I. Sachverhalt
A. Am Donnerstag 10. Februar 2005 veröffentlichte die «Weltwoche» in der Rubrik «Personenkontrolle» unter dem Titel «Chronische Verstörung» folgenden von Urs Paul Engeler gezeichneten Text: «ÐNa und?, schreibt Sybille Oetliker, die neue Israel-Korrespondentin der ÐAargauer Zeitung? und der ÐBasler Zeitung? zur medienwirksam inszenierten Palästina-Reise von Bundesrätin Micheline Calmy-Rey (SP): ÐDie Besuche vermitteln den Menschen vor Ort, dass sich die Schweizer Aussenmininsterin für ihr Schicksal interessiert.? So gebe Calmy-Rey Ðder Aussenpolitik ein humanes Gesicht?. Mehr aus dieser Reise hätte auch die Propagandaabteilung des Departementes nicht herausholen können – zu der Oetliker gezählt werden muss. Die Journalistin durfte mit Diplomatenpass im Tross reisen, denn sie ist mit Mario Carrera (SP), einem leitenden Angestellten Calmy-Reys, verheiratet. Der frühere persönliche Mitarbeiter von SP-Bundesrat Moritz Leuenberger führt seit letztem Sommer in Ost-Jerusalem das Schweizer Koordinationsbüro für die Palästinensergebiete.»
B. Gleichentags verlangte die in Jerusalem wohnhafte Sybille Oetliker Carrera von der «Weltwoche» den Abdruck einer Berichtigung in drei Punkten an gleicher Stelle in der nächsten Ausgabe der «Weltwoche». Vom verantwortlichen Journalisten forderte sie eine Entschuldigung für die «haltlosen und diffamierenden Unterstellungen». Sie machte geltend, die Behauptung, sie sei Teil der «Propagandaabteilung des Departements» entbehre jeglicher Grundlage. Weiter benutze sie für ihre Arbeit als Korrespondentin nachweislich keinen Diplomatenpass. Schliesslich suggeriere der Text fälschlicherweise, sie sei im «Tross» der Schweizer Delegation gereist. Tatsächlich habe sie die Aussenministerin Calmy-Rey wie alle anderen Medienleute im Journalistenbus begleitet und keinerlei privilegierten Zugang gehabt.
C. Tags darauf fragte Chefredaktor Simon Heusser Sybille Oetliker Carrera an, ob sie ihren Text als Leserbrief publiziert haben möchte. Weiter merkte er an, der umstrittene Text stamme übrigens nicht von Urs Paul Engeler, sondern von Pierre Heumann.
D. Wiederum gleichentags beharrte Sybille Oetliker Carrera auf der Veröffentlichung einer Berichtigung.
E. Am Sonntag 13. Februar bestätigte Sybille Oetliker Carrera ein «Telefongespräch vom Freitag» mit Chefredaktor Simon Heusser wie folgt: Sie bitte, «die Berichtigung an gleicher Stelle und nicht auf der Leserbriefseite zu publizieren» und «auch den dritten Punkt zu berichtigen». Für letzteres schlug sie eine «gekürzte Fassung» vor: «Der Text suggeriert, ich sei im ÐTross? der Schweizer Delegation gereist – das ist falsch. Wie alle anderen Medienleute habe ich die Aussenministerin im Journalistenbus begleitet.»
F. Am Montag 14. Februar bestätigte Chefredaktor Simon Heusser, die «Weltwoche» bringe die drei Punkte nach Rücksprache mit dem Konzernanwalt als Gegendarstellung.
G. Am Dienstag 15. Februar 2005 erschien im «Tages-Anzeiger» folgende Meldung: «ÐMan muss sich auch als Politiker von den Journalisten nicht alles gefallen lassen?, sagte ausgerechnet FDP-Politiker Filippo Leutenegger in der ÐSonntagsZeitung?. Leutenegger ist aber nicht nur Politiker, sondern auch oberster Chef der Jean Frey AG, welche die ÐWeltwoche? herausgibt. In der letzten Ausgabe erhob Urs Paul Engeler massive Vorwürfe gegen die Israel-Korrespondentin der ÐAargauer Zeitung? und der ÐBasler Zeitung?, Sybille Oetliker, die mit ihrem Ehemann und EDA-Angestellten Mario Carrera (SP) nach Jerusalem gezügelt ist. Beim Besuch von Bundesrätin Micheline Calmy-Rey (SP) habe Oetliker der ÐPropagandaabteilung des Departementes? zugerechnet werden müssen, weil sie mit dem Diplomatenpass im Calmy-Rey-Tross mitgereist sei. Dummerweise hat Oetliker gar keinen Diplomatenpass und begleitete die Aussenministerin wie die anderen Journalisten auch. Im Umgang mit der ÐWeltwoche? müssen sich wohl auch Journalisten Ðnicht alles gefallen lassen?, zumal das Wochenblatt bereits einräumen musste, dass die Fehlmeldung gar nicht von Engeler geschrieben wurde, sondern von Israel-Korrespondent Pierre Heumann.»
H. Gleichentags hielt Sybille Oetliker Carrera gegenüber «Weltwoche»-Chefredaktor Simon Heusser «an einer Berichtigung für die rufschädigenden, ehrverletzenden und falschen Behauptungen fest, wie Sie mir dies am Freitag Abend telefonisch zugesichert haben. Auch erwarte ich immer noch eine Entschuldigung vom verantwortlichen Journalisten. Pierre Heumann sass mit mir im Journalistenbus und hat wider besseres Wissen seine Behauptungen publiziert.»
I. Am 22. Februar 2005 willigte Sybille Oetliker Carrera gemäss ihrer Darstellung gegenüber dem stellvertretenden Chefredaktor der «Weltwoche», Markus Somm, ein, die Punkte 2 und 3 ihres vom 10. Februar datierenden Vorschlags einer Berichtigung zusammenzufassen und das Ganze als «Korrigendum» im redaktionellen Teil der «Weltwoche» zu veröffentlichen.
J. Am 24. Februar 2005 veröffentlichte die «Weltwoche» auf der Lererbriefseite dann folgenden Text: «Korrigendum Nr. 6 – ÐPersonenkontrolle? Es ist nachweisbar falsch, dass ich für meine Arbeit als Korrespondentin einen Diplomatenpass benutze. Sybille Oetliker, IL-Jerusalem».
K. Am 16. Juni 2005 wandte sich die anwaltlich vertretene Sybille Oetliker Carrera an den Presserat und beantragte, es sei festzustellen, dass der Artikel vom 10. Februar 2005 die Grundsätze des fairen Journalismus verletze. Die «Weltwoche» unterstelle ihr berufliche Befangenheit und beschuldige sie der politischen Propagandatätigkeit. Die Behauptung, sie sei «im Tross» der offiziellen Schweizer Delegation gereist, sei «ebenso nachweislich falsch wie die Unterstellung, sie hätte einen Diplomatenpass benutzt». Sie sei in Wirklichkeit wie die anderen Journalisten in einem speziell den Medienschaffenden vorbehaltenen Bus gereist und habe keinerlei privilegierten Zugang zu Informationen betreffend Calmy-Reys Palästina-Besuch gehabt. Bei Grenzübertritten und an Checkpoints habe sie den üblichen Schweizer Pass vorgewiesen. Mit dem Abdruck des beanstandeten Textes habe die «Weltwoche» die Ziffern 1 (Wahrheitspflicht), 3 (Vollständigkeitsgebot), 5 (Berichtigungspflicht) und 7 (sachlich ungerechtfertigte Anschuldigungen) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» sowie die der «Erklärung» zugehörige Richtlinie 3.8 (Anhörungspflicht) verletzt.
L. Am 18. Juli 2005 beantragte der stellvertretende Chefredaktor Markus Somm namens der Redaktion der «Weltwoche», die Beschwerde sei abzuweisen. Einleitend wies Somm darauf hin, die Informationen im beanstandeten Text stammten von Pierre Heumann, der sie an den Redaktor Markus Schär weiterleitete. Dieser – und nicht Urs Paul Engeler – habe auch den Artikel verfasst. «Das Kürzel UPE ist ein Fehler, der sich bei der Produktion eingeschlichen hat.» Zur Sache führte Somm aus, «Sybille Oetliker ist als Frau des Diplomaten, der vor Ort DEZA-Projekte betreut und dafür zuständig ist, befangen. Der Ausdruck ÐTeil der Propagandaabteilung? mag hart sein, aber er trifft die Sache im Kern. Schon die Tatsache, dass Frau Oetliker über diese Reise berichtet, ist überraschend. Normalerweise würde in einem solchen Fall ein Journalist passen. Dass sie aber sogar einen Kommentar schreibt, in dem sie die Tätigkeit der Chefin ihres Ehemanns ausdrücklich lobt, ist ein starkes Stück.» Beim Diplomatenpass habe sich die «Weltwoche» geirrt, diese Fehlleistung jedoch in aller Form berichtigt. «Sybille Oetliker ist im Tross der Schweizer Delegation mitgereist – das taten alle Journalisten. Das wurde ihr in der ÐWeltwoche? auch nicht vorgeworfen. Denn daran ist nichts auszusetzen.» Insgesamt könne die «Weltwoche» nicht nachvollziehen, dass Sybille Oetliker mit einer Beschwerde an den Presserat gelangt sei.
M. Das Präsidium des Presserats wie
s den Fall seiner 3. Kammer zu; ihr gehören Esther Diener Morscher als Präsidentin an sowie Judith Fasel, Claudia Landolt Starck, Peter Liatowitsch, Roland Neyerlin, Daniel Suter und Max Trossmann.
N. Die 3. Kammer behandelte die Beschwerde an ihrer Sitzung vom 22. September 2005 sowie auf dem Korrespondenzweg.
II. Erwägungen
1. a) Die Beschwerdeführerin sieht die Ziffer 1 der «Erklärung» durch folgenden von der «Weltwoche» veröffentlichten Satz verletzt: «Die Journalistin durfte mit Diplomatenpass im Tross reisen, denn sie ist mit Carrera (SP), einem leitenden Angestellten Calmy-Reys, verheiratet.»
b) Selbst wenn die «Weltwoche» in ihrer Stellungnahme zur Beschwerde ausführt, es sei nicht auszuschliessen, oder gar wahrscheinlich, dass die Beschwerdeführerin als Ehegattin eines Diplomaten über einen Diplomatenpass verfüge, räumt sie ihren Irrtum in diesem Punkt jedenfalls ein. Danach ist Sybille Oetliker Carrera entgegen der Meldung der «Weltwoche» beim Besuch von Bundesrätin Calmy-Rey in Israel nicht mit einem solchen Pass mitgereist.
c) Durch die mit der Satzkonstruktion der «Weltwoche» bewirkte logische Verknüpfung der Begriffe «Journalistin», «Diplomatenpass», «Tross» und «Ehegattin eines leitenden Angestellten Calmy-Reys» konnte für die uneingeweihte Leserschaft gleich in zweifacher Hinsicht ein falscher Eindruck entstehen: Einerseits, die Journalistin Oetliker habe die Aussenministerin nur oder zumindest vor allem deshalb auf ihrer Israel-Reise begleitet dürfen, weil sie mit einem leitenden Angestellten Calmy-Reys verheiratet sei. Andererseits, sie sei dank ihrer privaten Verbindung gegenüber anderen Medienschaffenden bevorzugt behandelt worden. Beide für die Leserschaft aufgrund des Wortlauts des beanstandeten Textes naheliegenden Interpretationen erweisen sich – auch nach Darstellung der «Weltwoche» als haltlos. Sybille Oetliker Carrera nahm – wie alle anderen Journalist/innen, die dabei waren – wegen ihrer beruflichen Funktion und nicht wegen ihres Ehemannes an dieser Reise teil. Dabei wurde sie im Vergleich zu anderen Medienschaffenden offensichtlich auch nicht bevorzugt behandelt, sondern reiste im gleichen Bus wie alle anderen Journalisten.
d) Im Ergebnis ist deshalb die Beschwerde in Bezug auf die gerügte Verletzung der Wahrheitspflicht (Ziffer 1 der «Erklärung») gutzuheissen.
2. a) Die Beschwerdeführerin rügt weiter eine Verletzung der Richtlinie 3.8 (Anhörung bei schweren Vorwürfen) zur «Erklärung». Diese lautet: «Aus dem Fairnessprinzip und dem ethischen Gebot der Anhörung beider Seiten («audiatur et altera pars») leitet sich die Pflicht der Journalistinnen und Journalisten ab, Betroffene vor der Publikation schwerer Vorwürfe anzuhören. Deren Stellungnahme ist im gleichen Medienbericht kurz und fair wiederzugeben. Ausnahmsweise kann auf die Anhörung verzichtet werden, wenn dies durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt ist. Der von schweren Vorwürfen betroffenen Partei muss nicht derselbe Umfang im Bericht zugestanden werden wie der Kritik. Aber die Betroffenen sollen sich zu den schweren Vorwürfen äussern können.»
b) Sybille Oetliker argumentiert dazu, die «Weltwoche» erhebe ihr gegenüber – «im Kontext, welcher die Beschwerdeführerin als Teil eines angeblichen SP-Filzes und der ÐPropagandaabteilung? erscheinen lässt» – einen der schwerwiegendsten Vorwürfe, denen sich eine Jour-nalistin ausgesetzt sehen könne: «jenem der Verstrickung in Interessenbindungen beziehungsweise der fehlenden Unabhängigkeit und damit verbunden der mangelnden Glaubwürdigkeit».
Die «Weltwoche» äussert sich in ihrer Stellungnahme demgegenüber nicht direkt zur Frage der Anhörung bei schweren Vorwürfen. Aus ihren Ausführungen geht aber zumindest indirekt hervor, dass auch sie die Vorwürfe, die aus ihrer Sicht der Beschwerdeführerin zu machen sind, als schwerwiegend bewertet («Ausdruck Propagandaabteilung … trifft die Sache im Kern … Normalerweise würde in einem solchen Fall ein Journalist passen … Oetliker war eindeutig befangen und schreibt sozusagen pro domo. Sie hat sich damit selber in die Propagandaabteilung des EDA eingereiht»).
c) Selbst wenn Titel und Aufmachung der Rubrik «Personenkontrolle» darauf hindeuten, dass hier in lockerem Stil vermischte Meldungen präsentiert werden, ändert dies nichts an der Geltung der Richtlinie 3.8. Der Presserat hat in früheren Stellungnahmen festgehalten, dass die Anhörungspflicht auch für satirische, ironisierende Rubriken gilt (vgl. zuletzt die Stellungnahme 20/2005 mit weiteren Hinweisen). Durch die Unterlassung der Anhörung der Beschwerdeführerin und der zumindest kurzen Wiedergabe ihrer Stellungnahme zum Vorwurf der Interessenkollision und der fehlenden journalistischen Unabhängigkeit hat die «Weltwoche» deshalb die Richtlinie 3.8 verletzt. Zumal sie diesen Vorwurf nicht in offensichtlich ironisierender Weise erhoben, sondern ernst gemeint hat und nach wie vor dazu steht.
3. a) Nach Darstellung von Sybille Oetliker Carrera vermag die «Weltwoche» ihren Hauptvorwurf der journalistischen Propagandatätigkeit nicht im Ansatz zu belegen – «auch nicht mit Zitaten aus einem Artikel der Beschwerdeführerin, die sich weit gehend in allgemeinen Schilderungen erschöpfen». Ebensowenig sei dieser Vorwurf aus der wahren Tatsache ableitbar, dass ihr Ehemann Angestellter des EDA und SP-Mitglied ist. Wie bereits oben unter Erwägung 2. b) ausgeführt, hält die «Weltwoche» den Vorwurf der Propagandatätigkeit demgegenüber nach wie vor für angemessen.
b) Ob diese im beanstandeten Bericht erhobene Kritik sich innerhalb des berufsethisch weit zu ziehenden Rahmens der Freiheit des Kommentars und Kritik bewegt, hängt wesentlich davon ab, auf welche Fakten sie sich stützt. Der Presserat hat in seiner Praxis zur Kommentarfreiheit wiederholt darauf hingewiesen, dass auch eine harsche Kritik an Personen zulässig ist, solange die Fakten, auf die sich die Kritik stützt, für die Leserschaft erkennbar und zudem als solche richtig sind (vgl. z.B. die Stellungnahmen 16/1999, 29/2001).
Vorliegend wäre die Bewertung des am 5. Februar 2005 in der «Basler Zeitung» erschienenen Berichts der Beschwerdeführerin über die Reise von Bundesrätin Calmy-Rey berufethisch deshalb kaum zu beanstanden gewesen, wenn sich diese Wertung bloss auf die nach Auffassung der «Weltwoche» allzu positive Berichterstattung gestützt hätte. Ebenso wäre es ohne weiteres zulässig gewesen, die aufgrund der beruflichen Stellung ihres Ehemannes nach Auffassung der Beschwerdegegnerin resultierende Beeinträchtigung ihrer journalistischen Unabhängigkeit im konkreten Fall kritisch zu beleuchten. Unzulässig war es hingegen, die kommentierende Wertung «Propagandatätigkeit» mit Unwahrheiten zu stützen oder zumindest durch die Art und Weise der Darstellung bei der Leserschaft den falschen Eindruck zu erwecken, Sybille Oetliker Carrera habe insbesondere auch deshalb einen lobhudelnden Bericht über die Reise Calmy-Reys geschrieben, weil sie bevorzugt (mit Diplomatenpass im persönlichen Gefolge der Bundesrätin) behandelt worden sei. Im Ergebnis ist deshalb auch die Verletzung von Ziffer 7 der «Erklärung» (sachlich nicht gerechtfertigte Anschuldigungen) zu bejahen.
4. a) Gemäss Ziffer 5 der «Erklärung» sind Journalistinnen und Journalisten verpflichtet, jede von ihnen veröffentlichte Meldung zu berichtigen, deren materieller Inhalt sich ganz oder teilweise als falsch erweist. Die Richtlinie 5.1 zur «Erklärung» verdeutlicht hierzu, dass die Berichtigungspflicht von den Medienschaffenden von sich aus wahrzunehmen ist. Die Be-richtigungspflicht erstreckt sich auf sämtliche relevanten Fakten eines Artikels, auch wenn diese nicht zentral für dessen Aussage erscheinen. Vorbehalten ist die Verhältnismässigkeit einer Berichtigung.
b) Die Beschwerdeführerin hat die «Weltwoche» unverzüglich nach Erscheinen der beanstandeten Meldung auf die aus ihrer Sicht zu berichtigenden Fakten aufmerksam gem
acht. Ebenso hat sie klar gemacht, dass sie die Berichtigung nicht als Leserbrief veröffentlicht haben möchte. Trotzdem hat die Beschwerdegegnerin die von drei auf einen Punkt reduzierte Berichtigung am 24. Februar 2005 als Leserbrief von Sybille Oetliker veröffentlicht. Zumindest insoweit hat die «Weltwoche» jedenfalls die Ziffer 5 der «Erklärung» verletzt, zumal sie den Irrtum in diesem Punkt ja zugestanden hat.
c) Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin geltend macht, die Parteien hätten sich nach einigem Hin und Her schliesslich darauf geeinigt, dass neben dem «Diplomatenpass» auch die Darstellung, sie sei im Tross von Calmy-Rey mitgereist, zumindest dahingehend präzisiert werden sollte, dass sie im selben Bus wie die anderen Journalist/innen mitgefahren sei. Der stellvertretende Chefredaktor, Markus Somm, mit dem Sybille Oetliker Carrera diese Vereinbarung getroffen haben will und der auch die Beschwerdeantwort der «Weltwoche» verfasst hat, äussert sich darin nicht ausdrücklich zu dieser Vereinbarung und widerspricht der Darstellung der Beschwerdeführerin in diesem Punkt jedenfalls nicht. Der Presserat hat in der Stellungnahme 3/1999 festgehalten, dass sich Journalisten, die mit Betroffenen über die Ausgestaltung einer Stellungnahme auf einen Medienbeitrag verhandeln, ihr Gegenüber fair behandeln und sich an den Sinn und Geist getroffener Vereinbarungen halten sollten. An diesen auch für die Veröffentlichung einer Berichtigung geltenden Grundsatz hat sich die «Weltwoche» vorliegend offensichtlich nicht gehalten. Dabei kann sie auch nicht einwenden, eine «Berichtigung» sei zuvor bereits am 15. Februar 2005 im «Tages-Anzeiger» erschienen, konnte diese Publikation doch die eigene Richtigstellung der Fakten durch die «Weltwoche» keinesfalls ersetzen.
III. Feststellungen
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen.
2. Mit der Veröffentlichung des Satzes «Die Journalistin durfte mit Diplomatenpass im Tross reisen, denn sie ist mit Mario Carrera (SP), einem leitenden Angestellten Calmy-Reys, verheiratet» hat die «Weltwoche» die Wahrheitspflicht (Ziffer 1 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten») verletzt.
3. Die «Weltwoche» wäre verpflichtet gewesen, die Beschwerdeführerin zum Vorwurf der Interessenkollision und der mangelnden journalistischen Unabhängigkeit vor der Publikation Stellung nehmen zu lassen (Richtlinie 3.8 zur «Erklärung»; Anhörung bei schweren Vorwürfen).
4. Die «Weltwoche» hat den gegenüber Sybille Oetliker erhobenen Vorwurf der Propagandatätigkeit für das EDA auf falsche Faktenbehauptungen gestützt und damit sachlich ungerechtfertigte Anschuldigungen gemacht (Ziffer 7 der «Erklärung»).
5. Die «Weltwoche» hat die Berichtigungspflicht (Ziffer 5 der «Erklärung») verletzt, indem sie eine Berichtigung entgegen dem Willen der Beschwerdeführerin als Leserbrief veröffentlichte und sich zudem nicht an die in diesem Zusammenhang getroffene Vereinbarung gehalten hat.