I. Sachverhalt
A. Am 4. Dezember 2024 veröffentlichte die «Südostschweiz» einen Beitrag mit dem Titel «Schöner Wohnen im Glarnerland: Drei Traumwohnungen, die kein Traum bleiben müssen». Der Text von Lynn Disch stellt drei Wohnungen im Kanton Glarus vor, die auf einer Immobilienplattform ausgeschrieben sind. Eine davon wird beschrieben als «definitiv kein Schnäppchen, aber Luxus steht hier an erster Stelle». Der Text erwähnt Details zur Wohnung wie den Kaufpreis, die Grösse, den Strassennamen und das Dorf sowie einige spezielle Ausstattungsmerkmale. Illustriert ist der Beitrag mit drei Bildern, die von der Immobilienplattform, auf der die Wohnung ausgeschrieben war, stammen: von der Terrasse mit Aussicht auf den Walensee, dem Schlafzimmer und einem Blick von der Terrasse ins Innere. Die übrigen vorgestellten Immobilien sind ein Loft in Ziegelbrücke zur Miete, ebenfalls illustriert mit zwei Fotos und eine Wohnung zum Kauf am Rathausplatz in Glarus.
B. Am 18. Dezember 2024 reichte X. beim Schweizer Presserat Beschwerde gegen den Artikel in der «Südostschweiz» ein. Die Veröffentlichung der Fotos aus dem Inneren seiner privaten Wohnung und die Nennung der Adresse würden gegen Ziffer 7 (Privatsphäre) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend: «Erklärung») verstossen. Gleiches gelte für den Satz «In diesem Bett mit diesem Ausblick kann man gar nicht schlecht schlafen». Die subjektiven Kommentare der Journalistin seien zudem unprofessionell: «definitiv kein Schnäppchen», man habe die Autobahn praktisch vor der Haustüre und man müsse in Kauf nehmen, dass man etwas von Glarus abgeschottet sei, verletzten die Richtlinie 2.3 (Trennung von Fakten und Meinungen) zur «Erklärung». Die Publikation habe seinen wirtschaftlichen Interessen geschadet.
C. Am 11. März 2025 nahm Joachim Braun, Leiter der Chefredaktion, im Namen der «Südostschweiz» Stellung zur Beschwerde und beantragte deren Abweisung. Die Beschwerde entbehre jeder Grundlage, schliesslich sei es der Beschwerdeführer selber gewesen, der die Wohnungsanzeige und die dazugehörigen Bilder auf der Immobilienplattform veröffentlicht habe. Alle Einzelheiten im Artikel seien dieser Annonce entnommen. Ein Verbot, darüber zu berichten, sei absurd. Weiter stimme es nicht, dass die Adresse publiziert worden sei: Der Name der Strasse, zudem die längste im Ort, sei vom Beschwerdeführer selber veröffentlicht worden, die Hausnummer fehle im Artikel. Weiter entsprächen die monierten «subjektiven Kommentare» den Fakten und seien nicht abwertend. Es sei zudem nicht verständlich, dass der Beschwerdeführer einen wirtschaftlichen Schaden erlitten haben wolle – die Reichweite des Artikels und die positive Beschreibung als «Traumwohnung» hätten vielmehr das Gegenteil bewirkt. Die Bilder seien zudem nach einer ersten Reklamation per Mail sofort von der Webseite entfernt worden.
D. Am 22. April 2025 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde gemäss Artikel 13 Abs. 1 seines Geschäftsreglements vom Präsidium behandelt, bestehend aus Susan Boos, Präsidentin, Annik Dubied, Vizepräsidentin, Jan Grüebler, Vizepräsident, und Ursina Wey, Geschäftsführerin.
E. Das Präsidium des Presserats hat die vorliegende Stellungnahme am 15. August 2025 verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Ziffer 7 der «Erklärung» sieht vor, dass JournalistInnen die Privatsphäre der einzelnen Personen respektieren, sofern das öffentliche Interesse nicht das Gegenteil verlangt. Im vorliegenden Fall hat die «Südostschweiz» keine privaten Informationen recherchiert und veröffentlicht, sondern bereits vorhandene Informationen weiterverbreitet. Die Wohnungsanzeige, über welche die «Südostschweiz» im monierten Artikel berichtet hat, wurde vom Beschwerdeführer selber auf dem öffentlich zugänglichen Immobilienportal aufgeschaltet. Im Inserat enthalten waren die von der «Südostschweiz» erwähnten Einzelheiten zur Wohnung, zur Adresse, zum Kaufpreis sowie die von der «Südostschweiz» im Artikel übernommenen Bilder. Auch das Bild von seinem Schlafzimmer und seinem Bett hat der Beschwerdeführer selber veröffentlicht. Wenn er nun der Ansicht ist, das Bild verletze auch im Zusammenspiel mit der Bildlegende «In diesem Bett mit diesem Ausblick kann man gar nicht schlecht schlafen» seine Privatsphäre, so kann er das nicht geltend machen: Gemäss Praxis des Presserates (Stellungnahme 43/2010) ist bei der Beantwortung der Frage, ob öffentlich zugängliche Informationen und Bilder weiterverbreitet werden dürfen, Absicht und Kontext der Veröffentlichung massgebend. Mit dem Inserat auf einer gesamtschweizerischen Immobilienplattform verbunden ist der Wunsch, dass das Inserat auch gesehen wird und die Wohnung verkauft werden kann. Eine Weiterverbreitung in einer regional verankerten Zeitung bzw. deren Onlineausgabe ist grundsätzlich möglich. Wer ein Online-Inserat publiziert, dürfte sich aber meist nicht bewusst sein, dass Teile des Inserats einem weit grösseren Publikum zugänglich gemacht werden können. Redaktionen wissen aber sehr wohl, welche Auswirkungen das haben könnte. Sie achten deshalb darauf, dass journalistische Regeln eingehalten werden. Insbesondere besteht die Gefahr einer Persönlichkeitsverletzung. Journalistinnen und Journalisten könnten mit den Inserierenden Kontakt aufnehmen, um über die Verwendung des Materials zu sprechen. Im vorliegenden Fall sind weder Name noch die genaue Adresse des Wohnungseigentümers publiziert worden. Deshalb ist Ziffer 7 (Privatsphäre) der «Erklärung» ist nicht verletzt.
2. Richtlinie 2.3 (Trennung zwischen Fakten und Kommentar) sieht vor, dass JournalistInnen darauf achten, dass das Publikum zwischen Fakten und kommentierenden, kritisierenden Einschätzungen unterscheiden kann. Im vorliegenden Fall ist die Meinung der Autorin eindeutig als solche erkennbar. Das ist zulässig und Richtlinie 2.3 zur «Erklärung» ist daher nicht verletzt.
III. Feststellungen
1. Der Presserat weist die Beschwerde ab.
2. Die «Südostschweiz» hat mit dem Beitrag «Schöner Wohnen im Glarnerland: Drei Traumwohnungen, die kein Traum bleiben müssen» vom 4. Dezember 2024 die «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» nicht verletzt.