I. Sachverhalt
A. Am 9. Januar 2018 veröffentlichte «srf.ch» online einen Beitrag von Helwi Braunmiller unter dem Titel «Die häufigsten Pestizide haben es in sich» und dem Untertitel «Pestizide in Lebensmitteln machen Angst. Skepsis ist geboten: Auch die gängigsten Spritzmittel sind nicht unbedenklich». Einleitend zum Artikel sieht man zunächst ein Bild, das, schräg geneigt, einen Ausschnitt einer gelben Etikette zeigt, darauf sind die Wörter «Wirkstoff Glyphosat, R 20, R 37, R 41,» etc. sowie die Wörter «gesundheitsschädlich» und «giftig» zu erkennen. Über diesen Text gedruckt erscheint ein transparentes, grosses, orangerotes Viereck mit schwarzem Totenkopf. Die Bildlegende darunter: «Pestizide im Essen – Wie gefährlich sind die Agrargifte?»
B. Am 31. Januar 2018 reichte X. beim Schweizer Presserat Beschwerde gegen den Beitrag ein, mit der Begründung, dass dieses Bild eine Fotomontage sei und als solche hätte gekennzeichnet werden müssen. Sie verweist dabei auf die Website des Herstellers dieses Bildes, auf welcher man sieht, in welchen Variationen die darauf ersichtlichen Motive verwendet worden waren. Die durch die Montage suggerierte Aussage «Glyphosat ist stark giftig / sehr giftig» sei sachlich falsch. Die Montage des Bildes könne beim flüchtigen Leser als dokumentarische Abbildung aufgefasst werden. Damit verstosse der Beitrag auf «srf.ch» gegen die Ziffern 3 und 4 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend «Erklärung»).
Im Übrigen wäre es – so die Beschwerdeführerin weiter – auch nicht ausreichend, das Bild als Montage zu kennzeichnen. Viel sinnvoller wäre es, wenn ein Bild wie das verwendete gezeigt würde, aber nur den Ausschnitt der Etikette von Glyphosat, ohne das Gefahrenzeichen, also das Totenkopf-Symbol.
C. Am 19. März 2018 antwortete die Bereichsleiterin SRF News, Sandra Manca, auf die Beschwerde. Sie weist darauf hin, dass selbst die Beschwerdeführerin selber davon ausgehe, dass die Fotomontage leicht als solche erkennbar sei, räumt aber ein, dass das Bild dennoch so hätte deklariert werden müssen und dies jetzt auch nachgeholt worden sei.
Im Übrigen sei aber festzuhalten, dass die Aussagen des Artikels und des Videos auf der fraglichen Seite durch die Illustration nicht verfälscht worden seien, es finde keine «Irreführung» statt. Glyphosat sei ein Pestizid und Pestizid sei – laut Definition bei Wikipedia – eine Bezeichnung für chemische Substanzen, mit denen «als lästig empfundene Lebewesen und Pflanzen … in Keimung, Wachstum oder Vermehrung gehemmt werden können». Der Totenkopf wiederum sei ein etabliertes Warnsymbol für giftige Stoffe, das zeige schon eine einfache Bildersuche bei Google. Die gezeigte Montage sage also nichts anderes aus, als dass es sich bei Glyphosat um einen grundsätzlich giftigen Stoff handle. Wie gross die Gefahr sei, die von ihm ausgehe, lasse sich durch das Bild nicht ableiten. Der Artikel und das Video auf der Seite zeigten auf, dass es sich um eine umstrittene Substanz handle, deren Auswirkung auf den Menschen kontrovers beurteilt werde. An dieser Aussage ändere die fehlende Kenntlichmachung der Bildmontage nichts.
D. Am 5. April 2018 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium behandelt, bestehend aus dem Präsidenten Dominique von Burg, Vizepräsidentin Francesca Snider und Vizepräsident Max Trossmann.
E. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 22. Juli 2019 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Ziffer 3 der «Erklärung» schreibt vor, Bildmontagen müssten «ausdrücklich als solche gekennzeichnet» werden. Die zur «Erklärung» gehörende Richtlinie 3.6 ergänzt, dass Fotomontagen gerechtfertigt seien, «soweit sie dazu dienen, einen Sachverhalt zu erklären, eine Mutmassung zu illustrieren …». Sie seien aber «deutlich als solche zu kennzeichnen, damit für das Publikum keine Verwechslungsgefahr» bestehe. Gemäss «Erklärung» und Richtlinie hätte die Montage demnach gekennzeichnet sein müssen. Das räumt die Beschwerdegegnerin «srf.ch» auch ein und hat das nachgeholt. Ein Verstoss gegen Ziffer 3 der «Erklärung» liegt also vor, wenn auch in einem sehr geringen Ausmass: Die Beschwerdeführerin räumt selber ein, dass die Montage leicht als solche erkennbar gewesen sei.
2. Ziffer 4 der «Erklärung» schreibt vor, dass Bilder nicht bearbeitet werden dürfen «zum Zweck der irreführenden Verfälschung des Originals». Die Beschwerdeführerin macht geltend, dies sei geschehen, denn das Totenkopf-Symbol auf der Etikette signalisiere, Glyphosat sei «stark giftig, sehr giftig». «srf.ch» wendet ein, der Totenkopf weise darauf hin, dass es bei Glyphosat um einen grundsätzlich giftigen Stoff gehe, um ein «Pflanzengift», der ganze Beitrag zeige dann aber in Text und Video auf, dass der Grad der Gefährlichkeit von Glyphosat umstritten sei. Dem ist zuzustimmen: Glyphosat ist das, was man gemeinhin ein Pflanzengift nennt. Gift wird in vielen verschiedenen Zusammenhängen mit dem Gefahrenzeichen des Totenkopfes signalisiert. Dass dies hier ebenso gehandhabt wird, verstösst nicht gegen Ziffer 4 der «Erklärung», selbst wenn damit nur eine Mutmassung ausgedrückt würde, wie Richtlinie 3.6 (Montagen) das sogar erlaubt, es hätte nur, wie oben erläutert, als Montage gekennzeichnet werden müssen.
III. Feststellungen
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. «srf.ch» hat mit der Abbildung zu Beginn des Beitrags «Die häufigsten Pestizide haben es in sich» vom 9. Januar 2018 nicht gegen die Ziffer 4 (Bildbearbeitung) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verstossen.
3. Die Bildmontage zu Beginn des Artikels hätte grundsätzlich als Montage gekennzeichnet werden müssen. Da sie jedoch leicht als solche erkennbar war, sieht der Presserat von einer Rüge aufgrund von Ziffer 3 (Montagen) der «Erklärung» ab.