin also das Fairnessprinzip und die Pflicht zur Respektierung der Persönlichkeit des Einzelnen (Ziff. 7 der „Erklärung“ verletzt).
3. Gemäss Ziff. 4 der „Erklärung“ dürfen sich Journalistinnen und Journalisten bei der Beschaffung von Informationen, Tönen, Bildern und Dokumenten keiner unlauteren Methoden bedienen. Gemäss der Richtlinie 4.5 zur „Erklärung“ basiert das journalistische Interview auf einer Vereinbarung zwischen zwei Partnerinnen /Partnern. Die Einhaltung dieser Regeln ist eine Frage der Fairness. Aus der Interviewsituation muss klar erkenntlich sein, dass die Publikation des Gesprächs beabsichtigt ist. Der Presserat hat in einer früheren Stellungnahme (Stellungnahme vom 31. Januar 1999 i.S. C. c. „FACTS“, Sammlung 1999, S. 26ff.) festgehalten, dass die Grundsätze des gestalteten Interviews sinngemäss auch auf die journalistische Befragung (z.B. bei der Einholung von Statements) im Rahmen einer Recherche übertragen werden können. Journalistinnen und Journalisten sollten ihre Gesprächspartner dementsprechend auch bei einer Befragung im Rahmen einer Recherche zumindest darüber informieren, worum es sachlich konkret geht. Dabei kann jedoch nicht verlangt werden, dass die Medienschaffenden sämtliche Einzelheiten einer Befragung vorab bekannt geben. Weiter kann nicht von Belang sein und auch nicht in jedem Fall schon im voraus feststehen, in welcher journalistischen Form das Befragungsergebnis veröffentlicht wird. Falls nicht ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, gehört es aber auch zur Fairness, den Verwendungszweck eines Gesprächs nicht absichtlich zu verschleiern, die Befragten irrezuführen oder sie in einem Irrglauben zu lassen.
4. Im vorliegenden Fall beklagen die Beschwerdeführer, Bettina Mutter habe ihnen bei ihrer Recherche einen falschen Verwendungszweck ihrer Statements vorgegaukelt. Die Statements seien für eine wissenschaftliche, seriöse Sendung über den einheimischen Anbau von Hanf gegeben worden und nicht für eine Sendung über den Konsum von Hanfprodukten als Betäubungsmittel. Auf eine solche Erwartungshaltung der Beschwerdeführer weist bereits der Brief von Jean-Pierre Egger hin, der zwei Tage vor der Ausstrahlung bei der „Rundschau“ eingetroffen war.
Weder aus den Behauptungen der Parteien, noch aus den dem Presserat eingereichten Urkunden geht jedoch klar hervor, was bei den Kontakten im Rahmen der Recherche gesprochen wurde und was gegebenenfalls vereinbart wurde. Zumindest die Thematik des Bundesgerichtsurteils muss den Beschwerdeführern jedoch bekannt gewesen sein, da sie sich in ihren Statements (indirekt) dazu äusserten. Des weiteren trat Bettina Mutter als Redaktorin der „Rundschau“ auf. Dass diese Sendung sich nicht mit wissenschaftlichen, sondern in erster Linie mit politischen und gesellschaftlichen Themen auseinandersetzt, dürfte allgemein bekannt sein. Auch wenn den Beschwerdeführern der genaue Inhalt der Sendung im Zeitpunkt des Rechercheinterviews von Bettina Mutter nicht bekannt war, verfügten sie mit den Stichworten Bundesgerichtsurteil und Hanfanbau über die im Zusammenhang mit dem „Rundschau„-Beitrag wesentlichen Elemente. Die Beschwerdeführer mussten zudem aufgrund der Gesprächssituation damit rechnen, dass ihre Äusserungen ohne weitere Rücksprache mit ihnen veröffentlicht würden. Ob den Beschwerdeführern darüber hinaus Zusicherungen gemacht worden sind, wonach sich der Beitrag in „wissenschaftlicher“ Weise mit dem Hanfanbau in der Schweiz befassen und im Sinne der vom VSHF vertretenen Positionen argumentieren würde, kann der Presserat mangels entsprechender Beweise nicht feststellen. Im Ergebnis ist deshalb festzuhalten, dass der Presserat über keine genügenden Anhaltspunkte verfügt, die den Schluss zulassen würden, dass sie bei den mit den Beschwerdeführern geführ
ten Rechercheinterviews Ziff. 4 der „Erklärung“ verletzt hätte. In genereller Hinsicht ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es Medienschaffenden berufsethisch untergesagt ist, durch Zugeständnisse an Interviewpartner diese direkt oder indirekt auf den Inhalt einer Sendung Einfluss nehmen zu lassen. Die Pflicht zur Wahrheitssuche (Ziff. 1 der „Erklärung“) und die Pflicht zur Verteidigung der Freiheit der Information und der Kritik (Ziff. 2 der „Erklärung“) verbietet den Medienschaffenden, sich auf solche Händel einzulassen.
6. Die Regeln des gestalteten Interviews, die in der Stellungnahme 1/1996 (Stellungnahme i.S. C. c. „FACTS“ vom 20. Januar 1996, Sammlung 1996, S. 15) eingehend dargelegt worden sind, können aber nicht generell eins zu eins auf sämtliche Formen der journalistischen Befragung übertragen werden. So kann allein schon aus praktischen Gründen nicht bei jeder Einholung von kurzen Statements erwartet werden, dass diese den Interviewten vor dem Veröffentlichung zur Autorisierung vorgelegt werden. Ebenso würde ein generelles zeitlich unbefristetes Rückzugsrecht die journalistische Arbeit in ungebührlicher Weise erschweren. Eine berufsethische Pflicht zur Autorisierung eines im Rahmen eines Rechercheinterviews abgegebenen Statements und eine entsprechende Pflicht zur Respektierung eines zeitlich unbeschränktes Rückzugsrecht ist deshalb nur dann zu bejahen, wenn solches zwischen den Parteien ausdrücklich vereinbart worden ist.
7. Bei den Aussagen der Beschwerdeführer handelt es sich nicht um gestaltete Interviews, sondern um kurze Statements im Rahmen von Rechercheinterviews . Dementsprechend erscheint es hinsichtlich des von den Beschwerdeführern behaupteten Rückzugs ihrer Einwilligung zur Ausstrahlung derselben von vornherein fraglich, ob ein solcher Rückzug unter berufsethischen Gesichtspunkten überhaupt beachtlich gewesen wäre, oder es nicht vielmehr Bestandteil des „Interviewvertrages“ war, dass die einmal gemachten Statements unwiderruflich zur Veröffentlichung bestimmt waren. Diese Frage kann vorliegend offengelassen werden, da die Beschwerdeführer den Beweis für den von ihnen behaupteten Rückzug der Einwilligung aufgrund der dem Presserat vorliegenden Unterlagen nicht mit genügender Sicherheit liefern. Zwar lässt der klare Wortlaut in den Faxschreiben von Stafforte/Meyer und im Pressecommuniqé vom Sendetag darauf schliessen, dass die Einwilligungen der Beschwerdeführer in einem ersten Schritt vorerst zurückgezogen wurden. Unbestrittenermassen wurden nachher aber noch die im Sachverhalt erwähnten Telefongespräche geführt und wurde den beiden Beschwerdeführern danach noch die „Bestätigungsschreiben“ zugefaxt, in denen die Statements schriftlich aufgeführt wurden. Der Wortlaut dieser Schreiben lässt durchaus den Schluss zu, dass die Einwilligungen in den vorangegangenen Telefongesprächen mündlich (wieder) erteilt wurden. Dies umso mehr, als die Briefe nicht im Konjunktiv geschrieben sind, d.h. bestätigt wird, „welche Aussagen (…) heute abend ausgestrahlt werden“. Auf diese Schreiben, welche immerhin fast zwei Stunden vor dem Sendetermin bei den Adressaten eingingen, haben weder Stafforte noch Meyer reagiert. Nicht ausdrücklich erwähnt wird der von den Beschwerdeführern behauptete unwiderrufene Rückzug der Einwilligung zudem in den beiden Protestschreiben der Beschwerdeführer an die „Rundschau“ vom 20. Juli 2000. Falls sich die „Rundschau“ tatsächlich über ein aufrechterhaltenes Veto der Beschwerdeführer hinweggesetzt hätte, ist aufgrund der gesamten Umstände davon auszugehen, dass die Reaktion unmittelbar nach der Sendung wesentlich geharnischter ausgefallen wäre.
Da die beiden Beschwerdeführer den Beweis für den von ihnen behaupteten definitiven Rückzug der Einwilligung zur Ausstrahlung ihrer Statements nicht erbracht haben, hat der Presserat davon auszugehen, dass diese Einwilligung im Zeitpunkt der Erst- und Zweitaustrahlung des „Rundschau“-Beitrags vom 19. bzw. 22. Juli 2000 vorlag, weshalb eine Verletzung des Fairnessprinzips und von Ziff. 7 der „Erklärung“ zu verneinen ist.
III. Feststellungen
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Journalistinnen und Journalisten sollten ihre Gesprächspartner auch bei einer Befragung im Rahmen einer Recherche zumindest darüber informieren, worum es sachlich konkret geht. Dabei kann jedoch nicht verlangt werden, dass die Medienschaffenden sämtliche Einzelheiten vorab bekannt geben. Falls nicht ein überwiegendes öffentliches Interesse an einer verdeckten Recherche besteht, gehört es aber auch zur Fairness, den Verwendungszweck eines Gesprächs nicht absichtlich zu verschleiern, die Befragten irrezuführen oder sie in einem Irrglauben zu lassen. Gerade bei politisch heiklen Themen sollten die Medienschaffenden ihre Interwievpartner besonders gründlich über den Verwendungszweck ihrer Aussagen informieren.
3. Die Regeln des gestalteten Interviews können nicht generell auf sämtliche Formen der journalistischen Befragung übertragen werden. Bei Rechercheinterviews ist eine berufsethische Pflicht zur Autorisierung eines im Rahmen eines Rechercheinterviews abgegebenen Statements und eine solche zur Respektierung eines zeitlich unlimitierten Rückzugsrechts nur dann zu bejahen, wenn dies zwischen den Parteien ausdrücklich vereinbart worden ist.