I. Sachverhalt
A. Am 6. und 7. Juli 2001 berichtete SF DRS im Rahmen der mehrteiligen Reisesendung «Fernweh 15* Ost» u.a. über den norwegischen Walfang und die Walfleischverarbeitung.
B. Am 9. Juli 2001 gelangte die Arbeitsgruppe zum Schutz der Meeressäuger – Schweiz (ASMS) mit einer Beschwerde an den Presserat und rügte, SF DRS habe in der genannten Fernsehsendung mit einer einseitig positiven und verharmlosenden Darstellung von Walfang und Walfleischproduktion die Ziffern 3 und 10 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt.
C. Auf Anfrage des Presseratssekretariats vom 10. Juli 2001 teilte die Beschwerdeführerin am 12. Juli 2001 mit, sie sei gleichentags mit einer Beschwerde an den Ombudsmann DRS gelangt. Grundlage dieser parallelen Beschwerde bildete die Eingabe vom 9. Juli 2001 an den Presserat.
D. Am 13. Juli 2001 beschloss das Präsidium des Presserats, die Behandlung der Beschwerde bis zum Vorliegen des Berichts des Ombudsmannes DRS zu sistieren.
E. Am 20. August 2002 kam der Ombudsmann DRS nach Visionierung des beanstandeten Beitrages und Kenntnisnahme einer Stellungnahme von SF DRS zum Schluss, die Beanstandungen der Beschwerdeführerin seien unbegründet, Gesetzes- oder Konzessionsverletzungen seien keine auszumachen.
F. Mit Schreiben vom 27. August 2001 teilte die Beschwerdeführerin mit, sie halte ungeachtet dieses abschlägigen Bescheids vollumfänglich an ihrer Presseratsbeschwerde fest.
G. In der Folge beschloss das Presseratspräsidium, auf die Einholung einer Stellungnahme von SF DRS zu verzichten, nachdem sich der Redaktionsleiter von SF Spezial, Kurt Schaad, und Chefredaktor Filippo Leutenegger bereits im Rahmen des Verfahrens vor dem Ombudsmann zu den wesentlichen Beschwerdepunkten geäussert hätten.
H. Am 5. Februar 2002 reichte die Beschwerdeführerin einen NZZ-Artikel vom 28. Februar 2002 mit dem Titel «Verschmutzung der Arktis belastet Mensch und Tier» nach. Gemäss dem Artikel sei an einer Fachtagung über Umweltgifte in Tromsö festgehalten worden, Kleinkinder in gewissen nordischen Staaten nähmen giftige Substanzen wie PCB über die Muttermilch auf, Erwachsene über den Konsum von Fleisch von Robben, Walen und Eisbären. Erläutert werde darin auch der Umfang der Gesundheitsschädigung, und man spreche in Fachkreisen von «immer dramatischeren Formen» der Umweltbelastung in der Arktis. Die Beschwerdeführerin sehe sich damit in ihrer Überzeugung bestärkt, dass das Schweizer Fernsehen in einem längeren Beitrag über Walfleisch gerade diesen Aspekt in keiner Weise unter den Tisch wischen dürfe.
I. Gemäss Art. 10 Abs. 7 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserates (Fassung vom 1. Juli 2001) kann das Präsidium zu Beschwerden, die in ihren Grundzügen mit vom Presserat bereits früher behandelten Fällen übereinstimmen oder sonstwie von untergeordneter Bedeutung erscheinen, abschliessend Stellung nehmen.
K. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 15. Februar 2002 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet. Presseratspräsident Peter Studer trat dabei als ehemaliger Chefredaktor von SF DRS in den Ausstand.
II. Erwägungen
1. Die Beschwerde betrifft die Ziffern 3 (Unterschlagung wichtiger Informationen; Entstellung von Tatsachen) und 10 (Verbot kommerzieller Werbung der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten».
2. a) Die Beschwerdeführerin sieht Ziffer 3 der «Erklärung» in dreierlei Hinsicht verletzt: Erstens unterschlage der beanstandete Bericht die hohe Gesundheitsgefährdung, die mit dem Konsum von Walfleisch und Walspeck verbunden sei. Von Medienschaffenden, die gemäss eigenen Angaben intensiv recherchierten, müsse erwartet werden, dass sie auch diesen Aspekt ausleuchteten. Zweitens werde im Bericht über den Fang von Zwergwalen in Entstellung der Tatsachen schönfärberisch dargestellt, dass der grösste Teil der Tiere bei der heute angewendeten Jagdmethode sofort tot seien. Und drittens unterschlage der Bericht, dass sich Norwegen mit seinem Walfang klar über das in einem breit abgestützten Staatsvertrag verankerte Walfangmoratorium hinwegsetze.
b) In einer undatierten Stellungnahme zu Handen des Ombudsmannes DRS machten Kurt Schaad und Filippo Leutenegger namens von SF DRS geltend, die Frage nach der Schadstoffkonzentration des Konsums von Walspeck sei, bezogen auf die Problematik des Walfangs, zum jetzigen Zeitpunkt nebensächlich. Zentral sei vielmehr die Frage, ob Walfleisch (und -speck) überhaupt zum Export in Länder ausserhalb Norwegens zugelassen werden solle. Erst dann, wenn Walspeck trotz Warnung der Gesundheitsbehörden exportiert bzw. konsumiert würde, wäre dies auch im Umfeld der Sendung ein Thema gewesen. Weiter sei die Aussage von Reporter Beat Bieri, die meisten Zwergwale würden bei der norwegischen Waljagd sofort getötet, zwar verkürzt, doch nicht durchwegs falsch. Der Journalist habe sich dabei auf offizielle Zahlen der norwegischen Regierung stützen können. Schliesslich habe der Bericht auch die internationale Kritik am norwegischen Walfang erwähnt.
c) Der Presserat hat in der Stellungnahme 9/1994 i.S. CCHR Schweiz c. «CASH» darauf hingewiesen, aus Ziffer 3 der «Erklärung» könne nicht abgeleitet werden, dass bei einer Berichterstattung über ein Medikament unter wirtschaftlichen Aspekten immer auch sämtliche medizinische Meinungen wiederzugeben seien, um der berufsethischen Forderung nach vollständiger Information zu genügen. Es sei berufsethisch vielmehr zulässig, sich auf einzelne Aspekte eines Themas zu beschränken. Wer sich bei der Berichterstattung über einen medizinischen Gegenstand auf dessen wirtschaftliche Aspekte beschränkt, hat jedoch darauf achtzugeben, dass der medizinische Aspekt nicht verkürzt und ungenau wiedergegeben wird.
d) Die Grundsätze der angeführten Stellungnahme können ohne weiteres auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen werden. Dementsprechend ist es mit Ziffer 3 der «Erklärung» vereinbar, in einem Bericht über den norwegischen Walfang die wirtschaftlichen Aspekte bei gleichzeitiger Erwähnung des kritischen internationalen Kontexts in den Vordergrund zu stellen. Gleichzeitig kann der Redaktion dann nicht vorgeworfen werden, sie habe den angesichts der Dramaturgie nicht zentralen Aspekt des Konsumenten- und Gesundheitsschutzes weggelassen. Die Beschwerdeführerin macht darüber hinaus zu Recht nicht geltend, die beanstandete Sendung habe eine Falschaussage zur Frage der Gesundheitsgefährdung des Konsums von Walspeck verbreitet, sondern rügt einzig die Unterlassung eines entsprechenden Hinweises. Darauf konnte aber unter journalistischen Gesichtspunkten – jedenfalls für ein schweizerisches Publikum – umso mehr verzichtet werden, weil in der Schweiz zum heutigen Zeitpunkt offenbar Walfleisch weder importiert noch konsumiert wird.
e) Die Beschwerdeführerin rügt weiter, die Redaktion habe in der Frage der sog. instant death rate bei der norwegischen Zwergwaljagd falsche Tatsachen verbreitet. Hier muss sich der Presserat mit der Feststellung begnügen, dass sich die Darstellungen der Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegner (bzw. der norwegischen Regierung, auf die sich die Redaktion beruft) diametral entgegenstehen. Gemäss ständiger Praxis des Presserates gehört es nicht zu seinen Aufgaben, zu solch umstrittenen komplexen Fragen ein umfangreiches Beweisverfahren durchzuführen (vgl. zuletzt die Stellungnahme 38/2001 i.S. R. c. «Südostschweiz»). Darüber hinaus hat der Presserat in der Stellungnahme 40/2001 i.S. ASAC c. TSR festgehalten, aus dem berufsethischen Verbot der Unterschlagung wichtiger Informationselemente könne nicht abgeleitet werden, dass bei einer Wiedergabe der Auffassung einer Amtsstelle im Rahmen einer Reportage zwingend auch die davon abweichende Auffassung einer privaten Organisation miterwäh
nt werden muss. Dementsprechend kann den Beschwerdegegnern vorliegend berufsethisch kein Vorwurf gemacht werden, wenn sie sich gemäss ihrer Darstellung auf die Wiedergabe offizieller Zahlen der norwegischen Regierung beschränkten.
f) Schliesslich kommt der Presserat nach Visionierung der beanstandeten Sendung zum Schluss, dass dieser die internationale Kritik an der norwegischen Waljagd in genügender Weise erwähnt hat. Dementsprechend kann von einer Unterschlagung von wichtigen Informationen im Sinne von Ziffer 3 der «Erklärung» selbst dann keine Rede sein, wenn das internationale Wahlfangmoratorium – an das sich Norwegen wegen eines Vorbehalts zum entsprechenden Staatsvertrag gemäss übereinstimmender Darstellung der Parteien offensichtlich nicht gebunden fühlt – in der Sendung nicht explizit angesprochen worden ist.
3. Soweit die Beschwerdeführerin darüber hinaus geltend macht, die Sendung erwecke insgesamt den Eindruck einer unkritischen kommerziellen Werbung zu Gunsten von Walfang und Walfleisch und verletze deshalb Ziffer 10 der «Erklärung», ist diese Rüge als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen. Die Beschwerdeführer macht über die – aus Ihrer Sicht – einseitige Stossrichtung der Sendung hinaus keinerlei Indizien geltend, welche eine berufsethisch verpönte kommerzielle Werbung auch nur annähernd als plausibel erscheinen lassen würde.
III. Feststellungen
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.