I. Sachverhalt
A. Die Zeitung «Anzeiger für das Michelsamt» veröffentlichte am 24. Januar 2002 eine von der SVP Amt Sursee verfasste «Stellungnahme zur SVP Beromünster». Darin wurde mitgeteilt, die andauernden Angriff von X. auf die Amtspartei Sursee und ihre Exponenten würden sie zwingen, «falsche und erfundene Anschuldigungen richtig zu stellen». Der vorgenannte Präsident der Ortspartei Beromünster habe bei seinen persönlichen Angriffen unter dem Namen SVP meist ohne Wissen seines Vorstandes gehandelt. Weiter habe er demokratische Entscheide der Gemeindeversammlung Beromünster nicht akzeptiert und seinen Vorstand sowie die Ortsparteimitglieder nicht oder nur ungenügend über eine Fusion mit einer benachbarten Ortspartei informiert. Die Stellungnahme endete mit folgendem Satz: «Persönliche Probleme sind auch im eigenen Umfeld und nicht über eine Partei zu lösen». In der gleichen Ausgabe erschien auch ein Leserbrief von X., der sich darin zu einem am 17. Januar 2002 erschienen Artikel über die gleiche Auseinandersetzung äusserte.
B. X. verlangte am 1. Februar 2002 den Abdruck einer ausführlichen Gegendarstellung, in der er sämtliche in der Medienmitteilung der SVP-Amtspartei Sursee enthaltenen Vorhalte zurückwies. Diese Gegendarstellung wurde vom «Anzeiger für das Michelsamt» nicht abgedruckt.
C. Mit Schreiben vom 7. und 10. Februar 2002 gelangte X. an den Presserat und beantragte, seine Gegendarstellung sei in «in der nächstmöglichen Ausgabe des ÐAnzeigers für das Michelsamtð im vollen Wortlaut zu publizieren». Nachdem er vom Presseratssekretariat darauf aufmerksam gemacht worden war, dass dem Presserat keine entsprechenden hoheitlichen Befugnisse zukämen, machte er geltend, mit dem Abdruck der Stellungnahme seien die Ziffern 5 (Berichtigungspflicht) sowie 8 (Respektierung der Menschenwürde) eventuell in Verbindung mit Ziffer 7 (Respektierung der Privatsphäre) verletzt worden.
D. In einer Stellungnahme vom 15. März 2002 machte der «Anzeiger Michelsamt» geltend, man habe sowohl der Amtspartei Sursee wie X. mit Schreiben vom 5. Februar 2002 mitgeteilt, dass die Redaktion keine weiteren Stellungnahmen der Kontrahenten abdrucken würde, da diese parteiinterne Auseinandersetzung nicht von öffentlichem Interesse sei. Während die SVP-Amtspartei den Entscheid der Redaktion akzeptierte, habe X. den Abdruck der Gegendarstellung verlangt, «wohlwissend, dass wir auch in Leserbriefen nur sachbezogene Kritik publizieren, nicht aber persönliche Angriffe».
E. Mit Schreiben vom 24. März 2002 machte X. geltend, das auf 5. Februar 2002 datierte Schreiben des «Anzeigers Michelsamt» sei bei ihm erst am 8. Februar 2002 und damit nach Einreichung der Beschwerde an den Presserat eingegangen.
F. Am 1. April 2002 entgegnete der «Anzeiger für das Michelsamt», die Redaktion habe ihren Entscheid X. vor der Zustellung der schriftlichen Bestätigung bereits telefonisch mitgeteilt.
G. Gemäss Art. 10 Abs. 7 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserates (Fassung vom 1. Juli 2001) kann das Präsidium zu Beschwerden, die in ihren Grundzügen mit vom Presserat bereits früher behandelten Fällen übereinstimmen oder sonstwie von untergeordneter Bedeutung erscheinen, abschliessend Stellung nehmen. Mit Schreiben von 20. März 2002 teilte das Presseratssekretariat den Parteien mit, die Beschwerde werde durch das Presseratspräsidium behandelt, das aus dem Präsidenten Peter Studer und den beiden Vizepräsidenten Esther Diener-Morscher sowie Daniel Cornu besteht. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 21. Mai 2002 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Die Beschwerde betrifft die Ziffern 5 (Berichtigungspflicht) sowie 7 (Respektierung der Privatsphäre) und 8 (Respektierung der Menschenwürde) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten».
2. X. macht vorab geltend, sämtliche in der am 24. Januar 2002 abgedruckten Stellungnahme der SVP-Amtspartei Sursee enthaltenen Kritikpunkte seien wahrheitswidrig und hätten dementsprechend von der Redaktion aufgrund von Ziffer 5 der «Erklärung» von sich aus berichtigt werden müssen. Der Presserat tritt auf diesen Teil der Beschwerde nicht ein. Aufgrund der Unterlagen kann er nicht über die Wahrheit der sich widersprechenden Parteistandpunkte entscheiden; zudem verfügt er nicht über die prozessualen Mittel, um ein umfangreiches Beweisverfahren durchzuführen.
3. Soweit X. darüber hinaus geltend macht, durch den Abdruck der beanstandeten Stellungnahme sei er in seiner «Menschenwürde» verletzt worden, schiesst dieser Vorwurf offensichtlich über das Ziel hinaus. Denn die gegenüber ihm erhobenen Vorwürfen – insbesondere auch derjenige, er habe persönliche Probleme im eigenen Umfeld – sind nicht derart schwer, dass er «damit seines elementaren Rechts beraubt würde, als Mensch nicht verunglimpft zu werden» (Stellungnahme 38/2000 i.S. Schlüer c. «WochenZeitung»).
4. Näher zu prüfen ist hingegen die eventualiter geltend gemachte Verletzung von Ziffer 7 der «Erklärung». Gemäss ständiger Praxis des Presserates sind von schweren Vorwürfen Betroffene vor der Publikation anzuhören und ist deren Standpunkt in der gleichen Ausgabe wiederzugeben (Stellungnahme 42/2001 i.S. A. c. «Travel Inside» mit weiteren Hinweisen). Dabei kann es grundsätzlich nicht darauf ankommen, ob ein schwerer Vorwurf in einem redaktionellen Beitrag oder beispielsweise Medienmitteilungen oder einem Leserbrief veröffentlicht wird. Vorliegend musste der selber mit seinen Kontrahenten auch nicht gerade zimperlich umgehende Beschwerdeführer aufgrund seiner Funktion als Präsident oder Interimspräsident einer Ortspartei von vornherein öffentliche Kritik an seiner Amtsführung in Kauf nehmen. Der letzte Abschnitt des Textes der SVP Amt Sursee («Persönliche Probleme sind auch im eigenen Umfeld und nicht über eine Partei zu lösen») geht jedoch über eine solch sachgebundene Kritik hinaus und greift in die Persönlichkeit von X. ein. Deshalb hätte die Redaktion ihn dazu entweder anhören und zitieren oder diese Passage streichen müssen (Stellungnahme 23/1999 i.S. S. c. «Tages-Spiegel»).
III. Feststellung
1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, soweit darauf eingetreten werden kann.
2. Der «Anzeiger für das Michelsamt» wäre verpflichtet gewesen, X. vor dem Abdruck der Stellungnahme der SVP-Amtspartei Sursee zumindest insoweit anzuhören und seinen Standpunkt kurz wiederzugeben, als ihm darin vorgeworfen wurde, er missbrauche seine Stellung als Parteipräsident zur Lösung persönlicher Probleme. Andernfalls hätte diese Passage bei der redaktionellen Bearbeitung gestrichen werden müssen.
3. Darüber hinausgehend wird die Beschwerde abgewiesen.