I. Sachverhalt
A. Am 14. April 2016 publizierte die «Rigi Post» auf der Seite «Region» einen Leserbrief mit dem Titel «Engagiert für den eigenen Vorteil?», gezeichnet von einer Leserin aus Arth. Darin wirft die Leserin einem Kandidaten für den Sitz des Präsidiums der Gemeinde Arth vor, er habe von 2011 bis 2014 das Land einer Erbengemeinschaft ohne gültigen Unterpachtvertrag bewirtschaftet und dem Erbverwalter in der Folge ein Kaufangebot unterbreitet. Abschliessend fragt sie, ob es sich für einen Gemeinderat gehöre, sein Amt zur eigenen Bereicherung zu nutzen? In der Ausgabe vom 21. April 2016 folgte eine Replik auf den Leserbrief der Artherin. Darin führt ein namentlich unterzeichnender Liegenschaftsvermittler aus dem Thurgau aus, er sei der landwirtschaftliche Liegenschaftsvermittler und Beauftragte für den Verkauf der in Frage stehenden Liegenschaft. Da für dieses Land erst die Erben hätten gefunden werden müssen, seien Unterpachtverträge erstellt worden. Kein Gemeinderat habe einen Vorteil ergattern können. Gleichentags veröffentlichte die «Rigi Post» einen weiteren Leserbrief einer Leserin aus Merlischachen mit dem Titel «Transparenz – Wasser predigen, Wein trinken» zum selben Thema. Der Kandidat R. B. garantiere gemäss Homepagewerbung der CVP eine hervorragende Qualität der politischen Arbeit und einen ausserordentlichen Einsatz. Der Einsatz bei seiner Liegenschaft, einem heruntergekommenen und vernachlässigten Mehrfamilienhaus in Immensee, garantiere allerdings eher dem Eigentümer eine Rendite als den Mietern dieser Wohnungen Vorteile zu verschaffen. Zwischen erlaubter Vorteilsnahme und denjenigen, welche sich an sozial Benachteiligten bereicherten, gäbe es eine sehr schmale Grenze. Als aktueller Fürsorgepräsident kenne der Besitzer die Preise, die vom Staat gezogen und die Marge, die mit solchen Objekten erwirtschaftet werden könnten. Der künftige Gemeindepräsident müsse verantwortungsbewusst, ehrlich, dem Bürger verpflichtet handeln, stattdessen die Sozialkassen zu schröpfen, sei unwürdig.
Am 28. April 2016 folgten zwei weitere Leserbriefe: Unter dem Titel «Fairness bitte!» ruft ein Goldauer Leser zu konstruktiver Zusammenarbeit in der Gemeinde auf und hält fest, R. B. habe seine Arbeit in seinem unspektakulären Amtsbereich immer zuverlässig erfüllt und sich nicht in den Vordergrund gestellt. Der zweite Leserbrief mit dem Titel «Die falsche Predigerin» hält fest, mit Erstaunen habe er der «Rigi Post» vom 21. April entnommen, dass sie, die Mieter des Mehrfamilienhauses in Immensee im Besitz von R. B., Asylanten und Sozialhilfebezüger seien. Diese Behauptung sei eine bodenlose Frechheit. In über 28 Jahren Mietzeit hätten nie Asylanten oder Fürsorgebezüger in diesem Haus gewohnt, alle Mieter seien erwerbstätig. Sie seien froh, sehr günstige Mietkonditionen zu haben, wie sie im Bezirk Küssnacht sonst kaum anzutreffen seien.
B. Am 2. Mai 2016 reichte Peter X. beim Schweizer Presserat Beschwerde ein. Er verweist auf sein Schreiben an den Herausgeber der «Rigi Post», in dem er von diesem eine Stellungnahme und Entschuldigung wegen der Publikation von die Ehre verletzenden Einsendungen bezüglich eines Kandidaten für das Gemeindepräsidium verlangt hatte. Zwar seien die beiden Leserbriefe vom 14. und 21. April 2016 als Leserbriefe zu erkennen, jedoch fehle in beiden Fällen der Rubrikentitel «Leserbrief(e)» und die blaue Unterlegung markiere eine gewisse Bedeutung aus Sicht der Redaktion. Wenn das dem Kandidaten für das Präsidium der Gemeinde vorgeworfene Verhalten zudem nicht zutreffe, seien die Texte mindestens als üble Nachrede, allenfalls gar als Verleumdung einzustufen. Zum Leserbrief vom 14. April sei die Gegenmeinung einer Drittperson veröffentlicht worden. Es herrsche Wahlkampf, die Zeitspanne von einer Woche bis zur Gegendarstellung zu einer rufschädigenden Publikation sei daher nicht zu unterschätzen. Beim Leserbrief vom 21. April dürfte eine gegenteilige Darstellung fast nutzlos sein. Laut Presserat gelte für Leserbriefe ein eingeschränkter Prüfungs-massstab. Redaktionen müssten nur bei offensichtlichen Normverstössen eingreifen. Um Streit zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren, empfehle der Presserat den Redaktionen, regelmässig Spielregeln für die Leserbriefseite zu veröffentlichen. Dies empfehle sich besonders vor Abstimmungen und Wahlkämpfen. Bei den Verantwortlichen der «Rigi Post» hätten spätestens dann die Alarmglocken läuten müssen, als eine Politikerin aus einer anderen Gemeinde mit dem massiven Vorwurf, ein Kandidat verhalte sich unehrenhaft, in den Präsidentschafts-Wahlkampf der Gemeinde Arth eingreifen wollte. Hier wäre ein Publikationsverzicht oder wenigstens die Möglichkeit einer Gegendarstellung in der gleichen Ausgabe angezeigt gewesen. Zwar habe die «Rigi Post» am 28. April die Gegendarstellung einer Drittperson publiziert, eine Stellungnahme des Herausgebers sei jedoch ausgeblieben.
C. In seiner Stellungnahme vom 26. Juli 2016 führte Herausgeber Schorsch Kaelin per Mail aus, die «Rigi Post» habe sich mit dem neuen Gemeindepräsidenten R. B. ausgesprochen. Es bestünde eine freundschaftliche Beziehung, der Wahlkampf sei damit abgeschlossen.
D. Am 5. Dezember 2016 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium behandelt, bestehend aus dem Präsidenten Dominique von Burg, Vizepräsidentin Francesca Snider und Vizepräsident Max Trossmann.
E. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 11. September 2017 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägung
Die zur «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» gehörende Richtlinie 5.2 (Leserbriefe und Online-Kommentare) hält fest, dass die berufsethischen Normen auch für die Veröffentlichung von Leserbriefen und Online-Kommentaren gelten. Sie hält weiter fest, der Meinungsfreiheit sei gerade auf der Leserbriefseite ein grösstmöglicher Freiraum zuzugestehen, weshalb eine Redaktion nur bei offensichtlichen Verletzungen der «Erklärung» einzugreifen hat. Zu fragen ist daher, ob vorliegend ein offensichtlicher Verstoss gegen die berufsethischen Pflichten der «Erklärung» vorliegt. Im Leserbrief vom 14. April 2016 wird dem Kandidaten für das Amt des Gemeindepräsidenten vorgeworfen, sein Amt für die eigene Bereicherung genutzt zu haben. Im Leserbrief vom 21. April wirft ihm eine Politikerin aus einer anderen Gemeinde vor, er schröpfe die Sozialkassen, indem er in seinem vernachlässigten Mehrfamilienhaus sozial Benachteiligte und Asylanten unterbringe und sich an diesem Elend bereichere. Dem Gemeindepolitiker wird somit in beiden Leserbriefen ein illegales bzw. damit vergleichbares, besonders verwerfliches Verhalten vorgeworfen. Gestützt auf die Praxis des Presserats wiegt ein Vorwurf schwer, wenn jemandem genau ein solches Verhalten vorgeworfen wird. Richtlinie 3.8 (Anhörung bei schweren Vorwürfen) hält fest, aus dem Fairnessprinzip und dem ethischen Gebot der Anhörung beider Seiten («Audiatur et altera pars») leite sich die Pflicht der Journalisten ab, Betroffene vor der Publikation schwerer Vorwürfe anzuhören. Deren Stellungnahme ist im gleichen Medienbericht kurz und fair wiederzugeben. Vorliegend hat die «Rigi Post» mitten im Wahlkampf um das Gemeindepräsidium von Arth zwei Leserbrief-schreiberinnen eine Plattform geboten, um gegen einen der Kandidaten schwere Vorwürfe zu erheben. Diesen Vorwürfen widersprachen in beiden Fällen eine Woche später andere Leserbriefschreiber – in zwei von drei Fällen direkt involvierte Personen. Der Herausgeber schweigt bzw. unterlässt es, die schweren Vorwürfe zu überprüfen. Während des Wahlkampfs schwere Vorwürfe gegen einen Kandidaten zu veröffentlichen, ohne diese zu überprüfen und insbesondere ohne diesen zu den Vorwürfen anzuhören, stellt einen offensichtlichen Verstoss gegen die berufsethischen Pflichten dar. Herausgeber Kaelin wäre verpflichtet gewesen einzugreifen: Entweder hätte er die schwere Vorwürfe enthaltenden Leserbriefe nicht veröffentlichen dürfen. Oder er hätte dem Kandidaten in der gleichen Ausgabe der «Rigi Post» Gelegenheit geben müssen, sich zu den Vorwürfen zu äussern.
III. Feststellungen
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen.
2. Die «Rigi Post» hat mit der Veröffentlichung zweier Leserbriefe, in denen während des Wahlkampfes schwere Vorwürfe gegen einen Lokalpolitiker erhoben wurden, Ziffer 5 (Leserbriefe) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt.