I. Sachverhalt
A. Am 29. Juni 2012 veröffentlichte die «Tageswoche» sowohl in der Printausgabe als auch online einen Artikel von Philipp Loser mit dem Titel «Die halben Rassisten von der Volkspartei». Der Lead lautet: «Das Problem der SVP mit Mitgliedern am rechten Rand erhält mit den sozialen Medien eine neue Dimension.» Zusammen mit zwei weiteren Beispielen von SVP-Mitgliedern, die sich durch Veröffentlichungen auf Facebook, Twitter & Co. ins Offside gestellt hätten («Eine Woche, drei SVP-Politiker, drei üble Entgleisungen»), erwähnt der Autor unter Berufung auf die «Wochenzeitung», der Thurgauer SVP-Kantonsparlamentarier und «Hildebrand-Briefträger» Hermann Lei sei «kurzzeitig Inhaber der Internetdomain adolf-hitler.ch» gewesen. «Gestern zeichnete die Zeitung nach, wie die Inhalte der Seite kurz nach der ersten Enthüllung verändert und in Richtung ‹Aufklärung› gedreht wurden.»
B. Am 4. Juli 2012 protestierte Hermann Lei per E-Mail an Philipp Loser gegen den «massiv ehrverletzenden Inhalt» des obengenannten Artikels. Er ersuchte den Redaktor, die ihn betreffende «ehrverletzende, falsche Passage» umgehend zu entfernen. Ansonsten werde er gerichtliche Schritte einleiten. Gleichentags gelangte auch Remo Massat namens der Schlagwort AG per E-Mail an die «Tageswoche». Hermann Lei sei zu keinem Zeitpunkt Inhaber der fraglichen Webseite gewesen. Hingegen sei er infolge eines Versehens der Schlagwort AG bei der Switch AG als Ansprechperson, nicht aber als Inhaber der Internetdomain aufgeführt gewesen. Die Inhalte der Website seien zudem keineswegs in Richtung Aufklärung «verdreht» worden.
C. Die Parteien konnten sich auch nach einigem Hin und Her nicht auf den Inhalt einer Berichtigung einigen. Am 9. Juli 2012 ergänzte die «Tageswoche» die Online-Version des Artikels «unpräjudiziell» wie folgt: «Rechtsanwalt Hermann Lei und Remo Massat, Schlagwort AG, protestierten nach Erscheinen dieses Artikels gegen die Darstellung der ‹Tageswoche›: ‹Hermann Lei war als Gründungsanwalt der Schlagwort AG fälschlicherweise bei Switch als Ansprechperson der Schlagwort AG als Halterin der Webseite www.adolf-hitler.ch eingetragen. Die Webseite beinhaltete seit ihrer Lancierung zudem ausschliesslich aufklärerische Informationen, keinesfalls rechtsradikale Inhalte. Soweit der Artikel in der Tageswoche Gegenteiliges direkt oder indirekt vermittelt und damit Hermann Lei oder Schlagwort AG und deren Verwaltungsrat Remo Massat einem rechtsradikalen Umfeld zuordnet, sind diese Aussagen falsch.›» Zudem kündigte die «Tageswoche» an, den gleichen Text in der nächsten Printausgabe zu veröffentlichen.
D. In der Folge reichte Hermann Lei bei der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Strafanzeige wegen Ehrverletzung ein und hob beim Friedensrichteramt Frauenfeld ein Schlichtungsverfahren wegen Persönlichkeitsverletzung an. Am 10./13. September 2012 schlossen die Parteien einen aussergerichtlichen Vergleich ab. Darin anerkannte Philipp Loser, im beanstandeten Bericht fälschlicherweise ausgeführt zu haben, «Hermann Lei sei kurzfristig Halter der Internetdomain www.adolf-hitler.ch gewesen, obwohl dieser nur vorübergehend als Organ der Schlagwort AG im Verzeichnis der Switch AG aufgeführt war. Sollte bei Lesern des vorgenannten Artikels in der Folge der falsche Eindruck entstanden sein, dass Hermann Lei mit dem Artikel ‹Die halben Rassisten von der Volkspartei› eine Verletzung des Rassendiskriminierungsartikels Art 261bis StGB vorgehalten werde, möchte sich der Autor hiervon distanzieren und sein Bedauern aussprechen.»
Weiter hielten die Parteien im Vergleich fest, dass neben der bereits erfolgten Veröffentlichung der nachträglichen Stellungnahme von Hermann Lei und Remo Massat keine ergänzende Publikation mehr notwendig sei. Der Verlag der «Tageswoche» verpflichtete sich zudem, Hermann Lei eine Aufwandentschädigung von 5000 Franken zu bezahlen. Im Gegenzug verpflichtete sich letzterer, die Ehrverletzungsanzeige gegen Philipp Loser zurückzuziehen und auf die Einreichung einer Zivilklage zu verzichten. Schliesslich enthält der Vergleich eine Saldoklausel, in der die Parteien erklären, «hinsichtlich des Artikels ‹Die halben Rassisten von der Volkspartei› per Saldo aller Ansprüche gegenseitig auseinandergesetzt» zu sein.
E. Am 20. Dezember 2012 beschwerte sich Hermann Lei beim Presserat, die «Tageswoche» habe mit der Veröffentlichung des Artikels «Die halben Rassisten von der Volkspartei» die Ziffern 1 (Wahrheit), 3 (Entstellung von Tatsachen), 5 (Berichtigung) und 7 (sachlich nicht gerechtfertigte Anschuldigungen) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt. Der Beschwerdeführer wies darauf hin, dass er in der gleichen Angelegenheit bereits einen Strafantrag bei der Staatsanwaltschaft Basel sowie eine zivilrechtliche Klage eingereicht habe. Nach Abschluss eines Vergleich mit der Gegenpartei habe er den Strafantrag und die Zivilklage jedoch zurückgezogen. Die betroffene Redaktion habe sich aber weder öffentlich entschuldigt noch Korrekturmassnahmen eingeleitet. Zudem handle es sich nicht um eine Angelegenheit von untergeordneter Relevanz, so dass auf die Beschwerde einzutreten sei. Philipp Loser ordne ihn in der beanstandeten Berichterstattung zu Unrecht einem rechtsradikalen Umfeld zu.
F. Am 29. Januar 2013 beantragte die anwaltlich vertretene Redaktion «Tageswoche», die Beschwerde sei abzuweisen, soweit überhaupt darauf einzutreten sei. Der Beschwerdeführer habe es in stossender Weise unterlassen, den Vergleich vom 10./13. September 2012 vollständig offenzulegen. Der Autor habe sich darin von der Behauptung distanziert, Hermann Lei sei kurzfristig Halter der Webseite www.adolf-hitler.ch gewesen und habe zudem in der nachträglich veröffentlichten Stellungnahme von Hermann Lei und Remo Massat anerkannt, dass der durch den Artikel dadurch gegebenenfalls direkt oder indirekt vermittelte Eindruck falsch sei, wonach Hermann Lei oder die Schlagwort AG und deren Verwaltungsrat insoweit einem rechtsradikalen Umfeld zuzuordnen sei.
Unter den gegebenen Umständen sei fraglich, dass der Beschwerdeführer noch ein ausreichendes Interesse an einem Presseratsverfahren habe. Letztlich habe er dies auch durch die Unterzeichnung der Saldoklausel bestätigt.
G. Gemäss Art. 12 Abs. 1 des Geschäftsreglements behandelt das Presseratspräsidium Beschwerden, auf die der Presserat nicht eintritt.
H. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 7. Juni 2013 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Sofern sich keine berufsethischen Grundsatzfragen stellen, tritt der Presserat gemäss Artikel 10 Absatz 2 seines Geschäftsreglements nicht auf eine Beschwerde ein, wenn der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Beschwerdegegenstand bereits ein Gerichtsverfahren eingeleitet hat. Der Presserat hat in der Stellungnahme 2/2000 darauf hingewiesen, dass selbst ein gerichtlicher Vergleich, in dem sich die Parteien per Saldo aller Ansprüche als auseinandergesetzt erklären, ihn nicht daran hindert, auf eine Beschwerde einzutreten, sofern im konkreten Fall ein öffentliches Interesse an einer Stellungnahme des Presserats besteht.
2. Vorliegend hat der Beschwerdeführer seine Strafanzeige zwar zurückgezogen und nach dem Schlichtungsversuch im Zivilverfahren darauf verzichtet, Klage einzureichen. Weiter hat Philipp Loser im erwähnten aussergerichtlichen Vergleich anerkannt, dass der beanstandete Medienbericht insoweit eine Falschmeldung enthielt, als darin ausgeführt wurde, Hermann Lei sei kurzfristig der Halter der Internetdomain www.adolf-hitler.ch ge
wesen. Zudem distanzierte sich Loser vom allenfalls dadurch entstandenen Eindruck, er werfe dem Beschwerdeführer vor, den Rassendiskriminierungsartikel verletzt zu haben. Vor allem aber verzichtete der Beschwerdeführer in der Vereinbarung ausdrücklich auf eine ergänzende Publikation dieser Zugeständnisse der Gegenpartei.
Mithin haben sich die Parteien im aussergerichtlichen Vergleich über sämtliche wesentlichen Punkte geeinigt, die der Beschwerdeführer nun nachträglich dem Presserat zur Beurteilung unterbreitet. Unter diesen Umständen besteht nach Auffassung des Presserats kein öffentliches Interesse daran, trotz der im Vergleich enthaltenen Saldoklausel auf die Beschwerde einzutreten und zum unterbreiteten Sachverhalt Stellung zu nehmen. Zumal die Beschwerde keine grundlegenden berufsethischen Fragen aufwirft, zu denen sich der Presserat nicht bereits in anderem Zusammenhang geäussert hat.
III. Feststellung
Der Presserat tritt nicht auf die Beschwerde ein.