Nr. 35/2005
Kommentarfreiheit

(X. c. NZZ) Stellungnahme des Presserates vom 2. September 2005

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I. Sachverhalt

A. Am 2. April 2005 berichtete die NZZ unter dem Titel «Der Schiedsrichter als Blitzableiter» und dem Untertitel «Die ZSC Lions vergeben zu viele Chancen – und suchen die Schuld bei Dritten» über eine verbale Attacke von ZSC-Manager Simon Schenk gegen den Schiedsrichter nach der Niederlage des ZSC-Lions im zweiten Spiel der Play-off-Finalserie gegen den HC Davos. Im Bericht war zu lesen: «In ihrer Situationsanalyse steht der kanadische Schiedsrichter Brent Reiber im Mittelpunkt. Der Trainer Weber bezeichnete dessen Leistung als Ðjenseits von gut und böseð, der Manager Schenk gab noch einen drauf: Er nahm das Wort ÐBetrugð in den Mund, unterstellte dem Unparteiischen, Ðja nur auf das Ticket für den nächsten Spenglercup aus zu seinð, und brach gleichzeitig (aber wohl nicht aus tiefster Überzeugung) eine Lanze für die Schweizer Referees; die seien gut genug, diesen Kanadier brauche man nicht, sagte er – Schenk sitzt für die SVP im Nationalrat. Er gilt nicht als Freund der Personenfreizügigkeit.» Aufgrund der Äusserungen von Schenk habe der Einzelrichter des Eishockeyverbandes ein Verfahren gegen diesen eingeleitet.

B. Am 8. April 2005 gelangte X. mit einer Beschwerde an den Presserat und machte geltend, in obengenanntem Artikel habe die NZZ «auf perfideste Weise Sport mit Politik vermischt. (…) Nationalrat Schenk hat keine ausländerfeindliche Äusserung gemacht und schon gar nicht auf die (bevorstehende eidgenössische Abstimmung) Personenfreizügigkeit hingewiesen, als er Herrn Schiedsrichter Reiber Parteilichkeit unterstellte». Trotzdem suggeriere der Autor des Beitrags eine politische Motivation hinter den Äusserungen von Schenk. Damit habe die NZZ gegen das Fairnessprinzip verstossen und zudem Ziffer 3 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verstossen. Zudem stelle sich die Frage, ob der Autor entgegen Ziffer 11 der «Erklärung» Weisungen entgegengenommen habe, die von ausserhalb der Sportredaktion stammten.

C. Gemäss Art. 9 Abs. 3 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserates sind offensichtlich unbegründete Beschwerden durch das Presseratspräsidium zurückzuweisen.

D. Das Presseratspräsidium bestehend aus dem Presseratspräsidenten Peter Studer und den beiden Vizepräsidentinnen Sylvie Arsever und Esther Diener-Morscher hat die vorliegende Stellungnahme per 2. September 2005 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägungen

1. Die berufsethischen Regeln – einschliesslich der Ziffer 2 der «Erklärung» (Kommentarfreiheit) – gelten für alle journalistisch bearbeiteten Medienberichte ungeachtet davon in welcher Form oder in welchem Ressort sie erscheinen. Entgegen der impliziten Auffassung des Beschwerdeführers postuliert die journalistische Berufsethik mithin kein Verbot der Vermischung von politischer und Sportberichterstattung.

2. Die vom Beschwerdeführer beanstandete Passage gibt Äusserungen von ZSC-Manager Simon Schenk nach einem Eishockeyspiel wieder, bei denen offenbar unbestritten ist, dass sie so gefallen sind. Ebensowenig bestreitet der Beschwerdeführer die Darstellung der NZZ, wonach Simon Schenk sich in seiner Rolle als Politiker im Zusammenhang mit den Bilateralen II gegen die Erweiterung der Personenfreizügigkeit einsetze. Vielmehr macht er implizit in erster Linie geltend, das eine habe nichts mit dem anderen zu tun. Dies wird aber im beanstandeten Artikel auch gar nicht behauptet. Der Autor legt in einer für die Leserschaft erkennbar ironischen Weise lediglich dar, dass Schenk generell im Zusammenhang mit der Personenfreizügigkeit wie auch besonders bei Eishockeyschiedsrichtern eher skeptisch gegen ausländische Arbeitnehmer eingestellt sei – wenn auch bei Eishockeyschiedsrichtern weniger aus «tiefster Überzeugung». Mit dieser offensichtlich nicht allzu ernst gemeinten Analyse hat die NZZ Simon Schenk keineswegs unterstellt, seine Entgleisung gegenüber dem Referee Brent Reiber sei ausländerpolitisch motiviert. Ebensowenig hat sie damit gegen das Fairnessprinzip verstossen oder Informationen verzerrt dargestellt. Und schliesslich legt der Beschwerdeführer keinerlei Beweise für die von ihm als Frage in den Raum gestellten angeblichen unzulässigen redaktionellen Weisungen vor.

III. Feststellung

Die Beschwerde wird als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.