Nr. 56/2003
Respektierung der Menschenwürde / Diskriminierungsverbot

(X. c. «20 Minuten») Stellungnahme des Presserates vom 5. Dezember 2003

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I. Sachverhalt

A. Am 19. August 2003 berichtete «20 Minuten» unter dem Titel «ÐAchtung, fertig, Charlie!?: VBS ist Lachen vergangen» über die Reaktion des Departements für Verteidigung Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) auf die «Schweizer RS-Komödie». Illustriert war der Bericht mit einer Filmszene, die einen Rekruten beim symbolischen Geschlechtsakt mit einer aufblasbaren Puppe zeigt. Der Titel des zugehörigen separaten Kastens lautete: «Onanieren mit Bibel: EDU ist geschockt». Das im Kasten abgedruckte Bild zeigte laut Bildlegende einen Rekruten aus dem Film, der sich auf einem Bett mit der Bibel in der Hand selbst befriedigt.

B. Gleichentags gelangte X. mit einer Beschwerde an den Presserat und rügte, die beiden Bilder mit der «Karikatur eines Geschlechtsverkehrs» und einem «offensichtlichen Onanieren» würden die «Grenze der Zulässigkeit» offensichtlich überschreiten. Gemäss seiner ergänzenden Beschwerdebegründung vom 11. September 2003 erachtete der Beschwerdeführer dadurch die Ziffer 8 der «Erklärung» (Menschenwürde; Diskriminierungsverbot) durch die Publikation der beanstandeten Bilder als verletzt.

C. Gemäss Art. 9 Abs. 3 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserates sind offensichtlich unbegründete Beschwerden durch das Presseratspräsidium zurückzuweisen.

D. Das Presseratspräsidium bestehend aus dem Presseratspräsidenten Peter Studer und den beiden Vizepräsidenten Daniel Cornu und Esther Diener-Morscher hat die vorliegende Stellungnahme per 5. Dezember 2003 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägungen

1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Ziffer 8 der «Erklärung», ohne jedoch darzulegen, inwiefern die beanstandeten Abbildungen die Menschenwürde verletzt oder diskriminierend gewirkt haben sollen. Es kann nicht Aufgabe des Presserates sein, an Stelle des Beschwerdeführers von sich aus nach Begründungen für mögliche Verletzungen berufsethischer Normen zu suchen.

2. Ungeachtet der – wie auch der Beschwerdführer einräumt – heute mehrheitlich liberaleren gesellschaftlichen Auffassungen zur Sexualmoral wird ein Teil des Publikums die mehr symbolischen Darstellungen eines Geschlechtsakts mit einer aufblasbaren Puppe und eines onanierenden Rekruten mit einer Bibel in der Hand zwar als zu weit gehend oder zumindest als geschmacklos bewerten. Dies vermag aber noch keine Verletzung der Menschenwürde zu begründen, solange die auf den Bildern dargestellten Personen nicht in ihrem Menschsein herabgewürdigt oder zu blossen Objekten degradiert werden (Richtlinie 8.3 zur «Erklärung»). Ebensowenig ist ersichtlich, inwiefern durch den Abdruck der beiden Bilder gesellschaftliche Minderheiten diskriminiert sein sollten. Zwar hat offensichtlich die Filmszene, in der ein Rekrut mit einer mit «Pornobildern voll geklebten» Bibel in der Hand onaniert, in christlichen Kreisen Anstoss erregt. Angesichts der bloss symbolischen und sich zudem ausdrücklich auf eine aktuelle öffentliche Diskussion beziehende Darstellung würde es jedoch von vornherein offensichtlich zu weit führen, darin bereits eine Verunglimpfung oder Lächerlichmachung eines religiösen Symbols zu sehen (Stellungnahme 19/2002 i.S. Reformierte Kirche Bern-Jura c. «Journal du Jura»).

III. Feststellung

Die Beschwerde wird als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.