I. Sachverhalt
A. Im Rahmen der Berichterstattung über die durch die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich durchgeführten Hausdurchsuchungen bei Christoph Blocher wegen der «Affäre Hildebrand» veröffentlichte «Tages-Anzeiger Online» am 23. März 2012 eine Bilderstrecke, die unter dem Titel «Hausdurchsuchung bei Blocher» u.a. ein Bild der blocherschen Villa in Herrliberg zeigt.
B. Gleichentags beschwerte sich X. beim Presserat, die Abbildung der Villa sei nicht gerechtfertigt und verstosse gegen die Ziffer 7 (Privatsphäre) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten». Christoph Blocher könne die Zielscheibe von Aggressionen sein. Wenn das Haus von Christoph Blocher so prominent in den Medien publiziert werde, sei es vereinfacht auffindbar. Das Bild trage zudem nichts zur Information über die Hildebrand-Affäre bei.
C. Am 2. Mai 2012 beantragte die durch den Rechtsdienst Tamedia AG vertretene Redaktion von «Tages-Anzeiger Online», die Beschwerde sei abzuweisen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin führe die Publikation des Bildes auf «Tages-Anzeiger Online» in keiner Weise dazu, dass sich das Haus von Christoph Blocher leichter lokalisieren lasse. Dass Christoph Blocher in einer Villa in Herrliberg wohne, sei seit Jahren öffentlich bekannt. «Ebenso kursieren in der Medienlandschaft zahlreiche durch Christoph Blocher selber autorisierte Aufnahmen seines Anwesens.» Die Beschwerdegegner verweisen in diesem Zusammenhang insbesondere auf einen DOK-Film des Schweizer Fernsehens «Die Blochers – und wie sie die Schweiz umbauen wollen» aus dem Jahr 2004. Im Übrigen werde der Öffentlichkeit auch dank «Tele Blocher» ein regelmässiger Einblick in die Privaträume des Politikers gewährt. Ebenso lasse sich die Wohnadresse im Internet mit einer einfachen Suchanfrage auf search.ch «ohne Weiteres» finden. Die Wohnadresse sei zudem auch auf der offiziellen Website von Christoph Blocher angegeben. Eine Verletzung von Ziffer 7 der «Erklärung» sei mithin zu verneinen.
D. Am 15. Mai 2012 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium behandelt, bestehend aus dem Präsidenten Dominique von Burg, Vizepräsidentin Francesca Snider und Vizepräsident Max Trossmann.
E. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 31. August 2012 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Ziffer 7 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» auferlegt den Medienschaffenden die Pflicht, die Privatsphäre der einzelnen Person zu respektieren, sofern das öffentliche Interesse nicht das Gegenteil verlangt. Der Presserat hat in der Stellungnahme 59/2011 unter Hinweis auf die Stellungnahme 10/2007 daran festgehalten, dass es auch bei Prominenten in der Regel nicht zulässig ist, deren privaten Wohnadresse zu nennen oder diese – beispielsweise durch die Veröffentlichung des Bilds des Wohnhauses – erkennbar zu machen.
2. Da der Wohnort von Christoph Blocher wie auch das von «Tages-Anzeiger Online» veröffentlichte Bild der Villa in Herrliberg bereits von zahlreichen Medien – und offensichtlich mit Einverständnis des Politikers – veröffentlicht wurde und die Adresse Blochers auch in öffentlichen Verzeichnissen zu finden ist, sieht der Presserat die Privatsphäre nicht verletzt. Zumal neben der Hausdurchsuchung noch ein weiterer örtlicher Anknüpfungspunkt besteht. Gemäss Medienberichten soll Blocher den Thurgauer Anwalt Hermann Lei und den Informanten aus der Bank Sarasin im Dezember 2011 in seiner Villa getroffen haben. Die Beschwerdeführerin begründet zudem nicht näher, inwiefern die Illustration der Bildstrecke mit dem in der Öffentlichkeit bereits weitgehend bekannten Bild die Gefahr von möglichen Aggressionen gegenüber Christoph Blocher erhöhen soll.
III. Feststellungen
1. Die Beschwerde gegen «Tages-Anzeiger Online» wird abgewiesen.
2. «Tages-Anzeiger Online» hat mit der Veröffentlichung der Bildstrecke «Hausdurchsuchung bei Blocher» vom 23. März 2012 die Ziffer 7 (Privatsphäre) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» nicht verletzt.