Nr. 4/2023
Wahrheit / Unterschlagen wichtiger Informationen / Anhören bei schweren Vorwürfen

(Kesb Birstal c. «Gesundheitstipp»)

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Zusammenfassung

Der «Gesundheitstipp» hat die Interventionen der Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) thematisiert. Das Magazin illustrierte die Problematik am Fall eines betagten Ehepaars. Titel: «Kesb: Wildwest-Methoden im Baselbiet». Am Anfang des Artikels wurde beschrieben, wie das betreffende Paar von VertreterInnen der Kesb Birstal beim Frühstück überrumpelt worden sei. Die Ehefrau sei gegen den Willen des Ehegatten mit polizeilicher Unterstützung weggebracht worden an einen ihm unbekannten Ort.

Der Presserat hat entschieden, dass der Einstieg des Artikels gegen das Wahrheitsgebot verstiess, auch wenn die folgenden Textpassagen differenzierter waren und am Ende des Textes auch die Sicht der Kesb erwähnt wurde. Da am Anfang des Textes die Schilderungen des sehr emotionalen Ehemanns als Tatsache dargestellt wurden, entstand bei der Leserschaft insgesamt ein falscher Eindruck vom Vorgehen der Behörde.

Résumé

Le magazine « Gesundheitstipp » a illustré un article consacré au travail des APEA sur le terrain par un exemple d’intervention auprès d’un couple âgé. L’article est intitulé : « Kesb: Wildwest-Methoden im Baselbiet » (APEA : des méthodes dignes du far west dans la région bâloise). Il commence par une description de l’irruption soudaine de représentants de l’APEA au foyer du couple alors qu’il prenait son petit-déjeuner. Il relate que l’épouse a été emmenée contre la volonté de son mari et sous escorte policière sans qu’il ait connaissance de la destination.

Le Conseil suisse de la presse a décidé que la partie introductive de l’article était contraire au principe de recherche de la vérité, la suite de l’article devenant quant à elle plus nuancée et présentant certains aspects du point de vue de l’APEA concernée. Le fait que le début du texte se focalise sur la description donnée par l’époux submergé par ses émotions a donné aux lecteurs une impression fausse de la manière de procéder de l’autorité.

Riassunto

«Gesundheitstipp» ha illustrato la problematica degli interventi dell’APMA, mediante il resoconto di un’azione presso una coppia di anziani dal titolo: «Kesb: Wildwest-Methoden im Baselbiet» («APMA: metodi da selvaggio West a Basilea Campagna»). All’inizio dell’articolo viene descritto come la coppia in questione sia stata sorpresa dai rappresentanti dell’APMA durante la colazione. Con la collaborazione della polizia, la moglie è stata portata via contro la volontà del marito e in un luogo a lui sconosciuto.
Il Consiglio della stampa ha deciso che la parte introduttiva dell’articolo ha violato il principio di verità, nonostante in seguito il resoconto sia divenuto più differenziato e diversi aspetti siano stati menzionati anche dal punto di vista dell’ufficio APMA responsabile. Il fatto che in apertura di testo l’attenzione fosse concentrata solo sulla descrizione del marito, molto emotiva, ha dato ai lettori un’impressione errata dell’operato delle autorità.

I. Sachverhalt

A. Im «Gesundheitstipp» vom Juni 2022 erschien ein Artikel von Katharina Baumann unter dem Titel «Kesb: Wildwest-Methoden im Baselbiet». Untertitel: «Ein überfallartiger Besuch der Erwachsenenschutzbehörde brachte das Leben von X. und G. B. aus den Fugen». Im Text wird geschildert, das Ehepaar B. habe sich eines Morgens friedlich zum Frühstück bereit gemacht, als es plötzlich an der Tür klingelt. «Als X. B. öffnet, stehen ein Mann und eine Frau davor», diese hätten gesagt, sie seien von der Kesb, der Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde, sie wollten kontrollieren, wie es Frau G. B. gehe. Der Text weiter: «‹Es geht ihr gut, wir brauchen nichts›, sagt er (X. B.) und macht die Tür zu.» Zwei Minuten später seien zwei Polizisten dagestanden, hätten sich Einlass erzwungen, X. B. in ein Zimmer gedrängt, in einen Stuhl gedrückt, während «die zwei von der Kesb» sich eine halbe Stunde lang in der Küche mit seiner Frau unterhalten hätten. Daraufhin hätten sie die Frau mitgenommen und in einem Krankenwagen abtransportiert, «wohin, weiss X. B. nicht. Erst später erfährt er: Sie ist in der psychiatrischen Klinik in Liestal.»

Im nächsten Abschnitt wird erklärt, dass ein Alterszentrum der Kesb zuvor schon gemeldet habe, X. B. sei im Heim, in welchem seine Frau untergebracht gewesen war, durch «aggressive mündliche Gewaltausbrüche» aufgefallen, die Angestellten hätten Angst vor ihm gehabt und: die Gattin könne sich gegen ihn nicht wehren. Deswegen habe die Ärztin nach der eingangs beschriebenen Untersuchung eine fürsorgerische Unterbringung der Frau angeordnet; die Ärztin habe diagnostiziert, die Frau sei kognitiv reduziert, depressiv und «bei fehlender Versorgung im häuslichen Umfeld» gefährdet. Der nächste Abschnitt beginnt mit den Worten: «Doch das war nicht der Fall.» Für die Körperpflege seiner Frau habe X. B. die Spitex organisiert. Er habe seine Frau «vorsorglich» bei einem anderen Altersheim angemeldet. Ausserdem wohne die Tochter immer von Samstag bis Dienstag bei den Eltern, wo sie koche, wasche, putze.

Es folgt ein längerer Abschnitt über die (auch juristische) Auseinandersetzung zwischen X. B. und der Kesb und darüber, dass dies kein Einzelfall sei: «Immer wieder gibt es Probleme mit der Kesb. Oft genügt eine einfache Gefährdungsmeldung eines Nachbarn oder Bekannten. (…) Vor der Kesb kann man sich schützen. Am besten holt man sich früh Hilfe, wenn man im Alltag Schwierigkeiten hat, etwa beim Bezahlen von Rechnungen.» Es folgen Tipps, wie man sich in solchen Fällen verhalten müsse. Insbesondere wird auf den Vorsorgeauftrag hingewiesen, auch auf das «Vorsorgepaket», das der «K-Tipp» anbiete und das eine genaue Anleitung enthalte. Abschliessend kommt die Autorin nochmals auf den konkreten Fall zu sprechen und hält fest, dass das Kantonsgericht im eingangs beschriebenen Fall entschieden habe, die Einweisung von Frau G. B. sei rechtens gewesen. Die Kesb weise weiter darauf hin, dass X. B. eine Unterstützung durch die Spitex «beharrlich verweigert», einen angeordneten Arzttermin für seine Frau nicht wahrgenommen und die Kesb-Personen bei ihrem Vorsprechen am fraglichen Morgen mit Tätlichkeiten bedroht habe. Zudem sei er sehr wohl darüber informiert worden, wohin seine Frau gebracht worden sei.

Beigefügt ist dem Artikel ein Kasten mit Anlaufstellen, an die man sich bei Problemen mit der Kesb wenden kann, und mit dem Vorsorgepaket des «K-Tipp» [der im gleichen Verlag erscheint wie der «Gesundheitstipp», Anm. d. Presserats].

B. Am 19. Juli 2022 reichte die Kesb Birstal beim Schweizer Presserat Beschwerde gegen den Artikel ein. Die Beschwerdeführerin macht Verstösse gegen die Ziffern 1 (Pflicht zur Wahrheit) und 3 (Unterschlagen wichtiger Elemente von Informationen), insbesondere von Richtlinie 3.8 (Anhörung bei schweren Vorwürfen) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend: «Erklärung») geltend.

Zur Begründung führt die Kesb Birstal an, sie habe die Autorin im Vorfeld des Artikels über die Hintergründe der damaligen Ereignisse informiert. Dennoch habe der «Gesundheitstipp» wahrheitswidrig behauptet, das Ehepaar sei überrumpelt worden. Fakt sei, dass im Vorfeld jenes Morgens bereits Abklärungen erfolgt seien und dass mildere Massnahmen am Widerstand von X. B. gescheitert seien. Weiter habe seine Frau G. B. gegenüber der Polizei, gegenüber den Kesb-VertreterInnen wie schliesslich auch gegenüber der untersuchenden Ärztin angegeben, sie benötige Hilfe. Auch dieser Sachverhalt sei unterschlagen worden, obwohl er der Autorin bekannt gewesen sei. Ebenso werde nicht erwähnt, dass – gemäss G. B. – ihr Ehemann eine Einweisung in eine Klinik aus finanziellen Gründen abgelehnt habe. Umgekehrt würden verschiedene Behauptungen von X. B. im Indikativ als Fakten dargestellt, statt sie zumindest mit der indirekten Rede als seine Behauptung kenntlich zu machen. Dagegen würden die Angaben der Kesb erst ganz am Schluss des Artikels dargestellt, dort dann aber im Konjunktiv oder in Zitatform, also als «anzweifelbare Rechtfertigungen». Das verletze die Richtlinie 3.8 und das Fairnessprinzip.

Der Artikel suggeriere im Weiteren, dass eine einfache Gefährdungsmeldung reiche, um über die Kesb eine Zwangseinweisung zu bewirken. Zudem bringe der Artikel die Themen «Unterstützung bei finanziellen Angelegenheiten» und «fürsorgerische Unterbringung» in beinahe absurder Weise miteinander in Zusammenhang, so als ob das eine mit dem anderen etwas zu tun habe, als ob mit einer Hilfe bei den Finanzen eine Zwangsmassnahme verhindert werden könne.

C. Am 10. Oktober 2022 nahm die Konsumenteninfo AG als Herausgeberin des «Gesundheitstipp» zur Beschwerde Stellung und beantragte deren Abweisung soweit darauf einzutreten sei.

Es treffe nicht zu, dass der Artikel behaupte, die Kesb habe vor der Aktion am fraglichen Morgen ungenügende Abklärungen getroffen. Die Autorin erkläre ausdrücklich, dass es eine Meldung des Altersheimes gegeben habe. Der Beitrag schildere auch, dass der Ehemann im Heim wegen seiner verbalen Gewaltausbrüche bekannt gewesen sei und die Frau sich nicht gegen ihn wehren könne. Ebenso sei gesagt worden, dass die untersuchende Ärztin aus medizinischen Gründen eine fürsorgerische Unterbringung befürwortet habe: wegen einer kognitiven Störung, weil sie depressiv sei und weil sie aufgrund der fehlenden Versorgung im häuslichen Bereich gefährdet sei. Der Artikel suggeriere nirgends, dass die Kesb zu wenige Abklärungen getroffen habe. Es müsse einer Redaktion aber möglich sein, eine einzelne medizinische Abklärung aus Platzgründen auszulassen, ansonsten wäre eine Berichterstattung gar nicht möglich. Dass der Ehemann sämtliche milderen Massnahmen abgelehnt habe, werde zugegebenermassen «nicht wörtlich genannt», das stelle aber keine Unterschlagung einer wichtigen Information dar, es ergebe sich ohnehin aus dem Zusammenhang.

Der Artikel suggeriere im Weiteren nicht, eine einfache Gefährdungsmeldung könne zu einer Zwangseinweisung führen. Im Artikel sei nur die Rede davon, oft genüge die Meldung eines Nachbarn für Probleme mit der Kesb. Zudem vermische der Beitrag die Unterstützung bei finanziellen Angelegenheiten und eine fürsorgerische Unterbringung nicht. Vielmehr informiere er lediglich über das Instrument des Vorsorgeauftrags, der in beiden Belangen, medizinischen wie finanziellen, Abhilfe schaffen könne.

Der Artikel – so die Argumentation des «Gesundheitstipp» – schildere wahrheitsgemäss aus der Perspektive des Ehepaars, wie es die fürsorgerische Unterbringung erlebt habe. Damit verletze er nicht die journalistischen Sorgfaltspflichten. Abgesehen davon mache er der Kesb keinen Vorwurf, geschweige denn einen schweren, wie ihn die Richtlinie 3.8 für eine Anhörung voraussetzt. Zudem komme die Kesb ohnehin mit ihren Argumenten in zahlreichen Zeilen zu Wort.

D. Am 18. Oktober 2022 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde von der 1. Kammer des Presserats behandelt, bestehend aus Susan Boos, Präsidentin, Luca Allidi, Dennis Bühler, Ursin Cadisch, Michael Herzka, Francesca Luvini und Casper Selg.

E. Die 1. Kammer des Presserats hat die vorliegende Stellungnahme an ihrer Sitzung vom 18. Januar 2023 sowie auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägungen

1. Zunächst stellt sich die Frage, ob die Intervention der Kesb Birstal bei den Eheleuten B. falsch dargestellt worden ist, ob die Ziffer 1, welche JournalistInnen verpflichtet, sich an die Wahrheit zu halten, verletzt wurde.

Die beschwerdeführende Kesb Birstal kritisiert, der Artikel suggeriere, sie habe unmittelbar nach einer Gefährdungsmeldung ohne Prüfung weniger einschneidender Massnahmen das Ehepaar an jenem Morgen überrumpelt. Das treffe nicht zu. Die Redaktion des «Gesundheitstipp» macht umgekehrt geltend, dass man sehr wohl auf die komplexen Umstände der Intervention hingewiesen habe, auf die Gefährdungsmeldung des Altersheims, auf die Gewaltbereitschaft des Ehemannes, auf die Furcht der Ehefrau vor ihm, auf die Diagnose der Ärztin, welche von reduzierter kognitiver Fähigkeit und Depressionen ausgegangen sei und von fehlender Betreuung im häuslichen Bereich.

2. Es ist dem «Gesundheitstipp» zuzustimmen, wenn er darauf hinweist, dass im Artikel eine ganze Reihe von Elementen aufgezählt wurden, die das Bild im Sinne der Kesb ergänzt haben. Der Presserat geht aber davon aus, dass vor allem drei Elemente in ihrer Kombination irreführend waren:

– Zum einen spricht der Titel von «Wildwest-Methoden» der Kesb und einem «überfallartigen Besuch». Das sind, anders als von der Redaktion behauptet, klare, durchaus schwere Vorwürfe, wenn es um den Umgang einer Behörde mit hilfsbedürftigen Personen geht. Dieser Titel berichtet von einem unverantwortlich groben, folgenschweren («Leben aus den Fugen geraten») Vorgehen gegenüber einem völlig unvorbereiteten Paar.

– Anschliessend erscheinen die Aussagen des – anerkanntermassen hochemotionalen – Ehemanns über den Ablauf des «überfallartigen Besuchs» mit verschiedenen Zitaten als reine Tatsachendarstellungen. Daraufhin folgen zwar einige der angesprochenen Elemente, welche das Vorgehen der Kesb gemäss deren eigener Angaben begründeten, abgeschlossen mit der Feststellung der Ärztin an jenem Morgen, wonach die Patientin bei fehlender Versorgung im häuslichen Umfeld gefährdet sei.

– Auf diese Feststellung folgt aber der Satz: «Doch das war nicht der Fall.» Das heisst: Auch hier wird zur Bewertung des Sachverhalts im Indikativ auf die Sichtweise des Ehemannes abgestellt, obwohl die Autorin aufgrund der Auskünfte der Kesb vor Erscheinen des Artikels schon weiss, dass die Frau laut der Ärztin «fehlende Versorgung» aufgewiesen hat und dass ihr Mann die Unterstützung der Spitex «beharrlich verweigert».

Wenn also gesagt wird: «Für die Körperpflege organisierte X. B. die Spitex», dann trifft diese Beurteilung – vom «Gesundheitstipp» als Fakt geschildert – so nicht zu. Zwar kommt der Artikel auf das unkooperative Verhalten des Ehemannes gegenüber der Spitex, welches schliesslich mit zum beschriebenen Polizeieinsatz geführt hat, noch zu sprechen, insofern wurde nichts unterschlagen, aber diese neue, der Schilderung als «Wildwest-Überfall» widersprechende Perspektive wird erst ganz am Schluss des Artikels in einer Art ergänzenden Klarstellung erwähnt, erst nach Ausführungen zu ganz anderen Themen. Ähnliches gilt für die Darstellung der Kesb, wonach X. B. am fraglichen Morgen von der Polizei davon abgehalten werden musste, tätlich auf die Kesb-Vertreter loszugehen – auch diese wichtige Ergänzung erscheint erst viel später im Text. Es trifft auch auf eine weitere zentrale Textstelle zu «Wohin [die Ehefrau verbracht wird, Anm. Presserat], weiss X. B. nicht. Erst später erfährt er: Sie ist in der psychiatrischen Klinik in Liestal.» Dieser vermeintliche Fakt wird erst ganz am Schluss durch die Darstellung der Gegenseite ergänzt: Die Kesb will ihn von Beginn an darüber informiert haben, wohin die Ehefrau gebracht werde, er habe das aber in seiner Erregung offenbar nicht mitbekommen.

3. Wenn die Redaktion geltend macht, sie schildere als KonsumentInnen-Magazin Sachverhalte halt aus der Sicht der Beteiligten, dann ist dagegen grundsätzlich nichts einzuwenden. Die Redaktion vertritt die Interessen von Betroffenen. Nur müssen die Fakten stimmen. Es müsste im Sinne einer wahrheitsgemässen Berichterstattung mindestens rechtzeitig kenntlich gemacht werden, dass die Gegenseite den Sachverhalt dieser Intervention erheblich anders sieht. Wenn man zu Beginn ausschliesslich auf die Schilderung des betroffenen, ausgesprochen streitbaren Ehemannes abstellt, entsteht der Eindruck einer skandalösen, gewaltsamen, überfallartigen Intervention der Behörden, welcher aber durch die Aktenlage in dieser Schärfe nicht gedeckt ist.

Insgesamt geht der Presserat davon aus, dass die Art, wie die Intervention der Kesb Birstal bei den Eheleuten B. im «Gesundheitstipp» geschildert wird, einen irreführenden Eindruck erweckt und entsprechend gegen die Ziffer 1 der «Erklärung» verstösst.

4. Der Artikel führt weiter aus: «Immer wieder gibt es Probleme mit der Kesb. (…) Im Jahr 2019 kam es so in der Schweiz zu 15’000 Zwangseinweisungen. Am stärksten betroffen waren die über 80-Jährigen. (…) Vor der Kesb kann man sich schützen. Am besten holt man sich früh Hilfe, wenn man im Alltag Schwierigkeiten hat, etwa beim Bezahlen von Rechnungen.»

Hier moniert die Beschwerdeführerin, es würden nach der ausführlichen Beschreibung des «überfallartigen» Vorgehens der Kesb Birstal die Themen «Unterstützung bei finanziellen Angelegenheiten» und «fürsorgerische Unterbringung» in absurder Weise miteinander in Zusammenhang gebracht, als ob mit einer Hilfe bei den Finanzen eine Zwangsmassnahme verhindert werden könne.

In der Tat erscheint die Verbindung des geschilderten – und bestrittenen – groben Vorgehens seitens der Kesb mit der Feststellung «Das ist kein Einzelfall: Immer wieder kommt es zu Problemen mit der Kesb. (…) Im Jahr 2019 kam es so in der Schweiz zu rund 15’000 Zwangseinweisungen» als problematisch, weil das Vorgehen von Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden mit dieser textlichen Verbindung pauschalisiert und dramatisiert wird.
Hier sieht der Presserat dennoch keinen eigentlichen Verstoss gegen die Wahrheitspflicht, sondern eher eine ungeschickte Formulierung angesichts des zuvor ausführlich geschilderten «Überfall»-Kontextes. Denn der anschliessende Satz «Am besten man holt sich Hilfe …» nimmt – wenn auch völlig übergangslos – ein ganz anderes, allgemeineres Thema auf, nämlich die Frage, wie man generell vorgehen soll, wenn eine Person im Alltag nicht mehr zurechtkommt. Dieser Abschnitt war mindestens ungeschickt verfasst, bildet aber keinen Verstoss gegen die Ziffer 1.

Der Presserat hält es auch für legitim, wenn ein Ratgeber-Magazin im Rahmen einer Berichterstattung auf Dienstleistungen hinweist, die man Betroffenen anbietet, wie etwa auf das «Vorsorgepaket des K-Tipp».

5. Einen Verstoss gegen die Richtlinie 3.8 zur «Erklärung» (Anhören bei schweren Vorwürfen) kann der Presserat ebenfalls nicht erkennen. Die Kesb Birstal wurde von der Autorin befragt, ihre Argumente wurden zu einem wesentlichen Teil berücksichtigt, wenn auch nicht in der Art, die ein faires Bild über die fragliche Intervention abgegeben hat. Damit ist aber wieder die Ziffer 1 (Wahrheit) tangiert und nicht Richtlinie 3.8.

III. Feststellungen

1. Der Presserat heisst die Beschwerde teilweise gut.

2. Der «Gesundheitstipp» hat mit dem Artikel «Kesb: Wildwest-Methoden im Baselbiet» die Ziffer 1 (Verpflichtung zur Wahrheit) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» in Teilen verletzt.

3. In den weitergehenden Punkten wird die Beschwerde abgewiesen.