I. Sachverhalt
A. «Die Schweizer Connection» – so lautete der Titel eines in der Ausgabe vom 15. September 2000 in «Computerworld» (Schweizer Wochenzeitung für Informatik, Telekommunikation und Internet) publizierten Artikels. Bezugnehmend u.a. auf Recherchen und Medienberichte der Deutschen Schwester-Publikation «Computerwoche» befasste sich der Bericht mit dem Geschäftsgebaren der deutschen Informatikfirma I. und deren Schweizer Ableger I. Ausgehend vom «in Deutschland losgetretenen Skandal» schrieb der Autor auf der Frontseite u.a.: «(…) wurde auch am Sitz der Schweizer Niederlassung mit überrissenen Absatzzahlen operiert (…) So entpuppt sich jetzt ein 24-Millionen-Franken-Deal als Rohrkrepierer. (…) Seltsam ist nicht nur die Informationspolitik der Firma (…) undurchsichtig ist auch das Verhalten des operativen Chefs K.» Dieser habe im August 2000 in Zürich eine Firma gegründet, die rein rechtlich nichts mit I. zu tun habe, deren Sitz aber ausgerechnet an der gleichen Adresse sei. «Von den Aktivitäten weiss die Unternehmensspitze in Deutschland nichts. Auch nicht, dass K. eine I.-Software offenbar ohne Lizenz benutzt und weiterentwickelt.»
Im Artikel auf Seite 7 wurde einleitend die Vorgeschichte aus Deutschland zusammengefasst: «Ein krasser Fall von Anlegerbeschwindelung hat die deutsche Computerworld-Schwesterpublikation jüngst aufgedeckt. Die IT-Firma I., die unter anderem ihr Glück mit Internet-fähigen TV-Settop-Boxen versucht und seit Ende Juni unter der operativen Führung (COO) des Schweizer Managers K. steht, hat während Monaten wissentlich Falschmeldungen an die Anleger und die Medien verschickt. (…) Die Schutzgemeinschaft der Kleinanleger fühlte sich übers Ohr gehauen und hat Strafanzeige gegen die obersten I.-Bosse (…) eingereicht.» Danach wurden die bereits auf der Titelseite gegenüber dem Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe wiederholt und zum Teil näher ausgeführt. «Doch es kommt noch bunter: Wie Nachforschungen von Computerworld nun ergeben, hat auch die Schweizer I.-Niederlassung ihre liebe Mühe mit Zahlen.» Zum sog. Rohrkrepierer-Deal war zu lesen, in einem geschäftsinternen Papier sei im Zusammenhang mit Settop-Boxen von einem 24-Millionen-Franken-Geschäft die Rede gewesen, dessen Volumen in Wirklichkeit weit weniger umfangreich sei. Zur Gründung der neuen Firma wurde u.a. ausgeführt: «Ob K.s Verhalten, hinter dem Rücken seines ins Trudeln geratenen Arbeitgebers eine Firma zu gründen, als loyal bezeichnet werden kann, sei dahingestellt.» Laut dem im Bericht zitierten Chief Executive Officer von «I. Deutschland» werde aber an der Integrität K.s nicht gezweifelt.
B. Gegen diese Berichterstattung setzten sich die beiden betroffenen Firmen zur Wehr. Am 6. Oktober 2000 erschien in «Computerworld» eine Gegendarstellung. Darin wurde die Behauptung als falsch zurückgewiesen, «I.» habe während Monaten wissentlich Falschmeldungen an Anleger und Medien verschickt. Zwar habe «I.» Zahlen korrigieren müssen, dies aber erst, nachdem Zusagen und Abmachungen von Vertragspartnern nicht eingehalten worden seien. Ebenso unzutreffend sei die Behauptung, die «I. (Schweiz) AG» handle mit falschen oder überrissenen Absatzzahlen. Unwahr sei zudem, dass K. hinter dem Rücken seines Arbeitgebers eine neue Firma gegründet habe. Schliesslich sei auch die Behauptung falsch, die neue Gesellschaft nutze eine Software ohne Bezahlung von Lizenzgebühren und entwickle diese in konkurrenzierender Weise ohne Wissen der I. weiter.
C. Am 24. November 2000 gelangte K. namens der beiden betroffenen Firmen sowie in eigenem Namen an den Presserat. In seiner gegen die IDG Communications AG (Herausgeberin von «Computerworld») und den Journalisten Beat Schmid (nachfolgend: Beschwerdegegner) gerichteten Beschwerde rügte er u.a., die Berichterstattung von «Computerworld» enthalte diverse Falschaussagen und gebe den Sachverhalt durch Weglassen wesentlicher Umstände entstellt wieder. Gegen ihn seien schwere Vorwürfe erhoben worden, ohne dass er oder ein anderer Vertreter der I. (Schweiz) AG mit den Vorwürfen konfrontiert worden seien und dazu hätten Stellung nehmen können. «Computerworld» habe Informationen der «Computerwoche» übernommen, ohne deren Quellen zu überprüfen. Selbst soweit sich «Computerworld» um Erklärungen bemüht habe, seien die Äusserungen der Befragten nicht korrekt wiedergegeben und sei dem im Bericht zitierten CEO des deutschen Mutterhauses kein Vorabdruck seines Interviews zugestellt worden. Weiter seien im Bericht von «Computerworld» Fakten und Kommentar nicht erkennbar getrennt. Schliesslich verletze der Artikel die Unschuldsvermutung dadurch, dass der «I. AG» ein «Anlegerschwindel» unterstellt werde, obwohl kein entsprechendes Gerichtsurteil vorliege.
D. Das Präsidium des Presserates wies den Fall der 3. Kammer zu, der Catherine Aeschbacher als Präsidentin und die Mitglieder Esther Diener-Morscher, Judith Fasel, Sigmund Feigel, Roland Neyerlin, Daniel Suter und Max Trossmann angehören.
E. Mit Schreiben vom 9. März 2001 beantragten die durch RA Walter Häberling, Zürich, vertretenen Beschwerdegegner, auf die Beschwerden der beiden Firmen sei mangels genügender Vertretungsmacht des lediglich kollektivzeichnungsberechtigten Beschwerdeführers nicht einzutreten, eventuell seien sie abzuweisen. Ebenso sei die Beschwerde des Beschwerdeführers unter Kosten- und Entschädigungsfolge abzuweisen.
Materiell machten die Beschwerdegegner u.a. geltend, nicht nur die «Computerwoche», sondern auch andere deutsche Zeitungen hätten im fraglichen Zeitraum verschiedentlich kritisch über die I. Deutschland berichtet. Dem Autor des beanstandeten Berichts hätten daneben verschiedenste Quellen für die Richtigkeit der Darstellungen der Schwesterzeitschrift vorgelegen. U.a. seien ihm Unterlagen von einer ausgesprochen zuverlässigen Quelle innerhalb der I.-Gruppe zugespielt worden. Den Beschwerdeführern sei zudem die Möglichkeit geboten worden, zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen. Von dieser Möglichkeit hätten sie aber innert nützlicher Frist nicht Gebrauch gemacht. Immerhin habe der Autor neben dem Pressesprecher von I. Deutschland auch den direkten Vorgesetzten von K. kontaktiert und diesen mit allen im Artikel wiedergegebenen Sachverhalten konfrontiert. Da dieses Gespräch nicht als gestaltetes Interview vereinbart worden sei, sei ein «Gut zum Druck» nicht erforderlich gewesen. Da es schliesslich beim beanstandeten Artikel nicht um eine Gerichtsberichterstattung gehe, sei ein Verstoss gegen die Unschuldsvermutung von vornherein nicht möglich. Im Artikel sei auch nicht behauptet worden, der Beschwerdeführer habe eine Straftat begangen. Die Bezeichnung «Anlegerbeschwindelung» sei kein Straftatbestand.
F. Mit Schreiben vom 20. April bzw. 10. Mai 2001 nahmen die Parteien je noch einmal zu den Argumenten der Gegenpartei Stellung.
G. Die 3. Kammer behandelte die Beschwerde an ihrer Sitzung vom 17. Mai 2001 und auf dem Korrespondenzweg.
II. Erwägungen
1. Der Schweizer Presserat steht dem Publikum und den Medienschaffenden als Beschwerdeinstanz für medienethische Fragen zur Verfügung. Beschwerdeberechtigt ist jedermann (Art. 6 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserates). Der Beschwerdeführer ist damit ohne weiteres zur Beschwerde in eigenem Namen legitimiert, weshalb der Presserat auf seine Beschwerde eintritt. Da es für die materielle Stellungnahme des Presserates nicht von Belang ist, ob der Beschwerdeführer darüber hinaus auch die beiden in der Beschwerde mit einbezogenen Firmen rechtsgültig vertritt, kann diese Frage offengelassen werden. In formeller Hinsicht ist zudem darauf hinzuweisen, dass das Verfahren vor dem Presserat gemäss Art. 20 des Geschäftsreglements kostenlos ist und auch keine Parteikostenentschädigungen gesprochen werden können. Insoweit kann auf die Koste
nforderung der Beschwerdegegner von vornherein nicht eingetreten werden.
2. Ziff. 1 der „Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten” auferlegt den Medienschaffenden die Pflicht «sich an die Wahrheit…» zu halten und sich vom Recht der Öffentlichkeit leiten zu lassen, «die Wahrheit zu erfahren». Diese «Wahrheitspflicht» wird in der Richtlinie 1.1 zur «Erklärung» konkretisiert. Danach stellt die Suche nach der Wahrheit den Ausgangspunkt der Informationstätigkeit dar. «Sie setzt die Beachtung verfügbarer und zugänglicher Daten, die Achtung der Integrität von Dokumenten (Text, Ton und Bild) und die allfällige Berichtigung voraus.» Der Presserat hat sich zur Frage der Einhaltung der Wahrheitspflicht in ständiger Praxis (vgl. zuletzt die Stellungnahme Nr. 8/2001 vom 2. Februar 2001 i.S. FSJ/SLJ c. Jeannet) dahingehend geäussert, dass es nicht zu seinen Aufgaben gehören kann, in einem Medienbericht enthaltene, zwischen den Parteien bestrittene Faktenbehauptungen auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Er beschränkt seine Tätigkeit vielmehr auf die Frage, ob im Sinne der Richtlinie 1.1 und der diese konkretisierenden Ziffern 3 bis 5 der „Erklärung” nach journalistischen Grundsätzen gearbeitet worden ist. Soweit der Beschwerdeführer behauptet, der beanstandete Artikel habe in verschiedener Hinsicht wahrheitswidrige Tatsachenbehauptungen enthalten, muss diese Frage in diesem Verfahren deshalb offengelassen werden.
3. Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Verletzung von Ziff. 3 der «Erklärung» (Entstellung von Tatsachen, mangelnde Überprüfung von Quellen, unterlassene Anhörung) ist einerseits zwischen der Berichterstattung über die Vorgänge in Deutschland bzw. der Schweiz, andererseits hinsichtlich der einzelnen Vorwürfe zu differenzieren.
a) Auch wenn der Presserat wie angemerkt die einzelnen Fakten nicht überprüfen kann, ist bezüglich der Darstellung der Vorgänge in Deutschland insbesondere auch aufgrund der von den Beschwerdegegnern eingereichten vielfältigen Beweismittel davon auszugehen, dass wesentliche Tatsachenbehauptungen stimmen, soweit diese vom Beschwerdeführer überhaupt bestritten werden. Ohnehin war es allein schon angesichts der Vielzahl der diversen Medienberichte und des hängigen Strafverfahrens journalistisch ohne weiteres vertretbar, die gegen die Verantwortlichen von I. Deutschland im Raum stehenden Vorwürfe ohne umfangreiche weitere Recherchen zu publizieren. Wenn aber im Zusammenhang mit der Berichterstattung über I. Schweiz mit Verantwortlichen von I. Deutschland Kontakt aufgenommen wurde, wäre es auch angesichts des in der Medienmitteilung des I.-Vorstands vom 30. August 2001 enthaltenen, zumindest teilweisen Dementis im Sinne des Prinzips «audiatur et altera pars» angezeigt gewesen, im Bericht wenigstens eine kurze Stellungnahme zu den die I. betreffenden Vorwürfen wiederzugeben. Darüber hinaus ist es jedoch aufgrund der dem Presserat vorliegenden Unterlagen nicht erkennbar und wird vom Beschwerdeführer auch nicht näher begründet, inwiefern bei der Berichterstattung über I. Deutschland weitere wesentliche Informationselemente unterschlagen worden sein sollen.
b) Bei der Berichterstattung über die I. Schweiz sind einzelne Fakten ebenfalls unbestritten. So z.B. die Beteiligung von K. an der Neugründung der Firma M., die den Sitz in den Räumlichkeiten der I. Schweiz hat. Umstritten sind demgegenüber die wesentlichen Vorwürfe. So die Frage, ob die Firma M. wie im Bericht behauptet, tatsächlich hinter dem Rücken des Arbeitgebers gegründet wurde und ob I.-Software ohne Zahlung von Lizenzgebühren genutzt und ohne Wissen des Berechtigten weiterentwickelt wurde. Bestritten ist weiter der Vorwurf, dass nicht nur die I. Deutschland, sondern auch die I. Schweiz mit falschen Absatzzahlen hantiere.
Diese Vorwürfe (illoyales Verhalten, rechtswidrige Nutzung einer Software und Täuschung mittels falscher Zahlen) sind selbst dann als äusserst schwer zu werten, wenn sie im Artikel zum Teil lediglich als Frage in den Raum gestellt bzw. als «erklärungsbedürftig» gewertet werden. Dies gilt umso mehr, als sowohl die auf der Titelseite («Der in Deutschland losgetretene Skandal (…) zieht immer weitere Kreise») wie im Bericht selber («Doch es kommt noch bunter») verwendeten Formulierungen der Leserschaft suggerieren, die behaupteten Missstände bei I. Schweiz seien von ähnlicher Schwere, wie diejenigen bei I. Deutschland. Gemäss ständiger Praxis des Presserates (vgl. z.B. die Stellungnahme i.S. Aktion Dialog c. «Tages-Anzeiger» vom 30. August 2000, Sammlung 2000, S. 193ff mit weiteren Hinweisen) sind vor der Veröffentlichung derart schwerer Vorwürfe zwingend die Betroffenen anzuhören und ist ihre Stellungnahme im Medienbericht wiederzugeben. Da die genannten Vorwürfe zwar nicht nur, aber doch in erster Linie den im Artikel mehrfach namentlich genannten Beschwerdeführer betreffen («Erklärungsbedürftig ist ferner die Rolle K.s» usw.), wäre es unabdingbar gewesen, ihn vor der Publikation mit den Vorwürfen persönlich zu konfrontieren.
Die Beschwerdegegner machen zur Frage der unterlassenen Anhörung geltend, vorab sei der Presseverantwortliche von I. Deutschland am späten Nachmittag des 13. September 2000 u.a. im Zusammenhang mit den Ereignissen rund um I. Schweiz kontaktiert worden. Dieser sei nicht erreichbar gewesen und habe sich bis zum Redaktionsschluss am 14. September 2000 nicht gemeldet. Unmittelbar danach habe der Autor ein Vorstandsmitglied von I. Deutschland angerufen und dieses mit den Schweizer Vorfällen konfrontiert. Abgesehen davon, dass wenn schon zu den Schweizer Vorfällen auch Verantwortliche von I. Schweiz, insbesondere der Beschwerdeführer, hätten befragen müssen, vermag es im Lichte der berufsethischen Pflicht zur Wahrheitssuche nicht zu überzeugen, wenn angesichts der schweren Vorwürfe erst ein Tag vor dem Redaktionsschluss für die beabsichtigte Publikation versucht wurde, eine Stellungnahme der Betroffenen einzuholen. Der Presserat hat in der Stellungnahme i.S. H. &Co c. «Stadt-Anzeiger Opfikon-Glattbrugg» (Stellungnahme vom 30. Juni 1996, Sammlung 1996, S. 55ff.) darauf hingewiesen, dass eine kurzfristige Abwesenheit einer Auskunftsperson jedenfalls dann nicht als Vorwand genommen werden darf, unvollständige Informationen weiterzuverbreiten, wenn ein Aufschub der Publikation um kurze Zeit zumutbar erscheint.
Ein sachlicher Grund für eine ergänzende Recherche bei den direkt Betroffenen war vorliegend zudem umso mehr zu bejahen, als sich die Quellenlage im Vergleich zu den Vorfällen bei I. Deutschland als wesentlich dünner präsentierte. Gemäss Angaben der Beschwerdegegner stützte sich «Computerworld» bei den die I. Schweiz betreffenden Vorwürfen schwergewichtig auf eine einzige gemäss ihrer Einschätzung glaubwürdige interne Quelle ab.
c) Zusammenfassend ist deshalb festzuhalten, dass die Beschwerdegegner Ziff. 3 der «Erklärung» dadurch verletzt haben, dass sie den Beschwerdeführer zu den die I. Schweiz und ihn persönlich betreffenden Vorwürfen nicht angehört und seine Stellungnahme im Artikel nicht wiedergegeben haben. Darüber hinaus wäre es angezeigt gewesen, auch die Stellungnahme der Betroffenen zu den im Bericht gegenüber der I. Deutschland erhobenen Vorwürfen wiederzugeben.
4. Im Zusammenhang mit der erwähnten Befragung eines Vorstandsmitglieds von I. Deutschland rügt der Beschwerdeführer weiter, dessen Auskünfte seien im Bericht unrichtig bzw. im falschen Zusammenhang wiedergeben worden. Dies wird von den Beschwerdegegnern bestritten, weshalb sich der Presserat auf die Feststellung dieser abweichenden Tatsachenbehauptungen und den Hinweis beschränken muss, dass ein solches Vorgehen nicht korrekt wäre. Unbestritten ist hingegen, dass das im Artikel abgedruckte Statement dem Befragten nicht zum «Gut zum Druck» vorgelegt wurde. Der Beschwerdeführer sieht darin eine Verletzung von Ziff. 4 der «Erklärung» (Lauterkeitsgebot) bzw. der Richtlinie 4.5 zur «Erklärung»,
wonach Interviews vor der Veröffentlichung im Normalfall autorisiert werden müssen. Der Beschwerdeführer übersieht dabei jedoch, dass es vorliegend nicht um ein gestaltetes Interview geht (dazu eingehend die Stellungnahme i.S. C. c. «FACTS» vom 20. Januar 1996, Sammlung 1996, S. 15ff.) und dass die Regeln für diese Art von Interviews nicht generell auf sog. Rechercheinterviews übertragen werden können. Im Gegenteil hat der Presserat jüngst in der Stellungnahme Nr. 7/2001 i.S. S./M. c. SF DRS vom 19. Januar 2001 darauf hingewiesen, allein schon aus praktischen Gründen könne nicht bei jeder Einholung von kurzen Statements erwartet werden, dass diese den Interviewten vor der Veröffentlichung zur Autorisierung vorgelegt werden. «Eine berufsethische Pflicht zur Autorisierung eines im Rahmen eines Rechercheinterviews abgegebenen Statements (…) ist deshalb nur dann zu bejahen, wenn solches zwischen den Parteien ausdrücklich vereinbart worden ist.» Da eine entsprechende Vereinbarung vorliegend weder behauptet wird noch sonstwie aus den Unterlagen hervorgeht, wird die entsprechende Rüge des Beschwerdeführers als unbegründet zurückgewiesen.
5. Der Beschwerdeführer beanstandet zudem, im Artikel von «Computerworld» sei keine Trennung zwischen Fakten und Kommentar erkennbar. Er sieht darin eine Verletzung von Ziff. 2 der «Erklärung» bzw. der Richtlinie 2.3 zur «Erklärung». Weder die «Erklärung» noch die Richtlinie 2.3 schreiben jedoch eine formale, räumliche Trennung zwischen Fakten und kommentierenden, kritisierenden Wertungen vor. Berufsethisch verlangt ist lediglich, dass das Publikum in die Lage versetzt wird, zwischen Informationen und Wertungen unterscheiden zu können (Stellungnahme i.S. D. c. «Weltwoche» vom 24. Mai 2000, Sammlung 2000, S. 133ff.). Dementsprechend ist es berufsethisch ohne weiteres zulässig, wenn der Autor durch den Aufbau des Artikels und die Angabe ergänzender Verdachtsmomente seine Auffassung erkennen lässt und z.B. die Umstände der Gründung von M. als «brisant», die Rolle der Beschwerdeführers als «erklärungsbedürftig» usw. bewertet. Die Leserschaft bleibt ungeachtet davon in der Lage, sich darüber zu informieren, welche (grösstenteils zwar umstrittenen) Tatsachenbehauptungen laut dem Bericht bzw. den diesem zugrundeliegenden Quellen zur Diskussion stehen.
6. Schliesslich macht der Beschwerdeführer eine Verletzung von Ziff. 7 der «Erklärung» bzw. der Richtlinie 7.5 i.S. Unschuldsvermutung geltend. Im beanstandeten Bericht werde der Vorwurf, dass bei der I. Deutschland ein «Anlegerschwindel» begangen worden sei, als Tatsache dargestellt, obwohl bisher noch kein Urteil, ohnehin kein rechtskräftiges vorliege. Die Beschwerdegegner machen dazu im wesentlichen geltend, die Unschuldsvermutung sei von den Medien nur bei der Gerichtsberichterstattung zu beachten und somit vorliegend nicht anwendbar gewesen. Zudem handle es sich beim Vorwurf der «Anlegerbeschwindelung» nicht um einen Straftatbestand.
Keinem der beiden Parteistandpunkte kann vollständig gefolgt werden. Der Presserat hat bereits in der Stellungnahme i.S. T. / Télévision suisse romande vom 24. Januar 1994 (Sammlung 1994, S. 15ff.) festgehalten, dass die anerkannte Kritik- und Kontrollfunktion der Medien auch die Berichterstattung über hängige Strafverfahren umfasst. Dementsprechend war es berufsethisch zulässig, über die Vorwürfe ungeachtet der genauen strafrechtlichen Qualifikation und des noch ausstehenden Urteils zu berichten. Der Presserat hat in der zitierten Stellungnahme weiter festgehalten, dass sich die Unschuldsvermutung (als Rechtsnorm) in erster Linie an die staatlichen Behörden richtet. In einer späteren Stellungnahme (A. c. «Le Matin», Sammlung 1997, S. 68ff.) leitete der Presserat aus Ziff. 3 und 7 der «Erklärung» jedoch die Pflicht der Medienschaffenden ab, bei der Berichterstattung über ein Strafverfahren das Publikum immer auch darüber aufzuklären, ob eine Verurteilung erfolgt ist bzw. ob ein Urteil bereits in Rechtskraft erwachsen ist. Mit anderen Worten ist der Richtlinie 7.5 nicht nur bei der Gerichtsberichterstattung im engeren Sinne, sondern grundsätzlich bei jeder Erwähnung eines Strafverfahrens und damit auch vorliegend zumindest sinngemäss soweit Rechnung zu tragen, dass das Publikum nicht fälschlicherweise von einer bereits erfolgten Verurteilung ausgeht.
Der Autor umschreibt in seinem Artikel das Verhalten der Firma als «krasser Fall von Anlegerbeschwindelung» und erwähnt eine von einer Schutzgemeinschaft von Kleinanlegern eingereichte Strafanzeige. Er schreibt jedoch nicht, dass es diesbezüglich eine Verurteilung gegeben hätte. Insgesamt wäre es deshalb unter dem Gesichtspunkt der vollständigen Information der Leserschaft zwar zu begrüssen, wenn im Bericht präzisiert worden wäre, dass das Verfahren offenbar noch hängig und noch kein Urteil ergangen ist. Dennoch kann keine Rede davon sein, dass dem Publikum der unzutreffende Eindruck vermittelt worden wäre, eine Verurteilung sei erfolgt. Deshalb ist die Beschwerde auch in diesem Punkt abzuweisen.
III. Feststellungen
1. Die Beschwerde wird insoweit gutgeheissen, als es die Wochenzeitung «Computerworld» in Verletzung von Ziff. 3 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» unterlassen hat, den Beschwerdeführer mit den ihn persönlich und die von ihm vertretenen Firmen betreffenden Vorwürfen vor der Publikation des Artikels vom 15. September 2000 persönlich zu konfrontieren und seine Stellungnahme darin wiederzugeben. Darüber hinausgehend wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
2. Ein im Rahmen eines Rechercheinterviews abgegebenes Statement bedarf vor der Veröffentlichung nur dann einer Autorisierung, wenn dies zwischen den Parteien ausdrücklich vereinbart worden ist.
3. Weder die «Erklärung» noch die Richtlinie 2.3 schreiben eine formale, räumliche Trennung zwischen Fakten und kommentierenden, kritisierenden Wertungen vor. Berufsethisch verlangt ist lediglich, dass das Publikum in die Lage versetzt wird, zwischen Informationen und Wertungen unterscheiden zu können
4. Der Unschuldsvermutung ist nicht nur bei der Gerichtsberichterstattung im engeren Sinne, sondern grundsätzlich bei jeder Erwähnung eines Strafverfahrens zumindest sinngemäss soweit Rechnung zu tragen, dass das Publikum nicht fälschlicherweise von einer bereits erfolgten Verurteilung ausgeht.