Nr. 61/2008
Kommentarfreiheit / Respektierung der Menschenwürde

(X. c. «Oberthurgauer Nachrichten») Stellungnahme des Presserates vom 23. Dezember 2008

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I. Sachverhalt

A. In ihrer Ausgabe vom 21. Februar 2008 veröffentlichten die «Oberthurgauer Nachrichten» eine Kolumne von Verlagsredaktor Charly Pichler mit dem Titel «Lieber Vitus Huonder». Der Text in der Form eines offenen Briefs an den Churer Bischof prangerte ein Redeverbot an, das laut dem Autor der «TV-Predigerin und Theologin Monika Schmid» auferlegt worden sei. Die Theologin habe in der Sendung «Wort zum Sonntag» des Schweizer Fernsehens zum Thema «Zölibat und Pädophilie» ein «gewisses Mass an Kausalität» angesprochen und sei daraufhin an den Amtssitz des Bischofs zitiert worden. Über den Inhalt des darauffolgenden Gesprächs sei der kritischen Theologin typischerweise «striktes Stillschweigen aufoktroyiert» worden. Pichler stellt weiter die Berechtigung eines «Sex- und Eheverbots zulasten unserer Priester» in Frage, «welches im 11. Jahrhundert ratifiziert wurde»; zu einer Zeit, in der Frauen als Hexen verbrannt und Zweifler am alleinigen Wahrheitsanspruch der Kirche von der Inquisition gefoltert worden seien. Abschliessend führt der Kolumnist aus: «Man mag zwar fortfahren, mit den Priestern Eunuchen fürs Himmelreich zu züchten, aber man sollte sich zumindest fragen: Wen macht man damit glücklich, sei es hier oder im Garten Eden, wo wir alle hoffentlich mal hingelangen?»

B. Am 5. August 2008 gelangte X. mit einer Beschwerde gegen die obengenannte Kolumne an den Schweizer Presserat. Die Bezeichnung der katholischen Priester als Eunuchen verletze Ziffer 8 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (Respektierung der Menschenwürde). «Ich finde, Kritik ist auch möglich, ohne zu beleidigen.»

C. Gemäss Art. 12 Abs. 1 des Geschäftsreglements des Presserats werden Beschwerden, auf die der Presserat nicht eintritt, vom Presseratspräsidium behandelt.

D. Das Presseratspräsidium bestehend aus Presseratspräsident Dominique von Burg, Vizepräsidentin Esther Diener-Morscher und Vizepräsident Edy Salmina hat die vorliegende Stellungnahme per 23. Dezember 2008 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägung

Gemäss Art. 10 Abs. 1 seines Geschäftsreglements tritt der Presserat nicht auf offensichtlich unbegründete Beschwerde ein.

Aus dem Kontext der gesamten Kolumne geht für den Presserat klar hervor, dass die Bezeichnung «Eunuchen» von Charly Pichler nicht wörtlich, sondern im übertragenen Sinne gemeint ist. Sie spielt einzig auf die den katholischen Priestern durch das Zölibat auferlegte sexuelle Enthaltsamkeit an. Zwar wendet der Beschwerdeführer zu Recht ein, dass die vom Kolumnisten geäusserte Kritik auch ohne diesen Schlenker möglich gewesen wäre. Dessen ungeachtet bewegt sich die beanstandete Kolumne aber im Rahmen der Freiheit des Kommentars und der Kritik und ist eine Verletzung der Menschenwürde offensichtlich zu verneinen.

III. Feststellung

Der Presserat tritt nicht auf die Beschwerde ein.