I. Sachverhalt
A. Am 19. September 2016 berichteten «20 Minuten» und «20 Minuten online» unter dem Titel «Betrüger kauft im Knast Firma und verschwindet» über einen Ostschweizer, welcher aus der Haft geflohen sei und nach dem die St. Galler Polizei nun fahnde. Zusammen mit Komplizen habe er in einem grossangelegten Immobilienbetrug Banken und Versicherungen um 18 Millionen Franken erleichtert. Noch im Gefängnis habe er einen Aktienmantel für 400 000 Franken erworben, ein Teil des Geldes sei an einen Mazedonier gegangen, welcher wegen diverser Betrügereien einschlägig bekannt sei. Begleitet habe diesen jeweils sein Kompagnon, der Schweizer Michael E., ein ehemaliger Polizist, der sich ebenfalls mit Geheimdienstkontakten brüste. Die beiden hätten dem Ostschweizer eine Freilassung in Aussicht gestellt. Am 6. Oktober 2016 folgte der Artikel «Geheimdienstler auf Abwegen machen Kasse». Der Lead hält fest, der Fall des Ostschweizers weite sich zur Korruptionsaffäre aus. Gegen ehemalige und aktuelle Bundesangestellte würden massive Vorwürfe erhoben, die Polizei ermittle. Nicht nur der Ostschweizer, sondern rund ein Dutzend weitere Männer fühlten sich vom Mazedonier betrogen. Bei Kriminellen aus der Schweiz, denen die Ausschaffung drohte, sei jeweils unvermittelt der Mazedonier zusammen mit dem Schweizer M. E., einem ehemaligen Polizeibeamten und Mitarbeiter des Fedpol, aufgetaucht. Die beiden hätten in allen Details über die Fälle Bescheid gewusst. Sie hätten einen Mitarbeiter der Migrationsbehörden ins Spiel gebracht, welcher die Probleme mit der Aufenthaltsbewilligung lösen könne. An diesen sei ebenfalls Geld geflossen. Auf Anfrage von «20 Minuten» habe sich der Mazedonier als Opfer einer grossen Verschwörung dargestellt. Ex-Polizist M. E. habe auf Anfrage keinerlei Stellung nehmen wollen.
B. Am 18. Oktober 2016 wandte sich X. mit einer Beschwerde an den Schweizer Presserat. Er macht geltend, der Autor habe in den beiden Artikeln gegen seinen Mandanten M. E. schwere Vorwürfe erhoben. E. habe keine faire Möglichkeit zu einer Stellungnahme gehabt. Der Autor habe am 17. oder 18. September 2016 seinen Mandanten telefonisch gefragt, ob er zwei im Bericht vom 19. September 2016 erwähnte Personen kenne. Eine Antwort, warum der Autor den Mandanten mit diesen beiden Fragen konfrontiere, sei ihm verweigert worden. Der Autor habe es daraufhin sogar unterlassen, zu schreiben, dass der Mandant die genannten Personen nicht kenne. Sein Mandant wehre sich entschieden gegen die haltlose Unterstellung, er sei der Kompagnon von Bejadin M. Wahrheitswidrig sei zudem die Behauptung, sein Mandant habe dem ihm unbekannten Ostschweizer eine Freilassung gegen irgendwelche Gegenleistungen in Aussicht gestellt. Seinem Mandanten würden ohne Hinweis auf die Unschuldsvermutung schwere kriminelle Handlungen vorgeworfen. Im Bericht vom 6. Oktober 2016 behaupte der Autor zudem, sein Mandant habe sich als «Verbindungsoffizier» eines Geheimdienstes ausgegeben, was völlig absurd sei. Die kriminellen Machenschaften, die der Autor M. E. in diesem Bericht unterstelle, entbehrten ebenfalls jeder Grundlage. Auch zu diesen neuen Vorwürfen habe er nicht Stellung nehmen können. Durch die unzureichende Anonymisierung seines Mandanten habe dieser in seinem sozialen Nahraum und auch am Arbeitsplatz identifiziert werden können. Die verleumderischen und unfairen Berichte hätten seinen Ruf und seine Ehre schwer beschädigt. Im Ergebnis habe sich der Autor nicht an die Wahrheit gehalten (Ziffer 1 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten», nachfolgend «Erklärung»), anonyme und sachlich nicht gerechtfertigte Anschuldigungen veröffentlicht sowie die Privatsphäre seines Mandanten nicht respektiert. Weiter seien Richtlinie 3.8 (Anhörung bei schweren Vorwürfen), Richtlinie 7.2 (Identifizierung), Richtlinie 7.4 (Gerichtsberichterstattung; Unschuldsvermutung und Resozialisierung) sowie Richtlinie 8.1 (Achtung der Menschenwürde) verletzt worden.
C. In ihrer Beschwerdeantwort vom 18. November 2016 beantragte der Rechtsdienst von Tamedia, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, bzw. diese sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Entgegen der Behauptung von M. E. habe der Autor diesem sehr wohl eine faire Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Er habe M. E. am Telefon nicht gefragt, ob er diese oder jene Person kenne, sondern habe ihm die später im Artikel aufgeführten Vorwürfe genannt. Er habe ihn zu den Vorwürfen anhören und ihm die Möglichkeit bieten wollen, dazu Stellung zu nehmen. E. habe jedoch nach anfänglicher Bereitschaft plötzlich abrupt abgeblockt. Durch den Anruf des Journalisten habe E. diesen jederzeit zurückrufen können, auch dies ein Indiz, dass M. E. auf eine Anhörung zu den Vorwürfen verzichtet habe, was der Artikel entsprechend wiedergebe. Es liege keine Verletzung von Richtlinie 3.8 vor. Ferner habe der Autor dokumentiert, dass M. E. und der Mazedonier B. M. Facebook-Freunde gewesen seien und es lägen ihm auch mehrere Fotos vor, die die beiden zusammen an verschiedenen Tagen und Orten zeigten. Demnach sei auszuschliessen, dass es sich um eine einmalige Zufallsbegegnung gehandelt habe. Der Beschwerdeführer behaupte somit wahrheitswidrig, dass sein Mandant B. M. nicht kenne. Die Behauptung, der Autor erhebe schwere Vorwürfe und haltlose Unterstellungen gegen den Mandanten des Beschwerdeführers, werde vollumfänglich zurückgewiesen. Der Autor habe sorgfältig recherchiert und wahrheitsgemäss berichtet. Er gebe in den Artikeln wieder, was mehrere Zeugen zuhanden der Luzerner Kantonspolizei festgehalten hätten: nämlich dass der Mazedonier und M. E. ihnen versprochen hätten, gegen Geld ihre Probleme mit den Schweizer Migrationsbehörden zu regeln. Es treffe in keiner Weise zu, dass «20 Minuten» eine Falschmeldung verbreitet habe. Die Berichte stünden im Einklang mit Ziffer 1 und 7 der «Erklärung». Der Autor habe zudem die Menschenwürde jederzeit geachtet und in keiner Weise verletzt. Er habe in den Artikeln lediglich ausgeführt, was mehrere Zeugen ausgesagt hätten. Entsprechend liege auch kein Verstoss gegen Richtlinie 8.1 vor. Bezüglich der geltend gemachten Verstösse gegen die Richtlinien 7.2 und 7.4 beantrage die Beschwerdegegnerin dem Presserat, darauf nicht einzutreten, da es sich nicht um ethische Grundsatzfragen handle, sondern sie Gegenstände einer rechtlichen Beurteilung beträfen.
D. Am 5. Dezember 2016 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium behandelt, bestehend aus dem Präsidenten Dominique von Burg, Vizepräsidentin Francesca Snider und Vizepräsident Max Trossmann.
E. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 29. September 2017 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägungen
1. a) Ziffer 1 der «Erklärung» verlangt von Journalistinnen und Journalisten, dass sie sich an die Wahrheit halten und sich vom Recht der Öffentlichkeit leiten lassen, die Wahrheit zu erfahren. Beschwerdeführer X. macht geltend, der Autor habe seinem Mandanten M. E. keine faire Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Im Artikel hingegen stehe, M. E. habe auf eine Stellungnahme verzichtet. Tamedia ihrerseits führt aus, M. E. sei sehr wohl eine faire Möglichkeit gewährt worden, sich zu äussern. Es seien ihm telefonisch die Vorwürfe vorgelegt worden, E. habe das Gespräch jedoch plötzlich abgeblockt und auch nicht zurückgerufen. «20 Minuten» habe deshalb im Artikel korrekt berichtet, E. habe auf eine Stellungnahme verzichtet. Für den Presserat steht hier Aussage gegen Aussage. Es ist somit nicht nachgewiesen, dass die Aussage, M. E. habe auf eine Stellungnahme verzichtet, nicht der Wahrheit entspricht.
b) «20 Minuten» sagt weiter, der Beschwerdeführer behaupte wahrheitswidrig, sein Mandant M. E. kenne den Mazedonier B. M. nicht. Zur Untermauerung legt die Redaktion mehrere Bilder bei, welche die beiden miteinander zeigen. Der Artikel vom 19. September 2016 nennt neben M. E. den Mazedonier B. M. sowie den flüchtigen Ostschweizer. X. macht in seiner Beschwerde jedoch allein geltend, sein Mandant M. E. wehre sich gegen die Unterstellung, er sei der Kompagnon von B. M. Im Artikel vom 19. September steht: «Begleitet wurde M. jeweils von seinem Kompagnon, dem Schweizer Michael E., einem ehemaligen Polizisten, der sich ebenfalls mit Geheimdienstkontakten brüstet.» X. bestreitet in seiner Beschwerde nicht, dass sich M. E. und B. M kennen. Damit ist jedoch nicht nachgewiesen, dass E. der Kompagnon von M ist bzw. war. Auch hier steht somit Aussage gegen Aussage. Eine Verletzung der Wahrheitspflicht ist letztlich auch hier nicht nachgewiesen.
c) Der Beschwerdeführer moniert zudem, die kriminellen Machenschaften, die der Autor M. E. unterstelle, entbehrten jeder Grundlage. Tamedia führt diesbezüglich aus, «20 Minuten» und «20 Minuten online» hätten nur berichtet, was mehrere Zeugen dem Autor bei der Recherche berichtet hätten. Ausser dafür, dass sich die beiden erwähnten Männer kennen, legt «20 Minuten» für keines seiner Rechercheergebnisse Beweise vor. Somit steht auch hier letztlich Aussage gegen Aussage, weshalb auch hier nicht von einer Verletzung der Wahrheitspflicht ausgegangen werden kann.
2. a) Ziffer 7 der «Erklärung» verlangt von Journalisten, dass sie die Privatsphäre der Personen respektieren und anonyme und sachlich nicht gerechtfertigte Anschuldigungen unterlassen. Der Mandant des Beschwerdeführers wird in beiden Artikel durchwegs als M. E. bezeichnet, ein einziges Mal im Artikel vom 19. September 2016 als Michael E. Richtlinie 7.2 (Identifizierung) hält fest: «Überwiegt das Interesse am Schutz der Privatsphäre das Interesse der Öffentlichkeit an einer identifizierenden Berichterstattung, veröffentlichen Journalisten weder Namen noch andere Angaben, welche die Identifikation einer Person durch Dritte ermöglichen, die nicht zu deren Familie, sozialem oder beruflichem Umfeld gehören, also ausschliesslich durch die Medien informiert werden.» Unbestritten ist vorliegend, dass kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Identifikation von M. E. besteht. Zwar wäre es wünschenswert gewesen, wenn immer die Initialen M. E. verwendet worden wären. Jedoch ist selbst mit der (einmaligen) Nennung des Vornamens und des weiteren Elements, dass M. E. ehemals als Polizist tätig war, keine Identifizierung möglich, die über das soziale oder berufliche Umfeld von E. hinausgeht. Andererseits weist der Beschwerdeführer auch nicht nach, inwiefern es sich um sachlich nicht gerechtfertigte Anschuldigungen handelt. Ziffer 7 der «Erklärung» ist somit nicht verletzt.
b) Soweit sich der Beschwerdeführer darüber hinaus auf Richtlinie 7.4 (Gerichtsberichterstattung; Unschuldsvermutung und Resozialisierung) und 8.1 (Achtung der Menschenwürde) beruft, so ist mangels Substantiierung auf diese Rügen nicht einzutreten.
III. Feststellungen
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. «20 Minuten» und «20 Minuten online» haben mit den beiden Artikeln «Betrüger kauft im Knast Firma und verschwindet» vom 19. September 2016 und «Geheimdienstler auf Abwegen machen Kasse» vom 6. Oktober 2016 Ziffer 1 (Wahrheitspflicht), Ziffer 3 (Anhören bei schweren Vorwürfen) und Ziffer 7 (Identifizierung; sachlich nicht gerechtfertigte Anschuldigungen) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» nicht verletzt.