Zusammenfassung
Die «Republik» hat in einem ausführlichen Artikel über den «meistgesuchten Badi-Pächter der Welt» berichtet. Dessen Namen nannte sie nicht, hingegen die Namen der betreffenden Badeanstalt und der Gemeinde. Damit war für die Bewohnerinnen und Bewohner der Gemeinde und deren Umgebung einfach erkennbar, um wen es sich handelte. Eine identifizierende Berichterstattung ist nur zulässig, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, etwa wenn eine Person im Zusammenhang mit dem betreffenden Thema öffentlich auftritt oder wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Namensnennung besteht. Nach Ansicht des Presserats war keine dieser Voraussetzungen erfüllt, der Schutz der Privatsphäre überwog in allen diesen Punkten. Zwar hat die «Republik» bezüglich Unschuldsvermutung und Anhören bei schweren Vorwürfen alles richtig gemacht, der Pächter war jedoch für eine zu grosse Anzahl Personen erkennbar, weshalb der Presserat die Beschwerde teilweise gutheisst.
Résumé
« Republik » a consacré un article détaillé au preneur du bail à ferme d’un établissement de baignade, présenté comme le plus recherché du monde (« meistgesuchte[r] Badi-Pächter der Welt »), sans le nommer, mais en indiquant le nom de l’établissement en question et de la commune. Les habitants de la commune et les populations alentours ont donc pu déterminer sans difficulté de qui il s’agissait. Les comptes rendus permettant d’identifier une personne ne sont admissibles qu’à certaines conditions, par exemple si la personne s’exprime publiquement sur le sujet ou s’il existe un intérêt public prépondérant à la nommer. Aucune de ces conditions n’était remplie de l’avis du Conseil suisse de la presse ; la protection de la sphère privée l’emportait sur tous ces points. « Republik » a certes rempli toutes ses obligations en matière de présomption d’innocence et d’audition lors de reproches graves, mais le preneur du bail à ferme s’est avéré reconnaissable pour un nombre trop élevé de personnes. En conséquence, le Conseil suisse de la presse a partiellement admis la plainte.
Riassunto
La rivista «Republik» ha pubblicato un articolo dettagliato sul «locatario di piscine più ricercato al mondo» («Der meistgesuchte Badi-Pächter der Welt»). Non ne citava il nome, ma riportava quelli dello stabilimento balneare in questione e del comune. In questo modo, ha permesso ai residenti del comune e dell’area circostante di riconoscere con facilità di chi si trattava. Un resoconto identificativo è consentito solo se vengono soddisfatte determinate condizioni, ad esempio se una persona appare pubblicamente in relazione all’argomento trattato o se esiste un interesse pubblico prevalente per indicare il nome di una persona. Secondo il Consiglio della stampa, in questo caso non viene soddisfatta nessuna di queste condizioni e la tutela della privacy prevale sugli altri aspetti.
Sebbene «Republik» abbia agito secondo i canoni per quanto riguarda la presunzione d’innocenza e l’ascolto di accuse gravi, le persone in grado di riconoscere il locatario erano troppe, motivo per cui il Consiglio della stampa ha parzialmente accolto il reclamo.
I. Sachverhalt
A. Am 21. Juli 2022 publizierte die «Republik» einen Artikel von Dennis Bühler mit dem Titel «Der meistgesuchte Badi-Pächter der Welt». Der Untertitel hielt fest: «Nach langer Suche hat die Gemeinde Z. [Anonymisierung Presserat] am Zürichsee einen Gastronomen für ihre Badeanstalt gefunden. Das Problem: Er versteckt sich in der Schweiz von der New Yorker Justiz.»
Im Artikel legt die «Republik» dar, dass der 61-jährige X., welcher die Pacht des Kiosks in der Badi Z. übernommen hat, von der US-Justiz zur Fahndung ausgeschrieben sei mit dem Hinweis, X. sei nicht verurteilt, es gelte die Unschuldsvermutung. X. selbst sage, er sei vollkommen unschuldig.
In der Folge wird erläutert, dass die Staatsanwaltschaft für den südlichen Bezirk von New York schwere Vorwürfe gegen zehn mutmassliche Betrüger erhoben habe, welche mit ausgeklügelten Täuschungsmanövern in diversen Ländern gutgläubige Menschen dazu gebracht hätten, ihnen Geld zu überweisen. So sei den Opfern vorgegaukelt worden, sie hätten es mit erfolgreichen Finanzinvestitionsfirmen zu tun, indem sie potenzielle Investoren im Glauben liessen, sie investierten in Unternehmen, welche von bekannten Personen geführt würden. Hinzu sei hartnäckiges Telefonmarketing aus sogenannten Boiler Rooms betrieben worden, um die Opfer dazu zu bringen, Geld zu überweisen. Das Geld sei nicht wie behauptet in Unternehmen investiert worden, sondern sei direkt oder indirekt auf die Konti der Beschuldigten geflossen. Weder die Firmen noch die Aktienpakete existierten.
Neun der zehn Bandenmitglieder seien verhaftet worden, einzig an X. würden sich die Strafverfolger bis heute die Zähne ausbeissen. Gemäss US-Justiz sei X. in dem Komplott ein wichtiger «Banker», d.h. Geldwäscher gewesen. X. bestreite die Vorwürfe, diese seien ihm bis heute nicht zugestellt worden. Es handle sich um ein Missverständnis und er gehe davon aus, dass das US Department of Justice seinen Namen in der Anklage fallen lasse. Auch die Gemeinde Z. sehe kein Versäumnis und habe keinen Anlass gesehen, X. nicht als Pächter zu berücksichtigen. Er habe einen einwandfreien Strafregisterauszug vorgelegt.
Die «Republik» legt weiter dar, X. sei auch in der Schweizer Justiz einschlägig bekannt, auch wenn seine Wikipedia-Seite etwas anderes behaupte und der vorgelegte Strafregisterauszug keine Einträge aufweise. X. sei in der Schweiz im April 2021 der qualifizierten Geldwäscherei, der mehrfachen Urkundenfälschung sowie des betrügerischen Konkurses schuldig gesprochen worden. Dieser Entscheid sei noch nicht rechtskräftig, da verschiedene Parteien, unter anderem X., Berufung eingelegt hätten. X. sehe sich zu Unrecht beschuldigt, was er gegenüber der «Republik» bekräftigt habe.
Weiter legt die «Republik» dar, dass die Finma 2014 die Finanzgesellschaft Sinitus AG in Küsnacht zwangsliquidiert und gegen X. eine Unterlassungsanweisung ausgesprochen habe, gemäss welcher es ihm verboten worden sei, Tätigkeiten als Finanzintermediär anzubieten oder zu bewerben. In einem weiteren Fall habe ihn das Bundesstrafgericht im November 2017 wegen schwerer Veruntreuung und Urkundenfälschung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten bei einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. 2009 hatte X. widerrechtlich Aktien von einem Unternehmen, in dessen Verwaltungsrat er einsass, an ein anderes Unternehmen transferiert, um die Aktien dem Zugriff einer Drittpartei, die ein Pfandrecht besass, zu entziehen. Im Verlaufe dieses Verfahrens habe X. nie Reue oder Einsicht gezeigt, sondern die Behörden beschuldigt, einen Rachefeldzug gegen ihn zu führen, wie im Urteil festgehalten worden sei. Gegen dieses Urteil habe X. Revision beantragt, weil er aus medizinischen Gründen nicht habe am Prozess teilnehmen können. Dieses Revisionsgesuch sei derzeit beim Bundesgericht anhängig.
Während das vorgenannte Verfahren in Bellinzona geführt worden sei, habe X. auf Zypern gelebt und auch dort für Unruhe gesorgt. 2015 und 2016 habe er im Verwaltungsrat der Fluggesellschaft Cobalt gesessen, aus welchem er 2016 ausgeschieden sei. In der Folge habe sich X. die Zeit auf Zypern mit dem Schreiben von Leserbriefen vertrieben, in denen er Fälle geschildert habe, in die er selbst verwickelt gewesen sei. Transparenz geschaffen habe er nicht.
Der Artikel schliesst mit der Feststellung, dass es der Gemeinde Z. natürlich freistehe, X. in der Badeanstalt weiterhin Wähen verkaufen zu lassen. Denn die notwendigen Kenntnisse für das Gastrogeschäft bestünden, da die Ehefrau von X. während der Zeit in Zypern ein Strandcafé geführt habe.
B. Am 25. August 2022 reichte X. gegen den Artikel in der «Republik» Beschwerde beim Schweizer Presserat ein. Er hält fest, mit dem Abdruck des Titels und der Erwähnung «der gemeindeeigenen [Name der Badeanstalt, der Presserat]» sowie dem Abdruck einer Bildaufnahme der Badi sei die «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend: «Erklärung») verletzt worden. Der Beschwerdeführer macht die Verletzung von Ziffer 7 der «Erklärung» und insbesondere von Richtline 7.2 (Identifizierung) geltend. Er sei von den Lesern des Artikels identifiziert worden und habe seit Publikation des Artikels unfreundliche Kontaktaufnahmen von Drittpersonen erhalten. Nach seiner Intervention, einen Tag vor Publikation des Artikels, sei seine Person nur mit Pseudoinitiale und ohne weitere Beschreibung genannt worden. Folgeartikel in anderen Medien («Blick», «20Minuten.ch» etc.) hätten seine Identität geschützt und von einer Badeanstalt am Zürichsee geschrieben. Er gehe davon aus, dass er im Artikel vorsätzlich leicht identifizierbar dargestellt worden sei. Seine Identität sei nicht von öffentlichem Interesse, er sei weder Politiker noch sonst «eine Person öffentlichen Interesses».
X. führt aus, er habe mehrere Gespräche und Korrespondenz mit der Redaktion gehabt und mehrmals darum gebeten, dass eine Korrektur publiziert werde. Die «Republik» habe dies abgewiesen. Er hält fest, dass er mit seiner Beschwerde erreichen wolle, dass seine quasi namentliche Nennung zu Unrecht erfolgt sei. Für eine zivilrechtliche Klage mache er den Ausgang des Verfahrens vor dem Presserat abhängig.
C. Am 26. September 2022 nahm Chefredaktor Oliver Fuchs für die «Republik» zu den Vorwürfen des Beschwerdeführers Stellung. Er stellt den formellen Antrag, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, da der Beschwerdeführer festhalte, dass er ein Verfahren vor Gericht vorsehe. Dabei handle es sich um einen Nichteintretensgrund gemäss Artikel 11 des Geschäftsreglements des Presserats.
Zum Vorwurf der Verletzung von Ziffer 7 der «Erklärung» führt die «Republik» an, dass man nicht nur auf die Namensnennung verzichtet habe, sondern auch auf die Veröffentlichung der Initialen. Stattdessen habe man dem Beschwerdeführer das unverdächtige Pseudonym «X.» verliehen. Dieses Pseudonym habe man auch nicht aufgrund einer Intervention gewählt. Vielmehr habe der Beschwerdeführer verlangt, dass man ihn doch «Opfer oder O der Bundesanwalt» nennen möge. Suche man den Namen des Beschwerdeführers auf einer beliebigen Suchplattform, stosse man nicht auf den «Republik»-Beitrag, sondern auf zahlreiche Medienartikel, welche in den vergangenen Jahren im In- und Ausland wegen der mutmasslich schweren wirtschaftskriminellen Tätigkeiten veröffentlicht worden seien und die ihn bei seinem Klarnamen genannt hätten.
Die «Republik» habe sich für den geschilderten, äusserst zurückhaltenden Umgang mit der Identität des Beschwerdeführers entschieden, um dessen Persönlichkeit so gut wie möglich zu schützen. Man habe dem Prinzip der Verhältnismässigkeit Beachtung geschenkt und den Eingriff so klein wie möglich gehalten. Hätte man aber auf die Nennung der Badi selbst verzichtet, so hätte dies eine erhebliche Verwechslungsgefahr mit sich gebracht und der Verdacht hätte auf jeden Pächter einer Zürichsee- oder Schweizer Badeanstalt fallen können. Zudem habe es mindestens zwei weitere Gründe gegeben, den Namen des Beschwerdeführers im Artikel zu nennen. Einerseits handle es sich um einen mutmasslichen Wiederholungstäter, der nach Auffassung mehrerer Gerichte im Zeitraum von mehr als einem Jahrzehnt schwere Wirtschaftsdelikte begangen habe. Daraus liesse sich ein öffentliches Interesse ableiten, den Namen zu nennen. Andrerseits sei der Beschwerdeführer von sich aus als neuer Pächter an die Öffentlichkeit getreten. Er habe sich für einen am 29. April 2022 in der «Zürichsee-Zeitung» erschienenen Artikel nicht nur befragen und zitieren, sondern auch mit seiner Ehefrau ablichten lassen.
Vorsorglich äussert sich die «Republik» zudem zu Richtlinie 5.1 (Berichtigungspflicht), da der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeschrift mehrfach festhalte, er habe «mehrmals und wiederholt darum gebeten, dass eine entsprechende Korrektur publiziert wird». Der Beschwerdeführer habe keine Berichtigung falscher Tatsachenbehauptungen verlangt, sondern eine umfangreiche Ergänzung des veröffentlichten Beitrags und später dessen Löschung. Die «Republik» legt verschiedene Schriftenwechsel mit dem Beschwerdeführer bei, um ihre Darstellungen zu verdeutlichen.
Abschliessend hält die «Republik» fest, dass sie nicht nur nicht gegen die Richtlinien 7.2 oder 5.1 verstossen habe, sondern sich geradezu vorbildlich an die besonders relevanten Richtlinien 3.8 (Anhörung bei schweren Vorwürfen) und 7.4 (Unschuldsvermutung) gehalten habe. So sei der Beschwerdeführer sorgfältig und detailliert mit sämtlichen Vorwürfen konfrontiert worden und ausführlich zu Wort gekommen. Gleich zu Beginn des Artikels sei zudem betont worden, dass die Unschuldsvermutung gelte. Auch werde an keiner Stelle im Artikel der Eindruck erweckt, die Schuld des Beschwerdeführers sei erwiesen. Folglich habe die «Republik» in keiner Art und Weise gegen die «Erklärung» verstossen.
D. Das Präsidium des Presserats wies den Fall seiner 3. Kammer zu; ihr gehören Jan Grüebler (Kammerpräsident), Annika Bangerter, Monika Dommann, Christina Neuhaus, Simone Rau, Pascal Tischhauser und Hilary von Arx an.
E. Die 3. Kammer behandelte die Beschwerde an ihren Sitzungen vom 6. März und 3. Juli 2023 sowie auf dem Korrespondenzweg.
II. Erwägungen
1. Der Presserat geht auf die nach Abschluss des Schriftenwechsels erfolgten Eingaben des Beschwerdeführers nicht ein, weil diese keine erheblichen neuen Aspekte enthielten, ausser allenfalls der nachträglichen Beteuerung, dass er nun doch kein Zivilverfahren gegen die «Republik» anstrebe.
2. Die «Republik» beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, da der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde implizit festhalte, ein Zivilverfahren einzureichen, je nach Ausgang des Verfahrens vor dem Presserat. Der Beschwerdeführer schreibt tatsächlich: «Für eine allfällige zivilrechtliche Klage mache ich unter anderem abhängig vom Ausgang des Verfahrens vor dem Presserat.» (sic) Gestützt auf Art. 11 Abs. 1 tritt der Presserat auf eine Beschwerde nicht ein, wenn ein Parallelverfahren eingeleitet wurde oder vorgesehen ist. In seiner konstanten Praxis geht der Presserat davon aus, dass der blosse Vorbehalt eines gerichtlichen Verfahrens nicht genügt bzw. einen Nichteintretensgrund darstellen würde. Alles andere würde bedeuten, dass der Presserat BürgerInnen a priori das Wahrnehmen eines Grundrechts verwehrt (vgl. Stellungnahmen 27/2017, 57/2019, 52/2021). Der Presserat tritt somit auf die Beschwerde ein.
3. Der Beschwerdeführer sieht die Ziffer 7 (Privatsphäre) der «Erklärung» sowie die Richtlinie 7.2 (Identifizierung) als verletzt an. Er macht geltend, dass der Artikel trotz Pseudonymisierung absichtlich so verfasst worden sei, dass er identifiziert werden könne. Die «Republik» entgegnet, man habe nicht nur auf die Namensnennung verzichtet, sondern auch auf die Veröffentlichung von dessen Initialen und bewusst das Pseudonym «X.» verwendet. Zudem sei darauf verzichtet worden, den Beschwerdeführer im Bild zu zeigen. Damit seien keinerlei Angaben gemacht worden, die seine Identifikation ermöglichten. Wäre der Name der Badeanstalt nicht genannt worden, hätte dies eine erhebliche Verwechslungsgefahr mit sich gebracht und der Verdacht hätte auf jeden Pächter einer Badeanstalt fallen können. Zudem hätte es gute Gründe gegeben, den Beschwerdeführer beim Namen zu nennen: Es handle sich um einen mutmasslichen Wiederholungstäter, deshalb sei seine Identifizierbarkeit im öffentlichen Interesse. Zudem sei er von sich aus als neuer Pächter an die Öffentlichkeit getreten. Er habe sich dafür von der «Zürichsee-Zeitung» nicht nur befragen und zitieren, sondern sogar ablichten lassen.
In Richtlinie 7.2 zur Identifizierung heisst es: «Journalistinnen und Journalisten wägen die beteiligten Interessen (Recht der Öffentlichkeit auf Information, Schutz der Privatsphäre) sorgfältig ab.» Der Journalistenkodex listet mehrere Gründe auf, wann eine identifizierende Berichterstattung zulässig ist. Drei davon nimmt die «Republik» auf, um eine identifizierende Berichterstattung zu rechtfertigen: Verwechslungsgefahr, öffentliches Interesse und dass der Beschwerdeführer von sich aus an die Öffentlichkeit getreten sei.
Die «Republik» hält sich zugute, dass sie den Pächter der Badeanstalt weitgehend anonymisiert hat. Die Problematik einer identifizierenden Berichterstattung ist der «Republik» durchaus bewusst. Die Identität des Beschwerdeführers ist aber mit der Erwähnung der Badeanstalt einfach festzustellen. Es gibt nur einen Pächter dieser Badeanstalt. Es wäre möglich gewesen, von einer Badeanstalt im Kanton Zürich oder am Zürichsee zu sprechen. Von diesen gibt es Dutzende. Die «Republik» macht geltend, dass so eine Verwechslungsgefahr bestanden hätte. Richtlinie 7.2 (Identifizierung) erlaubt tatsächlich eine Namensnennung, «um eine für Dritte nachteilige Verwechslung zu vermeiden». Die Verwechslungsgefahr ist in diesem Fall allerdings nicht besonders gross. Nach Ansicht des Presserats überwiegt der Schutz der Privatsphäre.
Die «Republik» macht zudem geltend, eine Namensnennung wäre zulässig gewesen, obwohl sie auf diese verzichtet habe. Daran bestehe ein öffentliches Interesse, da vom Beschwerdeführer eine «erhebliche Gefahr ausgehen dürfte». Da sich sämtliche Vorwürfe im Bereich Banken und Geldwäscherei bewegen, dürfte nach Ansicht des Presserats für die Badi-Gäste und die Gemeinde keine erhebliche Gefahr bestehen. Zudem ist der Beschwerdeführer nicht rechtskräftig verurteilt. Auch beim Abwägen einer allfälligen Namensnennung ist die Unschuldsvermutung zu beachten. Und selbst verurteilte Straftäter haben ein Recht auf Privatsphäre.
Ein weiteres Argument, das laut der «Republik» für eine identifizierende Berichterstattung spricht, sei, dass sich der Beschwerdeführer von sich aus in der «Zürichsee-Zeitung» geäussert habe und dort auch mit Bild zu sehen war. In der Richtlinie 7.2 heisst es dazu, eine identifizierende Berichterstattung ist zulässig, «sofern die betroffene Person im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Medienberichts öffentlich auftritt». Im Artikel der «Republik» geht es um die Vorwürfe der US- und der Schweizer Justiz gegen den Beschwerdeführer, im Artikel der «Zürichsee-Zeitung» geht es um den Beschwerdeführer als neuen Pächter der Badeanstalt. Er ist also nicht im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Berichts der «Republik» öffentlich aufgetreten.
Die «Republik» hat in diesem Artikel fast alles richtig gemacht. Sie hat den Beschwerdeführer angehört, diesen zu Wort kommen lassen und aus den Justizverfahren zitiert. Sie hat den Beschwerdeführer als X. bezeichnet und auch sonst kaum identifizierende Informationen veröffentlicht. Aber sie hat mit der Erwähnung des Namens und des Standorts der Badeanstalt für die ganze Gemeinde und die Umgebung klar gemacht, um wen es bei den schweren Vorwürfen im Artikel geht. Damit hat die «Republik» Richtlinie 7.2 (Identifizierung) verletzt.
III. Feststellungen
1. Der Presserat heisst die Beschwerde in einem Punkt gut.
2. Die «Republik» hat mit dem Artikel «Der meistgesuchte Badi-Pächter der Welt» vom 21. Juli 2022 die Ziffer 7 (Identifizierung) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt.
3. Darüber hinausgehend wird die Beschwerde abgewiesen.