I. Sachverhalt
A. In der Ausgabe der «Südostschweiz», Regionalausgabe Gaster und See, vom 6. Dezember 2001 erschien in der Rubrik «Zwischenruf» und dem Titel «Ich will gar nicht nach Hurden» ein ironisch kommentierender Text von Gaudenz Looser. Der Autor ergreift Partei in einem Konflikt zwischen auswärtigen Spaziergängern und wohlhabenden Einheimischen rund um die Nutzung des neuen Hurdener Stegs am Rapperswiler Seedamm.
Der Text lautet auszugsweise: «Spaziergänger haben, so muss es einem erscheinen, sobald man sich in die Seele der touristengeplagten Hurdener einzufühlen versucht, viel mit Tauben gemeinsam: Sie erscheinen zu hunderten, vertun ihre Zeit mit nutzlosem Müssiggang und hinterlassen unerwünschte Spuren aus Kot und Dreck (…) In Hurden musst du wissen, bringen schon andere Geld, da verursacht der Mist des Kleinviehs bloss Unruhe in der Stellenordnung vor dem Komma. Nach Hurden bringt man das Geld diskret in Form von Steuerrechnungen oder, wenn es denn unbedingt sein muss, in dicken Wagen, für die vor den Restaurants erstaunlicherweise der oft beschworenen Enge des Ortes zum Trotz immer genug Platz ist. Minderbemitteltes Ungeziefer, wie Tauben das sind, hat in Hurden nichts verloren. Das liessen die Hurdener seit der Eröffnung des neuen Stegs am Seedamm oft genug nur notdürftig verblümt wissen. (…) Der unvermittelte Abstieg Hurdens vom stillen Geldhafen zum lauten Touristenmagnet ist wohl ohne bauliche Massnahmen der martialischen Art nicht mehr rückgängig zu machen. (…) Dass das Zusammenleben von Geldadel und tumbem Plebs ganz gut funktionieren kann, zeigen Destinationen wie St. Moritz, Gstaad oder Stein am Rhein seit Jahren (…) Bedingung dafür ist aber ein Minimum an Gastfreundschaft. Zwar reagieren die Hurdener mittlerweile folgerichtig und bemühen sich um eine zielgruppengerechte Infrastruktur. Doch haftet den Begleittönen nach wie vor jene störrische Überheblichkeit an, die selbst im sonst wohlgesitteten Durchschnittsschweizer den Anarchisten weckt. Deshalb konzentriere ich mich bis auf weiteres auf den (…) Gedanken, dass ich in Hurden gar nichts verloren habe. Ich käme sonst in Versuchung.»
B. Gleichentags gelangte X. an den Presserat und rügte, der in der «Südostschweiz» veröffentlichte Beitrag habe die Ziffern 1, 3, 7 und 8 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» sowie das Fairnessprinzip verletzt. In den letzten Monaten sei ja viel über Hurden und seine Bevölkerung gelästert worden. Was sich nun aber Looser erlaubt habe, sei tief unter der Gürtellinie und sprenge die Grenzen der journalistischen Ethik und des Anstandes bei weitem. Die Hurdener Bevölkerung hätte genauso wie die Spaziergänger ein Recht darauf, dass man ihre Anliegen ernst nehme. Er selber weile oft in Hurden und werde von der Bevölkerung immer sehr zuvorkommend behandelt. Er verstehe auch die Anliegen der Bevölkerung, denn einzelnen Spaziergängern gegenüber seien Vorwürfe berechtigt.
C. Gemäss Art. 9 Abs. 3 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserates sind offensichtlich unbegründete Beschwerden durch das Presseratspräsidium zurückzuweisen.
D. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 22. Februar 2002 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Soweit der Beschwerdeführer durch die Einseitigkeit der Kolumne die Ziffern 1 (Wahrheitspflicht) und 3 (Entstellung von Tatsachen) verletzt sieht, ist gemäss ständiger Praxis des Presserates darauf hinzuweisen, dass aus der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» keine Pflicht zu objektiver Berichterstattung abgeleitet werden kann, weshalb auch eine einseitige und parteiergreifende Berichterstattung berufsethisch zulässig ist. (Stellungnahme 4/96 i.S. U. c. «Beobachter», seither bestätigt u.a. in 3 und 9/97, 3, 7, 12 und 17/98, 18 und 23/99 sowie 23/00). Dementsprechend geht es grundsätzlich an, in einer Kolumne im Zusammenhang mit der offenbar in Hurden zwischen Einheimischen und auswärtigen Spaziergängern rund um die Nutzung eines neuen Seestegs geführten Auseinandersetzung den Standpunkt einer der Parteien einseitig und überspitzt zu vertreten. Eine Verletzung der Ziffern 1 und 3 der «Erklärung» fällt deshalb von vornherein offensichtlich ausser Betracht. Ansonsten wäre die publizistische Form der Kolumne bedroht.
2. Ebenso offensichtlich unbegründet erscheint weiter die Rüge einer Verletzung von Ziffer 7 der «Erklärung» (Unterlassung sachlich nicht gerechtfertigter Anschuldigungen). Ziffer 7 bezweckt im Gegensatz zu Ziffer 8 (Unterlassung von Diskriminierungen) nicht den Schutz von Personengesamtheiten, sondern vielmehr, wie dies bereits im Text der «Erklärung» zum Ausdruck kommt («Sie respektieren die Privatsphäre des einzelnen …»), denjenigen von individuellen – natürlichen oder juristischen – Personen. Die vom Beschwerdeführer beanstandeten Äusserungen richten sich jedoch nicht gegen bestimmte Individuen, sondern gegen die «Hurdener» insgesamt.
3. a) Ziffer 8 der «Erklärung» appelliert an die Journalistinnen und Journalisten, in ihrer Berichterstattung in Text, Bild und Ton auf diskriminierende Anspielungen zu verzichten, welche die ethnische oder nationale Zugehörigkeit, die Religion, die sexuelle Orientierung, Krankheiten sowie körperliche oder geistige Behinderung zum Gegenstand haben. Von einer Diskriminierung im Sinne dieser Bestimmung kann nur dann die Rede sein, wenn in einem Medienbericht durch eine unzutreffende Darstellung das Ansehen einer geschützten Gruppe beeinträchtigt, die Gruppe herabgewürdigt wird (Stellungnahme 49/2001 i.S. David c. «Berner Zeitung»). Der Wortlaut der Richtlinie 8.2 (Diskriminierungsverbot) zur «Erklärung» deutet darauf hin, dass es hier nicht um Personengesamtheiten, sondern um bestimmte schutzbedürftige Minderheiten geht («Bei Berichten über Straftaten dürfen Angaben über ethnische Zugehörigkeit, Religion, sexuelle Orientierung, Krankheiten, körperliche oder geistige Behinderung gemacht werden, sofern sie für das Verständnis notwendig sind. (…) Besondere Beachtung ist dem Umstand zu schenken, dass solche Angaben bestehende Vorurteile gegen Minderheiten verstärken können.»).
Ist eine Aussage im Einzelfall als diskriminierend zu werten? Der Presserat hat folgende Prüfungsschritte empfohlen: «Bei jeder Aussage ist (…) kritisch zu fragen, ob damit eine angeborene oder kulturell erworbene Eigenschaft herabgesetzt oder ob herabsetzende Eigenschaften kollektiv zugeordnet werden, ob lediglich Handlungen der tatsächlich dafür Verantwortlichen kritisiert werden oder ob die berechtigte Kritik an einzelnen in ungerechtfertigter Weise kollektiviert wird.» (Stellungnahme 21/2001 i.S. W. c. «Tages-Anzeiger»).
b) Offensichtlich kann die Bevölkerung von Hurden keiner der in Ziffer 8 erwähnten Kategorien von Personenmehrheiten zugeordnet werden. Deshalb fällt der vom Beschwerdeführer unterbreitete Sachverhalt bereits unter diesem Aspekt nicht in den Geltungsbereich dieser Norm. Hinzu kommt, dass die vom Beschwerdeführer als unanständige, respektlose Beschimpfung der Bevölkerung von Hurden empfundene Kolumne weder auf angeborene noch vom Kollektiv der Hurdener kulturell erworbene Eigenschaften kritisiert, sondern sich offenbar auf das – nach Auffassung des Kolumnisten – wenig gastfreundliche Verhalten einzelner Hurdener bezieht. Zwar mag die entsprechende Kritik etwas gar verallgemeinernd ausgefallen sein; es ist unwahrscheinlich, dass sich sämtliche Hurdener dem «fremden» Spaziergängern gegenüber gleichermassen ungastlich verhalten. Dennoch bewegt sich eine solche für die Leserschaft ohne weiteres erkennbare Übertreibung im Rahmen der Freiheit des Kommentars und der Kritik. Deshalb kann sie nicht als diskriminierend im Sinne von Ziffer 8 der «Erklärung» qualifiziert werden.
I
II. Feststellung
Die Beschwerde wird als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.