Nr. 41/2020
Trennung zwischen redaktionellem Teil und Werbung

(X. c. «Migros-Magazin»)

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I. Sachverhalt

A. Am 26. August 2019 veröffentlichte das «Migros-Magazin» auf Seite 73 Abbildungen einer Wellnessanlage im Grünen, Fotos, welche zwei Drittel der gesamten Seite in Anspruch nahmen. Oben links war die Seite gekennzeichnet mit dem Symbol «Glücksgriff», ergänzt durch ein vierblättriges Kleeblatt. Die vollständige rechte Spalte, neben der grossen Bebilderung, steht unter dem Titel «Mitmachen und gewinnen» und nennt die Bedingungen eines Wettbewerbs. Im verbleibenden Raum unter den Illustrationen steht in der linken Spalte in grösserer Schrift «Das Migros-Magazin verlost sechs Nächte für zwei Kinder und zwei Erwachsene mit Vollpension und 200-Euro-Spa-Gutschein». In den mittleren beiden Spalten unter den Bildern wird unter dem Titel «Abenteuer und Wellness im Südtirol» in kleinerer Schrift auf je zehn Zeilen das «Schneeberg Family Resort und Spa» angepriesen als idealer Ferienort für Kinder («Kinderparadies, Riesentrampolin, Wasserrutschen» etc.) wie auch Erwachsene («8000 Quadratmeter Wellnessoase»).

B. Am 3. September 2019 erhob X. Beschwerde gegen diese Veröffentlichung beim Schweizer Presserat. Er sieht darin die Ziffer 10 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (im Folgenden «Erklärung») verletzt, hier werde gegen das Gebot der Trennung von redaktionellem Teil und Werbung verstossen. Der Beschwerdeführer macht geltend, derartige Angebote im redaktionellen Teil des Magazins hätten ihn schon verschiedentlich gestört, für ihn als Leser bedeute dieses Angebot, es habe das «Migros-Gütesiegel», die Migros habe das Produkt geprüft, man könne das unbesehen buchen, die Redaktion stehe dahinter. Umgekehrt sei dann aber doch nicht klar, was hier redaktionelle Beurteilung sei und was eher Werbung. Er wolle als Leser genau wissen, wie die Redaktion zu diesem Angebot stehe, und wie die Zusammenarbeit Redaktion – Unternehmen geregelt sei. Er habe deswegen auch schon mit der Redaktion Kontakt aufgenommen, zunächst ohne eine Reaktion zu erhalten, später habe ihm die Projektleiterin «Lesermarkt» des «Migros-Magazin» geschrieben, «Die von Ihnen angesprochene Problematik ist uns bewusst», ein Verzicht auf solche Vermischungen sei aber offensichtlich nicht geplant.

C. Am 11. Oktober 2019 nahm der Chefredaktor des «Migros-Magazin», Franz Ermel, Stellung zur Beschwerde und beantragte deren Abweisung. Er argumentiert, die Seite «Glücksgriff» sei die Wettbewerbsseite der Zeitschrift, sie werde nicht von der Redaktion verantwortet oder verfasst, sondern vom Bereich «Lesermarketing». Die Seite sei mit einem grellgelben «Glücksgriff-Störer» oben links gekennzeichnet. Der «Lead» [unten links, der Presserat] mache klar, worum es gehe, nämlich um eine Verlosung. Dieser Lead sei auch anders abgesetzt als andere Leads im Magazin. Es gebe kein textliches Element auf der ganzen Seite, das man als redaktionellen Inhalt missverstehen könnte. Zudem sei die Seite am Schluss des Blattes, in einem Umfeld von Mitmachgefässen, Angeboten und Rätselseiten, also in einem per se schon redaktionsfernen Umfeld. Aus alledem ergebe sich, dass weder von einem redaktionellen «Migros-Gütesiegel» gesprochen werden könne, das der Beschwerdeführer sehe, noch von einer «Irreführung der Leser» oder von «fehlender Transparenz», wie er sie kritisiere.

D. Der Presserat teilte den Parteien mit Schreiben vom 15. Oktober 2019 mit, die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium behandelt, bestehend aus Dominique von Burg, Präsident, Francesca Snider, Vizepräsidentin, und Max Trossmann, Vizepräsident.

E. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 19. Juni 2020 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägung

Bei der Frage, ob die Ziffer 10 der «Erklärung» verletzt sei, muss beurteilt werden, ob für die durchschnittliche Leserin, den durchschnittlichen Leser klar ist, was hier vorliegt, ob es um redaktionellen Inhalt geht oder nicht. Der Presserat ist der Meinung, dass dies zur Genüge klar wird: Die Seite macht insgesamt mit der dominierenden Bebilderung, mit einer ganzen nebenan aufgeführten Spalte von Wettbewerbs-Teilnahmebedingungen, mit dem Hinweis auf eine Verlosung in grösserer Schrift als der übrige wenige Text und mit dem kleinen, aber auffälligen «Glücksgriff-Symbol» eindeutig nicht den Eindruck eines redaktionellen Textes. Es wird völlig klar, dass es hier um eine Verlosung geht und nicht um eine redaktionelle Beurteilung des «Schneeberg Resorts». Ziffer 10 der «Erklärung» ist damit nicht verletzt. Dies gilt, auch wenn das Anliegen des Beschwerdeführers verständlich erscheint, welcher gerne wüsste, ob die ausgeschriebenen Preise auch Angebote sind, welche die Migros ihren GenossenschafterInnen empfehlen würde. Dass dies nicht aus dem Text hervorgeht, ändert aber nichts an der klaren Unterscheidbarkeit dieses Inhalts vom redaktionellen Teil des Blattes. Darum geht es bei Ziffer 10 der «Erklärung», diese ist nicht verletzt.

III. Feststellungen

1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. Das «Migros-Magazin» hat mit der Seite 73 der Ausgabe vom 26. August 2019 die Ziffer 10 (Trennung zwischen redaktionellem Teil und Werbung) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» nicht verletzt.