Nr. 17/2002
Diskriminierung

(X. c. «Weltwoche») Stellungnahme des Presserates vom 19. April 2002

Drucken

I. Sachverhalt

A. In der «Weltwoche» 5/2002 erschien unter dem Titel «Fegefeuer für Hedonisten» und dem Untertitel «Die Olympischen Winterspiele kommen in den frommsten Winkel Amerikas» ein Artikel von Martin Kilian, der sich im Vorfeld der Winterspiele 2002 in Salt Lake City kritisch zum Einfluss der Religionsgemeinschaft der Mormonen auf Staat und Gesellschaft des US-Bundesstaats Utah äusserte.

B. Am 7. Februar 2002 gelangte X. an den Presserat und machte geltend, «Die Weltwoche» habe mit dem Abdruck des genannten Artikels Ziffer 8 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (Diskriminierungsverbot) verletzt. Kilian berichte über weiterhin praktizierte Polygamie, obwohl diese von der «Kirche Jesu Christi der Heiligen der Lezten Tage» vor 112 Jahren abgeschafft und damit längst Geschichte sei. «Jedes Mitglied, das keine monogame Ehe führt, wird ausgeschlossen (…) Es gibt tatsächlich noch eine kleine Gruppe von USA-Staatsbürgern, die polygam leben, die haben aber nichts mit unserer Kirche zu tun.» Im beanstandeten Artikel würden etwa zwei Drittel richtige Facts in einer verächtlichen Kommunikationsform kommentiert. «Die Verachtung für das was uns wichtig und heilig ist, zieht sich durch von Anfang bis Ende.»

C. Gemäss Art. 9 Abs. 3 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserates sind offensichtlich unbegründete Beschwerden durch das Presseratspräsidium zurückzuweisen.

D. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 19. April 2002 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägungen

1. Gemäss Ziffer 8 der «Erklärunng der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» sollten Medienschaffende auf diskriminierende Anspielungen verzichten, welche die Religion zum Gegenstand haben.

2. Von einer in diesem Sinne die Religion des Beschwerdeführers diskiminierenden Berichterstattung kann jedoch offensichtlich nicht die Rede sein: Zum einen wird von ihm nicht bestritten, dass es in den USA offenbar nach wie vor polygam lebende Männer gibt, die sich den Mormonen zurechnen. Kilian weist in seinem Text aber darauf hin, dass diese Polygamie heimlich von «mormonischen Outlaws» (Vogelfreien), «zum Verdruss der Kirche wie des Staats» praktiziert werde. Soweit X. darüber hinaus generell geltend macht, der Text lasse jegliche Achtung gegenüber seiner Religionsgemeinschaft vermissen, ist auf Ziffer 2 der «Erklärung» (Freiheit des Kommentars und der Kritik) hinzuweisen. Aus dieser Bestimmung hat der Presserat in ständiger Praxis abgeleitet, dass dem Kommentar und dessen Tonalität ein grosser Freiraum zukommt, solange das Publikum in der Lage ist, zwischen Fakten und Wertungen zu unterscheiden (vgl. zuletzt die Stellungnahmen 17/2000; 30/2001; 44/2001). In der Stellungnahme 49/2001 ist der Presserat zudem zum Schluss gekommen, dass eine diskriminierende Herabsetzung einer Religionsgemeinschaft zu verneinen ist, wenn ein Text lediglich Handlungen und Meinungen der tatsächlich dafür Verantwortlichen kritisiert, ohne diese Kritik zu verallgemeinern. Vorliegend sind die zum Teil sehr pointierten Werturteile des Autors für die Leserschaft als solche erkennbar. Darüber hinaus ist für den Presserat keine unzulässige Verallgemeinerung dieser Kritik erkennbar und wird von X. zudem auch nicht näher begründet.

III. Feststellung

Die Beschwerde wird als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.