I. Sachverhalt
A. Am 10. September 2000 veröffentlichte der «SonntagsBlick» einen Artikel unter dem Titel «Neonazis: Sie schiessen rum und rekrutieren neue Mitglieder». Die beiden Autoren des Artikels, Sandro Brotz und Martin Meier, schrieben, dass «Neonazi» Pascal Lobsiger in der Schweiz eine geheime rechtsextreme Truppe aufbauen wolle. In einem Teil des Artikels schilderten sie, wie Neonazis in Rorbas Schiessübungen veranstalteten. Sie schrieben ausserdem: «Das nahe Rorbas ist ein Hort für Glatzköpfe.» Es sei «Anfang Jahr auf der alten Tössbrücke auch zu einer Massenschlägerei zwischen rund 30 Neonazis und Ausländern» gekommen. Und: «Bis heute wird der blutige Vorfall in der SVP-Hochburg Rorbas heruntergespielt.» Illustriert war der Artikel mit der Abbildung eines Gewehres sowie einer Fotomontage vom Schützenhaus Teufen mit «Neonazi» Pascal Lobsiger im Vordergrund.
B. Am Tag nach der Veröffentlichung des Artikels verlangte Bruno Keller, Gemeindepräsident von Rorbas, von Hanspeter Peyer, Mitglied der Redaktionsleitung des «SonntagsBlick» eine Entschuldigung bei den Dorfbewohnern von Rorbas. Die Zeitung habe «rufschädigende Unterstellungen» gemacht. Ausserdem wies Gemeindepräsident Keller darauf hin, dass eine Familie Lobsiger im Dorf seit dem Artikel unglaublichen Belästigungen ausgesetzt sei, weil sie – zu Unrecht – mit dem im Artikel erwähnten Pascal Lobsiger in Verbindung gebracht werde.
C. Hanspeter Peyer einigte sich mit Bruno Keller auf ein Interview, in dem der Gemeindepräsident seine Sicht der Dinge darlegen könne. Am 14. September 2000 fand das Interview statt. Gemeindepräsident Keller wollte nicht, dass während dieses Interviews von ihm ein Foto gemacht wurde.
D. Am 16. September 2000 schickte Bruno Keller die korrigierte Version des vorgelegten Interview-Textes zurück an den «SonntagsBlick». Daraufhin teilte Sandro Brotz dem Gemeindepräsidenten mit, dass er das Interview mit den vorgenommenen Korrekturen nicht veröffentlichen werde. Bruno Keller erklärte, dass von ihm nichts anderes als das korrigierte Interview veröffentlicht werden dürfe.
E. Am 17. September 2000 erschien der Artikel «Neonazi-Hort Rorbas ZH: Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen» von denselben Autoren wie der erste Text. Sie schrieben, dass die Gemeinde Rorbas via Pressemitteilung bestritten habe, dass die im «SonntagsBlick» vom 10. September 2000 geschilderten Ereignisse stattgefunden hätten. Die Autoren zählten die Vorfälle nochmals auf. Sie schrieben ausserdem, Gemeindepräsident Keller habe seinen Interview-Text so abgeändert, dass er für sie nicht mehr akzeptabel gewesen sei und sie deshalb auf den Abdruck verzichtet hätten. Zum Artikel wurde ein Porträt-Bild von Gemeindepräsident Keller gestellt.
F. Am 13. November 2000 erhob Rechtsanwältin Magda Streuli-Youssef im Namen der Politischen Gemeinde Rorbas beim Presserat Beschwerde. Der «SonntagsBlick» habe in Zusammenhang mit den beiden veröffentlichten Artikeln die Ziffern 1, 3, 5 und 7 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt. Im weiteren wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass sie wegen der beanstandeten Artikel auch ein gerichtliches Verfahren anhängig machen werde.
G. Der Presserat wies den Fall der 3. Kammer zu, der Catherine Aeschbacher als Präsidentin sowie Esther Diener-Morscher, Judith Fasel, Sigmund Feigel, Roland Neyerlin, Daniel Suter und Max Trossmann als Mitglieder angehören.
H. Am 30. Januar 2001 nahmen die Beschwerdegegner, vertreten durch RA Dr. Matthias Schwaibold, Stellung zu den Vorwürfen. Der «SonntagsBlick» beantragte, auf die Beschwerde sei mangels genügender Bevollmächtigung der Gegenanwältin und aufgrund der zwischenzeitlich hängigen parallelen zivilgerichtlichen Verfahren nicht einzutreten. Darüber hinaus wiesen die Beschwerdegegner materiell sämtliche Beschwerdepunkte zurück. Es handle sich bei den Äusserungen in den beiden Artikeln um politische Einschätzungen. Diese seien nicht vom Presserat zu beurteilen, sondern würden unter die Kommentarfreiheit fallen.
I. Mit Schreiben vom 2. Februar 2001 reichte die Anwältin der Beschwerdeführerin einen Auszug aus dem Protokoll des Gemeinderates der Gemeinde Rorbas vom 13. November 2000 nach, aus dem hervorgeht, dass sie durch Gemeinderatsbeschluss vom 16. Oktober 2000 mit dem Mandat beauftragt wurde, beim Presserat die vorliegende Beschwerde einzureichen.
K. Die 3. Kammer des Presserates beschloss an ihrer Sitzung vom 1. März 2001, bei der Beschwerdeführerin die von ihr offerierte Tonbandaufnahme des Interviews vom 14. September 2001 einzuverlangen. Weiter wurden die Beschwerdegegner aufgefordert, ergänzend zur Frage Stellung zu nehmen, ob die in der Ausgabe vom 10. September 2000 abgebildete Fotomontage für die Leserschaft in genügender Weise als solche gekennzeichnet bzw. erkennbar gewesen sei.
L. Mit Schreiben vom 5. März 2001 stellte die Beschwerdeführerin dem Presserat je eine Kopie der zivilgerichtlichen Klageschriften (samt Beilagen) i.S. Politische Gemeinde Rorbas bzw. Bruno Keller c. «SonntagsBlick» zu.
M. Mit Schreiben vom 8. März 2001 reichte die Beschwerdeführerin die Tonbandaufnahme des Interviews vom 14. September 2000 ein.
N. Mit Schreiben vom 31. März 2001 machten die Beschwerdegegner geltend, die am 10. September 2000 veröffentlichte Fotomontage sei für die durchschnittliche Leserschaft klar als solche erkennbar gewesen. Neu stellten die Beschwerdegegner den Hauptantrag, das Verfahren vor dem Presserat sei bis nach rechtskräftigem Abschluss des Zivilprozesses zwischen der Politischen Gemeinde Rorbas und dem «SonntagsBlick» zu sistieren.
O. Mit Schreiben vom 15. Mai 2001 äusserten sich die Beschwerdegegner zur Tonbandaufnahme des Interviews vom 14. September 2000 und machten zusammenfassend geltend, der – zum Teil hitzige – Verlauf des Gesprächs bilde nachgerade den Beweis dafür, dass die Beschwerdegegner ihre Vorwürfe an die Gemeinde Rorbas zu Recht erhoben hätten. Auf eine politische Problematik habe die Gemeinde gegenüber dem «SonntagsBlick» lediglich mit formalen Argumenten und plakativen, inhaltslosen Bekenntnissen reagiert.
P. Die 3. Kammer verabschiedete ihre Stellungnahme an ihrer Sitzung vom 17. Mai 2001 sowie auf dem Korrespondenzweg.
II. Erwägungen
1. Nachdem die Anwältin der Beschwerdeführerin ihre Bevollmächtigung nachträglich belegt hat, braucht auf den entsprechenden Einwand der Beschwerdegegner nicht näher eingegangen zu werden. Näher zu prüfen ist demgegenüber der Einwand, wonach neben dem Verfahren vor dem Presserat zur Zeit zwei zivilrechtliche Verfahren in der gleichen Angelegenheit hängig sind. Der Presserat tritt bei einem hängigen Gerichtsverfahren dann ausnahmsweise nicht auf eine Beschwerde ein, wenn kumulativ folgende Voraussetzungen gegeben sind: a) wenn die manifeste Gefahr besteht, dass die hängigen Gerichtsverfahren beeinflusst werden könnten; b) wenn die manifeste Gefahr einer solchen Beeinflussung das Interesse des Beschwerdeführers an einer Stellungnahme des Presserates überwiegt; und c) wenn eine Beschwerde keine grundlegenden berufsethischen Fragen aufwirft (Art. 15 Abs. 3 des Geschäftsreglements des Presserates).
Auch wenn die Beschwerdeführerin zum Punkt a) argumentiert, im Gerichtsverfahren würden zum Teil andere Ansprüche geltend gemacht, ist die manifeste Gefahr einer Beeinflussung der hängigen Gerichtsverfahren ohne weiteres zu bejahen. Andererseits stellen sich im Zusammenhang mit der Beschwerde zumindest insofern berufsethische Fragen von grundsätzlicher Natur (Punkt c), als mit der Beschwerde u.a. die Frage aufgeworfen wird, welches Minimum an belegten Fakten bei derart pointierten, die Gemeinde Rorbas und deren verantwortliche Personen kritisierenden Berichten berufsethisch zu verlangen ist. In einer Gesamtabwäg
ung der zu berücksichtigenden Interessen ist der Presserat zum Schluss gelangt, auf die Beschwerde trotz der hängigen Gerichtsverfahren einzutreten, weil – ungeachtet der Einschätzung des Interesses der Beschwerdeführerin an einer Stellungnahme des Presserates – ein erhebliches öffentliches Interesse an einer Stellungnahme zu dieser Frage besteht (vgl. die Stellungnahme Nr. 2/2001i.S. «Neue Luzerner Zeitung» c. «Schweizerische Katholische Wochenzeitung» vom 20. Januar 2000, Sammlung 2000, S. 29ff; s.a. Nr. 20/2000 i.S. C. c. «Le Nouvelliste» / «Le Temps» vom 16. Juni 2000, a.a.O. S. 156ff.). Unter diesen Umständen fällt zudem auch die von den Beschwerdegegnern beantragte Sistierung des Verfahrens ausser Betracht, da bei dieser Lösung die Gefahr bestünde, dass der Presserat zum vorgelegten Sachverhalt dann Stellung nehmen könnte, wenn ein aktuelles Interesse an einer Meinungsäusserung des Presserats kaum mehr gegeben wäre.
2. Es gehört zu den Aufgaben der Medien, gesellschaftliche Entwicklungen aufzuzeigen – und zwar nicht erst dann, wenn diese von Behörden oder anderen Stellen «offiziell» anerkannt werden. Aus dem Recht der Öffentlichkeit auf Kenntnis von Tatsachen und Meinungen (Präambel der «Erklärung») hat der Presserat eine Pflicht der Medienschaffenden abgeleitet, dem Publikum eine kritische Analyse von gesellschaftlichen Akteuren und Vorgängen zu liefern. (vgl. die Stellungnahme i.S. H c. «Zuger Presse» vom 1. Oktober 1999, Sammlung 1999, S. 128ff.). Ziff. 2 der «Erklärung» auferlegt den Medienschaffenden die Pflicht, die Freiheit der Information und des Kommentars sowie die Unabhängigkeit des Berufs zu verteidigen. Der Presserat hat in ständiger Praxis immer wieder betont, dass dem Kommentar ein grosser Freiraum bezüglich Tonalität offenzulassen ist. Bei aller Freiheit sind aber die Fakten zu respektieren. Ebenso ist die Privatsphäre zu wahren, sofern kein überwiegendes öffentliches Interesse das Gegenteil verlangt (Stellungnahme i.S. G c. B. / «L’Impartial» vom 1. Oktober 1999, Sammlung 1999, S. 121ff.). Um die Funktion der Meinungsbildung zu erfüllen, müssen die Fakten offengelegt sein, sei es im Kommentar selbst, sei es in der Berichterstattung, auf die sich der Kommentar bezieht. Nur dann wird eine freie Meinungsbildung möglich. Kann die Argumentation nicht nachvollzogen werden, bleibt der Kommentar unverständlich, erfüllt er seine Funktion nicht oder verkommt zur Polemik. Die Kritik sollte aber ein sachbezogenes Fundament haben (Stellungnahme i.S. S. c. NZZ vom 20. Februar 1998, Sammlung 1998, S. 48ff.).
Die Redaktion des «SonntagsBlick» musste dementsprechend die Gemeinde Rorbas und deren Präsidenten nicht um Erlaubnis fragen, wenn sie über vermutete Aktivitäten von Skinsheads und Neonazis auf dem Gemeindegebiet recherchieren und kritisch berichten wollte. Ebensowenig kann es den Beschwerdegegnern von vornherein zum Vorwurf gemacht werden, wenn sie nicht einfach mit Verlautbarungen von Behördenvertretern zufrieden gaben, sondern ihre eigene davon stark abweichende Einschätzung in kommentierender Weise veröffentlichten. Umgekehrt waren die Beschwerdegegner berufsethisch aber verpflichtet, den Grenzen der Kommentarfreiheit angemessen Rechnung zu tragen. Dementsprechend ist nachfolgend für die Berichte vom 10. und vom 17. September 2000 je separat zu prüfen, ob die kommentierende Berichterstattung auf zutreffenden Fakten beruht, ob die Leserschaft in der Lage war, zwischen Fakten und Kommentaren zu unterscheiden, und ob die Behörden von Rorbas zu schweren Vorwürfen Stellung nehmen konnten bzw. ob zumindest ein kurzes Statement in den Berichten korrekt wiedergegeben worden ist.
3. a) Die Beschwerdeführerin macht zum Artikel vom 10. September 2000 insbesondere geltend, die Gemeinde Rorbas sei weder ein «Hort für Glatzköpfe», noch habe sie einen «blutigen Vorfall» heruntergespielt und ebensowenig könne davon die Rede sein, dass in unmittelbarer Nähe der Gemeinde Schiessübungen von Neonazis durchgeführt worden seien. Bezüglich der im Artikel erwähnten Schlägerei an der alten Tössbrücke führte die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdeschrift vom 13. November 2000 aus, im «SonntagsBlick»-Artikel vom 10. September 2000 sei eine Massenschlägerei von «anfangs Jahr» «zwischen rund 30 Neonazis und Ausländern» erwähnt worden. Im zweiten Artikel vom 17. September 2000 sei daraus eine «Schlägerei am 13. März 1999 mit 5 Neonazis und vier Ausländern» geworden. Bezüglich dieses – bei der Gemeinde nicht aktenkundigen – Vorfalls habe man in Erfahrung bringen können, dass im Frühjahr 1999 zwischen albanischen und schweizerischen Jugendlichen beim Kino Freienstein eine Schlägerei ausgebrochen sei, die sich dann in Richtung Tössbrücke aufgelöst habe. Ob Skinheads daran beteiligt gewesen seien, sei den Gemeindebehörden nicht bekannt. Richtig sei einzig, dass ein Roland W. in Rorbas wohne. Dieser sei jedoch ein blosser Mitläufer. Nicht bestätigt habe sich demgegenüber, dass Pascal Lobsiger in Rorbas verkehre. Entgegen der Behauptung der Beschwerdegegner sei Rorbas schliesslich keine SVP-Hochburg. Der fünfköpfige Gemeinderat der Gemeinde Rorbas setzte sich aus zwei Vertretern der SP, zwei Vertretern der SVP und einem Parteilosen zusammen.
Vor der Veröffentlichung des ersten Artikels habe Martin Meier am Freitag 8. September 2000 bei der Gemeindeverwaltung Rorbas vorgesprochen und dem Gemeindeschreiber folgende Frage unterbreitet: «Wissen Sie, dass Rorbas eine Neonazi-Hochburg ist? Bei Ihnen wohnt W., ein Kopf der Neonazi-Szene. Bei W. verkehrt der bekannte Pascal Lobsiger. Zudem sind verschiedene Neonazi-Vorfälle in Ihrem Dorf passiert. Wissen Sie, dass Anfang 2000 auf der Brücke eine Schlägerei mit Verletzten zwischen 30 Neonazis und Ausländern stattgefunden habe? Wir wollen mit Gemeindepräsident Bruno Keller sprechen.» Da der Gemeindepräsident an diesem Tag abwesend gewesen sei, habe der Gemeindeschreiber den Journalisten an den Polizeivorsteher weiterverwiesen und zudem erklärt, dass ihm und dem Gemeinderat von einem bekennenden Neonazi und Neonazi-Vorfällen in Rorbas nichts bekannt sei. Dies sei der einzige Kontakt des «SonntagsBlick» mit einem Vertreter der Gemeinde im Vorfeld der ersten Publikation gewesen.
b) Die Beschwerdegegnerin macht in ihrer Beschwerdeantwort vom 30. Januar 2001 dazu geltend, die Gemeinde Rorbas komme – zusammen mit der Nachbargemeinde Teufen ZH – im ersten Bericht nur am Rande vor. Weder der Gemeinde Rorbas noch einzelnen Behördemitgliedern werde ein deutlicher Vorwurf gemacht ausser dem, die Schlägereien von Jahresanfang «heruntergespielt» zu haben. Dass sich die Zeitangaben bezüglich der Schlägerei widersprechen würden, habe für die allein massgebliche politische Bewertung des Vorgangs keine Rolle gespielt. Mangels Relevanz habe sich zudem auch keine Richtigstellung aufgedrängt. Rorbas als Hort von Neonazis darzustellen sei eine absolut zulässige Wertung der Vorgänge durch die Beschwerdegegnerin. Weiter sei es ebenfalls zulässig, eine Gemeinde als «SVP-Hochburg» zu bezeichnen, wenn sie 40% der Gemeinderatssitze innehabe. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass eine andere Partei gleichviele Sitze hat. Immerhin habe die SVP bei den letzten Kantonsratswahlen 38% der Stimmen erhalten, die SP nur 22%. Bezüglich der Kontaktnahme mit der Gemeinde sei richtig, dass Redaktor Meier keinen anderen Gemeindeverantwortlichen erreicht habe. Auch der Versuch, den Gemeindepräsidenten über die Polizei zu erreichen, sei fehlgeschlagen. Allerdings seien die Redaktoren Meier und Brotz sowohl in der Gemeinde Rorbas wie in der Nachbargemeinde Freienstein-Teufen gewesen und hätten dort bei Gemeindebehörden recherchiert. Nicht näher ausgeführt wird seitens der Beschwerdegegner, mit wem sie alles gesprochen haben, wer genau was gesagt hat und wie zuverlässig diese Informationen sind, die den politischen Wertungen des «SonntagsBlicks» zugrundelagen.
c) Wenn die Gemeindebehörden von Rorbas nichts von Aktivitäten von Skinheads wussten und Erkundigungen bei
Dorfbewohnern ebenfalls keine Hinweise darauf ergeben haben, folgt daraus nicht zwingend, dass der Artikel die Wahrheitspflicht (Ziff. 1 der «Erklärung») verletzt. Umgekehrt müssen aber schwerwiegende Vorwürfe – auch wenn sie im Rahmen eines stark kommentierenden Berichts erhoben werden – durch klare Fakten untermauert sein oder zumindest für die Leserschaft eindeutig als blosse Einschätzungen erkennbar sein. Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich des Artikels vom 10. September 2000 eindeutig nicht erfüllt. Belegt und von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten sind bloss zwei Sachverhalte: Der im Artikel erwähnte W. aus Rorbas ist offenbar ein bekennender Neonazi, der mit dem «Neonazi-Anführer» Pascal Lobsiger befreundet sein soll. Ausserdem ist unbestritten, dass es im März 1999 unter anderem auf dem Gemeindegebiet von Rorbas zu einer Schlägerei zwischen Schweizern und Ausländern gekommen ist. Nicht belegt und auch keiner für die Leserschaft erkennbaren Quelle zugeordnet sind die Formulierungen: «In Rorbas ist bekannt, dass sich Lobsigers Truppe – darunter angeblich auch deutsche Neonazis – in einem abgelegenen Waldstück unterhalb des Irchels trifft – in der Nähe des Schützenhauses von Teufen.» Vage bleibt auch die Formulierung «ÐDie ballern dort mit Pump-Actions durch die Gegendð, weiss eine Dorfbewohnerin». Für die Leserschaft ist es nicht möglich, zu beurteilen, wie glaubwürdig diese Aussagen sind. Dass die Autoren keine Dorfbewohner namentlich zitieren, ist verständlich, müssten die namentlich Genannten doch unter Umständen mit Reaktionen von Skinheads rechnen. Um so sorgfältiger müssen die Autoren aber die Glaubwürdigkeit der Quellen abklären und das Ergebnis dieser Quellenprüfung auch transparent machen. Denn unter dem Deckmantel der Anonymität können sehr wohl auch Gerüchte und Unwahrheiten verbreitet werden. Insgesamt haben die Beschwerdegegner gegen die Ziffern 1 und 3 der «Erklärung» verstossen, wenn sie die Aussage «Das nahe Rorbas ist ein Hort für Glatzköpfe», weshalb es kein Zufall sei, dass gerade Roland W. dort wohne und dort Neonazis mit «Pump-Actions» «durch die Gegend ballerten» als unbestrittenes Faktum darstellten, ohne der Leserschaft deutlich zu machen, dass es sich hierbei um eine lediglich auf schwachen Indizien basierende Einschätzung handelte.
d) Im Lichte der Ziff. 1 und 3 der «Erklärung» ebensowenig korrekt war auch die Formulierung, dass die im Artikel erwähnte Schlägerei auf der alten Tössbrücke von der Gemeinde Rorbas «heruntergespielt» worden sei. Eine Schlägerei hat zwar nach übereinstimmender Darstellung der Parteien im Frühjahr 1999 tatsächlich stattgefunden. Unbestrittenermassen haben die Beschwerdegegner im Artikel vom 10. September 2000 die Zahl der daran beteiligten Personen stark übertrieben und den Vorfall zudem falsch datiert. Letzteres ist nicht ganz so irrelevant, wie dies die Beschwerdegegner geltend machen, als durch die Verlegung der verschiedenen Ereignisse ins selbe Jahr die Leserschaft den unzutreffenden Eindruck erhalten konnte, die angeblichen Vorfälle hätten sich in konzentrierter Form innert einer relativ kurzen Zeitspanne ereignet. Falsch aber ist vor allem die Wiedergabe des Statements des Gemeindeschreibers. Es ist nicht dasselbe, ob dieser und die Gemeindebehörden von solchen Vorfällen nicht wussten und dementsprechend auch keinen Anlass hatten, tätig zu werden, oder ob sie von solchen Ereignissen wussten, nichts unternahmen und schwerwiegende Vorfälle zu verniedlichen versuchten, wie dies der Vorwurf des «Herunterspielens» fälschlicherweise suggeriert. Wenn die Autoren an der Richtigkeit der Auskunft des Gemeindeschreibers zweifelten, hätten sie korrekt formulieren können: «Die Gemeindebehörden behaupten, von dem Vorfall nichts zu wissen.»
Schliesslich steht es zwar im Ermessen des «SonntagsBlick», die Gemeinde Rorbas als «SVP-Hochburg» zu bezeichnen, doch wäre auch hier aus Sicht der Leserinnen und Leser zumindest zu verlangen gewesen, die dieser Wertung zugrundeliegenden Fakten (zwei von fünf Gemeinderatssitzen, Höhe des Wahlanteils bei den letzten Wahlen) offenzulegen, damit sie sich eine eigene Meinung bilden konnten.
4. a) Gemäss Ziff. 3 der «Erklärung», letzter Satz, sind Bildmontagen ausdrücklich als solche zu bezeichnen. Die Beschwerdegegner machen zur Fotomontage, die den Artikel vom 10. September 2000 begleitete (Pascal Lobsiger vor dem Schützenhaus in Teufen) geltend, die Fotomontage sei für die Leserschaft klar als solche erkennbar. Der Betrachter des Bildes vom Schützenhaus sehe, dass vor diesem ein Gewässer ist. Man sehe den Schilfbewuchs und auch, dass sich das Schützenhaus im Wasser spiegle. Pascal Lobsiger sei nun so platziert, dass er entweder im Sumpf stehen müsste oder auf dem Wasser laufen könnte. Unter diesen Umständen habe bei keinem Leser Zweifel daran aufkommen können, dass Herr Lobsiger nicht real vor dem Schützenhaus Teufen fotografiert worden sei. Schliesslich sei auch die Tatsache vermerkt, dass es sich um drei Bilder handelt. Unten rechts am Rand des Bildes seien unter dem Vermerk «Fotos:» (im Plural) die Autoren der drei Bilder (Schusswaffe, Schützenhaus und Pascal Lobsiger) angegeben worden. Berufsethisch sei nicht mehr verlangt.
b) Der Presserat kann sich dieser Auffassung nicht anschliessen. Zwar ist den Beschwerdegegnern zuzugestehen, dass die Fotomontage bei eingehender Bildanalyse eindeutig als solche erkennbar ist. Für einen grossen Teil der Medienkonsumenten, die es nicht gewohnt sind, Bilder in der von den Beschwerdegegnern vorgenommenen Weise zu deuten und die sich zudem bei der Lektüre die dafür notwendige Zeit nicht ohne weiteres nehmen werden, bestand demgegenüber durchaus die Gefahr, die Abbildung als real misszuverstehen. Gerade unter diesen Umständen wäre aber zumindest eine begrifflich klare Bezeichnung der Illustration als «Fotomontage» berufsethisch unabdingbar gewesen. Denn es ist nicht dasselbe, ob entsprechend der Deklaration des «SonntagsBlick» drei separate, von einander unabhängige Fotos zum selben Artikel abgebildet werden, oder ob diese im Rahmen einer Fotomontage zueinander in einen engen Zusammenhang gestellt werden. Vorliegend gilt dies umso mehr, als die Fotomontage offensichtlich dazu diente, bei der Leserschaft den durch Fakten wenn überhaupt nur äusserst schwach (durch eine Aussage «einer Dorfbewohnerin») gestützten Kontext zwischen schiessenden Neonazis und dem Schützenhaus Teufen in suggestiver Weise plausibler erscheinen zu lassen. Im Ergebnis ist deshalb festzustellen, dass die Beschwerdegegner, durch die ungenügende begriffliche Kennzeichnung der Fotomontage Ziff. 3 der «Erklärung» verletzt haben.
5. a) Die Veröffentlichung des Artikels vom 10. September 2000 hat gemäss der Beschwerdeführerin dazu geführt, dass eine in Rorbas wohnende Familie Lobsiger schweren Belästigungen und Drohungen ausgesetzt war. Sie sei fälschlicherweise mit dem im Artikel erwähnten Neonazi-Anführer Pascal Lobsiger in Verbindung gebracht worden. Gemeindepräsident Keller habe Hanspeter Peyer, Mitglied der Redaktionsleitung des «SonntagsBlick», am Montag 11. September 2001 auf dieses Problem ausgesprochen. Dieser habe daraufhin versprochen, sich mit der betroffenen Familie in Verbindung zu setzen und sich bei ihr zu entschuldigen, was jedoch nicht geschehen sei.
b) Die Beschwerdegegner machen dazu geltend, aus dem Artikel vom 10. September 2000 gehe keinerlei familiärer Zusammenhang zwischen Pascal Lobsiger und der Familie Lobsiger aus Rorbas hervor. Letztere habe sich denn auch nie beim «SonntagsBlick» gemeldet. Es sei nicht einzusehen, weshalb sich der «SonntagsBlick» bei Leuten entschuldigen solle, von deren Existenz die Redaktion nicht einmal etwas gewusst habe.
c) Den Beschwerdegegnern kann kein Vorwurf gemacht werden, wenn gewisse Leser offenbar einen Zusammenhang zwischen Pascal Lobsiger und der unbeteiligten Familie Lobsiger aus Rorbas geschaffen und sie deshalb belästigt haben. Dennoch wäre es fair gewesen, wenn sich der «Sonnta
gsBlick» wie offenbar versprochen mit der betroffenen Familie in Verbindung gesetzt hätte. Je nach Schwere und Dauer der Belästigungen wäre sogar ein Hinweis in der Ausgabe vom 17. September 2000 angebracht gewesen, worin die Redaktion klar gestellt hätte, dass die betroffene Familie nichts mit dem erwähnten Pascal Lobsiger zu tun habe.
6. a) Gemäss übereinstimmender Darstellung der Parteien erklärte sich der «SonntagsBlick» nach dem Erscheinen des ersten Artikels bereit, Gemeindepräsident Keller ein Interview zu gewähren. Gemäss Darstellung der Beschwerdeführerin einigte man sich auf folgende Modalitäten für das Interview: Hanspeter Peyer, Mitglied der Redaktionsleitung, sei persönlich für die korrekte Behandlung des Interviews verantwortlich. Die Fragen würden Bruno Keller vorgängig schriftlich unterbreitet. Bruno Keller werde das Interview zum Gegenlesen zugestellt. Die von ihm vorgenommenen Korrekturen dürften vom «SonntagsBlick» nicht zurückgewiesen werden. Während des Interviews hätten die Redaktoren Meier und Brotz Gemeindepräsident Keller immer wieder vorgehalten, als Polizeioffizier hätte er bezüglich Skinhead-Vorfällen doch problemlos im Polizeicomputer nachschauen können. Keller habe dementsprechend den Eindruck erhalten, dass Meier und Brotz ihn zu einer Amtsgeheimnisverletzung hätten anstiften wollen. In der Zusammenfassung des Interviews, das am Freitag 15. September 2000 zugestellt worden sei, habe sich eine nie gestellte Frage nach dem Staatsschutzbericht «Skinheads in der Schweiz» befunden. Zudem seien Antworten auf Fragen sinnentstellt wiedergegeben worden. Am Samstag 16. September habe Keller eine korrigierte Version an den «SonntagsBlick» geschickt. Nach einigem Hin und Her, bei dem man sich nicht auf eine gemeinsame Version einigen konnte, habe Chefredaktor Weissberg schliesslich versprochen, dass von Gemeindepräsident Keller im «SonntagsBlick» keine Aussagen stehen würden.
b) Die Beschwerdegegner entgegneten in Ihrer Beschwerdeantwort vom 30. September 2001, von einer Verleitung zu einer Amtsgeheimnisverletzung könne keine Rede sein. «Einigermassen seltsam» sei der Vorwurf, es sei nachträglich eine Frage in das Interview hineingeschmuggelt worden. Da das Interview die Zusammenfassung eines 90minütigen Gesprächs darstelle, gehe es nicht an, auf dem einzelnen Wort «Staatsschutzbericht» herumzureiten. Unrichtig sei zudem, dass die Ausführungen Kellers sinnentstellt wiedergegeben worden seien. Bei seinen «Korrekturen» handle es sich um geschönte Aussagen, um den Versuch, die politische Stellungnahme in ein «Quasi-Interview» umzuwandeln. Keine Zeitung sei verpflicht, nachträglich geschönte Antworten als ursprünglich gegebene abzudrucken. Schliesslich hätten die Herren Meier und Brotz weder irgendwelche Drohungen oder Einschüchterungsversuche ausgesprochen, noch habe Herr Weissberg die unterstellten Zusagen gemacht.
c) Der Presserat hat in seiner Stellungnahme vom 20. Januar 1996 i.S. C. c. «FACTS» (Sammlung 1996, S. 15ff.; vgl. auch Ziff. 4.5 der Richtlinien zur «Erklärung») aus dem der «Erklärung» zugrundeliegenden Fairnessprinzip Spielregeln des journalistischen Interviews abgeleitet. Dabei wurde u.a. darauf hingewiesen, dass gestaltete Interviews immer für die Öffentlichkeit bestimmt sind. «Wer sich als Gesprächspartnerin oder Gesprächspartner auf ein solches Interview einlässt, muss wissen, dass die Aussagen, die im Laufe des Gesprächs gemacht wurden, nicht privater Natur sind (…) Es muss möglich sein, Interviews zu bearbeiten und zu kürzen. Dabei dürfen bei Kürzungen und Schnitten die Hauptaussagen nicht entstellt werden (…) Gestaltete Interviews für Printmedien sollten den Gesprächspartnerinnen oder Gesprächspartnern zur Korrektur und Autorisierung vorgelegt werden, es sei denn, beide Seiten vereinbaren, darauf zu verzichten. Die Partner können keine Korrekturen anbringen, die völlig vom Gespräch abweichen. Sie können keine Fragen streichen oder neue Fragen erfinden. Wird das Interview massiv korrigiert und werden teilweise Aussagen in ihr Gegenteil verkehrt, so sollen die Journalistinnen und Journalisten den Interviewpartner oder die Interviewpartnerin informieren, dass die Publikation in dieser Form nicht möglich ist und in extremen Fällen auf die Publikation verzichten oder den Vorgang transparent machen.»
d) Im Artikel vom 17. September 2000 wurde zum Interview ausgeführt: «Ein Interview mit dem ÐSonntagsBlickð verweigerte Keller zuerst, dann willigte er ein. Die schriftliche Version änderte er aber ab, Fragen wurden gestrichen, Antworten abgeschwächt. Dies konnte der ÐSonntagsBlickð nicht akzeptieren.» Gemäss den Aufzeichnungen des Gesprächs, die dem Presserat vorliegen, hat Bruno Keller unter anderem die Frage «Hört das Problem bei Ihnen an der Gemeindegrenze auf? Sie verharmlosen!» gestrichen und einige Antworten umformuliert. Umgekehrt formulierten die interviewenden Journalisten in der Abschrift unter anderem die Frage «Sie hätten sich über die Neonazi-Szene informieren können. Im Staatsschutzbericht 1999 ist von einer Vergrösserung der Szene und einer hohen Gewaltbereitschaft die Rede.» Während des Gesprächs hatten die Journalisten den Begriff «Staatsschutzbericht» nie verwendet. Ausserdem ist beim Vergleich zwischen Tonbandaufnahme und schriftliche Abschrift festzustellen, dass die Journalisten teilweise Kellers Antworten zu anderen Fragen hinzugestellt haben.
Ausgehend von den oben unter c) angeführten Regeln – angesichts der unterschiedlichen Sachverhaltsbehauptungen der Parteien muss offen bleiben, ob gegebenenfalls Abweichendes vereinbart worden ist – waren die Beschwerdegegner weder berechtigt, nachträglich den Terminus «Staatsschutzbericht» in eine Frage einzufügen, noch mussten sie sich von Gemeindepräsident Keller die nachträgliche Streichung einer Frage gefallen lassen. Angesichts des Umstands, dass auch seitens der Redaktion unzulässige Änderungen vorgenommen worden waren und dass zwischen den Versionen der beiden Parteien keine allzu riesigen Differenzen bestanden, wäre es den Journalisten zumindest zumutbar gewesen, noch einmal einen Einigungsversuch zu unternehmen. Jedenfalls war es aber berufsethisch nicht fair, die Schuld am Scheitern des Interviews derart einseitig auf Gemeindepräsident Keller abzuschieben.
7. a) Am Artikel vom 17. September 2000 rügt die Beschwerdeführerin weiter, den Gemeindeverantwortlichen von Rorbas und insbesondere dem Gemeindepräsidenten Keller sei mit dem suggestiven und gross aufgemachten Titel «Neonazi-Hort Rorbas», «Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen» sowie mit der Illustration und dem Lead des Artikels erneut zu Unrecht unterstellt worden, das Neonazi-Problem zu verharmlosen und zu leugnen. Im Lauftext habe der Artikel angebliche «Vorfälle» aufgezählt, von denen sich keiner so zugetragen habe. Dabei habe der «SonntagsBlick» geschickt den Eindruck erweckt, dass sich in Rorbas «braune Elemente» in einem von SVP-Politikern «geschützten Umfeld» bewegen könnten. Rorbas sei kein Hort für Neonazis. Bis heute seien kein Vorfälle mit Skinheads in Rorbas bekannt, obschon die Gemeinde die Entwicklung sehr genau und wachsam verfolge. Rorbas habe seit jeher zu Ausländern eine gute Beziehung gepflegt, weshalb die «SonntagsBlick»-Artikel bei der Dorfbevölkerung Unruhe und enorme Empörung hervorgerufen hätten. In den ersten Wochen nach dem Erscheinen der Berichte habe es bei der Familie des Gemeindepräsidenten Keller Telefonanrufe mit Beschimpfungen und Belästigungen gehagelt.
b) Die Beschwerdegegner wenden dazu ein, im Artikel vom 10. September 2000 seien weder der Gemeinde Rorbas noch einzelnen Behördemitgliedern ein deutlicher Vorwurf gemacht worden, deshalb könne von «erneuten» Unterstellungen keine Rede sein. Richtig sei demgegenüber, dass sich der zweite Bericht vor allem mit Rorbas befasst habe. Dies deshalb, weil nach Auffassung der Beschwerdegegner die Gemeinde und deren Präsident das Problem in einer zu «harmlosen» Weise angegangen seien. Hinsich
tlich der Rüge, dass die angeblichen «Vorfälle» so nicht stattgefunden hätten, bemerken die Beschwerdegegner, die Beschwerdeführerin könne zumindest nicht in Abrede stellen, dass die Vorfälle jedenfalls einen realen Kern hätten, den zu bewerten ihnen völlig frei stehe. Völlig falsch sei es zudem, den Bericht dahingehend zu interpretieren, er würde dartun, Neonazis agierten in Rorbas in einer Art «geschütztem» Umfeld. Auch die Bewertung des «Saufgelages» sei Sache der Beschwerdegegnerin. Die Gemeinde könne ohnehin nicht wissen, an welchen Tagen welche Gäste in welchen Restaurants gewesen seien. Ebenso sei zu fragen, woher die Gemeinde wissen wolle, dass flussabwärts keine «Glatzköpfe» gesehen worden seien. Rorbas als «Hort von Neonazis» darzustellen, sei eine absolut zulässige Wertung der Vorgänge durch die Beschwerdegegnerin. Schliesslich gehöre es zum Amt eines Gemeindepräsidenten, dass es zu Hause oder im beruflichen Umfeld Reaktionen gebe, wenn über die Gemeinde irgendwo geschrieben werde.
c) Die im Artikel vom 17. September 2001 enthaltenen Tatsachen und Wertungen sind vom Presserat wiederum nach den oben unter Ziff. 2 der Erwägungen angeführten Grundsätzen zu bewerten. Vorab ist zu bemängeln, dass auch im zweiten Artikel für die Leserschaft kaum ersichtlich wird, was Tatsachen und was Wertungen sind. Obwohl die Gemeinde sowohl in der Medienmitteilung vom 12. September 2000 neonazistische Ereignisse in der Gemeinde Rorbas ausdrücklich bestritt, heisst es bereits im Titel «Neonazi-Hort Rorbas ZH». Für Leserinnen und Leser wird erst später klar, dass dies keine Tatsache, sondern lediglich auf wenig aussagekräftige Indizien abgestützte Einschätzung der Journalisten ist, die von der betroffenen Gemeinde Rorbas heftig bestritten wird. Der Presserat hat in seiner Stellungnahme i.S. Scientologykirche c. «Tages-Anzeiger» vom 20. Februar 1998 (Sammlung 1998, S. 58ff.) darauf hingewiesen, dass eine Zuspitzung einer These zu einer Tatsache in einem Titel mit der journalistischen Berufsethik (Ziff. 1) nicht vereinbar ist. Unzulässig ist aus dem gleichen Grund deshalb auch der Titel-Satz «Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen». Die Gemeinde Rorbas hat sehr wohl Stellung genommen zu den Vorwürfen, sie bestritten und andere Erklärungen zu den Sachthesen (Feuerstellen, Schusslöcher) geliefert; der Ausdruck «nichts sagen» ist also falsch.
Ebensowenig belegt, jedoch fälschlicherweise wiederum als Tatsache formuliert ist der Lead: «Für Neonazis ist das Dorf Rorbas im Zürcher Unterland eine beliebte Adresse.» Kaum untermauert, sondern grösstenteils offenbar aus im Dorf zirkulierenden Gerüchten abgeleitet sind die Sätze: «Skinhead Roland W. zieht den braunen Mob nach Rorbas. Hier saufen, pöbeln und prügeln sie.» Auch hier wird für die Leserin, den Leser nicht ohne weiteres ersichtlich, dass es sich nicht um Tatsachen, sondern blosse Einschätzungen handelt. Ohne Quellenangabe schreiben die Autoren weiter, dass «Glatzköpfe schon bei Feuerstellen an der Töss» gesehen worden seien und dass «Einschusslöcher von Schiessübungen zeugen». Auch für diese für die Leserschaft kaum einschätzbaren Behauptungen lieferten die Beschwerdegegner dem Presserat keine näheren Belege.
8. a) Als ganz besonders krass wird von der Beschwerdeführerin schliesslich der Umstand gewertet, dass im zweiten Artikel ein Bild von Gemeindepräsident Keller gegen dessen ausdrücklichen Willen veröffentlicht worden ist. Das von «SonntagsBlick» verwendete Bild sei den Medien im Herbst 1999 im Zusammenhang mit der Übernahme einer neuen beruflichen Funktion, also für einen genau definierten Zweck und in einem ganz anderen Zusammenhang zugestellt worden. Verbunden mit der unsachlichen Schlagzeile «Neonazi-Hort Rorbas», «Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen» und dem visuellen Zusammenhang mit dem auf der gleichen Höhe abgedruckten Bild eines Skinheads würden gegen den Abgebildeten schwerwiegende, sachlich nicht gerechtfertigte Anschuldigungen erhoben.
b) Die Beschwerdegegner bestreiten, dass das Layout einen optischen Zusammenhang zwischen dem Gemeindepräsidenten Keller und Neonazis hergestellt habe, aus welchem der Durchschnittsleser irgendwelche falschen Schlüsse über Bruno Keller habe ziehen können. Dass das Bild des Gemeindepräsidenten auf gleicher Höhe wie dasjenige eines Neonazis abgebildet wurde, sei erstens gestalterisch naheliegend gewesen, «zweitens sind die Bilder von ganz unterschiedlicher Qualität und drittens geben die Bildlegenden eindeutig Auskunft». Keller habe gemäss der Darstellung der Gegenpartei nur abgelehnt, während des Interviews fotografiert zu werden. Eine Bildpublikation habe er demgegenüber weder verboten, noch habe er sie wirksam verbieten können. Das abgedruckte Bild sei weder in unzulässiger Weise beschafft noch in einem unzulässigen Zusammenhang verwendet worden. Herr Keller sei nicht nur Gemeindepräsident, sondern auch (hoher) Polizeioffizier und damit aus beiden Gründen eine Person öffentlichen Interesses.
c) Der Presserat hat in seiner Praxis zu Ziff. 7 der «Erklärung» immer wieder betont, dass auch bei Personen des öffentlichen Lebens der Schutz der Privatsphäre zu respektieren ist, soweit nicht überwiegende öffentliche Interessen das Gegenteil verlangen. Ein solches überwiegendes öffentliches Interesse an einer identifizierenden Berichterstattung ist in der Regel nur dann zu bejahen, wenn eine Berichterstattung im Zusammenhang mit der öffentlichen Funktion des Betroffenen steht (vgl. zuletzt die Stellungnahme i.S. S. c. «Blick» / «SonntagsBlick» vom 2. November 2000 (Sammlung 2000, S. 310ff. mit weiteren Hinweisen). Diese Grundsätze gelten auch für den Abdruck von Bildern. Da der Abdruck des Fotos von Bruno Keller im «SonntagsBlick» vom 17. September 2000 im Zusammenhang mit seiner Funktion als Gemeindepräsident stand, war sie grundsätzlich berufsethisch zulässig. Journalistinnen und Journalisten sind nicht an ein Verbot der Veröffentlichung von Bildern gebunden, das Behördemitglieder im Zusammenhang mit ihrer öffentlichen Funktion erlassen. Das Bild wurde in Zusammenhang mit einer, zwar anderen, aber ebenfalls öffentlichen Funktion ausdrücklich zur Publikation freigegeben, weshalb eine Veröffentlichung grundsätzlich auch in einem Bruno Keller weniger angenehmen Kontext zulässig ist. Allerdings müssen sich auch Personen des öffentlichen Interesses nicht gefallen lassen, dass ihr Bild im Zusammenhang mit gegen sie erhobenen, sachlich ungerechtfertigten Anschuldigungen abgedruckt wird. Zwar vermag der Presserat entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin keinen direkten Zusammenhang zu einem auf der gleichen Seite veröffentlichten Bild eines Skinheads herzustellen, da dieses eindeutig zu einem anderen Text gehört. Insgesamt wird durch den Abdruck des Bildes und dessen Legende aber die in dieser affirmativen Weise nicht haltbare Aussage des «SonntagsBlick» verstärkt, wonach die Gemeindebehörden von Rorbas und insbesondere deren Präsident trotz gravierender Probleme mit Neonazis und Skinheads in unverantwortlicher Weise die Augen verschlössen und die Situation verharmlosten. Durch den mit dem Abdruck des Bildes und besonders der Legende noch verstärkten Unrechtsgehalt der gegenüber Bruno Keller erhobenen sachlich nicht gerechtfertigten Anschuldigung haben die Beschwerdegegner deshalb Ziff. 7 der «Erklärung» verletzt.
III. Feststellungen
1. Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen weitgehend gutgeheissen.
2. Der «SonntagsBlick» hat mit dem in seiner Ausgabe vom 10. September 2000 abgedruckten Artikel «Neonazis: Sie schiessen rum und rekrutieren neue Mitglieder» die Ziffern 1 und 3 der «Erklärung» mehrfach verletzt. Die Aussage «Das nahe Rorbas ist ein Hort für Glatzköpfe», weshalb es kein Zufall sei, dass gerade Roland W. dort wohne und dort Neonazis mit «Pump-Actions» «durch die Gegend ballerten» wurde als unbestrittenes Faktum dargestellt, ohne der Leserschaft deutlich zu machen, dass es sich um eine ledigli
ch auf schwachen Indizien basierende Einschätzung handelte. Falsch war die Wiedergabe eines Statements des Gemeindeschreibers von Rorbas als «Herunterspielen», obwohl dieser lediglich gesagt hatte, dass die Gemeindebehörden von Vorfällen mit Skinheads und Neonazis nichts gewusst hätten. Schliesslich hätte der Leserschaft zusammen mit der Einschätzung von Rorbas als «SVP-Hochburg» auch die dieser Wertung zugrundeliegenden Fakten bekanntgegeben werden müssen.
3. Der «SonntagsBlick» hat in seiner Ausgabe vom 10. September 2001 durch die ungenügende begriffliche Kennzeichnung der Fotomontage mit der Abbildung von Pascal Lobsiger vor dem Schützenhaus Teufen Ziff. 3 der «Erklärung» verletzt.
4. Ungeachtet eines Verschuldens einer Redaktion entspricht es berufsethischer Fairness, mit Personen Kontakt aufzunehmen, die aufgrund einer Publikation nachträglich Belästigungen ausgesetzt sind. Dabei sind in gemeinsamer Absprache zumutbare Vorkehrungen zu treffen, um weitere Belästigungen nach Möglichkeit zu vermeiden.
5. Medienschaffende dürfen weder nachträglich den Wortlaut einer im Rahmen eines Interviews gestellten Frage ändern, noch müssen sie sich die nachträgliche Streichung einer Frage gefallen lassen. Der «SonntagsBlick» hat im Zusammenhang mit einem gescheiterten Interview mit dem Gemeindepräsidenten von Rorbas das berufsethische Fairnessprinzip dadurch verletzt, indem im Artikel vom 17. September die Schuld am Scheitern des Interviews zu Unrecht einseitig auf den Gemeindepräsidenten abgeschoben wurde.
6. Die Redaktion des «SonntagsBlick» hat die Ziff. 1 und 3 der «Erklärung» mit dem am 17. September 2000 erschienenen, zur Tatsache zugespitzten Titel «Neonazi-Hort Rorbas ZH», dem Lead «Für Neonazis ist das Dorf Rorbas im Zürcher Unterland eine beliebte Adresse» sowie den Aussagen «Skinhead Roland W. zieht den braunen Mob nach Rorbas. Hier saufen, pöbeln und prügeln sie»; «Glatzköpfe (seien) schon bei Feuerstellen an der Töss» gesehen worden sowie «Einschusslöcher (zeugten) von Schiessübungen», mehrfach verletzt. Die Redaktion spitzte Thesen zu Tatsachen zu und machte der Leserschaft nicht ersichtlich, dass grösstenteils nicht unbestrittene Fakten, sondern kaum einschätzbare Behauptungen und Wertungen wiedergegeben wurden.
7. Mit dem Abdruck eines Bildes des Gemeindepräsidenten von Rorbas in der Ausgabe vom 17. September 2000 im Zusammenhang mit einer gegenüber dem Abgebildeten erhobenen und durch das Bild verstärkten sachlich ungerechtfertigten Anschuldigung hat die Redaktion des «SonntagsBlick» Ziff. 7 der «Erklärung» verletzt.