Nr. 22/2003
Fehlende Zuständigkeit bei Beschwerden gegen ausländische Medien

(Jenny c. «Frankfurter Allgemeine Zeitung») Stellungnahme des Presserates vom 23. Mai 2003

Drucken

I. Sachverhalt

A. Am 7. Mai 2003 berichtete die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» unter dem Titel «Grabenkämpfe am Röstigraben», dass in der Schweiz zwei Buchmessen, diejenige in Genf («Salon du livre et de la presse») und eine neue in Basel («Buch Basel») um die Vorherrschaft im schweizerischen «Literaturbetrieb» kämpfen würden.

B. Mit Beschwerde vom 11. Mai 2003 gelangte Mattyas Jenny, Basel, Initiator der Basler Buchmesse, an den Presserat und rügte, der in der Nähe von Genf wohnhafte Autor des Artikels, Jürg Altwegg, habe im Artikel vom 7. Mai 2003 die Ziffern 5 und 7 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt.

C. Gemäss Art. 9 Abs. 3 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserates sind offensichtlich unbegründete Beschwerden durch das Presseratspräsidium zurückzuweisen. Ebenso sind Beschwerden zurückzuweisen, bei denen die Zuständigkeit des Schweizer Presserates offensichtlich zu verneinen ist. Das Presseratspräsidium – bestehend aus dem Präsidenten Peter Studer sowie den Vizepräsidenten Daniel Cornu und Esther Diener-Morscher – hat die vorliegende Stellungnahme per 23. Mai 2003 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägungen

1. Der Presserat hat sich bisher in zwei Stellungnahmen zu Fragen der staatenübergreifenden Zuständigkeit geäussert:

a) Die Stellungnahme 36/2000 i.S. Journalistische Ethik im Internet setzte sich am Rande auch mit dem Problem auseinander, dass Inhalte im World Wide Web weltweit abrufbar sind, Presseräte demgegenüber nur national oder gar nur regional/lokal zuständig sind. Der Presserat kam damals zum Schluss, dass sich Presseräte, soweit sie unabhängig sind und in freiheitlichen Mediensystemen funktionieren, international so absprechen, dass Beschwerden beim jeweils national zuständigen Presserat eingereicht werden können.

b) In der Stellungnahme 50/2001 i.S. M. c. «20 Minuten»hat der Schweizer Presserat seine Zuständigkeit für eine vom Deutschen Presserat an ihn weitergeleitete Beschwerde eines Beschwerdeführers mit Wohnsitz in Deutschland sinngemäss mit dem Argument bejaht, dass es nicht auf den Wohnsitz des Beschwerdeführers als vielmehr auf den Standort der Redaktion ankomme.

2. Vorliegend haben zwar sowohl der Beschwerdeführer als auch der Autor des beanstandeten Artikels Wohnsitz in der Schweiz. Demgegenüber befindet sich der Sitz der verantwortlichen Redaktion in Deutschland. Der Schweizer Presserat stellt bei der Beurteilung von Beschwerden in erster Linie auf die Verantwortung der Redaktion ab («Beschwerdebeklagt» ist in den meisten Fällen die Redaktion und nicht der einzelne Journalist). Deshalb rechtfertigt es sich vorliegend jedenfalls dann, auf die Beschwerde nicht einzutreten und den Beschwerdeführer an den Deutschen Presserat weiterzuverweisen, wenn eine Beschwerdeführung vor dem Deutschen Presserat möglich und zumutbar erscheint.

Gemäss § 1 der Beschwerdeordnung des Deutschen Presserates (Fassung vom 18. Mai 1999) ist jedermann berechtigt, sich beim Deutschen Presserat über Veröffentlichungen oder Vorgänge in der Deutschen Presse zu beschweren. Beim beanstandeten in der FAZ veröffentlichten Artikel sind diese Voraussetzungen offensichtlich erfüllt.

III. Feststellung

Die Beschwerde wird wegen offensichtlicher Unzuständigkeit des Schweizer Presserates zurückgewiesen.